Urteil des LSG Bayern vom 16.03.2007
LSG Bayern: nebeneinkommen, teleologische auslegung, freibetrag, verwaltungsakt, minderung, anwartschaft, entstehung, familienangehöriger, nebentätigkeit, nebenbeschäftigung
Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 16.03.2007 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Regensburg S 12 AL 276/05
Bayerisches Landessozialgericht L 8 AL 190/06
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Regensburg vom 12. April 2006 wird
zurückgewiesen. II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit der teilweisen Aufhebung (in Höhe von 865,89 EUR) des dem Kläger
vom 01.01.2004 bis zum 28.03.2004 von der Beklagten geleisteten Arbeitslosengeldes (Alg) wegen späterer
Anrechnung von Nebeneinkommen.
Der 1950 geborene Kläger war seit 1993 ca. fünf Stunden in der Woche als Selbstständiger tätig (Ablesen von
Heizungs- und Wasserzählern). Je nach Konjunkturlage war er auch als Schreiner in einem Unternehmen zu
Gebäudeinstandsetzung beschäftigt und bei der Beklagten versichert; unter anderem vom 28.05.2001 bis zum
31.01.2002, vom 12.04.2002 bis zum 30.06.2002 und vom 01.06.2003 bis zum 30.09.2003 (zuletzt mit einem Entgelt
von 705,00 Euro). Auf seinen Antrag und seine Arbeitslosmeldung vom 17.09.2003 bewilligte die Beklagte am
27.10.2003 für die Dauer von 180 Tagen ab Oktober 2003 bis zum 28.03.2004 Alg nach einem wöchentlichen
Bemessungsentgelt von 171,64 Euro (346,00 Euro Zahlbetrag im Oktober 2003).
Nach Vorliegen des Einkommenssteuerbescheides am 09.11.2004 beließ die Beklagte die Leistung vom Oktober bis
Dezember 2003, weil insoweit aus der selbstständigen Nebentätigkeit keine Anrechnung resultiere (Bescheid vom
08.12.2004). Nach der Berechnung des Sachbearbeiters der Beklagten gemäß § 141 Abs. 3 SGB III stand dem Kläger
ein Freibetrag von 492,00 Euro monatlich zu, der das monatliche Nebeneinkommen in Höhe von 485,00 Euro nicht
übersteige.
Nach Vorlage des Steuerbescheides 2004 am 07.04.2005 änderte die Beklagte mit Bescheid vom 19.04.2005 den
Bewilligungsbescheid für die Leistungsdauer Januar bis März 2004. Gemäß § 48 SGB X sei insgesamt ein
Nebeneinkommen von 865,69 Euro anzurechnen, weil der allgemeine Freibetrag von 165,00 Euro (§ 141 Abs. 1 SGB
III) und nicht das gemäß § 141 Abs. 3 SGB III privilegierte Nebeneinkommen, das neben einem versicherten
Bruttoarbeitsentgelt erzielte werde, zutreffe. Anrechnungsbetrag sei für den Januar und Februar daher jeweils ein
Betrag von 303,75 EUR und für März 2004 ein solcher von 258,39 EUR (geringer wegen des Leistungsablaufs zum
28.03.2004). Den Widerspruch des Klägers, den er damit begründete, dass der Freibetrag aus der selbständigen
Tätigkeit wie bisher in Höhe von 422,45 EUR pro Monat festzusetzen sei, wies die Beklagte mit
Widerspruchsbescheid vom 16.09.2005 zurück.
Hiergegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Regensburg (SG) eingelegt und vorgebracht, dass er mit der von
der Beklagten vorgenommenen Auslegung des § 141 Abs. 3 SGB III nicht einverstanden sei. Der Gesetzestext sage
nichts über die Dauer des Versicherungspflichtverhältnisses aus und verlange keine Parallelität zwischen
versichertem Bruttoarbeitsentgelt und Nebeneinkommen. Die Erweiterung der Vorschrift von § 141 SGB III um den
Abs. 3 müsse einen Sinn haben, der nur darin bestehen könne, dass bei einer schon länger bestehenden
selbständigen Tätigkeit diese auch neben dem Arbeitslosengeld den Lebensunterhalt sichern helfe. Schließlich habe
die Beklagte für die Zeit vom 01.10.2003 bis 31.12.2003 den Freibetrag für Nebeneinkommen bei gleicher Sachlage
auch nach § 141 Abs. 3 SGB III berechnet.
Mit Gerichtsbescheid vom 12.04.2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die
Regelung des § 141 Abs. 3 SGB III in den angefochtenen Entscheidungen zu recht nicht angewandt worden sei. Der
Kläger habe zwar zum 01.10.2003 einen neuen Anspruch auf Alg erworben, weil er innerhalb der Rahmenfrist von drei
Jahren mindestens 12 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden habe. In den letzten 10 Monaten vor
dem 01.10.2003 habe aber nicht nebeneinander ein Versicherungs-pflichtverhältnis und die selbständige
(Neben)Tätigkeit mindestens 10 Monate lang bestanden. Das SG teile nicht die Rechtsauffassung des Klägers, dass
es nach dem Wortlaut des § 141 Abs. 3 SGB III nicht zwingend erforderlich sei, dass die selbständige Nebentätigkeit
parallel neben dem Versicherungspflichtverhältnis ausgeübt werden müsse.
Hiergegen hat der Kläger Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Er wiederholt im Wesentlichen
sein bisheriges Vorbringen und führt darüber hinaus zusätzlich an, dass zum Anwartschaftserwerb das Vorliegen der
Voraussetzungen von § 123 SGB III genügen müsse. Es dürfe danach nicht zusätzlich verlangt werden, dass die
zumindest erforderlichen 12 Monate eines Versicherungspflichtverhältnisses genau zeitlich vor dem Versicherungsfall
lägen. Daneben resümiert der Kläger über die Sinnbedeutung der Präposition "neben". Es handle sich hier um eine
missglückte Formulierung des Gesetzgebers. Schließlich liege auch bei der zuletzt noch vorhandenen Leistung kein
Äquivalent mehr für seine durch Beiträge erworbene Anwartschaft vor. Diese sei durch die von der Beklagten
vorgenommene Kürzung um 85% entwertet.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Regensburg vom 21.04.2006 sowie den Be-scheid vom 19.04.2005 in der
Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16.09.2005 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Voraussetzungen von § 141 Abs. 3 SGB III nicht für gegeben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten beider Instanzen der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist statthaft, ein Ausschließungsgrund (§ 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG) liegt nicht vor. Die Berufungsforderung
überschreitet 500,00 Euro.
Gegenstand des Verfahrens (§ 95 SGG) ist die von der Beklagten mit Bescheid vom 19.04.2005 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheids vom 16.09.2005 vorgenommene Neufeststellung des vom Kläger aufgrund seiner
Anwartschaft sowie des Bescheides vom 27.10.2003 erworbenen und noch vorhandenen Restanspruchs auf
Arbeitslosengeld für den Zeitraum vom 01.01.2004 bis 28.03.2004.
Zulässig verfolgt der Kläger seinen Klageanspruch (§ 123 SGG) mit der isolierten Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1
SGG). Durch die beantragte Aufhebung des Änderungsbescheides würde seine frühere Rechtsposition der
Leistungszahlung in voller Höhe wieder hergestellt. Die frühere Anrechnung von Nebeneinkommen nach § 141 Abs. 1
SGB III würde dasselbe durch den wesentlich höheren Freibetrag kompensieren. Es käme zu keiner Anrechnung und
keinem Erstattungsanspruch in Höhe von 865,89 Euro.
