Urteil des LSG Bayern vom 04.09.2003

LSG Bayern: sonstige außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen., wissenschaft und forschung, verwaltungsakt, eingliederung, rahmenfrist, behörde

Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 04.09.2003 (rechtskräftig)
Sozialgericht Nürnberg S 8 AL 900/98
Bayerisches Landessozialgericht L 10 AL 411/00
I. Auf die Berufung der Beklagten werden das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 14.09.2000 aufgehoben und die
Klagen abgewiesen. II. Die Klägerin hat den Beigeladenen die notwendigen außergerichtlichen Kosten beider
Rechtszüge zu erstatten; sonstige außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht
zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Klägerin die Anwartschaftszeit für Arbeitslosengeld (Alg) erfüllt hat und ihr Alg zu gewähren ist.
Die am 1946 geborene Klägerin gab bei einem Beratungsgespräch am 26.06.1996 gegenüber der Beklagten an, bei
der Beigeladenen (bfz) auf Honorarbasis stundenweise als Dozentin beschäftigt zu sein und eine feste Stelle zu
suchen. Am 05.05.1997 meldete sie sich "arbeitslos ohne Leistungen nach freiberuflicher Tätigkeit". Da in Zukunft
voraussichtlich keine Sprachkurse für Aussiedler über das bfz angeboten würden, hätte sie keine Möglichkeit für eine
freiberufliche Tätigkeit. Sie erkundigte sich nach Fördermöglichkeiten. Bei der Beratung am 30.06.1998 wollte sie
wieder als "arbeitslos ohne Leistung" geführt werden. Hierüber ist ihr am 20.07.1998 auf ihre Bitte hin folgende
Bescheinigung von der Beklagten erteilt worden: "Obengenannte hat bei meiner Dienststelle am 20.07.1998 persönlich
vorgesprochen. Obengenannte ist arbeitslos/arbeitssuchend seit 29.06.1998. Obengenannte war
arbeitslos/arbeitssuchend in der Zeit vom 10.11.1997 bis 20.04.1998 und 05.05.1997 bis 03.11.1997. Obengenannte
steht/stand der Arbeitsvermittlung zur Verfügung. Bemerkungen: O.a. Person hat keinen Anspruch auf Leistungen."
Mit Schreiben vom 28.07.1998 legte die Klägerin gegen diese Bescheinigung Widerspruch ein. Sie habe bis zur
Kündigung zum 31.12.1996 als Sprachlehrerin in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis zur
Beigeladenen gestanden. Bis 31.12.1992 sei sie aufgrund befristeter Verträge als Referentin und seither als Dozentin
ohne schriftliche Vertragsabsprachen tätig gewesen, wobei Lehrinhalt, Arbeitszeit, -material, -gerät und Prüfungsinhalt
vorgegeben gewesen seien, sie in die Arbeitsorganisation der Beigeladenen eingegliedert und deren Weisung
unterworfen gewesen sei. Sie habe fremdbestimmte und fremdnützige Arbeit geleistet und kein Unternehmerrisiko
getragen. Sie habe die Anwartschaftszeit innerhalb der Rahmenfrist erfüllt und somit Anspruch auf Alg und auf
Förderung der beruflichen Weiterbildung.
Mit Widerspruchsbescheid vom 03.09.1998 wurde der Widerspruch als unzulässig verworfen. Bei der am 20.07.1998
erteilten Bescheinigung handele es sich nicht um einen Verwaltungsakt, es fehle der Regelungscharakter. Das
Widerspruchsschreiben werde aber als Antrag auf Leistungen der Arbeitslosenversicherung ausgelegt. Dazu möge ein
Antrag auf Alg von der Klägerin ausgefüllt werden.
Die Klägerin tat dies und legte ein Schreiben der Beigeladenen von 20.10.1998 vor, worin diese angibt, die Klägerin
sei als Referentin, nicht als Arbeitnehmerin tätig gewesen. Eine Arbeitsbescheinigung könne daher nicht ausgestellt
werden.
Mit Bescheid vom 05.11.1998 und Widerspruchsbescheid vom 21.05.1999 lehnte die Beklagte die Gewährung von Alg
ab. Die Klägerin habe in der Rahmenfrist vom 29.07.1995 bis 28.07.1998 nicht 12 Monate in einem
Versicherungspflichtverhältnis gestanden.
Gegen die Bescheinigung vom 20.07.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.09.1998 sowie gegen
den Bescheid vom 05.11.1998 idG des Widerspruchsbescheides vom 21.05.1999 hat die Klägerin jeweils Klage zum
Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben, die Aufhebung dieser Bescheide sowie die Verurteilung der Beklagten zur
Gewährung von Alg ab 17.02.1997 sowie zu Maßnahmen zur Förderung der beruflichen Weiterbildung gemäß § 77
Abs.1 Nr.2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) bzw. hilfsweise begehrt, die Beklagte zu verpflichten, den
öffentlich-rechtlichen Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Erstellung einer Arbeitsbescheinigung gemäß § 312 SGB
III zur Erlangung einer Bescheinigung über Alg vom Arbeitsamt durchzusetzen. Über ihr bisheriges Vorbringen hinaus
hat die Klägerin vorgetragen, sie sei von der Beklagten nicht darüber belehrt worden, dass ein bestimmtes
Antragsverfahren einzuhalten sei.
