Urteil des LSG Bayern vom 15.02.2001

LSG Bayern: unfallfolgen, arbeitsunfall, geburt, erwerbsfähigkeit, operation, auflage, lebenserfahrung, unfallversicherung, vergleich, gleichbehandlung

Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 15.02.2001 (rechtskräftig)
Sozialgericht Nürnberg S 2 U 349/96
Bayerisches Landessozialgericht L 17 U 244/98
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 07.05.1998 wird zurückgewiesen. II.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Beklagte der Klägerin aufgrund des anerkannten Arbeitsunfalls vom 26.09.1994 Verletztenrente
nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von mindestens 30 vH ab 01.11.1996 zu gewähren hat.
Die am ...1948 geborene Klägerin erlitt an ihrem Arbeitsplatz in einer Bank am 26.09.1994 einen Arbeitsunfall als sie
beim Tragen von Aktenordnern einen auf dem Teppichboden stehenden Tischventilator übersah und auf die linke
Körperseite stürzte. Sie zog sich dabei eine mediale Schenkelhalsfraktur links zu (Durchgangsarztbericht des Dr.B ...,
Leitender Arzt der Abteilung für Unfallchirurgie der Kliniken Dr.E ..., N ... vom 26.09.1994). Vom 26.09.1994 bis
27.10.1994 und vom 26.01.1995 bis 07.02.1995 wurde die Klägerin stationär in den Kliniken Dr.E ... (operative
Versorgung mit DHS und Antirotationsschraube, Berichte des Dr.B ... vom 28.10.1994/21.03.1995) und vom
30.11.1994 bis 06.12.1994 im Krankenhaus R ... behandelt (Bericht des Chefarztes Dr.K ... vom 15.12.1994).
Anschließend erfolgte in der Zeit vom 06.03.1995 bis 03.04.1995 eine stationäre Heilbehandlung in der Klinik B ...
(Bericht des Chefarztes Dr.U.G ... vom 03.04.1995, Bad K ...). Die Klägerin war bis 23.07.1995 arbeitsunfähig. Die
Entfernung der Metallimplantate erfolgte am 11.06.1997 im Krankenhaus R ...
Nach Beiziehung von Behandlungsberichten der Chirurgen Dr.W.St ... und Dr.D.M ... (Sch ...) vom 09.05.1995/
29.06.1995/15.08.1995/16.10.1995 holte die Beklagte ein Gutachten des Dr.St ... vom 03.11.1995 ein. Dieser stellte
als wesentliche Unfallfolgen eine schmerzhafte Einschränkung der Hüftgelenksbeweglichkeit bei liegenden
Implantaten sowie eine Beinverkürzung von 2,5 cm bei hinkendem Gangbild (verminderte Abrollbewegung des linken
Fußes) fest und bewertete die MdE bis 30.09.1996 mit 50 vH. Mit Bescheid vom 08.03.1996 erkannte die Beklagte
nach Beiziehung eines Gutachtens des Dr.B ... vom 22.05.1990 und nach entsprechender Empfehlung ihres
beratenden Arztes Dr.B.Br ... vom 16.11.1995 den Unfall vom 26.09.1994 als Arbeitsunfall an und gewährte vorläufige
Rente nach einer MdE von 30 vH ab 24.07.1995 wegen der Unfallfolgen: "Bewegungseinschränkung im linken
Hüftgelenk, leichte Muskelminderung am linken Oberschenkel, leichte Längenverkürzung des linken Beines sowie
Belastungsbeschwerden im linken Hüftgelenk nach operativ versorgtem, knöchern fest verheiltem Bruch des linken
seitlichen Oberschenkelhalses bei reizlos liegendem Fremdmaterial".
