Urteil des LSG Bayern vom 28.03.2007

LSG Bayern: gemeinschaftspraxis, abrechnung, behandlung, anteil, rechtsform, versorgung, richtigstellung, zahl, patient, vertretung

Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 28.03.2007 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht München S 39 KA 1448/02
Bayerisches Landessozialgericht L 12 KA 216/04
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 20. Oktober 2003 wird
zurückgewiesen. II. Der Kläger hat der Beklagten die außergerichtlichen Kosten zu erstatten und die Gerichtskosten
zu tragen. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
In diesem Rechtsstreit geht es um eine Plausibilitätsprüfung.
Der Kläger ist als Allgemeinarzt in N. zur vertragsärztli- chen Versorgung zugelassen. In den Quartalen 2/98 bis 1/01
übte er seine Tätigkeit in Praxisgemeinschaft mit seiner Ehefrau, der Internistin Dr.C. W. aus. Diese hatte ihre
vertragsärztliche Tätigkeit zum 01.04.1998 aufgenommen und war von Quartal 2/98 bis 1/99 als hausärztliche
Internistin, in den Quartalen 2/99 bis 2/00 als fachärztliche Internistin, im Quartal 3/00 als hausärztliche Internistin und
seit dem Quartal 4/00 wieder als fachärztliche Internistin zugelassen.
Die Beklagte führte bei der Praxisgemeinschaft wegen der auf- fällig hohen Anzahl gemeinsamer Behandlungsfälle
eine Plausibi- litätsprüfung durch. Nachdem eine vergleichsweise Regelung von den Ärzten nicht akzeptiert worden
war, hob die Beklagte mit Bescheid vom 10. Oktober 2001 die Honorarbescheide des Klägers für die Quartale 2/98 bis
1/01 auf und setzte die Honorare neu fest. Die daraus resultierende Überzahlung in Höhe von 147.987,64 DM
(75.664,87 Euro) forderte sie zurück. An die Ehefrau des Klägers erging ein entsprechender Bescheid, mit dem
Honorar in Höhe von 29.572,04 Euro zurückgefordert wurde. In der Begründung der Bescheide wird ausgeführt,
auffällig sei die hohe Anzahl von gemeinsamen Patienten, die in beiden Praxen behandelt und abgerechnet worden
seien. De facto hätten der Kläger und seine Ehefrau die beteiligten Praxen wie eine hausärztliche
Gemeinschaftspraxis geführt. Indizien dafür seien die allgemein hohe Zahl an gemeinsamen Patienten, die Anzahl der
Patienten, bei denen die Krankenversicherungskarten in beiden Praxen am selben Tag eingelesen worden seien, die
Behandlung der Patienten am selben Tag mit identischen Diagnosen und die gegenseitige Vertretung innerhalb der
Praxisgemeinschaft ohne Vorliegen der Voraussetzungen des § 32 der Zulassungsverordnung-Ärzte (Ärzte-ZV). Im
Quartal 2/98 habe der Kläger 985 Patienten gehabt und seine Ehefrau 144. Davon seien 121 gemeinsame Patienten
gewesen. Die entsprechenden Zahlen für die anderen geprüften Quartale sind im Bescheid tabellarisch aufgeführt.
Zuletzt waren es im Quartal 1/01 beim Kläger 1.600 Patienten und bei seiner Ehefrau 690 Patienten. Davon seien 560
Patienten in beiden Praxen behandelt worden. Im Durchschnitt habe der Kläger 1.046,08 Patienten, seine Ehefrau
530,67 Patienten gehabt, 426 davon seien gemeinsame Patienten gewesen. Darüber hinaus sei festgestellt worden,
dass eine Vielzahl der Patienten während eines Quartals mehrmals den behandelnden Arzt innerhalb der
Praxisgemeinschaft gewechselt hätten. Gründe dafür seien nicht ersichtlich. Ein unterschiedliches
Behandlungsspektrum sei nur teilweise gegeben, doch resultierten daraus keine Spezialisierungen, die die hohe Zahl
gemeinsamer Patienten auch nur annähernd erklären könnten. Zwar erbringe der Kläger im Gegensatz zu seiner
Partnerin chirotherapeutische Leistungen. Diese wiederum mache Endoskopien. Allerdings habe sie insgesamt nur 15
Gastroskopien nach Nr.741 und 13 Koloskopien nach Nr.763 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) im
gesamten Quartal 2/00 erbracht. Bei den gemeinsamen Patienten seien ganz überwiegend nur die Ordinationsgebühr
(EBM-Nr.1) sowie die Konsultationsgebühr (EBM-Nr.2) abgerechnet worden. Es werden eine Reihe von Patienten mit
mehrmaligem Behandlerwechsel innerhalb eines Quartals exemplarisch aufgeführt, bei denen ganz überwiegend nur
die Nrn.1, 2, 15, 25 EBM von beiden Ärzten abgerechnet worden seien. Zwar könnten nach § 76 Abs.1
Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) die Versicherten unter den zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen
Ärzten wählen. Sie sollten aber nach § 76 Abs.3 Satz 1 SGB V den Arzt innerhalb eines Kalendervierteljahres nur bei
Vorliegen eines wichtigen Grundes wechseln. Der Versicherte wähle einen Hausarzt. Dieser habe ihn vorab über den
Inhalt der hausärztlichen Versorgung zu unterrichten. Innerhalb einer Praxisgemeinschaft dürften Patienten nicht zum
Wechsel von einem Arzt zum anderen veranlasst werden, nur um diesem die Gelegenheit zur Abrechnung zu geben.
