Urteil des LSG Bayern vom 25.07.2001

LSG Bayern: holz, karzinom, universität, entstehung, poliklinik, alkohol, bier, aufenthalt, einwirkung, belastung

Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 25.07.2001 (rechtskräftig)
S 2 U 78/87
Bayerisches Landessozialgericht L 17 U 140/98
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 28.01.1998 wird zurückgewiesen. II.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Versicherte M. B. an einer Berufskrankheit (BK) verstorben ist und
deshalb Hinterbliebenenleistungen zu gewähren sind.
Der am 1938 geborene Versicherte M. B. - ein gelernter Schreiner - war von 1952 bis 1969 sowohl als abhängig
Beschäftigter als auch als Selbständiger in diesem Beruf tätig. Ab 01.07.1969 ging er einer Tätigkeit als
Modellschreiner in einer Gießerei (Fa. M. GmbH, Lohr/Main) nach. Die Modellschreinerei befand sich im Gießerei-
Gebäude. Der Versicherte war bei seiner Tätigkeit Holz- und Schleifstaub verschiedener Holzarten sowie
Kunstharzlacken, Spachtelmasse, Härtern und Kunststoffen ausgesetzt (Technischer Aufsichtsdienst der Beklagten
vom 12.02.1987).
Halsschmerzen, Schluckbeschwerden sowie Schmerzen im Bereich des Mundbodens machte er seit Winter 1982/83
geltend. Ab 22.10.1984 war er arbeitsunfähig krank mit mehreren stationären Aufenthalten in der Universitätsklinik und
Poliklinik für Kieferchirurgie der Universität W. , bei denen eine erhebliche Alkohol- und Nikotin-Exposition des Klägers
auffiel. Es wurde ein verhornendes Plattenepithel-Karzinom des rechten Mundbodens und des rechten Zungenrandes
diagnostiziert. Nach einer Zytostase-Therapie erfolgte im Januar 1985 die Tumorexzision mit Unterkieferteilresektion.
Nach einem weiteren stationären Aufenthalt ab 12.07.1985 verstarb der Versicherte am 20.09.1985 an den Folgen des
Tumors.
Nach Vorlage einer ärztlichen Anzeige des Arbeitgebers vom 22.07.1985 über eine BK zog die Beklagte einen
Befundbericht des Internisten Dr.D.S. (Lohr) vom 07.08.1985, die ärztlichen Unterlagen der AOK Würzburg und der
Universitätsklinik und Poliklinik für Kieferchirurgie W. , eine Auskunft der Holz-BG vom 05.03.1986 (keine
medizinischen Erkenntnisse über die Entstehung von Plattenepithel-Karzinomen des Mundbodens aufgrund
Exposition mit Holzstäuben) sowie die Todesbescheinigung des Versicherten vom 20.09.1985 bei. Dann erstellte Prof.
Dr.H.V. (Institut für Arbeits- und Sozialmedizin der Universität E.) für die Beklagte ein arbeitsmedizinisches
Gutachten. In dem Gutachten vom 24.07.1986 sah er die Einwirkungen in Schreinereien und Gießereien nach den
bisherigen Erkenntissen als nicht geeignet an, Mundbodenkarzinome zu verursachen. Er bezog sich dabei auf das
histologische Gutachten des Prof.Dr.O.K. (Universitäts-HNO-Klinik M.) vom 06.02.1986, der nur bei Nasen- und
Adenokarzinomen, nicht aber bei Mundbodenkarzinomen die Möglichkeit eines Kausalzusammenhangs mit
beruflichen Faktoren, dh Holzstäuben annahm. Prof. Dr.V. machte für die Entstehung des Mundhöhlenkarzinoms vor
allem die individuellen Rauch- und Trinkgewohnheiten des Versicherten verantwortlich. In einem weiteren Gutachten
vom 20.10.1986 beurteilte der Gewerbearzt Dr.H.G.M. (Nürnberg) eine berufliche Verursachung des
Mundbodenkrebses in hohem Grade als unwahrscheinlich.