Im anschließenden Widerspruchsverfahren holte die Beklagte ein Gutachten des PD Dr.M.Bö ... (Ärztlicher Direktor
der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik F ...) vom 21.05.1996 ein. Dr.Bö ... stellte einen unter geringfügiger
Verkürzung und unter Valgus-Fehlstellung des linken Hüftkopfes knöchern stabil und voll belastbar verheilten
medialen Schenkelhalsbruch links mit noch einliegenden Metallimplantaten und eine anteilige Muskelschwäche am
linken Ober- und Unterschenkel fest. Das linke Hüftgelenk bezeichnete er als bewegungseingeschränkt. Für die Zeit
nach dem Ende der Arbeitsunfähigkeit (ab 24.07.1995) schätzte er die MdE auf 30 vH, ab 20.10.1995 auf 20 vH.
Mit Schreiben vom 10.06.1996 hörte die Beklagte die Klägerin nach § 24 SGB X wegen der beabsichtigten
Rentenherabsetzung an und bewilligte sodann ab November 1996 mit Bescheid vom 04.09.1996 eine Dauerrente nach
einer MdE um 20 vH.
Den Widerspruch gegen den Bescheid vom 08.03.1996 wies die Beklagte mit Bescheid vom 09.10.1996 zurück. Auf
den erneuten Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte darauf hin, dass der Bescheid vom 04.09.1996 Gegenstand
des anhängigen Verwaltungsverfahrens geworden war.
Gegen die Bescheide hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Nürnberg erhoben und beantragt, die Beklagte unter
Abänderung der Bescheide vom 08.03.1996 und 04.09.1996, beide in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
09.10.1996, zu verurteilen, wegen der Unfallfolgen Rente nach einer MdE von mindestens 30 vH zu gewähren.
Das SG hat Gutachten des Orthopäden Prof.Dr.R.L ... (N ...) vom 12.09.1997 und des Chirurgen Dr.J.E ... (W ...) vom
04.03.1998 eingeholt. Prof.L ... hat Belastungsbeschwerden in der linken Hüfte, eine Bewegungsbehinderung des
linken Beines, eine zusätzliche Beinverkürzung links von 8 mm und eine anteilige Muskelminderung am linken Bein
auf den Unfall zurückgeführt und die MdE-Bewertung der Beklagten für zutreffend gehalten. Dr.E ... hat ebenfalls die
am linken Bein vorhandene Muskelminderung anteilig dem Unfall zugeschrieben, ebenso eine anteilige
Beinverkürzung von 5 mm, eine Außenrotationsfehlstellung des linken Beines um 10 Grad sowie eine vermehrte
Steilstellung des Schenkelhalses um 15 Grad. Die Schenkelhalsfraktur hat er unter geringer Verkürzung des
Schenkelhalses als knöchern fest verheilt bezeichnet. Die MdE bewertete er auf Dauer mit 20 vH.
Das SG hat mit Urteil vom 07.05.1998 die Klage abgewiesen und sich im Wesentlichen auf die Gutachten des
Prof.Dr.L ... und des Dr.E ... gestützt.
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt und vorgetragen, Schmerzen und Bewegungseinschränkung
der linken Hüfte und des linken Knies seien bislang nicht ausreichend berücksichtigt worden, da sämtliche Gutachter
von einer angeborenen Beinverkürzung ausgegangen seien. Dies sei jedoch nicht der Fall. Die Beinverkürzung links
resultiere ausschließlich aus dem Arbeitsunfall vom 26.09.1994. Durch die Entfernung der Metallimplantate
(11.06.1997) habe sich ihr Zustand nicht verbessert.
Der Senat hat die einschlägigen Röntgenaufnahmen beigezogen und Gutachten des Orthopäden Dr.V.F ... (M ...) vom
11.08.2000/ 18.10.2000 und gemäß § 109 SGG des Dr.W.St ... vom 03.01.2000 eingeholt. Die Beklagte hat
Stellungnahmen ihres beratenden Arztes, des Chirurgen Dr.B.Br ... (O ...) vom 14.12.1998 / 21.02.2000 vorgelegt.
