Urteil des LSG Bayern vom 18.01.2005

LSG Bayern: berufsunfähigkeit, soziale sicherheit, erwerbsunfähigkeit, aufenthalt, republik, arbeiter, bandscheibenoperation, sozialversicherungsabkommen, zustand, erwerbsfähigkeit

Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 18.01.2005 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht München S 27 RJ 861/01
Bayerisches Landessozialgericht L 6 R 136/04
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 30. Januar 2004 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist der Anspruch des Klägers auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Der 1949 geborene Kläger ist kroatischer Staatsangehöriger. Nach seinen Angaben hat er in seiner Heimat den Beruf
des Eisenbiegers erlernt und war seinerzeit auf serbischem Staatsgebiet in der Zeit von 1965 bis 1969
versicherungspflichtig beschäftigt. In Deutschland hat er in der Zeit vom 02.09. 1969 bis 26.04.1976 insgesamt 64
Monate Pflichtbeitragszeiten nachgewiesen. Vom Januar 1991 bis Mai 1998 hat er insgesamt 89 Monate
berücksichtigungsfähige Zeiten bei der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter in Österreich zurückgelegt. Mit
Bescheid vom 31. August 2000 gewährt ihm die Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter Landesstelle Wien
Invaliditätspension ab 1. Juni 1998.
Am 14.05.1998 beantragte der in Wien wohnende Kläger über die Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter nach
dem Abkommen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über soziale Sicherheit Rente wegen
verminderter Erwerbsfähigkeit. Diesen Antrag hatte die Beklagte zunächst mit Bescheid vom 01.12.1998 abgelehnt,
weil weder Berufs- noch Erwerbsunfähigkeit bei dem Kläger vorlägen. Der Kläger selbst sei zwar durch einen Zustand
nach dreimaliger Bandscheibenoperation im unteren Lendenwirbelsäulenbereich mit Fußheber- und
Fußsenkerschwäche links, einem depressiven Verstimmungszustand mit Konversionsmechanismen und eine
arterielle Hypertonie in seinem Leistungsvermögen beeinträchtigt, andererseits sei er noch in der Lage, auf dem
allgemeinen Arbeitsmarkt leichte Arbeiten ohne viel Bücken, ohne Zeitdruck und auswechselnder Ausgangslage
vollschichtig zu verrichten. Er erfülle damit weder die gesundheitlichen Voraussetzungen der Berufsunfähigkeit noch
der Erwerbsunfähigkeit gemäß §§ 43, 44 a.F. Sechtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI).
Diesen Bescheid hat die Beklagte mit Bescheid vom 12.Juli 2000 aufgehoben. Darin stellte sie nunmehr fest, dass
beim Kläger Berufsunfähigkeit eingetreten sei, andererseits er dennoch keinen Rentenanspruch wegen
Berufsunfähigkeit gemäß § 43 SGB VI habe, weil er seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Wien und damit im Ausland
habe und Rente wegen Berufsunfähigkeit nur derjenige erhalten könne, der auf diese Rente bereits für die Zeit seines
gewöhnlichen Aufenthalts im Inland Anspruch gehabt habe (§ 112 Satz 2 SGB VI). Eine Rente wegen
Berufsunfähigkeit sei deshalb dem sich bereits seit 1991 in Österreich aufhaltenden Kläger nicht zu gewähren.
Den Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 23.02. 2001 zurück. Beim Kläger sei zwar der Leistungsfall
der Berufsunfähigkeit im April 1997 auf Dauer eingetreten, der dem Grunde nach ab 01.05.1998 - Beginn des
Antragsmonats - bestehender Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit sei jedoch ausgeschlossen, da der Kläger
zu diesem Zeitpunkt nicht seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland gehabt habe. Rente wegen Berufsunfähigkeit
könne deshalb auch nicht bezahlt werden. Weder das deutsch-österreichische Sozialversicherungsabkommen noch
die Vorschriften der Europäischen Union könnten für den kroatischen Staatsangehörigen mit Aufenthalt in Österreich
einen entsprechenden Anspruch begründen, weil entsprechende Gebiets- bzw. Personengleichstellungen zu Gunsten
des Klägers darin nicht enthalten seien.
Dagegen hat der Kläger zum Sozialgericht München Klage erhoben.
Das Sozialgericht hat weitere Sachverständigengutachten zum beruflichen Leistungsvermögen des Klägers auf
chirurgisch-orthopädischem und innerem Fachgebiet durch die Dres.T. und S. eingeholt. Dr.T. hat in seinem
schriftlichen Gutachten vom 26.08.2003 als Gesundheitsstörungen altersentsprechende Aufbrauchserscheinungen der
Wirbelsäule und einen Zustand nach Bandscheibenoperation bei nur geringfügigen Einschränkungen der
Lendenwirbelsäule festgestellt und den Kläger noch zu leichten bis mittelschweren Arbeiten vollschichtig in der Lage
zu sein beurteilt. Ausgeschlossen seien Tätigkeiten die mit besonderer Belastung der Wirbelsäule sowie mit Heben
und Tragen schwerer Lasten in Zwangshaltung, Überkopfarbeiten oder Arbeiten auf Leitern und Gerüsten oder unter
Witterungseinflüssen verrichtet werden müssten.