Auffällig sei, dass häufig am selben Tag die Krankenversicherungskarte von beiden Praxen eingelesen worden sei,
ohne dass eine Behandlung durch beide Ärzte an diesem Tag erfolgt sei. Das lasse darauf schließen, dass in der
Praxisgemeinschaft nicht auf eine Trennung der Abrechnung beider Praxen geachtet werde. Es folgt eine Aufstellung,
aus der sich ergibt, dass die Anzahl der Patienten mit identischem Einlesedatum von 38 im Quartal 2/98 auf 553 im
Quartal 4/00 bzw. 509 im Quartal 1/01 angestiegen ist. Des weiteren enthält der Bescheid eine tabellarische
Auflistung der gemeinsamen Behandlungstage, die zwischen 60 (4/00) und 159 (4/98) schwankt. Die Klientel innerhalb
der Praxisgemeinschaft weise keine signifikanten Abweichungen und Besonderheiten auf, die dies rechtfertigen
würden. Ein Vertragsarzt dürfe sich nur bei Krankheit, Urlaub oder Teilnahme an der ärztlichen Fortbildung oder einer
Wehrübung innerhalb von 12 Monaten bis zur Dauer von drei Monaten vertreten lassen. Eine darüber hinausgehende
Vertretung sei nicht zulässig. Grundsätzlich sei jeder Arzt für seine Patienten präsenzpflichtig, so dass der Patient
nicht bei Abwesenheit "seines" Arztes von dem anderen behandelt werden dürfe. Zulässig sei dies nur
ausnahmsweise bei Notfällen bzw. unaufschiebbaren Behandlungen. Dies habe der Kläger nicht beachtet. Vielmehr
hätten er und seine Ehefrau ihre Praxen wie zwei Hausärzte in Gemeinschaftspraxis und nicht nach den Regeln einer
Praxisgemeinschaft geführt. Die Gründung einer Gemein- schaftspraxis bedürfe jedoch nach § 33 Abs.2 Satz 2 Ärzte-
ZV der vorherigen Genehmigung durch den Zulassungsausschuss. Eine solche sei nicht beantragt worden. Das
pflichtwidrige Verhalten des Klägers habe Auswirkungen auf die Honorare. Zu den Grund- pflichten des Vertragsarztes
gehöre insbesondere die Verpflich- tung zur peinlich genauen Abrechnung. Hiergegen verstoße er, wenn er Leistungen
abrechne, die er entweder nicht oder nicht vollständig oder nicht selbst erbracht habe. Mit der Sammelerklärung habe
er durch Unterschrift die sachliche Richtigkeit der Abrechnung, also auch die persönliche Leistungserbringung
bestätigt. Wenn sich diese wegen Abrechnung nicht oder nicht ordnungsgemäß erbrachter Leistungen als falsch
erweise, entfalle die Garantiewirkung, soweit es sich nicht lediglich um einen Fall schlichten Versehens handle. Der
darauf beruhende Honorarbescheid sei rechtswidrig. Die Kassenärztliche Vereinigung sei berechtigt, diesen
aufzuheben und das Honorar neu festzusetzen. Dabei könne sie eine Schätzung des Volumens der plausibel
abgerechneten Leistungen zugrundelegen. Die Pflichtverstöße des Klägers und seiner Praxisgemeinschaftspartnerin
könnten nicht auf einem bloßen Versehen beruhen. Die Honorarbescheide seien damit aufzuheben und die Honorare
neu festzusetzen. Bei der Neufestsetzung lägen folgende Überlegungen zugrunde: Das als plausibel anzuerkennende
Honorar für das jeweilige Quartal ergebe sich aus den Fällen, die a) nur von einem Arzt behandelt worden seien und
aus Fällen (z.B. Notfälle) die zusätzlich anerkannt worden seien (so- genannte Solitärfälle), b) zwar von beiden Ärzten
behandelt worden seien, bei denen es sich aber um berechtigte Überweisungen oder berechtigte Ver treterfälle
gehandelt habe.
Es seien alle gemeinsamen Fälle der Quartale 3/99, 1/00 und 2/00 überprüft worden. Dabei habe sich ein unkorrekter
Anteil an gemeinsamen Fällen von durchschnittlich 47,69 % ergeben. Dieser Prozentsatz sei im Rahmen der
Schätzung auch bei allen anderen Quartalen zugrunde gelegt worden. Auf dieser Grundlage seien für die jeweiligen
Quartale die zurückzufordernden Beträge errechnet worden. So hätten im Quartal 2/98 beide Praxen zusammen 1.129
Fälle gehabt. In der Praxis des Klägers seien 77.254,99 DM abgerechnet worden und in der seiner Frau 14.133,45
DM, zusammen also 91.388,44 DM. Teile man diese Summe durch die Anzahl von zusammen 1.129 Fällen, ergebe
sich ein Mischfallwert beider Praxen von 80,95 DM. Dieser Mischfallwert wurde mit der Anzahl der nicht anerkannten
gemeinsamen Fälle (47,69 % der Gesamtfallzahl in 2/98) multipliziert und das Produkt entsprechend dem
prozentualen Anteil der beiden Praxen am Gesamthonorar von der jeweiligen Praxis zurückgefordert. Das Honorar
wurde für jede der beiden Praxen in Höhe des bisherigen Honorars abzüglich des o.g. Rückforderungsbetrages neu
festgesetzt. Dieser Vorgang wurde für jedes Quartal im einzelnen durchgeführt. Insgesamt ergab sich dabei zu Lasten
des Klägers eine Überzahlung von 147.967,64 DM bzw. 75.664,87 Euro, die mit dem streitgegenständlichen Bescheid
zurückgefordert wurde.
