Urteil des LSG Bayern vom 24.03.2004

LSG Bayern: rente, erwerbsfähigkeit, krankheit, werkzeug, behinderung, hauswart, erwerbsunfähigkeit, belastung, eigentümer, verwalter

Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 24.03.2004 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Nürnberg S 12 RJ 164/00 WA
Bayerisches Landessozialgericht L 20 RJ 541/01
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgrichts Nürnberg vom 15.08.2001 wird zurückgewiesen. II.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten sind Leistungen wegen verminderter Erwerbsfähigkeit streitig.
Der 1964 geborene Kläger hat den Beruf eines Maurers erlernt und diesen bis 31.12.1997 ausgeübt.
Am 09.07.1998 beantragte der Kläger wegen der Gesundheitsstörungen Blindheit des linken Auges und
Schulterverletzung (Folgen eines am 13.03.1998 erlittenen Verkehrsunfalles) die Bewilligung von Rente wegen
verminderter Erwerbsfähigkeit. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 24.09.1998 ab, nachdem das
Gutachten der Sozialmedizinerin Dr.G. ergeben hatte, dass dem Kläger bei Beachtung bestimmter
Funktionseinschränkungen noch leichte und mittelschwere Arbeiten vollschichtig zumutbar sind. Im Vorverfahren
nahm die Beklagte das Gutachten des Ärztlichen Dienstes des Arbeitsamtes A. vom 05.08.1998 bei, in dem leichte
und mittelschwere Tätigkeiten für möglich erachtet wurden, und wies den Widerspruch des Klägers als unbegründet
zurück (Widerspruchsbescheid vom 21.01.1999). Der Kläger könne zwar seinen bisherigen Beruf nicht mehr ausüben.
Geeignete Berufe für ihn seien aber Lagerverwalter/Magaziner im Baustoffhandel oder in Bau- oder
Heimwerkermärkten und Eisenbieger in der Betonwarenindustrie.
Im Klageverfahren hat der Kläger ein augenärztliches Gutachen der Universitäts-Augenklinik W. , erstellt für die
private Versicherung des Klägers (er bezieht von dieser eine EU-Rente), ein unfallchirurgisches Gutachten des
Klinikums F. vom 04.12.2000, erstellt für das OLG Nürnberg und ein weiteres augenärztliches Gutachten des
Klinikums N. vom 29.08.2000, ebenfalls erstellt für das OLG Nürnberg, vorgelegt. Im Berufsförderungswerk N. wurde
vom 20.09. bis 01.10.1999 eine Berufsfindungsmaßnahme durchgeführt. Dabei sind für die infrage kommenden Berufe
(bei Berücksichtigung der Erblindung des linken Auges) durchaus ausreichende Ergebnisse erzielt worden. Die
Leistungsbeurteilung im Entlassungsbericht der Klinik F. Bad S. (Heilverfahren vom 22.08. bis 19.09.2000) ergab
vollschichtige Leistungsfähigkeit für körperlich leichte Tätigkeiten; Einschränkungen ergäben sich entsprechend der
Erblindung des linken Auges sowie einer deutlichen Bewegungseinschränkung in der linken Schulter.
Nach Beinahme verschiedener ärztlicher Befundberichte und Unterlagen, der Leistungsakte des Arbeitsamtes A. , der
Schwerbehindertenakte des AVF Nürnberg und der Unterlagen der Chirurgischen Universitätsklinik und -Poliklinik W.
hat der Internist und Arbeitsmediziner Dr.M. das Gutachten vom 16.05.2001 erstattet, der in der Zusammenschau
körperlich leichte, gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten für zumutbar gehalten hat. Er hat außerdem eine deutliche
Diskrepanz zwischen den subjektiven Angaben des Klägers und den objektiven Befunden festgestellt. Er hat auch
darauf hingewiesen, dass ausgesprochen positive Unschulungserfahrungen für einäugig gewordene berufsunfähige
Handwerker und Industriearbeiter gegeben seien für kaufmännische und datenverarbeitende Berufe; auch schließe die
Einäugigkeit einen Einsatz an Bildschirmgeräten grundsätzlich nicht aus. Der Arbeitsplatz müsste aber nach
ergonomischen Gesichtspunkten gestaltet sein. Zumutbar seien z.B. Tätigkeiten als Hausmeister, Werkzeug- oder
Geräteausgeber, Lagerverwalter/Magaziner im Baustoffhandel oder in Bau- oder Heimwerkermärkten, in der Poststelle
einer größeren Firma oder auch als Lagerverwalter mit überwiegend EDV-gestützter Lagerhaltung.