Das SG hat jedoch diese Anfechtungsklage zu Recht abgewiesen. Die Berufung ist nicht begründet. Der Bescheid der
Beklagten ist rechtmäßig und verletzt den Kläger damit nicht in seinen verfassungsgemäßen Rechten.
Die Beklagte war gemäß § 48 SGB X befugt, in die bescheidmäßig festgesetzte Rechtsposition des Klägers
rückwirkend einzugreifen. Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines
Verwaltungsakts mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit
Wirkung für die Zukunft aufzuheben (§ 48 SGB Abs. 1 Satz 1 X). Gemäß § 48 SGB Abs. 1 Satz 2 X soll der
Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse unter anderem aufgehoben werden, soweit
nach Antragstellung oder Erlaß des Verwaltungsakts Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall
oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde (Satz 2 Nr. 3.). Schließlich gelten (vgl. § 44 Abs. 4 SGB X)
hier § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 entsprechend.
Der von der Beklagten erlassene Verwaltungsakt ist formell nicht zu beanstanden. Sie hat innerhalb eines Jahres
nach Kenntnis des anzurechnenden Nebeneinkommens ihren Verwaltungsakt erlassen, wie sich zweifelsfrei aus den
Akten der Beklagten ergibt. Danach übersandte der Kläger am 07.04.2005 die maßgeblichen steuerlichen Grundlagen
mittels Steuerbescheid. Bereits kurz darauf am 19.04.2005 hat die Beklagte den angefochtenen Bescheid erlassen.
Einer Anhörung bedurfte es insofern nicht, als die Beklagte nicht von den vom Kläger selbst übermittelten Daten
abgewichen ist (vgl. § 24 Abs. 2 Nr. 3 SGB X). Im Übrigen wäre durch die Durchführung des Widerspruchsverfahrens
insoweit eine Heilung eingetreten (§ 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X).
Die Bewilligungsentscheidung der Beklagten vom 27.10.2003 als Dauerverwaltungsakt war unrichtig. Angesichts der
gesetzlich vorgesehenen Rechtsfolge einer Anrechnung von Nebeneinkommen stand dem Kläger Alg objektiv nicht in
der vollen Höhe von 1.012,88 Euro zu.
Rechtsquelle bzw. Befugnisnorm für die Anrechnung des im Jahre 2004 erzielten Nebeneinkommens ist § 141 in der
Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (Zweites
SGB III - Änderungsgesetz - 2. SGB III - ÄndG) vom 21. Juli 1999 (BGBl S. 1648). Danach wurde unter anderem in §
141 Abs. 1 folgender Satz angefügt: "Die Sätze 1 und 2 gelten für selbständige Tätigkeiten und Tätigkeiten als
mithelfender Familienangehöriger entsprechend." Abs. 3 wurde dahingehend gefaßt: "Hat der Arbeitslose in den
letzten zwölf Monaten vor der Entstehung des Anspruches neben einem Versicherungspflichtverhältnis eine
selbständige Tätig-keit oder Tätigkeit als mithelfender Familienangehöriger von weniger als 18 Stunden wöchentlich
mindestens zehn Monate lang ausgeübt, so bleibt das Arbeitseinkommen bis zu dem Betrag anrechnungsfrei, der in
den letzten zehn Monaten vor der Entstehung des Anspruches durchschnittlich auf den Monat entfällt, mindestens
jedoch ein Betrag in Höhe des Freibetrages, der sich nach Abs. 1 ergeben würde".
Nicht mehr trifft auf die Sache des Klägers die Neufassung der Vorschrift vom 23.12.2003 (BGBl. S. 2848) zu.