Beide Ärzte haben gegen ihren jeweiligen Bescheid Widerspruch eingelegt. Die Beklagte hat die Widersprüche mit im
wesentlichen gleichlautenden Widerspruchsbescheiden vom 16. Mai 2002 zurückgewiesen, in denen sie die
Argumentation der angefochtenen Bescheide wiederholt.
Die Ärzte haben dagegen das Sozialgericht München (SG) angerufen. Die Klage des Klägers wurde von der 39.
Kammer des SG mit Urteil vom 20. Oktober 2003 abgewiesen. Darin folgt das Gericht gem. § 136 Abs.3
Sozialgerichtsgesetz (SGG) den Gründen der angefochtenen Bescheide. Der Kläger hat dagegen Berufung zum
Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt.
Auch die Klage der Ehefrau des Klägers, für die eine andere Kammer des SG zuständig war, wurde abgewiesen. Die
dagegen eingelegte Berufung wurde in der mündlichen Verhandlung des LSG vom 28. März 2007 zurückgenommen.
Der Kläger hat zur Begründung seiner Berufung im wesentlichen vortragen lassen, die streitgegenständlichen
Bescheide seien schon deshalb aufzuheben, weil die Beklagte für deren Erlass unzuständig gewesen sei.
Honorarberichtigungen könnten nur darauf gestützt werden, dass eine Leistung entweder nicht oder nicht vollständig
erbracht worden sei oder unwirtschaftlich sei. Die den Ärzten zur Last gelegten Doppeleinlesungen enthielten nicht
den Vorwurf, dass die Leistungen nicht oder nicht vollständig erbracht worden seien. Es könne sich also nur um eine
unwirtschaftliche Leistungserbringung handeln, für deren Prüfung die Prüfgremien der Wirtschaftlichkeitsprüfung und
nicht die Kassenärztlichen Vereinigungen zuständig seien. Nach § 11 der Plausibilitätsrichtlinien der Kassenärztlichen
Bundesvereinigung (KBV) sei bei versorgungsbereichsübergreifenden Praxen bei einer Praxisidentität von 30 % von
einer Abrech- nungsauffälligkeit auszugehen. Dieses Aufgreifkriterium erfülle der Kläger jedenfalls in den Quartalen
2/98 bis 1/00 nicht, so dass diese schon deshalb bei der Plausibilitätsprüfung nicht hätten berücksichtigt werden
dürfen. Darüber hinaus seien die Bescheide auch rechtswidrig, weil auf der Grundlage einer Über- prüfung von nur 15
Fällen pauschale Kürzungen über mehrere Quartale hinweg vorgenommen worden seien. Für das angebliche
Fehlverhalten des Klägers sei die Beklagte beweispflichtig. Sie hätte die vermeintlichen Falschabrechnungen konkret
und in jedem einzelnen Quartal und Fall nachweisen müssen. Im Übrigen habe auch bei den genannten 15 Fällen
keine Falschabrechnung stattgefunden. Die Schadensberechnung sei nicht nachvollziehbar. Die nach Ansicht der
Beklagten nicht korrekten Fälle seien mit dem Mischfallwert (durchschnittlicher Kostenaufwand pro Patient in beiden
Praxen) des jeweiligen Quartals multipliziert worden und der sich so ergebende Betrag anteilig entsprechend dem
jeweiligen Honorar auf beide Praxen aufgeteilt worden. Das bedeute, dass ein - nach Auffassung der Beklagten -
unkorrekter Fall komplett (im Sinne des durchschnittlichen Kostenaufwandes bei einem Patienten) nicht vergütet
worden sei. Diese Vorgehensweise lasse sich auch nicht unter Hinweis auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom
22.03.2006 (Az.: B 6 KA 76/04 R) halten, wonach ggf. bei einer Patientenidentität von mehr als 50 % bei formal unter
der Rechtsform einer Praxisgemeinschaft zusammenarbeitenden Ärzten des selben Fachgebiets solche Gebüh-
rentatbestände des EBM, die bei einer Behandlung in einer fachgleichen Gemeinschaftspraxis nur einmal pro Quartal
gewährt würden, bei keinem der Praxisgemeinschaftspartner zu berücksichtigen seien. Denn im vorliegenden Fall
handle es sich um versorgungsbereichsübergreifende Praxen. Im Übrigen habe die Beklagte nicht nur die
Quartalsziffern bei keiner Praxis vergütet, sondern die gesamten durchschnittlichen Kosten für einen Patienten als
Rückforderungsbetrag pro unkorrektem Fall angesetzt. Dies sei offensichtlich rechtswidrig, da jedenfalls unstreitig
erbrachte rechtmäßige nicht quartalsbezogene Leistungen zumindest bei einem der Praxisgemeinschaftspartner
hätten vergütet werden müssen.
Der Kläger beantragt,
das Ersturteil und die zugrundeliegenden Bescheide aufzuhe- ben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat im wesentlichen ihre Argumentation aus den Bescheiden wiederholt und darüber hinaus festgestellt, dass Frau
Dr.W. Schilddrüsensonographien, Venensonographien, Langzeit-EKG und Endoskopien lediglich in 14 % der
insgesamt 486 gemeinsamen Fälle im Quartal 2/00 abgerechnet habe. Damit lasse sich die große Zahl an
gemeinsamen Patienten nicht nachvollziehbar erklären.
Dem Senat liegen die Verwaltungsakten der Beklagten, die Akten des Sozialgerichts München und die Berufungsakte
vor, auf deren Inhalt ergänzend Bezug genommen wird.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Das Sozialgericht hat die gegen den
Neufest- stellungs- und Rückforderungsbescheid vom 10. Oktober 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 16. Mai 2002 gerich- tete Klage zu Recht abgewiesen.