Dieser Leistungsbeurteilung hat sich das SG angeschlossen und die Klage mit Urteil vom 15.08.2001 abgewiesen.
Der Kläger sei zwar nicht mehr in der Lage, seinen Maurerberuf auszuüben. Zumutbar sei ihm aber durchaus eine
Tätigkeit als Lagerverwalter. Auch Tätigkeiten als Hausmeister oder als Werkzeug- oder Geräteausgeber oder in einer
Poststelle seien möglich. Es gebe somit eine Vielzahl von Verweisungstätigkeiten, die der Kläger noch ausüben
könnte, so dass auch ein Anspruch auf Gewährung von Rente wegen BU unbegründet sei.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, die er einmal mit einem Attest des Orthopäden Dr.P. vom
09.08.2001 begründet. Außerdem weist er darauf hin, dass ihn seine Schmerzen hindern würden, bis zu acht Stunden
täglich zu arbeiten. Größere Wegstrecken könnten nicht mehr zurückgelegt werden. Auch lasse seine Einäugigkeit
entgegen dem Gutachten von Dr.M. Bildschirmtätigkeit nicht zu. Schließlich sei er gesundheitsbedingt nicht in der
Lage, die vom SG genannten Tätigkeiten zu verrichten.
Der Senat hat zunächst die Befundberichte des Augenarztes Dr.R. , des Orthopäden Dr.P. , der Ärztin für Anästhesie
Dr.K. , des Allgemeinarztes Dr.L. , des Anästhesiologen H. , des Diplom-Psychologen Dr.P. , die
Schwerbehindertenakte des AVF Nürnberg (GdB 40, keine Merkzeichen) und die Leistungsakte des Arbeitsamtes A. ,
Dienststelle Bad W. zum Verfahren beigezogen; der Kläger ist seit 05.01.1998 arbeitslos.
Der vom SG gehörte Sachverständige Dr.M. ergänzte sein im Klageverfahren erstattetes Gutachten in der
Stellungnahme vom 09.08.2002. Er sah sich auch im Hinblick auf die vom Senat beigezogenen Unterlagen nicht in
der Lage, andere Leistungseinschränkungen als im Gutachten vom 16.05.2001 anzunehmen. Der Neurologe und
Psychiater Dr.O. erstellte das Gutachten vom 12.12.2002. Er stellte aus psychiatrischer Sicht eine
Anpassungsstörung (in erster Linie eine Fehlverarbeitung des Unfalltraumas) und auf neurologischem Gebiet keinerlei
Ausfälle fest. Nach seinen Ausführungen sind dem Kläger vollschichtig alle Tätigkeiten zumutbar, die nicht mit einer
übermäßigen Belastung des linken Schultergelenkes einhergehen (leichte bis mittelschwere Arbeiten).
Der Kläger beantragt, das Urteil des SG Nürnberg vom 15.08.2001 und den Bescheid der Beklagten vom 24.09.1998
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.01.1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm vom
01.07.1998 an Rente wegen Erwerbsunfähigkeit hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält den Kläger im Hinblick auf die Ermittlungen des Senats für vollschichtig einsatzfähig für die von ihr
benannten Verweisungstätigkeiten; es bestehe auch hinreichende Umstellungsfähigkeit für hervorgehobene
Verweisungstätigkeiten. Mit Bescheid vom 08.04.2003 erklärte sich die Beklagte bereit, einen
Eingliederungszuschuss an zukünftige Arbeitgeber zu leisten.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die Streitakten der ersten und zweiten Instanz sowie auf die vom Senat
beigezogenen Unterlagen einschl. der Verwaltungsunterlagen der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG) und auch im
Übrigen zulässig (§ 144 SGG).
Das Rechtsmittel des Klägers erweist sich aber als nicht begründet. Das SG hat im angefochtenen Urteil vom
15.08.2001 zu Recht entschieden, dass der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rentenleistungen wegen
verminderter Erwerbsfähigkeit hat. Denn der Kläger ist weder berufs- noch erwerbsunfähig im Sinne des Gesetzes.
Der Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bei einer Antragstellung vor dem 31.03.2001 (hier am
09.07.1998) ist nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der bis zum 31.12.2000
geltenden Fassung (aF) zu beurteilen, soweit ein Anspruch aus der Zeit vor dem 01.01.2001 geltend gemacht wird
(vgl. § 300 Abs 2 SGB VI). Für den Anspruch sind aber auch die Vorschriften des SGB VI in der ab 01.01.2001
geltenden Fassung (nF) maßgeblich, soweit (hilfsweise) Rente wegen Erwerbsminderung für die Zeit nach dem
31.12.2000 begehrt wird.