Gemäß § 434j SGB III ist das Recht über die Anrechnung von Nebeneinkommen (§ 141) in der vom 01.01.2005 an
geltenden Fassung nur dann anzuwenden, wenn dies aufgrund einer Änderung der Verhältnisse erforderlich ist, die
nach dem 31.12.2004 eingetreten ist und sich auf den Anrechnungsbetrag auswirkt. Im Übrigen würde diese Änderung
von § 141 Abs. 1 Satz 2 ("Satz 1 gilt für selbstständige Tätigkeiten und Tätigkeiten als mithelfender
Familienangehöriger entsprechend mit der Maßgabe, dass pauschal 30% der Betriebseinnahmen als
Betriebsausgaben angesetzt werden, es sei denn, der Arbeitslose weist höhere Betriebsausgaben nach.") auch für die
Fallgestaltung des Klägers tatsächlich nicht zutreffen.
Nach § 141 Abs. 3 SGB III in der Fassung des 2. SGB III Änderungsgesetzes hat der Kläger nicht neben einem
Versicherungspflichtverhältnis eine selbständige Tätigkeit oder Tätigkeit als mithelfender Familienangehöriger von
weniger als 18 Stunden wöchentlich mindestens zehn Monate lang ausgeübt. Der Senat teilt nicht die
Rechtsauffassung des Klägers, sondern diejenige des SG. Schon vom bloßen Wortlaut her ist die Präposition "neben"
nicht so zu verstehen, dass Versicherungspflichtverhältnis und selbstständige Tätigkeit in einem losen
Zusammenhang zueinander stehen können. Sonst hätte es genügt, wenn der Gesetzgeber die Norm etwa so
formuliert hätte: "Hat der Arbeitslose in den letzten 12 Monaten vor der Entstehung des Anspruches in einem
Versicherungspflichtverhältnis gestanden und mindestens zehn Monate lang eine geringfügige selbständige Tätigkeit
ausgeübt, so bleibt das Arbeitseinkommen ...". Bewusst hat der Gesetzgeber hier zur Charakterisierung des
Zusammenhangs den Terminus "Neben" verwendet. Damit verlangt er einen nicht nur irgendwie gearteten
Zusammenhang, sondern eine enge Beziehung. Das Wort "neben" bringt in jeder seiner semantischen Bedeutungen
eine enge Verknüpfung zum Ausdruck. So verlangt schon sein Bedeutungsgehalt im örtlichen Sinne einen engen
Zusammenhang (im Sinne von benachbart und nicht ferner stehend, in kurzer Distanz genau seitlich von etwas), erst
recht bei der Bezeichnung einer zeitlichen Verknüpfung. In dieser zweiten Bedeutung kommt eine Parallelität zum
Ausdruck. Neben heißt hier im gleichen Zeitraum (vgl. dazu beispielsweise Deutsches Wörterbuch herausgegeben
von Bünting, 1996).
Auch wenn Ausgangspunkt jeder Auslegung der Wortsinn einer Vorschrift ist, ist letztlich die teleologische Auslegung
maßgeblich. Danach betrachtet, handelt es sich bei der Regelung des § 141 Abs. 2 SGB III um eine Sondervorschrift
für Arbeitslose, die vor Beginn der Arbeitslosigkeit neben der (verlorenen) Hauptbeschäftigung über einen längeren
Zeitraum eine geringfügige Beschäftigung ausgeübt haben (Valgolio in Hauck/Noftz, SGB III, § 141 Rz. 42). Dadurch
soll dem sozialpolitisch unbefriedigenden Ergebnis begegnet werden, dass das Entgelt aus der geringfügigen
Beschäftigung zwar nicht in die Bemessungsgrundlage für das Arbeitslosengeld einfließt, die Fortsetzung der
Beschäftigung aber zu einer Anrechnung des Nebenverdienstes führen würde (BR-Drucksache 120/89 S. 229).