In diesem Rechtsstreit geht es um eine Plausibilitätsprüfung wegen Missbrauchs der Rechtsform der
Praxisgemeinschaft bei Vorliegen zahlreicher gemeinsamer Behandlungsfälle. Nach § 83 Abs.2 SGB V in der
Fassung des Gesetzes vom 21.Dezember 1992 waren in den Gesamtverträgen auch Verfahren zu vereinbaren, die
die Prüfung der Abrechnung der Vertragsärzte auf Rechtmäßigkeit durch Plausibilitätskontrollen der Kassenärztlichen
Vereinigungen, insbesondere auf der Grundlage von Stichproben ermöglichten. Dabei waren Anzahl und Häufigkeit der
Prüfungen festzusetzen. (Später - ab 01.Januar 2000 - wurde ein Satz 3 angefügt, wonach Gegenstand der Prüfungen
nach Satz 1 insbesondere die Überprüfung des Umfangs der je Tag abgerechneten Leistungen im Hinblick auf den
damit verbundenen Zeitauf wand ist. Um diese Problematik geht es im vorliegenden Fall nicht.) In Ausführung dieses
gesetzlichen Auftrags haben die Parteien der Bundesmantelverträge in § 46 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) bzw.
§ 42 Bundesmantelvertrag-Ärzte/Ersatzkassen (EKV-Ä) vereinbart, dass den Kassenärztlichen Vereinigungen auch
die Prüfung der Rechtmäßigkeit der ärztlichen Abrechnung durch Plausibilitätskontrollen nach den in den
Gesamtverträgen vereinbarten Verfahren (z.B. durch Stichproben) obliege. Eine entsprechende gesamtvertragliche
Regelung auf Landesebene findet sich für den Zuständigkeitsbereich der Beklagten in § 10 Gesamtvertrag
Regionalkassen (GV-RK) bzw. § 8 Gesamtvertrag-Ersatzkassen (GV-EK) in Verbindung mit der dazu vereinbarten
Anlage 9. Die vorgenannten Regelungen betreffen im Wesentlichen die Auswahl der zu prüfenden Ärzte, die
Prüfkriterien und das Verfahren der Plausibilitätsprüfung. Sie enthalten keine Ermächtigung zur Berichtigung der
Honoraranforderungen bzw. Aufhebung und Neufestsetzung von Honorarbescheiden. Die Plausibilitätsprüfung stellt
damit kein weiteres eigenständiges Prüfverfahren neben der Wirtschaftlichkeitsprüfung und der Prüfung auf sachlich-
rechnerische Richtigkeit dar (vgl. BSG Urteil vom 8. März 2000, Az.: B 6 KA 16/99 R = SozR 3-2500 § 83 Nr.1).
Rechtsgrundlage für Honoraraufhebungs- oder Änderungsbescheide nach einer Plausibilitätsprüfung sind vielmehr die
Bestimmun- gen der Bundesmantelverträge über die Berechtigung der Kassen- ärztlichen Vereinigungen zur sachlich-
rechnerischen Richtig- stellung (§ 45 Abs.2 Satz 1 BMV-Ä, § 34 Abs.4 Satz 1 und 2 EKV- Ä), die in ihrem
Anwendungsbereich die Regeln des § 45 Sozial- gesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) verdrängen (BSG, st.Rspr., z.B.
Urteil vom 28. September 2005, Az.: B 6 KA 14/04 R = SozR 4-5520 § 32 Nr.2). Nach diesen im Regional- und
Ersatzkassenbe- reich im wesentlichen gleichlautenden Vorschriften hat die Kas- senärztliche Vereinigung die
Aufgabe, die von den Vertragsärz- ten eingereichten Abrechnungen rechnerisch und gebührenord- nungsmäßig zu
prüfen und ggf. richtigzustellen. Dies kann auch im Wege nachgehender Richtigstellung erfolgen, d.h. die Kassen-
ärztliche Vereinigung kann, soweit Honorarbescheide erlassen wurden, diese ganz oder teilweise ändern oder
zurücknehmen und ggf. neu erlassen (BSG a.a.O.). Die Richtigstellung kann von Amts wegen oder auf Antrag einer
Krankenkasse erfolgen (vgl. BSGE 89,90,93 f. = SozR 3-2500 § 82 Nr.3 S.6). Die Befugnis zur sachlich-
rechnerischen Richtigstellung der Honoraranforderung auf bundesmantelvertraglicher Rechtsgrundlage besteht nicht
nur im Falle rechnerischer und gebührenordnungsmäßiger Fehler, son- dern erfasst auch Fallgestaltungen, in denen
der Vertragsarzt Leistungen unter Verstoß gegen Vorschriften über formale und inhaltliche Voraussetzungen der
Leistungserbringung durchge- führt und abgerechnet hat. Das BSG hat das Rechtsinstitut der sachlich-rechnerischen
Richtigstellung z.B. bei Abrechnung fachfremder Leistungen oder qualitativ mangelhafter Leistungen ebenso für
anwendbar erachtet wie auch bei Leistungen durch nicht genehmigte Assistenten sowie bei Aufrechterhaltung einer
übergroßen Praxis mit Hilfe eines Assistenten sowie insbesonde- re auch im Fall der Leistungserbringung in der Form
einer Pra- xisgemeinschaft, obwohl die ärztliche Tätigkeit tatsächlich wie in einer Gemeinschaftspraxis erfolgt ist
(Urteil vom 22. März 2006, Az.: B 6 KA 76/04 R = SozR 4-5520 § 33 Nr.6). In dieser Entscheidung führt das BSG u.a.
aus, die beklagte Kassenärztliche Vereinigung habe die sachlich-rechnerische Richtigstellung zu Recht darauf
gestützt, dass sich der Kläger wegen der praktizierten Form der Kooperation durch pflichtwidriges Verhalten bei der
Ausgestaltung der beruflichen Zusammenarbeit und bei der Erfüllung des spezifischen hausärztlichen
Versorgungsauftrags vertragsärztliches Honorar verschafft habe, das er nicht hätte erzielen können, wenn die
Zusammenarbeit korrekt durchgeführt worden wäre (a.a.O., RdNr.12).