Rechtsgrundlage für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch ist § 43 SGB VI aF. Nach dieser Vorschrift haben
Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen BU, wenn sie berufsunfähig sind, in
den letzten fünf Jahren vor Eintritt der BU drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit
entrichtet und vor Eintritt der BU die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Der Kläger erfüllt zwar die vorgenannten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, er ist jedoch nicht berufsunfähig
im Sinne des § 43 Abs 2 SGB VI aF, da seine Erwerbsfähigkeit nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger
als die Hälfte derjenigen eines körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und
gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist.
Inwieweit die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten eingeschränkt ist, beurteilt sich danach, welchen Lohn er durch eine
Erwerbstätigkeit erzielen kann, auf die er nach seinem Gesundheitszustand und seinem beruflichen Werdegang
zumutbar verweisbar ist. Der Kreis der Tätigkeiten, auf die der Kläger zumutbar verwiesen werden kann, richtet sich
nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI aF nach der Dauer und dem Umfang seiner Ausbildung sowie seines bisherigen
Berufes und nach den besonderen Anforderungen seiner bisherigen Berufstätigkeit. Die hier genannten
Tatbestandsmerkmale der BU sind beim Kläger nicht erfüllt.
Das nach Satz 1 der genannten Vorschrift zunächst festzustellende berufliche Leistungsvermögen des Klägers ergibt
sich aus den Ausführungen der hierzu gehörten ärztlichen Sachverständigen Dr.M. in der Stellungnahme vom
09.08.2002 und des Neurologen und Psychiaters Dr.O. im Gutachten vom 12.12.2002. Danach ist die
Erwerbsfähigkeit des Klägers dahingehend eingeschränkt, dass ihm zumindest leichte und gelegentlich mittelschwere
Tätigkeiten vollschichtig zumutbar sind. Zu den Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Gebiet hat der vom SG
gehörte ärztliche Sachverständige Dr.M. im Gutachten vom 16.05.2001 ausführlich Stellung genommen. Danach
können die beim Kläger gegebene Fehlhaltung der Lendenwirbelsäule und die Verschleißerscheinungen der
Bandscheiben in diesem Abschnitt der Wirbelsäule nach aller ärztlicher Erfahrung durchaus zu Rückenbeschwerden
führen. Auch im Fall des Klägers sind belastungsabhängig auftretende Rückenbeschwerden gut zu erklären.
Erfahrungsgemäß neigen Wirbelsäulenveränderungen derart wie sie beim Kläger vorliegen auch zu zwischenzeitlich
stärkeren Beschwerden und stärkeren Funktionseinschränkungen von Seiten der Wirbelsäule. Solange jedoch
dauerhafte neurologische Ausfallerscheinungen nicht nachweisbar sind und weitgehende Einsteifungen größerer
Wirbelsäulenabschnitte nicht vorliegen, steht in aller Regel ein solcher Wirbelsäulenbefund wie beim Kläger einer
körperlich leichten und kurzfristig und nicht dauerhaft auch einer mittelschweren Tätigkeit mit der Möglichkeit zu
gelegentlichem Wechsel zwischen Sitzen und Stehen oder Gehen nicht entgegen. An der Halswirbelsäule sind beim
Kläger Verschleißerscheinungen nachgewiesen, die erfahrungsgemäß auch zu Schmerzen im Schultergelenksbereich
führen können. Bezüglich der Beschwerden seitens der linken Schulter und des linken Armes ist von einer
mäßiggradigen unfallbedingten Funktionseinschränkung auszugehen. Dr.M. hat aber ausdrücklich darauf hingewiesen,
dass die vom Kläger bei ihm demonstrierte schmerzbedingte weitgehende Funktionslosigkeit der linken oberen
Extremität nicht Grundlage einer sozialmedizinischen Beurteilung sein kann. In diesem Zusammenhang kann nämlich
nicht unberücksichtigt bleiben, dass Schultergürtel und beide Arme des Klägers von einem kräftigen Muskelmantel
bedeckt sind und dass die Ausprägung der Muskulatur praktisch keine Seitendifferenz zwischen rechts und links
erkennen lässt. Dies lässt nur den Schluss zu, dass der Kläger bei den Verrichtungen des alltäglichen Lebens auch
den linken Arm durchaus einsetzt. Eine Schonung des linken Armes, wie sie vom Kläger am Untersuchungstag bei
Dr.M. gezeigt wurde, würde in kurzer Zeit zu einer merklichen Verschmächtigung der linksseitigen Schulter- und
Armmuskulatur führen. Die praktisch identischen Umfangmaße an beiden Armen lassen aber eine solche linksseitige
Muskelverschmächtigung nicht erkennen. Auch deutet die von allen ärztlichen Sachverständigen festgestellte
Beschwielung der Greifflächen der Hände und der Finger darauf hin, dass der Kläger im Alltagsleben beide Hände
gleichermaßen einsetzt.