Nach Beiziehung einer Stellungnahme des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften (HVBG) vom
24.10.1986, eines Befundberichtes des HNO-Arztes Dr.K.H. (Lohr) vom 07.11.1985 sowie eines Arztberichtes des
Kreiskrankenhauses Lohr vom 11.01.1983 (stationärer Aufenthalt vom 03.12. bis 09.12.1982 wegen Fettleber bei
chronischem Äthylismus) lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 25.02.1987 einen Anspruch auf Leistungen für die
Klägerin als Rechtsnachfolgerin des Verstorbenen bzw auf Hinterbliebenenleistungen ab, da weder eine BK nach §
551 Abs 1 noch § 551 Abs 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) vorgelegen habe. Der Versicherte sei keinen
Gefahrstoffen mit krebserzeugenden Einwirkungen ausgesetzt gewesen.
Dagegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht (SG) Würzburg mit dem Antrag erhoben, die Mundbodenkarzinom-
Erkrankung ihres Ehemannes als BK anzuerkennen und dementsprechend Leistungen aus der gesetzlichen
Unfallversicherung zu gewähren. Sie hat vorgetragen, dass der Versicherte bei seiner Tätigkeit als Modellschreiner
verschiedenen Gefahrstoffen ausgesetzt gewesen sei. Diese hätten die Mundbodenkrebs-Erkrankung hervorgerufen.
Der Arbeitgeber hat mit Schreiben vom 10.05.1991 und 07.10.1993 mitgeteilt, der Versicherte sei in seinem
ausgeübten Beruf als Modellschreiner nicht bei der Herstellung von Sphärenguss eingesetzt worden. Der
Modellbaubereich sei in einem abgeschlossenen Raum, mindestens 30 Meter von den Gießereiplätzen entfernt,
untergebracht gewesen.
Sodann hat das SG ein Gutachten des Prof. Dr.H.J.W. (Institut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin der
Universität G.) veranlasst, der in dem Gutachten vom 21.10.1993 ein Plattenepithel-Karzinom des Mundbodens
bestätigt hat, an dem der Versicherte am 20.09.1985 verstorben sei. Die arbeitsmedizinischen Voraussetzungen zur
Anerkennung dieser Erkrankung nach einer der Listennummern der Berufskrankheitenverordnung (BKVO) bzw nach §
551 Abs 2 RVO lägen aber nicht vor. Es bestünden keine gesicherten Erkenntnisse, dass die Personengruppe der
Modellschreiner mit vergleichbarer Schadstoffexposition in einem nachweislich gehäuften Maße gegenüber dem
Bevölkerungsdurchschnitt an einem Karzinom des Mundbodens erkranke.
Mit Schreiben vom 08.12.1994 hat der Arbeitgeber bekanntgegeben, dass der Versicherte als Modellschreiner
während des gesamten Beschäftigungszeitraums nicht gegenüber Rauchen und Gasen exponiert gewesen sei, die
beim Verbrennen von Steinkohlenbriketts zum Trocknen von Gussformen entstanden seien (zB PAK). In der
mündlichen Verhandlung vom 05.07.1995 hat der Zeuge Scherer darauf hingewiesen, dass der Versicherte als
Reparaturschreiner bei der Reparatur von Kokillen und Modellen täglich in geringem Zeitumfang (eine halbe bzw eine
Stunde) vor Ort in der Gießerei tätig sein musste. Im Modellbau seien auch Stickstoffverbindungen (Amine)
eingesetzt gewesen. Der Arbeitgeber hat umfangreiche Unterlagen über die in der Modellschreinerei verwendeten
Arbeitsstoffe übergeben (Schreiben vom 31.07.1995). Der TAD der Beklagten hat mit Schreiben vom 09.10.1995 eine
Nitrosaminbildung im Bereich des Modellbaus ausgeschlossen. Außerdem hat er mitgeteilt, dass bei
Schadstoffkonzentrationsmessungen im Modellbau und in der Modellschreinerei im Juni und August 1994 die
Konzentration der Einzelstoffe deutlich unter den jeweiligen Grenzwerten und der Auslöseschwelle gelegen habe. Der
Holzstaubgrenzwert sei eingehalten, die Auslöseschwelle aber überschritten worden (Schreiben vom 08.01.1996).