So liegt es auch im vorliegenden Fall. Der Kläger und seine Ehefrau haben zwar ihre Praxen in der Rechtsform einer
Praxis- gemeinschaft geführt, sich tatsächlich aber bei ihrer ärztlichen Tätigkeit wie die Mitglieder einer
Gemeinschaftspraxis verhalten, die im wesentlichen hausärztlich tätig war, obgleich die Ehefrau des Klägers
zumindest in einigen der streitgegenständlichen Quartale als fachärztliche Internistin zugelassen war.
Für die berufliche Kooperation im Status der Gemeinschaftspraxis im Sinne von § 33 Abs.2 Satz 1 Ärzte-ZV ist
kennzeichnend, dass sich mehrere Ärzte des gleichen Fachgebiets oder ähnlicher Fachgebiete (hier Allgemeinarzt
und Internistin bzw. hausärzt- liche Internistin) zur gemeinsamen und gemeinschaftlichen Aus- übung des ärztlichen
Berufs in einer Praxis zusammenschließen, wobei über die gemeinsame Nutzung der Praxiseinrichtung sowie die
gemeinsame Beschäftigung von Personal hinaus die gemein- schaftliche Behandlung von Patienten, eine einheitliche
Patien- tenkartei und gemeinsame Abrechnung in den Vordergrund treten. Diese Form der Zusammenarbeit bedarf der
vorherigen Genehmigung durch den Zulassungsausschuss (§ 33 Abs.2 Satz 2 Ärzte-ZV). Typisch für die
Gemeinschaftspraxis ist, dass der Versicherte wechselweise von allen Mitgliedern der Praxis behandelt werden kann,
ohne dass es sich dabei um mehr als einen (gemeinsamen) Behandlungsfall handelt. Das führt dazu, dass bestimmte
Leistungen, die pro Quartal nur einmal abrechenbar sind, in der Gemeinschaftspraxis insgesamt nur einmal
abgerechnet werden können, und dass insbesondere auch die Hausarztpauschale nur einmal pro Quartal anfällt.
Demgegenüber handelt es sich bei der Praxisgemeinschaft um eine Organisationsform, die nicht der gemeinsamen, in
der Regel jederzeit austauschbaren ärztlichen Behandlung an gemeinsamen Patienten dient, sondern der
gemeinsamen Nutzung von Praxisräumen und -einrichtungen sowie der gemeinsamen Beschäftigung von
Hilfspersonal mit dem vorrangigem Zweck, bestimmte Kosten zur besseren Ausnutzung der persönlichen und
sachlichen Mittel auf mehrere Ärzte umzulegen (vgl. BSG a.a.O., Rdnrn.14 und 15 m.w.N.).
Der Kläger und seine Partnerin, die offiziell in der Rechtsform der Praxisgemeinschaft zusammenarbeiten, haben im
streitgegenständlichen Zeitraum ihre Tätigkeit tatsächlich in Form einer (nicht genehmigten) Gemeinschaftspraxis
ausgeübt. Das ergibt sich für den Senat zwingend aus der sehr großen Anzahl von gemeinsamen Behandlungsfällen,
also von Patienten, die im gleichen Quartal von beiden Ärzten behandelt wurden, zum großen Teil sogar am selben
Tag, häufig auch abwechselnd an verschiedenen Tagen, ohne dass ein Fall der Überweisung vorgelegen hätte, und
ohne dass die Abrechnung über einen sogenannten Vertreterschein erfolgt wäre. Im Einzelnen ergibt sich nach den
von Klägerseite nicht infrage gestellten Auszählungen der Beklagten, dass im Quartal 2/98 121 doppelte Originalfälle
vorlagen, was bei einer Praxisgröße von 985 Fällen beim Kläger mit nur 12,28 % Anteil nicht besonders auffällig war.
Die Ehefrau und Praxisgemeinschaftspartnerin des Klägers hatte indessen in diesem Quartal in ihrer (offenbar noch
im Aufbau befindlichen) Praxis nur 144 Fälle, so dass die Doppelfälle 84,03 % ausmachen, also deutlich über dem in
§ 11 Abs.2 der Richtlinien der KBV und der Spitzenverbände der Krankenkassen zum Inhalt und zur Durchführung der
Abrechnungsprüfung der Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen (Plausibilitätsrichtlinien) genannten
Prozentsätze von 20 % Patientenidentität bei versorgungsbereichsidentischen Praxen bzw. 30 % Patientenidentität
bei versorgungsbereichsübergreifenden Praxen liegt. Für den Senat kann es keinen Zweifel daran geben, dass der
Anteil der gemeinsamen Patienten nur an der kleineren Praxis gemessen werden kann, denn sonst könnte bei stark
unterschiedlicher Praxisgröße - selbst wenn in der kleineren Praxis ausschließlich Fälle abgerechnet würden, die auch
in der größeren Praxis zur Abrechnung gelangen - das Verhalten der größeren Praxis überhaupt nicht beanstandet
werden (Beispiel: größere Praxis 1000 Fälle, kleinere Praxis 100 Fälle, alle werden auch in der größeren Praxis
behandelt, Anteil der gemeinsamen Fälle in der größeren Praxis nur 10 %). Im Übrigen hat in den Folgequartalen die
Fallzahl der Praxis der Frau W. stark zugenommen und parallel dazu die Anzahl der gemeinsamen Behandlungsfälle,
die damit auch einen immer größer werdenden Anteil am Patientengut des Klägers ausmachen. Im letzten geprüften
Quartal (1/01) waren es beim Kläger 1.096 Fälle und bei Frau W. 690 Fälle; davon wurden 560 in beiden Praxen
behandelt. Dies sind Zahlen, die auch in der Praxis des Klägers in jenem Bereich liegen (58 %), bei dem das BSG in
seinem Urteil vom 22. März 2006 (Az.: B 6 KA 76/04 R) die missbräuchliche Nutzung der Rechtsform der
Praxisgemeinschaft für gegeben erachtet hat (a.a.O. RdNr.21). Nach der Auffassung des Senats ist aber auch in den
Quartalen, in denen der prozentuale Anteil der gemeinsamen Fälle in der Praxis des Klägers wegen der damals noch
geringen Größe der Praxis seiner Ehefrau unter der 50 %-Marke lag, durchaus ein Missbrauch der Rechtsform der
Praxisgemeinschaft anzunehmen, denn die Behandlung der gemeinsamen Patienten durch beide Praxen stellt sich
nicht nur in der kleineren Praxis, sondern auch in der größeren Praxis als rechtsmissbräuchlich dar.