Im Vergleich zu den von Dr.M. im Gutachten vom 16.05.2001 dargestellten Befunde und Einschränkungen haben die
vom Senat getätigten Ermittlungen keine wesentlichen Änderungen gezeigt, wie Dr.M. in der ergänzenden
Stellungnahme vom 09.08.2002 ausführt. Auch die Tatsache, dass der Kläger im Dezember 2001 und März 2002
einen Schmerztherapeuten aufgesucht hat, lässt nach den Ausführungen von Dr.M. keine andere
Leistungseinschätzung zu. Solange nämlich dauerhafte neurologische Ausfallerscheinungen nicht nachweisbar sind,
weitgehende Einsteifungen größerer Wirbelsäulenabschnitte nicht vorliegen und ein eigenständiges Schmerzsyndrom
ausgeschlossen werden kann, besteht aus arbeitsmedizinischer Sicht keine Veranlassung für
Leistungseinschränkungen, die den von Dr.M. im früheren Gutachten dargestellten Umfang überschreiten.
Auch die von Dr.O. im Gutachten vom 12.12.2002 festgestellte Anpassungsstörung führt zu keiner anderen
Leistunsbeurteilung als im angefochtenen Urteil. Insgesamt können somit vom Kläger Tätigkeiten verrichtet werden,
die nicht mit einer übermäßigen Belastung des linken Schultergelenkes einhergehen. Dies betrifft in erster Linie
Überkopfarbeiten sowie das Heben und Tragen von schweren Lasten. Weiterhin sind wegen des Visusverlustes links
Tätigkeiten nicht möglich, die dreidimensionales Sehen erforderlich machen. Insbesondere sollten auch Arbeiten auf
Leitern und Gerüsten und mit Absturzgefahr aus diesem Grunde vermieden werden.
Im Übrigen sind dem Kläger leichte bis mittelschwere Tätigkeiten nach den Ausführungen der ärztlichen
Sachverständigen Dr.M. und Dr.O. durchaus möglich. Mittelschwere Arbeiten sind dem Kläger allerdings nur zeitweise
zumutbar, also wenn sie nicht dauernd durchgeführt werden müssen. Im Hinblick auf dieses Restleistungsvermögen
kann der Kläger seinen bisherigen Beruf, den eines Maurers nicht mehr ausüben.
Der Kläger ist aber dennoch nicht berufsunfähig im Sinne des Gesetzes. Für die Annahme für BU reicht es nämlich
nicht aus, wenn der Versicherte seinen bisherigen Beruf nicht mehr ausüben kann. Vielmehr sind Versicherte nur dann
berufsunfähig, wenn ihnen auch die Verweisung auf andere Berufstätigkeiten aus gesundheitlichen Gründen oder
sozial nicht mehr zumutbar ist.
Mit dem ihm verbliebenen Leistungsvermögen muss sich der Kläger auf andere (gesundheitlich und sozial zumutbare)
Tätigkeiten verweisen lassen, die - entsprechend dem Mehrstufenschema des BSG - qualifizierten Anlerntätigkeiten
vergleichbar sind und dementsprechend tariflich entlohnt werden. Als solche Verweisungstätigkeit kommt beim Kläger
insbesondere der Einsatz als Hauswart in größeren Wohnanlagen bzw. Verwaltungsgebäuden in Betracht. Die
Verweisung eines Facharbeiters auf diese Tätigkeit ist nach der Rechtsprechung zulässig (BSG SozR 3-2960 § 46 Nr
2). Den Zugang zu einer solchen Berufstätigkeit erreicht ein Arbeitnehmer in der Regel durch Abschluss einer
Facharbeiterausbildung, über die der Kläger verfügt.
