Urteil des LSG Bayern vom 18.11.2008

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Bayerisches Landessozialgericht
Beschluss vom 18.11.2008 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Würzburg S 7 AS 667/08 ER
Bayerisches Landessozialgericht L 11 B 777/08 AS ER
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Würzburg vom 07.08.2008 wird zurückgewiesen. II.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II - Alg II) nach dem
Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit ab Mai 2008. Darüber hinaus begehrt der Antragsteller (ASt) die
Antragsgegnerin (Ag) zu verpflichten, die Kosten für die Beschaffung eines Wohnwagens sowie Aufwendungen für
Krankheitskosten zu übernehmen. Zuletzt fordert der ASt die Zahlung von Verletztengeld und Schadensersatz.
Der ASt bezog seit 01.01.2005 - zeitweise - Leistungen nach dem SGB II von der Ag. Nach der Zwangsräumung der
gemeinschaftlichen Wohnung in Wiesen im April 2006 bezog der ASt zusammen mit Frau R. K. (K.) einen
Wohnwagen auf einem Campingplatz in K ...
Nachdem der ASt nach seinem Fortzahlungsantrag vom 16.06.2006 Einladungen zur Klärung seiner
Leistungsangelegenheit nicht nachgekommen war, versagte die Ag die Bewilligung von Leistungen wegen fehlender
Mitwirkung (Bescheid vom 10.07.2006).
Mit der gegen diese Entscheidung zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhobenen Klage (S 7 AS 304/06) machte der
ASt u.a. auch geltend, er habe Anspruch auf eine darlehensweise Kostenübernahme für einen Wohnwagen in Höhe
von 3.000,00 bis 4.000,00 EUR. Darüber hinaus sei die Ag zu verpflichten, Verletztengeld an ihn zu erbringen. Gegen
den klageabweisenden Gerichtsbescheid vom 24.05.2007 legte der ASt Berufung (L 11 AS 170/07 fortgeführt unter L
11 AS 386/07) zum Bayer. Landessozialgericht ein. Mit Urteil des Senates vom 08.05.2008 wurde der Bescheid der
Ag vom 10.07.2006 aufgehoben. Darüber hinaus wurde die Ag verpflichtet, innerhalb von drei Monaten ab Zustellung
des Urteils über die bis dahin noch offen gewesenen Anträge des ASt auf darlehensweise Kostenübernahme von
3000,00 bis 4000,00 EUR für einen Wohnwagen sowie über die Bewilligung von Verletztengeld zu entscheiden.
Zwischenzeitlich hatte die Ag bereits mit den Bescheiden vom 18.06.2007 den Fortzahlungsantrag des ASt vom
16.06.2006 sowie einen weiteren Fortzahlungsantrag vom 15.01.2007 in der Sache abgelehnt und die hiergegen
erhobenen Widersprüche mit den Widerspruchsbescheiden vom 16.08.2007 zurückgewiesen. Sie war - nach einer
Ortsbesichtigung des Campingplatzes in K. - zu dem Ergebnis gekommen, dass der ASt mit K. in einer
Bedarfsgemeinschaft lebe. Ein Einkommen habe sich nicht ermitteln lassen, weil K. - trotz Aufforderung - keinerlei
Unterlagen übersandt habe, so dass eine Nachweislastentscheidung zu treffen gewesen sei.
Am 24.08.2007 hat der ASt gegen diese Widerspruchsbescheide Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben (S
15 AS 678/07). Er habe Anspruch auf Alg II, ohne dass das Einkommen oder Vermögen der K. berücksichtigt werde.
Es handle sich lediglich um eine Wohngemeinschaft.
Mit Schreiben vom 17.06.2008 hat der ASt auch geltend gemacht, dass die Ag ihm 9.000,00 EUR zur Beschaffung
eines Wohnwagens zu bewilligen habe. Des weiteren seien von der Ag die Kosten zu übernehmen, die im
Zusammenhang mit seiner Krankheit angefallen seien. Zuletzt habe die Ag ihm auch Verletztengeld zu gewähren.