Dr.St ... hat eine in leichter Fehlstellung mit Schenkelhalsverkürzung von 1 cm und vermehrter Steilstellung knöchern
feste Ausheilung der Schenkelhalsfraktur diagnostiziert. Belastungsschmerzen hat er mit Zunahme der
Gelenkkapselverkalkung erklärt. Unfallbedingte Muskelschwäche und Beinverkürzung belegten zusätzlich die
Bewegungseinschränkung des linken Hüftgelenks. Die MdE hat er auf Dauer mit 30 vH angenommen. Dr.Br ... hat
darauf hingewiesen, dass auch nach den Erkenntnissen des Dr.St ... eher nur eine leichte Bewegungseinschränkung
der linken Hüfte belegt sei. Mit anteiliger Beinmuskelminderung, Beinverkürzung, Geh- und Stehbehinderung sowie
Kalksalzverarmung habe Dr.St ... die bereits hinreichend bekannten Befunde bestätigt, die er mit 30 vH deutlich zu
hoch und außerhalb der üblichen Bewertungskriterien angesetzt habe. Dr.F ... hat die Beinverkürzung als
unfallunabhängig bezeichnet und sie zurückgeführt auf eine seit Geburt bestehende Minderbelastbarkeit (Klumpfuß)
des linken Beines. Er hat eine lediglich leichte Funktionsbehinderung des linken Hüftgelenks mit leichter anteiliger
Muskelminderung des linken Beines sowie stärkere Weichteilverkalkungen neben dem großen Rollhügel angenommen
und die MdE mit 20 vH eingeschätzt.
Die Klägerin beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Nürnberg vom 07.05.1998 sowie
unter Abänderung des Bescheides vom 04.09.1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09.10.1996 zu
verurteilen, ihr Verletztenrente nach einer MdE von 30 vH über den 31.10.1996 hinaus zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 07.05.1998
zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird ergänzend auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten und der
Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, da die Folgen des anerkannten Arbeitsunfalls vom 26.09.1994 über den
31.10.1996 hinaus eine höhere Verletztenrente als nach einer MdE von 20 vH gemäß §§ 548 Abs 1, 539, 540, 543 -
545, 581 Abs 1 Nr2 RVO nicht begründen.
Anzuwenden sind im vorliegenden Fall die Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO), da sich das zu
beurteilende Ereignis vor dem 01.01.1997 ereignet hat (Art 36 des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes, § 212
Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VII -).
Die Entscheidung der Frage, in welchem Umfang die Erwerbsfähigkeit eines Verletzten gemindert ist, ist eine
tatsächliche Feststellung, die das Gericht gemäß § 128 Abs 1 Satz 1 SGG nach seiner freien, aus dem
Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnen Überzeugung trifft (BSGE 4, 147, 149; 6, 267, 268; BSG vom 23.04.1987 -
2 RU 42/86). Die Bemessung des Grades der unfallbedingten MdE richtet sich nach dem Umfang der
Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens des Verletzten durch die Unfallfolgen und nach
dem Umfang der dem Verletzten dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des
Erwerbslebens. Die Beurteilung, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch
die Unfallfolgen beeinträchtigt sind, betrifft in erster Linie das ärztlich-wissenschaftliche Gebiet. Doch ist die Frage,
welche MdE vorliegt, eine Rechtsfrage. Sie ist ohne Bindung an ärztliche Gutachten unter Berücksichtigung der
Einzelumstände nach der Lebenserfahrung zu entscheiden (vgl Lauterbach-Watermann, Gesetzlichen
Unfallversicherung, 3. Auflage, Anm 5b zu § 581 RVO). Ärztliche Meinungsäußerungen hinsichtlich der Bewertung der
MdE sind aber eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Einschätzung des Grades der
MdE, vor allem, soweit sich diese darauf bezieht, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des
Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind (BSG in SozR 2200 § 581 Nrn 23, 27).
Nach den Feststellungen der Sachverständigen Dr.V.F ... (Gutachten vom 11.08.2000/ 18.10.2000), Prof.Dr.R.L ...