In einer gutachtlichen Stellungnahme vom 21.08.1997 hat Dr.B.S. (Deutsches Krebsforschungszentrum H.)
ausgeführt, es sei nicht möglich, von vermuteten Aminexpositionen auf eine Tumorlokalisation zu schließen. Selbst
eine Kenntnis von Expositionsart und -dauer dieser Stoffe ließe keinen Zusammenhang zu einer
Krankheitsentstehung im Mundboden- und -zungenbereich herstellen.
Mit Beschluss vom 18.12.1996 hat das LSG die Beschwerde der Klägerin wegen Nicht-Beiladung der Holz-BG durch
das SG zurückgewiesen.
Mit Urteil vom 28.01.1998 hat das SG die Klage abgewiesen und dargelegt, dass die Mundbodenkrebserkrankung des
Versicherten in der Berufskrankheitenliste nicht als BK bezeichnet werde. Sie erfülle auch nicht die
Entschädigungsvoraussetzungen des § 551 Abs 2 RVO.
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt und vorgetragen, dass sich aufgrund der beruflichen Stoffe
das Krebsrisiko des Versicherten um ein Vielfaches erhöht habe. Er sei insbesondere gießereitypischen
Gefahrstoffgemischen ausgesetzt gewesen. Auch habe eine Isozyanid-Belastung vorgelegen. Zu beachten sei auch
die berufliche Belastung in der Schreinerlehre und im Familienbetrieb, so dass die Holz-BG beizuladen sei, weil
Holzstäube den Krebs der Atemwege hervorrufen können. Würde es allein um die privaten Lebensgewohnheiten gehen
(Nikotin, Alkohol), wäre er nicht bereits im Alter von 47 Jahren verstorben.
Zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung hat der Senat die epidemiologische Follow-up-Studie zur Mortalität unter
Beschäftigten der Gießerei-Industrie sowie die Verwaltungsakte der Holz-BG beigezogen. Mit Beschluss vom
05.08.1999 hat das SG Würzburg in der Streitsache S 11 U 44/98 das Ruhen des Verfahrens wegen der Exposition
des Klägers gegenüber Holzstäuben bis zur Erledigung des vorliegenden Berufungsverfahrens angeordnet. Einen
Antrag nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat die Klägerin nicht gestellt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des SG Würzburg vom 28.01.1998 und
des Bescheides vom 25.02.1987 zu verurteilen, die Mundbodenkrebs-Erkrankung als BK anzuerkennen und
dementsprechend Hinterbliebenenleistungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Würzburg vom 28.01.1998
zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird ergänzend auf die Akte der Beklagten, die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz
sowie die Verwaltungsakte der Holz-BG Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, jedoch unbegründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung von
Hinterbliebenenrente, weil ihr Ehemann M. B. nicht an den Folgen einer Berufskrankheit verstorben ist.
Der Anspruch der Klägerin ist noch nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO) zu beurteilen, da
eine etwaige BK des Versicherten vor dem Inkrafttreten des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VII) am
01.01.1997 eingetreten wäre (Art 36 des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes, § 212 SGB VII).
Nach § 589 Abs 1 RVO sind beim Tod eines Versicherten durch Arbeitsunfall Leistungen an die Hinterbliebenen zu
gewähren. Dabei gelten nach § 551 Abs 1 RVO auch BKen als Arbeitsunfälle. BKen sind Krankheiten, die die
Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats bezeichnet und die ein Versicherter bei
einer der in den §§ 539, 540, 543 bis 545 RVO genannten Tätigkeiten erleidet.
Zutreffend hat das SG das Vorliegen einer BK gemäß § 551 Abs 1 RVO iVm der Anlage 1 der BKVO (sogenannte
Listenkrankheiten) verneint. Die Krankheit des Versicherten (Plattenepithel-Karzinom des Mundbodens) fällt unter
keine der in der Anlage 1 aufgeführten Krankheiten. Insbesondere liegt keine Erkrankung nach Nr 4109/4110 vor. Bei
dem Mundboden-Karzinom des Versicherten handelt es sich nämlich nicht um eine bösartige Neubildung der
Atemwege oder der Lunge. Obwohl er während seiner Tätigkeit in der Modellschreinerei mit Holz gearbeitet hatte und
dabei insbesondere Buchenholzstaub, der einen als krebserzeugend ausgewiesenen Arbeitsstoff darstellt, ausgesetzt
war, kann auch keine Anerkennung der Krankheit nach der Listen-Nr 4203 erfolgen. Zwar erhöhen Buchen- und auch
Eichenholzstäube das Risiko, an Adenokarzinomen der Nasenhaupt- und -nebenhöhlen zu erkranken. Ein derartiges
Adenokarzinom ist aber nicht identisch mit dem beim Versicherten festgestellten Plattenepithel-Karzinom.