Im Rahmen des Klageverfahrens hat die Ag darauf hingewiesen, dass der Arbeitgeber der K. - auf eine Anfrage der Ag
- Einkommensbescheinigungen für K. übersandt habe. Hiernach errechne sich ein berücksichtigungsfähiges
Einkommen in Höhe von 854,00 EUR monatlich, durch das der Bedarf des ASt und der K. (Regelleistung: 624,00 EUR
zzgl. Unterkunftskosten 58,75 EUR bzw. ab 01.04.2008 90,42 EUR) vollständig zu decken sei, nachdem die
Pachtkosten auf dem Campingplatz in K. seit dem 01.04.2008 ca. 90,00 EUR monatlich betragen würden und weitere
Unterkunftskosten nicht ersichtlich seien.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 28.07.2008 abgewiesen. Die Anträge die Ag zu verpflichten, die Kosten für die
Beschaffung eines Wohnwagens in Höhe von 9.000,00 EUR und die Aufwendungen für Krankheitskosten zu
übernehmen sowie die Zahlung von Verletztengeld zu erbringen, seien unzulässig. Diese Anträge seien als nicht
sachdienliche Klageänderungen anzusehen, denen auch das Rechtsschutzbedürfnis abzusprechen sei, weil das
Bayer. Landessozialgericht mit Urteil vom 08.05.2008 entschieden habe, dass die Ag - ab Zustellung des Urteils - drei
Monate Zeit habe über diese Anträge zu entscheiden. Darüber hinaus sei zweifelhaft, ob die im Klageverfahren
gestellten Anträge nicht bereits anderweitig rechtshängig gewesen seien.
Ein Anspruch auf Alg II bestehe nicht, weil der ASt und K. eine Bedarfsgemeinschaft bilden würden. Die vorliegenden
Hinweistatsachen belegten hinreichend, dass der ASt und K. füreinander eintreten würden. Der ASt selbst habe
eingeräumt, dass K. für ihn sorgen würde. Es gebe auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Lebensgemeinschaft
zwischen K. und dem ASt beendet worden sei. Durch das Einkommen der K. könne der Gesamtbedarf des ASt und
der K einschließlich der Unterkunftskosten gedeckt werden. Hierzu werde auf die Berechnungen der Ag verwiesen.
Gegen dieses Urteil hat der ASt am 05.08.2008 Berufung beim Bayer. Landessozialgericht eingelegt (L 11 AS
312/08). Unter dem selben Datum hat der ASt den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Die Ag habe die
Kosten für einen Notarzteinsatz am 21.09.2007 (571,00 EUR) zu übernehmen. Er sei seit März 2008 ohne festen
Wohnsitz und seit 01.7.2006 ohne Einkommen. Seit Mai 2008 sei er obdachlos und lebe auf der Straße.
Am gleichen Tag, dem 05.08.2008 hat der ASt beim SG ebenfalls einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen
Anordnung gestellt, mit dem er die Verpflichtung der Ag erreichen wollte, laufende Leistungen nach dem SGB II für die
Zeit ab Mai 2008 zu erbringen, die Kosten für den Ankauf eines Wohnwagens und die Krankenbehandlungen zu
übernehmen sowie Verletztengeld zu zahlen. Darüber hinaus hat er einen Schadensersatzanspruch geltend gemacht.
Das SG hat den Antrag mit Beschluss vom 07.08.2008 abgelehnt. Dem Antrag auf Übernahme der
Anschaffungskosten für einen Wohnwagen fehle das Rechtsschutzbedürfnis. Die Ag habe - entsprechend der
Entscheidung des Bayer. Landessozialgerichtes - bis 26.08.2008 Zeit hierüber zu entscheiden. Für die Forderung
nach Verletztengeld und Schadensersatz sei eine Rechtsgrundlage nicht ersichtlich und laufende Leistungen seien
nicht zu beanspruchen, weil der ASt - so die Entscheidung des SG vom 28.07.2008 - nicht hilfebedürftig sei.
Gegen diese Entscheidung hat der ASt am 28.08.2008 Beschwerde beim Bayer. Landessozialgericht eingelegt.