Das BSG hat in seinem schon wiederholt zitierten Urteil vom 22. März 2006, Az.: B 6 KA 76/04 R, u.a. aus den
Plausiblitätsrichtlinien der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Spitzenverbände der Krankenkassen (DÄ
2004 A-2555) § 11 Abs.2, wo bereits eine Patientenidentität von 20 % bei fachgebiets- gleichen bzw. 30 % bei
fachgebietsübergreifenden Praxisgemein- schaften ein Aufgreifkriterium ist, geschlossen, dass jedenfalls dann, wenn
zwei in der Rechtsform einer Praxisgemein- schaft kooperierende Vertragsärzte desselben Fachgebiets mehr als 50
% der Patienten in einem Quartal gemeinsam behandeln, tatsächlich die für eine Gemeinschaftspraxis
kennzeichnende gemeinsame und gemeinschaftliche Ausübung der ärztlichen Tätig- keit durch Behandlung eines
gemeinsamen Patientenstammes statt- findet. Diese Kriterien sieht der Senat auch im vorliegenden Fall für erfüllt an.
In den Quartalen 2/98 bis 1/99 und 3/00 war die Ehefrau des Klägers als hausärztliche Internistin zugelassen und
nahm damit ebenso wie dieser an der hausärztlichen Versorgung der Versicherten der gesetzlichen
Krankenversicherung teil, so dass im vorgenannten Sinne Fachgebietskonformität vorliegt. In den übrigen Quartalen
des der Plausibilitätsprüfung zugrunde liegenden Zeitraums war die Ehefrau zwar als fachärztliche Internistin
zugelassen, doch zeigt ein Blick in die bei den Akten befindlichen Abrechnungsunterlagen, dass das
Leistungsspektrum in diesen Quartalen sich nicht von denen der hausärztlichen Zulassung unterscheidet. Insgesamt
gesehen hat die Ehefrau des Klägers, obgleich sie Internistin ist, nur im ganz geringen Umfang fachinternistische
Leistungen erbracht. Auch bei ihr lag das Schwergewicht auf der hausärztlichen Tätigkeit. Besonders häufig wurden
die EBM-Nrn.1, 2, 10 und 25 abgerechnet. Hinzukommt in den Quartalen, in denen Frau W. als hausärztliche
Internistin zugelassen war, die Hausarztpauschale (ausgewiesen unter Nr.8066). Weitere Indizien für die fehlende
Trennung der beiden Praxen sind, dass in vielen Fällen die Karten der Versicherten am sel- ben Tag in beiden Praxen
eingelesen wurden, zum Teil ohne dass überhaupt an diesem Tag Behandlungen erfolgt sind. Desweiteren fällt die
vielfach wortgleiche Formulierung der Diagnosen auf. Daraus kann nicht, wie von Klägerseite zeitweilig argumentiert
wurde, auf eine besonders sorgfältige Diagnoseerhebung, die dann auch konsequent zum selben Ergebnis führt,
geschlossen wer den, denn bei der Formulierung ärztlicher Diagnosen hat der Arzt, auch bei inhaltlicher
Übereinstimmung durchaus verschie dene Ausdrucksmöglichkeiten. Insoweit beruft sich der Senat auf die Fachkunde
seiner ärztlichen Beisitzer. Dies ist vielmehr ein Indiz dafür, dass auch Patientendaten von beiden Praxen gemeinsam
benutzt wurden, was unter Gesichtspunkten des Daten schutzes und der ärztlichen Schweigepflicht nicht zu
akzeptieren ist.
Zusammenfassend steht für den Senat fest, dass die Ärzte zwar offiziell in der Form der Praxisgemeinschaft,
tatsächlich aber wie eine Gemeinschaftspraxis tätig geworden sind. Gegenüber einer korrekt genehmigten
Gemeinschaftspraxis hatten sie dadurch eine Reihe von Vorteilen bei der Abrechnung. So fiel in den Quartalen, in
denen Frau W. als hausärztliche Internistin zugelassen war, automatisch in beiden Praxen die Hausarztpauschale an.
Ferner konnten beide Praxen in allen Quartalen die EBM-Nrn.1 und 2 ansetzen, was sonst nur einmal möglich
gewesen wäre. Darüber hinaus entstand in beiden Praxen ein gesonderter Behandlungsfall mit entsprechenden
Auswirkungen auf die Höhe der Budgets und etwaige Überschreitungen im Falle einer eventuellen
Wirtschaftlichkeitsprüfung.