Zutreffend hat das SG auch angenommen, dass die Erkrankung des Versicherten nicht wie eine BK iS von § 551 Abs
2 RVO entschädigt werden kann. Voraussetzung für eine Entschädigung gemäß § 551 Abs 2 RVO ist zunächst, dass
die Krankheit rechtlich wesentlich durch die versicherte Tätigkeit verursacht worden ist. Es muss nach den neuesten
Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzung für eine Aufnahme dieser Krankheit in die BK-Liste
gegeben sein. Auch ist erforderlich, dass die angeschuldigten besonderen Ereignisse zur Verursachung oder
wesentlichen Verschlimmerung der diagnostizierten Erkrankung generell geeignet sind. Außerdem muss der
Betroffene zu einer Personengruppe gehören, die den schädlichen Einwirkungen aufgrund ihrer Arbeit in erheblich
höherem Grade ausgesetzt ist als die übrige Bevölkerung.
Dass der Zusammenhang zwischen der Einwirkung der verschiedenen Arbeitsstoffe während der versicherten
Tätigkeit und der Krebserkrankung nicht hinreichend wahrscheinlich ist, entnimmt der Senat den überzeugenden
Ausführungen der Sachverständigen Prof.Dr.W. (Gutachten vom 21.10.1993), Dr.S. (gutachtliche Stellungnahme vom
21.08.1997) sowie Prof. Dr.V. und Prof. K. , deren Gutachten vom 24.07.1986 bzw 06.02.1986 in dem
Berufungsverfahren verwendet werden konnten (BSG in SozR Nr 66 zu § 128 SGG). Danach hat sich die Erkrankung
bei dem Versicherten im Winter 1982/83 manifestiert. 1984 war der Tumor, der sich als Mundboden-Karzinom
(histologisch: verhornendes Plattenepitel-Karzinom) darstellte, bereits ausgedehnt vorhanden. Unstreitig war auch der
Tod des Versicherten am 20.09.1985 Folge dieses Krebsleidens (Arrosionsblutung aus dem Tumorgebiet). Nach dem
derzeitigen wissenschaftlichen Kenntnisstand liegen aber, wie Prof.Dr.W. überzeugend ausführt, keine gesicherten
Erkenntnisse vor, dass Holzstäube, insbesondere Buchenholzstäube, zu verhornenden Plattenepitel-Karzinomen des
Mundbodens führen. Dies gilt auch hinsichtlich der anderen möglichen Gefahrstoffe wie zB Kunst- harzlacke,
Spachtelmasse, Härter und Kunststoffe. Lacke und Kleber wirken zwar chemisch-irritativ, dh auf die Schleimhäute
reizend. Eine krebserzeugende Wirkung ist aber nicht nachgewiesen.
Da bei dem Versicherten von einem - wenn auch jeweils kurzfristigen - Aufenthalt im eigentlichen Gießereibetrieb
auszugehen ist (arbeitstäglich 1/2 bis 1 Stunde), lässt sich eine zeitlich untergeordnete und insgesamt eher geringere
Einwirkung eines Gießerei-relevanten Gefahrstoffgemisches nicht ausschließen. Über diese der Dauer und Höhe nach
nicht näher quantifizierbaren Einwirkungen liegen aber keine gesicherten Erkenntnisse vor, dass deswegen
Beschäftigte in Gießereibetrieben eindeutig vermehrt an Tumoren dieser Lokalisation, dh des Mundbodens erkranken.