In seinen Parallelverfahren (L 11 AS 306/08 ER; L 11 AS 312/08; L 11 B 677/08 AS ER C) hat der ASt geltend
gemacht, dass in Bezug auf seine Person ein Betreuungsverfahren eingeleitet worden sei. Hierzu hat das Amtsgericht
A-Stadt - Zweigstelle A. - mitgeteilt, dass in dem für den ASt eingeleiteten Betreuungsverfahren (XVII 0158/08) die
Bestellung eines Betreuers unterbleibe, weil der ASt nicht bereit sei, die Hilfe des Vormundschaftsgerichtes in
Anspruch zu nehmen (Beschluss vom 02.10.2008).
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Ag sowie die
gerichtlichen Akten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des ASt ist zulässig, §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Ein
Abhilfeverfahren war - nach Eingang der Beschwerde am 28.08.2008 - nicht mehr erforderlich, nachdem § 174 SGG
bereits mit Wirkung ab 01.04.2008 ohne Übergangsvorschrift ersatzlos entfallen ist (Art 1 Nr.30; Art 5 des Gesetzes
zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.03.2008 - BGBl. I S 444). Das
Rechtsmittel erweist sich als unbegründet.
In diesem Zusammenhang erscheint zwar fraglich, ob die Anträge des ASt in Bezug auf die Bewilligung von Alg II, die
Kostenübernahme für die Beschaffung eines Wohnwagens, die Erstattung der Aufwendungen für Krankheitskosten
und die Zahlung von Verletztengeld nicht bereits wegen anderweitiger Rechtshängigkeit des Klagegegenstandes
unzulässig waren, denn diese Anliegen hat der ASt auch mit dem beim Bayer. Landessozialgericht gestellten Antrag
auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (L 11 AS 306/08 ER) vorgetragen. Dies lässt sich jedoch nicht zweifelsfrei
belegen, nachdem die Anträge in beiden Verfahren ( vor dem SG und L 11 AS 306/08 ER vor dem LSG) am gleichen
Tag (05.08.2008) eingegangen sind. Die Frage der Rechtshängigkeit kann jedoch offen bleiben, denn die geltend
gemachten Begehren sind auch in der Sache unbegründet.
Nachdem der zu beurteilende Streitgegenstand weitgehend identisch ist mit den im Verfahren L 11 AS 306/08 ER
geltend gemachten Ansprüchen, ist auch in diesem Verfahren festzustellen, dass in Bezug auf diese Begehren ein
Anordnungsanspruch mangels Hilfebedürftigkeit des ASt (Bewilligung von Alg II) bzw. mangels Rechtsgrundlage
(Kostenübernahme für die Beschaffung eines Wohnwagens, die Erstattung der Aufwendungen für Krankheitskosten,
Zahlung von Verletztengeld) nicht gegeben ist. Soweit laufende Leistungen nach dem SGB II für vergangene
Zeiträume begehrt werden, ist auch ein Anordnungsgrund nicht ersichtlich (vgl. hierzu insgesamt den Beschluss des
Senates vom 18.11.2008 - L 11 AS 306/08 ER).
Darüber hinaus ist im Beschwerdeverfahren (L 11 B 777/08 AS ER) gegen die Entscheidung des SG () nur noch ein
Schadensersatzanspruch geltend gemacht, den das SG zu Recht abgelehnt hat.
Unabhängig davon, dass im Sozialgesetzbuch eine Rechtsgrundlage für ein solches Begehren nicht ersichtlich ist,
und, gestützt auf einen Amtshaftungsanspruch, ein Schadenersatzanspruch vor den Zivilgerichten (Landgericht)
geltend zu machen wäre, ist nicht ersichtlich, dass in Bezug auf den Schadensersatzanspruch ein
Hauptsacheverfahren in der Sozialgerichtsbarkeit noch rechtshängig wäre, so dass bereits die Zulässigkeit des beim
SG gestellten Eilantrages in Zweifel zu ziehen ist. Dies kann jedoch dahinstehen, denn die Beschwerde ist jedenfalls
im Ergebnis zurückzuweisen, weil ein Anordnungsanspruch, d.h. eine materielle Rechtsgrundlage für das
Schadensersatzbegehren des ASt nicht gegeben ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG und folgt aus dem Unterliegen
des ASt.
Der Beschluss ist nicht anfechtbar, § 177 SGG.