Urteil des LSG Bayern vom 26.03.2010
LSG Bayern: genehmigung, beweisanordnung, vergütung, nachricht, verfügung, befund, einzelrichter, gespräch, hilfskraft, zusage
Bayerisches Landessozialgericht
Kostenbeschluss vom 26.03.2010 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Regensburg S 4 U 9/06
Bayerisches Landessozialgericht L 15 SF 179/09
Die Vergütung des Antragstellers für die Fertigung des neurophysiologischen Zusatzgutachtens vom 19.11.2008 wird
gemäß § 4 Abs.1 JVEG auf 180,48 EUR festgesetzt. Der Antragsteller hat den Überempfang in Höhe von 126,84 EUR
zu erstatten.
Gründe:
I.
In dem am Bayerischen Landessozialgericht (BayLSG) anhängig gewesenen Rechtsstreit W. B. gegen BG Bau mit
Aktenzeichen L 2 U 184/07 ist Prof.Dr.K. mit Beweisanordnung des BayLSG vom 06.10.2008 gemäß § 109 des
Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zum ärztlichen Sachverständigen bestellt worden. Prof.Dr.K. hat telefonisch vorab
darauf aufmerksam gemacht, dass eine elektro- bzw. neurophysiologische Zusatzuntersuchung erforderlich sei. Diese
ist von Seiten des BayLSG genehmigt worden.
Das neurologische Gutachten des Prof.Dr.K. vom 15.02.2008 (richtig: 15.02.2009) ist zusammen mit den Akten und
dem neurophysiologischen Zusatzgutachten des Antragstellers vom 15.11.2008 am 05.03.2009 beim BayLSG
eingegangen.
Der Antragsteller hat mit Rechnung vom 03.03.2009 (Rechnungs-Nummer 65500125/1050002) insgesamt 307,32 EUR
geltend gemacht, die sich wie folgt aufschlüsselten: Ausarbeitung des wissenschaftlich begründeten Gutachtens
85,00 EUR Diktat und Korrektur 85,00 EUR Schreibgebühren 11,25 EUR GOÄ 839 40,80 EUR GOÄ 832 9,21 EUR
GOÄ 840 40,80 EUR GOÄ 828 35,26 EUR 307,32 EUR
Die Kostenbeamtin des BayLSG hat den vorstehend bezeichneten Rechnungsbetrag in Höhe von 307,32 EUR zur
Zahlung angewiesen. - Im Rahmen einer Überprüfung ist dem Kostenbeamten des BayLSG aufgefallen, dass dem
Antragsteller nur 180,48 EUR zugestanden hätten. Entsprechend der Nachricht des Kostenbeamten vom 17.06.2009
ist der Antragsteller gebeten worden, 126,84 EUR zu erstatten. Vom BayLSG sei die Durchführung einer
elektrophysiologischen Zusatzuntersuchung genehmigt worden, nicht aber ein Zusatzgutachten eines weiteren
Sachverständigen. Bei der sechsseitigen Befundung vom 19.11.2008 liege auch kein Zusatzgutachten vor, weil nicht
die vom Gericht gestellten Beweisfragen nach medizinischer Diskussion etc. beantwortet worden seien, sondern nur
die erhobenen Befunde einer Zusatzuntersuchung schriftlich niedergelegt worden seien. In Berücksichtigung der Sätze
des DKG-NT (Vollkosten), die berücksichtigungsfähigen GOÄ-Nummern 839, 840 und 828 sowie die Schreibgebühren
hätten nur 180,48 EUR zugestanden.
Der Antragsteller hat mit Nachricht vom 23.06.2009 erwidert, dass übliche elektrophysiologische
Zusatzuntersuchungen im Rahmen eines fachneurologischen Gutachtens prinzipiell nicht genehmigungspflichtig
seien, da sie einen Teil der neurologischen Untersuchung darstellen würden. Wegen des zu erwartenden komplexen
elektrophysiologischen Befundes sei vom Hauptgutachter auf Grund der notwendigen speziellen Expertise um die
Anfertigung eines elektrophysiologischen Zusatzgutachtens gebeten worden. Somit sei am 15.02.2008 telefonisch
nicht um die Genehmigung einer in der neurologischen Untersuchung üblichen elektrophysiologischen
Zusatzuntersuchung angefragt worden, sondern um die Genehmigung eines elektrophysiologischen
Zusatzgutachtens, welches dann nach entsprechender Zusage erstellt worden sei. - Der Hauptgutachter habe das
Zusatzgutachten veranlasst, um das Vorhandensein und den Ausprägungsgrad unfallbedingter Nervenläsionen
elektrophysiologisch zu objektivieren, um dann im Hauptgutachten die gestellten Fragen beantworten zu können.
Diesem Auftrag sei in dem Zusatzgutachten vom 19.11.2008 komplett nachgekommen worden. Die Befunde der
durchgeführten elektrophysiologischen Zusatzdiagnostik seien in einer zusammenfassenden Beurteilung bezüglich der
vom Hauptgutachter gewünschten Fragestellung bewertet worden, sodass alle Aufwendungen für ein Zusatzgutachten
erbracht worden seien. - Die GOÄ Nr.832, die bekannt obsolet sei, habe man in der Rechnung statt der korrekteren
GOÄ Nr.836c und 836d aufgeführt, nachdem man vom Sozialgericht Bayreuth in dem Verfahren S 10 SF 22/08
entsprechend darauf hingewiesen worden sei. Danach sei für die Verwendung der Analogziffern 836c und 836d kein
Raum.