Auch der neuesten Studie von 1998 ("Epidemiologische Follow-up-Studie zur Mortalität unter Beschäftigten der
Gießerei-Industrie") lassen sich keine weitergehenden Erkenntnisse entnehmen. Es liegen keine neuen
wissenschaftliche Erkenntnisse vor, die es erlauben würden, ein Mundbodenkarzinom wie eine BK iS von § 551 Abs 2
RVO anzuerkennen und zu entschädigen. Dies gilt auch, wenn man von einer synkanzerogenen Konstellation der in
Gießereien enthaltenen Gefahrstoffgemischen (Teilursächlichkeit) mit Nikotin- und Alkoholgenuss des Versicherten
ausgehen würde.
Auch aus einer möglichen Amin- bzw Nitrosaminbelastung des Versicherten kann nach den überzeugenden
Ausführungen von Dr.S. nicht auf eine Tumorlokalisation geschlossen werden. Selbst die Kenntnis von Expositionsart
und -dauer dieser Stoffe lässt keinen Zusammenhang mit einer Krebsentstehung im Mundbodenbereich herstellen.
Zu Recht weisen die Gutachter auf konkurrierende Entstehungsursachen für die Krebserkrankung hin.
Hauptrisikofaktoren für die Entstehung von Mundbodenkarzinomen sind erhöhter Zigarettengenuss und
Alkoholkonsum. Da beide Faktoren bereits einzeln hochpotente Karzenogene darstellen, potenziert sich das Risiko für
die Entstehung von Mundbodenkarzinomen, wenn sie zusammen auftreten. Unzweifelhaft war dies beim Versicherten
der Fall. Bereits im vertrauensärztlichen Gutachten vom 28.03.1985 wird der tägliche Nikotinkonsum mit einer
Packung Zigaretten angegeben. Im Forschungsbogen der Universität Würzburg wird ebenfalls von einem Konsum von
täglich 20 Zigaretten über mehr als 20 Jahre hinweg ausgegangen. Kumulativ entspricht dies bis zum
Erkrankungsbeginn 1982/83 einer Dosis von mindestens 20 Packjahren. Bereits ein Tabakkonsum von 20 - 40
Packjahren erhöht das Risiko, an einem Plattenepithel-Karzinom im Bereich des oberen Aerodigestivtraktes zu
erkranken. Bezüglich des Alkoholkonsums sind bis zu 6 Flaschen Bier pro Tag (Krankenblatt der Universität und
Poliklinik für Kieferchirurgie W.) aufgeführt. Wenn auch in anderen Arztberichten auf einen geringeren Alkoholkonsum
(3 - 4 Flaschen Bier pro Tag) hingewiesen wird, ist zumindest von einem langjährigen Genuss von etwa 4 Flaschen
Bier pro Tag auszugehen. Ein Alkoholkonsum von 75 - 100 ml pro Tag erhöht das Risiko, an dieser Krebsart zu
erkranken, um etwa das 16-fache. Beim kombinierten Tabak- und Alkoholkonsum von 5 - 50 Packjahren und mehr als
75 gr Alkohol pro Tag ist das Risiko um das 153-fache erhöht. Demnach stellt der vermehrte Alkohol- und
Nikotingenuss, wie alle Gutachter ausführen, ein überadditiv erhöhtes Risiko für das Entstehen einer Mundboden-
Krebserkrankung dar.
Eine Beiladung der Holz-BG war nicht zwingend erforderlich. Die Beklagte, auf die die letzte gefährdende Tätigkeit mit
Holzstäuben entfiel, ist nämlich dann allein zuständig, wenn eine BK sowohl auf die Beschäftigung des Versicherten
im Zuständigkeitsbereich der Holz-BG als auch der Beklagten (Fa Mannesmann-Rexroth) zurückzuführen sein könnte.
Im Übrigen wird auf den Beschluss des BayLSG vom 18.12.1996 - L 17 B 203/95.U - verwiesen.
Damit ist beim Versicherten weder eine BK nach Nr 551 Abs 1 RVO iVm der Anlage 1 zur BKVO noch nach § 551
Abs 2 RVO bewiesen. Die Berufung der Klägerin wegen Gewährung von Hinterbliebenen- leistungen als
Rechtsnachfolgerin und Hinterbliebene muss daher erfolglos bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.