Der Kläger und seine Partnerin haben mit dieser Vorgehensweise nicht nur gegen § 33 Abs.2 Ärzte-ZV verstoßen,
wonach für den Betrieb einer Gemeinschaftspraxis eine gesonderte Zulassung er- forderlich ist, sondern zugleich auch
gegen den Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung, soweit die Patienten nicht durch den jeweiligen Arzt,
sondern durch den/die Praxisgemein- schaftspartner/in behandelt wurde, etwa wenn der jeweils zuständige Arzt nicht
da war oder anderweitig beschäftigt war. Darüber hinaus verstößt das Vorgehen auch gegen die in § 32 Abs.1 Ärzte-
ZV festgelegten Vertretungsregeln. Soweit einer der Ärzte es aus medizinischen Gründen für notwendig erachtet hat,
dass der Partner/die Partnerin die (Mit-)Behandlung übernehmen sollte, hätte ein Überweisungsschein ausgestellt
werden müssen (§ 24 BMV-Ä, § 27 EKV-Ä). Soweit ein Überweisungsschein in den streitigen Quartalen tatsächlich
vorhanden war, wurden diese Fälle bei der Honorarneufestsetzung und Rückforderung ausgenommen (dazu siehe
unten). Soweit eine zulässige Vertretung vorlag, hätten die entspre- chenden Leistungen über einen Vertreterschein
abgerechnet werden müssen, und nicht einfach von der jeweils anderen Praxis auf regulären Behandlungsschein.
Schließlich verstößt die Vorgehensweise der Kläger auch gegen die Regelungen der hausärztlichen Versorgung (§ 73
Abs.1 Satz 2 SGB V i.V.m. dem Hausarztvertrag). Ein Versicherter kann grund- sätzlich nicht zwei Hausärzte haben.
Der Senat verweist auf § 76 Abs.3 Satz 1 SGB V, wonach der Patient innerhalb eines Kalendervierteljahres nur bei
Vorliegen eines wichtigen Grundes den Arzt wechseln soll. Zwar wendet die Klägerseite zu Recht ein, dass die zuletzt
genannte Bestimmung in erster Linie sich an den Versicherten wendet, doch ergibt sich daraus mittelbar, dass der
Vertragsarzt, wenn ihm solches zur Kenntnis kommt, bzw. bei Beginn der Behandlung, den Patienten darauf
hinweisen muss, vor allem aber auf keinen Fall berechtigt ist, einem solchen Verhalten Vorschub zu leisten, indem er
den Patienten zum Praxisgemeinschaftspartner schickt oder den Wechsel zwischen den beteiligten Praxen bewusst
hinnimmt.
Es überzeugt nicht, wenn die Klägerseite dem entgegenhält, der Kläger könne ja nicht wissen, ob ein Versicherter
auch bei sei ner Gemeinschaftspartnerin in Behandlung sei, wegen des Daten- schutzes. Dies stellt sich aus der
Sicht des fachkundig besetzten Senats als eine reine Schutzbehauptung dar. Bei einer für die Praxisgemeinschaft
typischen räumlichen und personellen Zu- sammenarbeit ist es völlig unrealistisch, dass ein Arztwechsel nicht
zumindest vom Personal bemerkt wird. Für das Verhalten des Personals ist der Arzt verantwortlich. Zwar mag ein
Fehler im Einzelfall nicht immer auszuschließen sein. Eine Patientenidentität in dem hier vorliegenden Umfang kann
dadurch aber keinesfalls erklärt werden.
Damit steht fest, dass das Verhalten des Klägers und seiner Praxisgemeinschaftspartnerin gegen eine Reihe von
vertragsärzt- lichen Bestimmungen verstößt und einen Missbrauch der Kooperationsform der Praxisgemeinschaft
darstellt mit für die Ärzte vor teilhaften honorarmäßigen Folgen. Da sie in ihrer Abrechnungssammelerklärung die
ordnungsgemäße Erbringung und Abrechnung ihrer Leistungen versichert haben, erweist sich diese als falsch und
verliert ihre Garantiewirkung. Die Beklagte ist berechtigt, die Honorarbescheide aufzuheben und die Honorare im Wege
der Schätzung neu festzusetzen (vgl. BSG vom 17. September 1997, Az.: 6 RKA 86/95 = SozR 3-5500 § 35 Nr.1).
Die Vorgehensweise der Beklagten bei der Neufestsetzung der Honorare und der Rückforderung der überzahlten
Beträge mit dem angefochtenen Bescheid ist nicht zu beanstanden. Bei der Neufeststellung der Honorare hat die
Beklagte ein weites Schätzungsermessen. Keinesfalls steht den in einer scheinbaren Praxisgemeinschaft
zusammenarbeitenden Ärzten mehr an Honorar zu, als ihnen zu zahlen gewesen wäre, wenn sie auch rechtlich eine
genehmigte Gemeinschaftspraxis im Sinne von § 33 Abs.2 Ärzte-ZV gebildet hätten (BSG a.a.O. unter Hinweis auf
Wehebrinck in NZS 2005, 400). Dies bedeutet jedoch nicht, dass den Ärzten auch tatsächlich das Honorar zu zahlen
wäre, das sie erhalten hätten, wenn sie legal in einer genehmigten Gemeinschaftspraxis zusammengearbeitet hätten.