Das berufstypische Einsatzgebiet des Hauswarts zeichnet sich gerade dadurch aus, dass zahlreiche unterschiedliche
Aufgaben anfallen, die weitgehend seiner eigenverantwortlichen Zeiteinteilung unterliegen und deshalb in der Regel
ohne besonderen Zeitdruck verrichtet werden können. Arbeiten in Zwangshaltungen fallen nicht oder allenfalls
kurzzeitig an, wenn man unter diesem Aspekt folgende Aufgabenbereiche eines Hauswarts in Betracht zieht:
Regelmäßiges Kontrollieren von Gebäuden, Außenanlagen, technischen Einrichtungen/Anlagen (Heizungs-, Klima-,
Fernmelde- und Alarmanlagen) auf Funktionstüchtigkeit bzw. Ordnungsmäßigkeit; Erledigen oder Veranlassen von
Reparaturen; Überwachen und Sicherstellung von Versorgung mit Heizöl, Gas, Strom und ähnlichem; Führen der
Aufsicht über Reinigung, Instandhaltung und Instandsetzung der Gebäude; Aufzeichnen von Arbeits- und
Materialkosten oder Anfertigen von Berichten für Eigentümer/Verwalter. Bei diesen Tätigkeiten kann auch nicht davon
ausgegangen werden, dass häufiges Bücken und Besteigen von Leitern und Gerüsten erforderlich ist. Möglicherweise
hat der Hauswart z.B. beim Auswechseln von Leuchtmitteln eine Hausleiter zu besteigen; dies fällt aber nur
gelegentlich an und ist dem Kläger daher unter Berücksichtigung der von den ärztlichen Sachverständigen erhobenen
Befunde ohne weiteres möglich. Hauswarte bearbeiten außerdem Mietbeschwerden und achten auf die Einhaltung der
Hausordnung. Es werden Arbeits- und Materialkosten aufgezeichnet und Berichte für den Eigentümer bzw. Verwalter
gefertigt. Sie führen Besichtigungen für Mietinteressenten und Wohnungsabgaben bzw. -übernahmen durch. Der Senat
hat keinen Zweifel daran, dass der Kläger in der Lage ist, auch solche schriftlichen Arbeiten zu verrichten. Dies ergibt
sich aus der im Berufsförderungswerk N. vom 20.09. bis 01.10.1999 durchgeführten Berufsfindungsmaßnahme. Die
Entlohnung erfolgt in der Privatwirtschaft regelmäßig in Lohngruppen für angelernte Arbeitnehmer, im öffentlichen
Dienst als Facharbeiter. Im beruflichen Einsatzbereich eines Hauswarts kann der Kläger somit (auf Grund
einschlägiger Vorkenntnisse ohne eine über drei Monate hinausgehende Einweisungszeit) die Stellung und tarifliche
Entlohnung zumindest eines qualifiziert angelernten Arbeiters erreichen und damit mehr als die Hälfte des Verdienstes
einer gesunden Vergleichsperson erzielen (gelernter Maurer). Er ist deshalb nicht berufsunfähig im Sinne des § 43
Abs 2 SGB VI aF und hat keinen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen BU. Daraus folgt zugleich, dass auch
ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, der an noch weitergehende Voraussetzungen geknüpft ist, nicht
besteht.
Auf Grund seines vollschichtigen Einsatzvermögens erfüllt der Kläger auch nicht die Voraussetzungen des durch Art
1 Nr 19 des Rentenreformgesetzes 1999 neu gefassten und durch Art 1 Nr 10 des Gesetzes zur Reform der Renten
wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20.12.2000 (BGBl I 1827) geänderten, am 01.01.2000 in Kraft getretenen §
43 SGB VI. Nach dessen Abs 2 hat bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen voller (der
bisherigen EU entsprechenden) Erwerbsminderung, wer (neben weiteren Voraussetzungen) wegen Krankheit oder
Behinderung außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei
Stunden täglich erwerbstätig zu sein, aber auch derjenige, dem bei einem mehr als drei bis unter sechs Stunden
reichenden Einsatzvermögen der Teilzeitarbeitsmarkt verschlossen ist (vgl. § 43 Abs 3 2.HS SGB VI). Eine
quantitative Einschränkung der betriebsüblichen Arbeitszeit von täglich etwa acht Stunden liegt jedoch - wie bereits
ausgeführt - beim Kläger nicht vor.
Die Berufung des Klägers musste daher zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung gemäß § 193 SGG beruht auf der Erwägung, dass der Kläger auch im Berufungsverfahren
unterlegen ist.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG liegen nicht vor.