Urteil des LSG Bayern vom 21.06.2010

LSG Bayern: wird zurückgewiesen., wiedereinsetzung in den vorigen stand, vergütung, verschulden, eng, entschädigung, kündigung, treue, einzelrichter

Bayerisches Landessozialgericht
Kostenbeschluss vom 21.06.2010 (rechtskräftig)
Sozialgericht München S 9 U 746/05
Bayerisches Landessozialgericht L 15 SF 143/10 B
Die Beschwerde des Beschwerdeführers vom 20.04.2010 gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom
20.04.2010 - S 9 U 746/05 - wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
In dem am Sozialgericht München anhängig gewesenen Rechtsstreit A. K. gegen Berufsgenossenschaft der
Bauwirtschaft mit Az.: S 9 U 746/05 ist der Antragsteller und hiesige Beschwerdeführer mit Beweisanordnung vom
28.03.2006 gemäß § 106 Abs. 3 Nr. 5 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zum ärztlichen Sachverständigen bestellt
worden.
Das wissenschaftlich begründete arbeitsmedizinische Fachgutachten des Beschwerdeführers vom 10.09.2006 ist mit
den zugehörigen Akten am 11.10.2006 beim Sozialgericht München eingegangen, der Antrag auf Vergütung jedoch
erst am 03.03.2010 (Schreiben vom 01.03.2010 No/fo mit Rechnung vom 05.10.2006 - Kenn-Nr. 11111978).
Die Kostenbeamtin des Sozialgerichts München hat dem Vergütungsantrag wegen Versäumung der Antragsfrist nicht
stattgegeben. Hiergegen hat der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 13.04.2010 Wiedereinsetzung in den vorigen
Stand beantragt. Seine stets zuverlässige, eng überwachte und angeleitete Direktionsassistentin habe mutmaßlich
krankheitsbedingt Rechnungen nicht versendet, sondern in einer Zwischenablage gesammelt.
Das Sozialgericht München hat den Antrag vom 01.03.2010 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit Beschluss
vom 20.04.2010 - S 9 U 746/05 - abgelehnt. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand könne nicht gewährt werden,
weil dieser Antrag nach Ablauf der einjährigen Ausschlussfrist gestellt worden sei (§ 2 Abs. 2 JVEG). Die Jahresfrist
habe mit dem Ende der dreimonatigen Antragsfrist nach Eingang des Gutachtens am 12.01.2007 begonnen. Nach
ihrem Ablauf könne Wiedereinsetzung auch dann nicht mehr gewährt werden, wenn der Berechtigte die Frist
unverschuldet versäumt habe.
Der Beschwerdeführer hat mit Schreiben vom 24.05.2010 vorgetragen, er lege gegen den Beschluss vom 07.05.2010
Beschwerde ein, da ihm seines Erachtens keinerlei Verschulden treffe, wie aus der fristlosen Entlassung der
Mitarbeiterin (vgl. Schreiben des Klinikums der Universität A-Stadt vom 28.04.2010) ersichtlich werde.
Das Sozialgericht München hat den Vorgang mit den zugehörigen Akten dem 15. Senat des Bayer.
Landessozialgerichts (BayLSG) als Kostensenat übermittelt.
II.
Die gemäß § 4 Abs. 3 JVEG zulässige Beschwerde erweist sich als unbegründet. Wenngleich der Beschwerdeführer
in seinem Schreiben vom 24.05.2010 einen Beschluss des Sozialgerichts München vom 07.05.2010 als angefochten
bezeichnet hat, handelt es sich dennoch um den Beschluss des Sozialgerichts München vom 20.04.2010. Dies ergibt
sich aus dem Az.: S 9 U 746/05.
Der Anspruch auf Vergütung erlischt gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG, wenn er nicht binnen drei Monaten bei der
Stelle geltend gemacht wird, die den Berechtigten herangezogen oder beauftragt hat. Die Frist beginnt gemäß § 2
Abs. 1 Satz 2 JVEG im Falle der schriftlichen Begutachtung mit Eingang des Gutachtens bei der Stelle, die den
Berechtigten herangezogen hat. Vorliegend ist das Gutachten des Beschwerdeführers vom 10.09.2006 am 11.10.2006
beim Sozialgericht München mit der Folge eingegangen, dass der Anspruch auf Vergütung mit Ablauf des 11.01.2007
erloschen ist.
War der Berechtigte ohne sein Verschulden an der Einhaltung der Frist nach § 2 Abs. 1 JVEG gehindert, gewährt ihm
das Gericht nach § 2 Abs. 2 JVEG auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, wenn er innerhalb von zwei
Wochen nach Beseitigung des Hindernisses den Anspruch beziffert und die Tatsachen glaubhaft macht, welche die
Wiedereinsetzung begründen. Nach Ablauf eines Jahres von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die
Wiedereinsetzung gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 JVEG nicht mehr verlangt werden.
Letzteres ist hier der Fall: Die in § 2 Abs. 2 Satz 2 JVEG normierte Ausschlussfrist von einem Jahr ist am Montag,
14.01.2008 abgelaufen, der am 03.03.2010 eingegangene Antrag auf Vergütung somit erheblich verspätet.
Der Kostensenat des BayLSG verkennt nicht, dass im Bereich der Sozialgerichtsbarkeit vielfach nicht das dringende
Bedürfnis besteht, einen Rechtsstreit auch kostenrechtlich alsbald abzuwickeln. Die Verfahren sind gemäß § 183
SGG überwiegend kostenfrei. Dies gilt jedoch nicht z. B. in Fällen, in denen ein Sachverständiger von Seiten des
Klägers auf eigenes Kostenrisiko gemäß § 109 SGG benannt und beauftragt wird. Weiterhin darf nicht übersehen
werden, dass auch in kostenpflichtigen Verfahren i. S. von § 197a SGG immer wieder Gutachten eingeholt werden.
Entscheidungserheblich ist vielmehr, dass nach dem Willen des Gesetzgebers das JVEG die Vergütung oder
Entschädigung für einen Berechtigten einheitlich für alle gerichtlichen Verfahren regelt (Hartmann, Kostengesetze, 39.
Aufl., Rdziff. 3 zu § 1 JVEG m. w.N.). Eine "Kulanzregelung" ist daher nicht möglich.
Auch sonstige Gründe wie die vorgetragene mutmaßlich krankheitsbedingte Ablage von Rechnungen in einer
Zwischenablage von einer sonst stets zuverlässigen, eng überwachten und angeleiteten Direktionsassistentin bzw.
deren fristlosen Kündigung (die von dem Beschwerdeführer vorgetragenen Gründe erscheinen in sich widersprüchlich),
die letztendlich auf die Grundsätze von "Treue und Glauben" i. S. von § 242 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB)
zielen, können somit ebenfalls nicht berücksichtigt werden.
Hierüber hat das Bayer. Landessozialgericht gemäß § 4 Abs. 7 Satz 1 JVEG als Einzelrichter zu entscheiden gehabt.
Eine Übertragung auf den Senat gemäß § 4 Abs. 7 Satz 2 JVEG ist nicht geboten gewesen, zumal das Bayer.
Landessozialgericht in Senatsbesetzung mit Beschluss vom 25.03.2009 - L 15 SF 44/09 B - in dem nämlichen Sinne
entschieden hat.
Die Entscheidung ist gemäß § 177 SGG endgültig. Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 4
Abs. 8 JVEG).