Das BSG (a.a.O.) führt vielmehr weiter aus, dass jedenfalls bei einer Patientenidentität von mehr als 50 % (so auch
hier) bei formal unter der Rechtsform einer Praxisgemeinschaft zusammenarbeitenden Ärzten des selben Fach-
gebiets solche Gebührentatbestände des EBM-Ä, bei denen bei einer Behandlung in einer fachgleichen
Gemeinschaftspraxis eine Vergütung für ein Quartal höchstens einmal gewährt werden kann, bei keinem
Praxisgemeinschaftspartner zu berücksichtigen seien, denn insoweit scheide eine vergütungsrechtliche Zuordnung
der Leistungen zu einem der Vertragsärzte aus. Dieser Gedanke kann auf die hier vorliegende Praxisgemeinschaft
jedenfalls in den Quartalen übertragen werden, in denen die Ehefrau des Klägers als hausärztliche Internistin
zugelassen war. Letztlich braucht diese Frage hier aber nicht entschieden zu werden, weil die Be- klagte bei der
Neufestsetzung der Honorare von dieser Möglichkeit keinen gebrauch gemacht hat. Insbesondere hat sie entgegen
der Auffassung des Klägerbevollmächtigten keinesfalls irgendwelche Leistungen gänzlich unberücksichtigt gelassen.
Vielmehr wurden bei der Neufestsetzung alle Behandlungsfälle voll vergütet, die nur von einem der Ärzte behandelt
wurden und darüber hinaus besonders gelagerte gemeinsame Fälle z.B. Notfälle (sogenannte Solitärfälle). Ferner
wurden die Fälle voll anerkannt, die zwar von beiden Ärzten behandelt wurden, bei denen es sich aber um durch
entsprechende Scheine ausgewiesene Überweisungs- oder Vertreterfälle handelte. Die danach verbliebenen
gemeinsamen Fälle wurden in den Quartalen 3/99, 1/00 und 2/00 im einzelnen geprüft. Dabei wurden zusätzlich die
Fälle als berechtigt anerkannt, bei denen die Internistin fachärztliche Leistungen erbracht hat. Dies konnte der Senat
anhand der vorliegenden Originalscheine der vorgenannten Quartale mit Hilfe seiner ehrenamtlichen Richter
nachvollziehen. Dabei ergab sich ein Anteil von nicht korrekten gemeinsamen Behandlungsfällen von durchschnittlich
47,69 % in den o.g. Quartalen. Diesen Anteil hat die Beklagte auf die übrigen streitgegenständlichen Quartale
übertragen. Gegen diese Übertragung zum Zwecke der Schätzung des in allen streitigen Quartalen zustehenden
Honorars hat der Senat keine Bedenken, da es sich um eine sehr große Anzahl von individuell geprüften Fällen
handelt, die noch dazu aus drei unterschiedlichen Quartalen resultieren.
Um abzuschätzen, welches Honorar konkret auf die unkorrekten gemeinsamen Behandlungsfälle entfällt, hat die
Beklagte einen durchschnittlichen Fallwert beider Praxen errechnet und diesen mit der Anzahl der unkorrekten Fälle
multipliziert. Auch diese Vorgehensweise ist aus der Sicht des Senats nicht zu beanstanden, denn es ist unmöglich,
im einzelnen festzustellen, welche Leistungen bei den gemeinsamen Fällen konkret in welcher Praxis zu Unrecht
abgerechnet wurden. In dieser Weise wurde in pauschaler Schätzung das Honorar für unberechtigte gemeinsame Fälle
genau einmal von beiden Praxen zusammen abgezogen. Es trifft also nicht zu, wie von Klägerseite geltend gemacht
wird, dass die auf die rechtsmissbräuchlich doppelt behandelten Behandlungsfälle entfallenden Leistungen überhaupt
nicht vergütet worden seien bzw. von beiden Praxen in vollem Umfang zurückgefordert worden wären. Vielmehr wurde
beiden zusammen ein pauschaliertes Honorar für die zu Unrecht in beiden Praxen abgerechneten Fälle belassen.
Sodann wurde der sich so errechnende insgesamt zu Unrecht erhaltende Honorarbetrag anteilig nach dem
Abrechnungsvolumen der jeweiligen Praxis auf beide Praxen verteilt und das Honorar in der Höhe neu festgesetzt, die
sich ergibt, wenn man von dem ursprünglich angeforderten Honorar den anteilig zurückzuzahlenden Honorarbetrag
abzieht. Diese Verteilung der Rückzahlungslast erscheint dem Senat im höchsten Maße sachgerecht, da - wie schon
erwähnt - nicht im Einzelfall festzustellen ist, welcher Praxis der jeweilige Behandlungsfall korrekterweise hätte zuge-
ordnet werden können mit der Folge, dass die in der anderen Praxis abgerechneten Leistungen für diesen
Behandlungsfall zu streichen waren. Die Beklagte ist demnach in der Weise vorge- gangen, dass sie nicht unmittelbar
geschätzt hat, welches Honorar unter Beachtung der Regeln des Vertragsarztrechts der jeweiligen Praxis
zugestanden hätte, sondern vielmehr errechnet hat, welches Honorar den Praxen bei Beachtung der Regeln nicht
zugeflossen wäre. Neufestgesetzt wurde das Honorar sodann nach Abzug dieses nicht zustehenden Betrages. Es ist
nicht erkennbar, warum dieser Weg nicht zulässig sein sollte.
Des weiteren wurde mit dem angefochtenen Bescheid die sich aus der Differenz zwischen dem tatsächlich gezahlten
Honorar und dem in oben dargelegter Weise errechneten zustehenden Honorar ergibt zurückgefordert.
Rechtsgrundlage dafür ist § 50 SGB X.
Nach allem war die Berufung des Klägers mit der Kostenfolge nach § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs.1
Verwaltungsgerichtsordnung zurückzuweisen.
Gründe für die Zulassung der Revision sieht der Senat vor allem im Hinblick auf die Urteile des BSG vom 28.09.2005
(B 6 KA 14/04 R) und vom 22. März 2006 (B 6 KA 76/04 R) nicht.