Darüber hinaus ist sichergestellt, dass der Arbeitslose in derartigen Fällen nicht schlechter behandelt wird als
Arbeitslose, die erst während der Arbeitslosigkeit eine Nebenbeschäftigung aufnehmen (BT-Drucksache 14/873 S. 14
zu Nr. 21 b). Generell verfolgt § 141 SGB III eine doppelte Zielsetzung. Einerseits will die Vorschrift für den
Arbeitslosen einen Anreiz zur Aufnahme bzw. Beibehaltung einer Nebenbeschäftigung schaffen und ihm damit die
Möglichkeit eröffnen, Kontakt zur Arbeitswelt zu halten. Andererseits soll dem Arbeitslosen der aus der
Nebenbeschäftigung erarbeitete Verdienst nicht in voller Höhe verbleiben. Es handelt sich um einen Balanceakt des
Gesetzgebers, der bereits mehrere Korrekturen erfahren hat und wohl auch in Zukunft noch mehrere Kursänderungen
durchlaufen wird (so Henke, in Hennig, SGB III, § 141 Rz. 1, vgl. zum vorher Ausgeführten auch das Urteil des LSG
Mecklenburg-Vorpommern vom 12.08.2003, Az.: L 2 AL 38/02). Es geht dabei letztlich um sozial ausgewogene
Lösungen des Niedrigelohnsektors, hier in einer Sonderform des sogenannten Kombilohnes, bei denen in irgendeiner
Form unter Wahrung des Lohnabstandsgebotes die Aufnahme einer Tätigkeit noch lohnenswert sein muss. Insofern
hat der Gesetzgeber in § 141 Abs. 1 SGB III die Grundregel aufgestellt, dass 165,00 Euro des Nebenverdienstes
anrechnungsfrei bleiben.
Als Ausnahme war es dem Gesetzgeber unbenommen, besondere Anstrengungen des Versicherten zu belohnen.
Insoweit hat er das Privileg der nach § 141 Abs. 3 SGB III reduzierten Anrechnung an ein gewisses Ausmaß
versicherungsrechtlicher Vorleistung geknüpft. Derjenige, der neben einer versicherungspflichtigen
(Haupt)Beschäftigung eine versicherungsfreie Tätigkeit ausübt und sich besonders angestrengt hat, soll von einer
späteren Ne-bentätigkeit mehr behalten dürfen als die übrigen Versicherten. Damit wird auch ein Stück
Lebensstandardsicherung gewährleistet. Es war dem Gesetzgeber unbenommen, die versicherungsrechtliche
Vorleistung von einem Mindestmaß von 10 Monaten (Parallelität von Versicherungspflichtverhältnis und
Nebentätigkeit) abhängig zu machen und nicht nur von 4 Monaten, wie es beim Kläger der Fall war. Zwischenzeitlich
wird für die Fortführung eines Nebeneinkommens in privilegiertem Umfang eine parallel laufende Anwartschaft von 18
Monaten eine Tätigkeit von 15 Monaten verlangt. Daher hat der Senat für den vorlie-genden Sachverhalt keinerlei
verfassungsrechtliche Bedenken. Auch werden durch das gefundene Ergebnis (Anrechnung gemäß § 141 Abs. 1 Satz
2 SGB III) nicht die vom Kläger entrichteten Beiträge entwertet. Vielmehr erhält der Kläger trotz Erfüllen nur der
Mindestbedingungen für eine Anwartschaft überhaupt eine Leistung. Gemeinsam mit seinem Nebeneinkommen
verbleibt ihm damit für seinen Lebensunterhalt ein höherer Betrag als er al-lein durch das Alg zur Verfügung stehen
würde. Angesichts der Lohnersatzfunktion des Alg ist es aber gerechtfertigt, Nebeneinkommen anzurechnen.
Ausgehend von dem vorbezeichneten Normverständnis ist festzustellen, dass der Kläger im Zeitraum von Januar bis
März 2004 arbeitslos war, in den der Entstehung des Anspruchs vorangegangenen 12 Monaten keine 10 Monate in
einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden ist und lediglich die Voraussetzungen des geringsten Freibetrag von
165,00 Euro erfüllt. Damit hat die Beklagte durch Anwendung von § 141 Abs. 1 Satz 2 mit einem Freibetrag von
165,00 Euro rechtmäßig gehandelt. Die Höhe des Nebeneinkommens (468,75 Euro) ist im Übrigen unbestritten.