(Gutachten vom 12.09.1997) und Dr.J.E ... (Gutachten vom 04.03.1998), wie auch des Dr.W.St ... vom 03.11.1995
steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die durch den Arbeitsunfall verursachte Schenkelhalsfraktur links
knöchern verheilt ist. Allerdings ist unfallbedingt ein Funktionsverlust des linken Hüftgelenks verblieben. So war bei
der Untersuchung durch Dr.F ... die Beugung des linken Hüftgelenks lediglich bis 90 Grad (rechts bis 110 Grad)
möglich. Die Innendrehung/Außendrehung bei rechtwinklig gebeugten Hüftgelenken war von ihm links mit 5-0-40 und
rechts mit 30-0-50 gemessen worden. Damit besteht als Unfallfolge links eine Beugehemmung von 20 Grad und eine
Einschränkung der Drehbewegung der linken Hüfte um 35 Grad. Die Spreizbewegungen sind links und rechts jedoch
erhalten. Damit ist die Bewegungseinschränkung im linken Hüftgelenk als nicht gravierend zu bezeichnen.
Radiologisch belegt ist die Verheilung der Schenkelhalsfraktur unter Kopf-in-Nackenlage. Diese auch von Dr.St ...
erwähnte Valgisierung ist ein gewünschter Effekt nach abgelaufen medialen Schenkelhalsfrakturen, da die genannte
Kopf-in-Nackenlage den Ausheilungsprozess beschleunigt. Ferner sind - worauf auch Dr.Br ... zu Recht hinweist -
sekundär-arthrotische Veränderungen als Unfallfolge nicht belegt. Der Hüftkopf ist noch gut gerundet und der
Hüftgelenkspalt links noch etwas weiter als rechts. Wie die Beckenübersichtsaufnahmen vom 26.09.1994/ 18.06.1999
allerdings belegen, lagen knöcherne Ausziehungen der Pfannenerker bereits vor dem Unfall vor. Die
Röntgenuntersuchung vom 18.06.1999 dokumentiert jedoch ausgedehnte Weichteilverkalkungen neben dem großen
Rollhügel. Diese sind Unfallfolgen und erklären die Beschwerden, die die Klägerin im Sitzen empfindet. Schmerzen im
linken Kniegelenk können dagegen ursächlich nicht auf den Unfall vom 26.09.1994 zurückgeführt werden. Zu einer
direkten Verletzung des linken Kniegelenks ist es bei diesem Unfall nämlich nicht gekommen. Ferner fehlt es - auch
nach Ansicht des Dr.St ... - an einer sich auf das linke Kniegelenk auswirkenden unfallbedingten Achsfehlstellung.
Eine im Vergleich zu rechts vorhandene Muskelschwäche des linken Beines von 2 - 3 cm kann entgegen der
Auffassung des Dr.St ... im Wesentlichen nicht dem in Idealstellung verheilten Schenkelhalsbruch angelastet werden.
Bei der Klägerin besteht nämlich seit der Geburt eine durch Spitzfußkontraktion bedingte Inaktivität des linken Beines.
Die Klägerin hat bei Dr.F ... auf eine im Jahr 1953 durchgeführte Spitz-Klumpfuß-Operation hingewiesen. Als Folge der
Inaktivität während der Wachstumsphase wurden die Knochen am linken Hüft- und Kniegelenk graziler angelegt. Die
Muskelminderung am linken Bein beruht damit überwiegend auf der Spitzfuß-Kontraktion links und nur zum geringen
Teil auf dem Arbeitsunfall vom 26.09.1994.
Die bei der Klägerin ferner vorliegende Verkürzung des linken Beines um 2 cm muss ebenfalls überwiegend als
Folgeerscheinung der Minderbelastbarkeit dieses Beines seit der Geburt angesehen werden. Wie Dr.F ... hierzu
überzeugend ausführt, entsteht in derartigen Fällen regelmäßig eine Beinlängendifferenz zum Nachteil des weniger
belasteten Beines, was bei der Klägerin der grazil angelegte Hüftkopf und Schienbeinkopf links belegt. Bereits Dr.B ...
hat im Gutachten vom 22.05.1990 auf eine Beinverkürzung hingewiesen und in seinem Durchgangsarztbericht vom
26.09.1994 die Beinverkürzung erneut - wie auch Dr.Br ... in seiner Stellungnahme vom 14.12.1998 - als
unfallunabhängig beurteilt.