Dr.S. hat in seinem Gutachten vom 20.10.2003 von Seiten seines Fachgebiets einen medikamentös unzureichend
behandelten arteriellen Bluthochdruck mit organischen Folgerscheinungen, ein Übergewicht, Fettstoffwechselstörung
festgestellt und den Kläger ebenfalls noch zu leichten körperlichen Arbeiten vollschichtig in der Lage zu sein beurteilt.
Mit Urteil vom 30. Januar 2004 hat das Sozialgericht die Klage darauf abgewiesen. Mit Rücksicht auf das verbliebene
Leistungsvermögen sei der Kläger nicht erwerbsunfähig und ebenso wenig erwerbsgemindert in der ab 01.01.2001
geltenden Fassung des § 43 SGB VI. Ein Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit - wofür der Leistungsfall
bereits im April 1997 unstreitig eingetreten sei - scheitere daran, dass sich der Kläger in Österreich aufhalte und Rente
wegen Berufsunfähigkeit ins Ausland nur dann bezahlt werde, wenn der Berechtigte Anspruch auf diese Rente bereits
für eine Zeit gehabt hätte, in der er seinen gewöhnlichen Aufenthalt noch im Inland gehabt hätte (§ 112 Satz 2 in der
bis 31.12.2000 geltenden Fassung bzw. § 317 Abs.4, 270 b SGB VI).
Dagegen hat der Kläger Berufung eingelegt.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts München vom 30. Januar 2004 sowie den Bescheid der Beklagten
vom 12. Juli 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.02.2001 aufzuheben und die Beklagte zu
verurteilen, ihm aufgrund des Antrages vom 14.05.1998 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise,
Berufsunfähigkeit, hilfsweise ab 01.01.2001, wegen Erwerbsminderung zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.
Beigezogen waren die Akten der Beklagten und des Sozialgerichts München. Auf den Inhalt sowie auf den Inhalt der
Berufungsakte wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Urteil des Sozialgerichts München ist nicht zu beanstanden, weil der
Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit gemäß §§ 43, 44 SGB VI in der bis
31.12.2000 gültigen Fassung hat. Ebenso wenig besteht Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung gemäß § 43
SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung.
Der Senat folgt in seiner Entscheidung den Gründen des angefochtenen Urteils und sieht daher gemäß § 153 Abs.2
Sozialgerichtsgesetz (SGG) von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.
Das Sozialgericht hat den Rechtsstreit entsprechend der Sach- und Rechtslage entschieden und ist zu Recht nach
dem Ergebnis der Beweisaufnahme zu der Schlussfolgerung gelangt, dass die gesundheitlichen Voraussetzungen für
einen Leistungsfall der Erwerbsunfähigkeit bzw. der Erwerbsminderung beim Kläger nicht nachgewiesen sind.
Anhaltspunkte, das vom Sozialgericht München seiner Entscheidung zugrunde gelegte Ergebnis der Beweisaufnahme
zu bezweifeln, bestehen für den Senat nicht. Im sozialgerichtlichen Verfahren wurde das berufliche
Leistungsvermögen des Klägers durch Sachverständigengutachten auf chirurgisch-orthopädischem und innerem
Fachgebiet beurteilt, wobei in Übereinstimmung mit allen Vorgutachtern ein vollschichtiges berufliches
Leistungsvermögen für körperlich leichte Arbeiten bei dafür unwesentlichen Einschränkungen der Arbeitsbedingungen
festgestellt worden ist. Damit scheidet ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. Erwerbsminderung
aus.
Rente wegen Berufsunfähigkeit kann der Kläger ebenfalls nicht beanspruchen, auch wenn insoweit Übereinstimmung
zwischen den Beteiligten besteht, dass die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Annahme von Berufsunfähigkeit
bereits im April 1997 eingetreten sind. Der Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit wird aber dadurch
ausgeschlossen, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Leistungsfalles sich wie auch heute noch auf dem Staatsgebiet
der Republik Österreich aufgehalten hat. Ergänzend ist dazu lediglich auszuführen, dass auch das im Jahre 1998 in
Kraft getretene Sozialversicherungsabkommen der Bundesrepublik Deutschland mit der Republik Kroatien gemäß
Art.4 Abs.2 des Sozialversicherungsabkommens einen solchen Anspruch nicht begründen könnte.
Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 30. Januar 2004 war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG nicht vorliegen.