Ein Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld ist dem Grunde nach von Januar bis März 2004 gegeben. Nach den
zutreffenden Feststellungen der Beklagten, denen sich der Senat anschließt, erwarb der Kläger mit seiner Meldung
zum 01.10.2003 sowie einer vorangegangenen Anwartschaftszeit von 16 Monaten im Zeitraum bis zum 28.05.2001
einen Restanspruch bis zum 28. März 2004. Der Kläger war auch arbeitslos, da er nach seinen nicht anzuzweifeln
Bekundungen seiner selbstständigen Nebentätigkeit nur in einem Umfang von fünf Stunden nachgegangen ist und
damit im Sinne des leistungsrechtlichen Beschäftigungsbegriffes kein Zweifel an seiner Beschäftigungsuche besteht.
Denn die Ausübung einer weniger als 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung schließt
Beschäftigungslosigkeit nicht aus (vgl. § 118 Abs. 2 SGB III in der Fassung des Arbeitsförderungsreformgesetzes).
Dabei steht eine selbständige Tätigkeit einer Beschäftigung gleich (§ 118 Abs. 3 Satz 1 SGB III).
Die Anspruchsentstehung liegt ohne Zweifel mit Vorliegen aller Voraussetzungen am 01.10.2003 vor. In den
vorausgehenden 12 Monaten stand der Kläger lediglich vom Juni 2003 bis zum September 2003 in einem
Beschäftigungsverhältnis/Versicherungspflichtverhältnis. Damit stand er nur drei Monate neben der durchgehend
vorhandenen selbstständigen, geringfügigen Tätigkeit in einem Versicherungspflichtverhältnis. Eine längere Be-
schäftigungsdauer ist weder vom Kläger behauptet noch ergibt sie sich sonst aus den Verwaltungsvorgängen. Nach
der Arbeitsbescheinigung der Firma K. vom 03.07.2002 war der Kläger zuletzt bis zum 30.06.2002 beschäftigt. Die
Folgebeschäftigung dauerte nach der Arbeitsbescheinigung vom 25.09.2003 lediglich vom 01.06.2003 bis zum
30.09.2003.
Der Kläger hat im Zusammenhang mit seiner selbstständigen Tätigkeit gegenüber der Beklagten keinen Steuerabzug
und keine Werbungskosten für sein Arbeitseinkommen im Zeitraum von Januar bis März 2004 geltend gemacht. Aus
dem vorgelegten Steuerbescheid ergibt sich kein Anhaltspunkt für eine Minderung des durchschnittlichen
Monatseinkommens um mehr als 165,00 Euro. Dabei ist ohnehin zu berücksichtigen, dass die Einkünfte des Klägers
aus Gewerbebetrieb schon um den Abzug der Betriebsausgaben gemindert sind. Angesichts der festgesetzten
Einkommensteuer von null Euro ergibt sich auch keine Minderung durch den Abzug von Steuern.
Das rückwirkende Eingreifen in die bescheidmäßig festgesetzte Rechtsposition des Klägers war durch § 48 Abs. 1
Satz 2 Nr. 3 SGB X gerechtfertigt. Nach Erlass des Verwaltungsakts ist Einkommen erzielt worden, dass zur
Minderung des Anspruchs geführt hat. Formelle Hindernisse bestanden, wie oben zum Teil schon ausgeführt, nicht. §
44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 SGB X (vgl. entsprechende Anwendung gemäß § 44 Abs. 4
SGB X) ist genügt. Ermessen ist nicht auszuüben (vgl. 330 SGB III).
Demnach erging die Verwaltungsentscheidung zu Recht. Das die Klage abweisende Urteil des SG ist damit nicht zu
beanstanden.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Der Kläger ist unterlegen (§ 193 SGG).
Gründe zur Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).