Auch Dr.St ... sieht eine unfallunabhängige Beinlängenverkürzung links. Zwar nimmt er daneben auch eine
unfallbedingte Schenkelhalsverkürzung von einem Zentimeter an. Diese Auffassung ist jedoch nicht nachvollziehbar,
da lediglich eine Kopf-in-Nackenlage besteht, während der Schenkelhals an der Innenseite nicht verkürzt, sondern
außenseitig nur eingestaucht ist. Diese außenseitige Einstauchung ist aber durch die gleichzeitige Steilstellung des
Schenkelhalswinkels ausgeglichen. Die Beinlängendifferenz von 2 cm bezieht sich nach den Messungen des Dr.F ...
damit ausschließlich auf den Unterschenkel und nicht auf den Oberschenkel.
Durch diese Unfallfolgen wird die Erwerbsfähigkeit der Klägerin ab 01.11.1996 nicht höher als 20 vH gemindert.
Zutreffend hat Dr.F ... darauf hingewiesen, dass nach den Begutachtungskriterien eine MdE von 30 vH nur dann in
Betracht käme, wenn der Hüftgelenkspalt deutlich verschmälert wäre, am Oberschenkelkopfrand Wulstbildungen
bestünden, die Bewegungsfähigkeit um die Hälfte eingeschränkt wäre, die Muskelminderung des Beines mehr als 3
cm betragen und eine Gangbehinderung mit Verkürzung des Beines um 1 bis 1,5 cm bestehen würde (vgl
Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 6.Aufl, 1998, S 612). Zwar beträgt bei der Klägerin
der Funktionsverlust des linken Hüftgelenks insgesamt 55 Grad. Die unfallbedingte Muskelminderung des linken
Beines liegt aber deutlich unter 2 cm, da sie ohne Rücksicht auf die Ursache lediglich 2 - 3 cm beträgt. Eine
Hüftgelenkspaltverschmälerung besteht links nicht und es fehlen Randwulstbildungen am Hüftkopf. Die Verkürzung
des Beines beträgt insgesamt 2 cm, kann aber ursächlich nur zum geringeren Teil dem Unfall vom 26.09.1994
angelastet werden. Der Gang der Klägerin ist darüber hinaus im Wesentlichen nicht durch die Folgen des Unfalls,
sondern unfallunabhängig durch eine Spitzfußkontraktur nach Klumpfußoperation im Kindesalter eingeschränkt. Damit
ist für die Unfallfolgen eine höhere MdE als 20 vH nicht zu begründen.
Der Auffassung des Dr.St ..., der im Gutachten vom 03.01.2000 die MdE mit 30 vH eingeschätzt hat, folgt der Senat
schon deswegen nicht, weil dieser Arzt den in idealer Stellung verheilten Schenkelhalsbruch mit relativ geringem
Funktionsdefizit einer kompletten Versteifung des Hüftgelenks gleichsetzt. Damit kommt er zum falschen Ergebnis.
Auch orientiert er seine Bewertung nicht an den anerkannten Richtwerten. Diese im Schrifttum zusammengefassten
Erfahrungswerte (vgl zB Schönberger aaO; Mehrhoff/Muhr, Unfallbegutachtung, 10.Aufl 1999) haben durch
jahrzehntelange Übung eine eigene rechtliche Qualität erlangt, sichern eine weitgehende Gleichbehandlung aller
Verletzten und sind daher zu beachten (BSGE 43, 53, 54).
Nach alledem hat die Klägerin ab 01.11.1996 keinen Anspruch auf Gewährung einer höheren Verletztenrente. Die
Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Nürnberg vom 07.05.1998 ist daher zurückzuweisen.
Die Kostenbescheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG liegen nicht vor.