Der Kostenbeamte des BayLSG hat den Vorgang dem 15. Senat des BayLSG als Kostensenat vorgelegt.
Von Seiten des 15. Senats des BayLSG sind die Unfallstreitakten des 2. Senats beigezogen worden.
II.
Die Festsetzung der Vergütung, der Entschädigung oder des Vorschusses erfolgt gemäß § 4 Abs.1 JVEG durch
gerichtlichen Beschluss, wenn der Berechtigte oder die Staatskasse die gerichtliche Festsetzung beantragt oder das
Gericht sie wie hier für angemessen hält, weil der Überempfang in Höhe von 126,84 EUR zu erstatten ist.
Entgegen den Ausführungen des Antragstellers kann das erwähnte Telefonat nicht am 15.02.2008 stattgefunden
haben, weil die Beweisanordnung nach § 109 SGG erst am 06.10.2008 ergangen ist. Aktenkundig hat ein
entsprechendes Gespräch am 18.11.2008 stattgefunden. Nach der Gesprächsnotiz hat Prof.Dr.K. jedoch nur um
Genehmigung einer elektrophysiologischen Zusatzuntersuchung gebeten und nicht um eine Zusatzbegutachtung.
Entsprechend dieser Gesprächsnotiz ist auch nur eine Zusatzuntersuchung genehmigt worden.
Unabhängig davon handelt es sich bei dem neurophysiologischen Zusatzgutachten des Antragstellers vom
19.11.2008 nicht um ein Gutachten in Hinblick auf die Beweisfragen des BayLSG vom 06.10.2008 zu den Folgen des
Arbeitsunfalles des Klägers vom 07.10.1986. Die Beantwortung der Beweisfragen des BayLSG ist vielmehr im
Rahmen des neurologischen Gutachtens des Prof.Dr.K. vom 15.02.2009 erfolgt. Hierbei hat sich der Hauptgutachter
unter anderem auf das neurophysiologische Zusatzgutachten des Antragstellers vom 19.11.2008 gestützt.
Das sechs Seiten umfassende neurophysiologische Zusatzgutachten enthält die anamnestischen Angaben des
Klägers und dessen Befund, gibt im Folgenden die durchgeführten Elektroneurografien, motorischen Neurografien, den
H-Reflex, die sensiblen Neurografien, Elektromyografien und somato-sensorisch evozierten Potenziale wieder und
enthält abschließend eine zusammenfassende Beurteilung.
Der Antragsteller ist aber nicht der gerichtlich bestellte Sachverständige, dessen Honorar sich nach der Anlage zu § 9
Abs.1 JVEG bemisst. Er kann somit kein Honorar nach der Honorargruppe M3 in Höhe von 85,00 EUR für eine
Stunde fordern. Als "Hilfskraft" des Sachverständigen im Sinne von § 12 Abs.1 Satz 2 Nr.1 JVEG sind jedoch seine
Aufwendungen gesondert zu ersetzen.
In ständiger Rechtsprechung des 15. Senats des BayLSG als Kostensenats ist es angemessen, die von dem
Antragsteller erbrachten Leistungen nicht nach der GOÄ, sondern nach den höheren Vollkosten nach dem DKG-NT
(Spalte 7) zu vergüten, soweit von Seiten der Krankenhausverwaltung Sachkosten nicht gesondert in Rechnung
gestellt werden. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die jeweils erbrachte Leistung auch nach der GOÄ bzw. dem
DKG-NT abrechungsfähig ist.
Die diskutierten Ziffern 836c und 836d stehen als Vergütungsgrundlage zweifelsfrei nicht zur Verfügung. Der
Antragsteller kann sich dennoch nicht auf die Entscheidung des Sozialgerichts Bayreuth im Verfahren S 10 SF 22/08
stützen, wenn dort stattdessen die Ziffer 832 als erstattungsfähig angesehen worden ist. Denn nach dem führenden
Kommentar zur GOÄ von Brück ist die Ziffer 832 obsolet, wie auch dem Antragsteller selbst bekannt. Mit anderen
Worten: Die Ziffern 823, 836c und 836d stehen als Abrechnungsgrundlage nicht zur Verfügung.
Vergütungsfähig sind somit die Ziffern 828 mit 51,97 EUR, 839 mit 60,13 EUR sowie 840 mit 60,13 EUR. Zuzüglich
der unstreitigen Schreibkosten in Höhe von 8,25 EUR ergibt sich eine Gesamtvergütung in Höhe von 180,48 EUR. In
Berücksichtigung der bereits angewiesenen 307,32 EUR beträgt der Überempfang des Antragstellers 126,84 EUR.
Das BayLSG hat hierüber gemäß § 4 Abs.7 JVEG als Einzelrichter zu entscheiden gehabt.
Die Entscheidung ist gemäß § 177 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) endgültig. Das Verfahren ist gebührenfrei;
Kosten werden nicht erstattet (§ 4 Abs.8 JVEG).