Die Beigeladene bzw. die Klägerin hat eine Aufstellung über die von der Klägerin jeweils geleisteten Arbeitsstunden
bzw. monatlichen Arbeitstage (zu je 8 Arbeitsstunden) sowie Referentenverträge für die Zeit von Juni bis Juli 1991,
Dezember 1991 bis Januar 1992 und Januar bis Dezember 1992 und einen Dienstvertrag über die Zeit vom
04.12.1990 bis 22.02.1991 vorgelegt. Auf den Inhalt wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.
In der mündlichen Verhandlung vom 23.02.2000 hat die Klägerin angegeben, Honorarverhandlungen hätten nicht
stattgefunden, im Laufe der Zeit sei das Honorar von 30,00 DM auf 32,00 DM pro Stunde gestiegen. Im
Krankheitsfalle hätte sie keine Leistungen erhalten, aber auch keinen Ersatz stellen oder den der Beigeladenen
entstandenen Schaden ersetzen müssen. Bei anderen Maßnahmeträgern habe sie sich nicht beworben bzw.
unterrichtet.
Mit Urteil vom 14.09.2000 hat das SG die Beklagte verurteilt, Alg dem Grunde nach ab 29.07.1998 zu zahlen. Die
Klägerin habe keine selbstständige Tätigkeit ausgeübt, sie habe dem Weisungsrecht der Beigeladenen unterlegen und
sei keine eigenverantwortliche Unternehmerin gewesen. Insbesondere sei sie nicht werbend auf dem Arbeitsmarkt
aufgetreten. Nach den tatsächlichen Verhältnissen sei sie nach und nach in eine versicherungspflichtige
Beschäftigung hineingeraten, die zumindest ab 1995 bestanden habe.
Die Beklagte hat hiergegen Berufung zum Bayer. LSG eingelegt und vorgetragen: Die Voraussetzungen zur
Gewährung von Alg lägen mangels versicherungspflichten Beschäftigungsverhältnisses innerhalb der Rahmenfrist
nicht vor. Die Weisungsgebundenheit der Klägerin ginge nicht über das sich aus Sachzwängen hinsichtlich Zeit, Dauer
und Unterrichtsinhalt ergebende notwendige Maß hinaus. Sie sei als "freie Mitarbeiterin" bezeichnet worden. Eine
Mindeststundenzahl und -vergütung sei nicht festgelegt worden und sie habe - wie sich aus der Auflistung der sehr
unterschiedlichen monatlichen Arbeitsstunden ergebe - kein gleichbleibendes monatliches Einkommen erzielt,
vielmehr ein Unternehmerrisiko getragen. Auch seien - soweit Verträge vorlagen - für die jeweiligen Lehrgänge immer
Referentenverträge geschlossen worden, anfangs schriftlich, später mündlich. Es bestehe kein Anlass für die
Annahme, dass es dabei zu anderen mündlichen Vertragsinhalten gekommen sei. Die Referentenverträge führten
entgegen dem vorangegangenen Dienstvertrag nicht zu einer Einbindung der Klägerin in den Betriebsablauf der
Beigeladenen; arbeitnehmertypische Aufgaben seien von ihr nicht zu leisten gewesen. Auch die Höhe des Honorars
spreche im Gegensatz zur Gehaltshöhe im Rahmen des Dienstvertrages für eine selbstständige Tätigkeit.
Die Beklagte beantragt, das Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Ausführungen des SG für zutreffend. Die Bezeichnung als "freie Mitarbeiterin" durch die Vertragsparteien
habe keine rechtliche Bedeutung. Es sei im Übrigen auf die tatsächlichen Verhältnisse abzustellen. Der Lehrinhalt sei
durch die Beigeladene vorgegeben worden (z.B. durch die "Information für Deutschlehrer" des bfz W. zum
Qualitätserlass des Arbeitsamtes).
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten
erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs.2
Sozialgerichtsgesetz - SGG).
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 SGG) und auch begründet. Das Urteil
des SG vom 14.09.2000 ist aufzuheben und die Klagen gegen die Bescheinigung vom 20.07.1998 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 03.09.1998 sowie gegen den Bescheid vom 05.11.1998 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 21.05.1999 sind abzuweisen.
Zu Recht hat die Beklagte den Widerspruch gegen die am 20.07.1998 erteilte Bescheinigung als unzulässig
verworfen. Bei dieser Bescheinigung handelte es sich nicht um einen Verwaltungsakt im Sinne des § 31 Satz 1
Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Hiernach ist ein Verwaltungsakt jede Verfügung, Entscheidung oder andere
hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft
und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Vorliegend fehlt es am Regelungscharakter. Eine
Regelung liegt vor, wenn die Behörde eine potenziell verbindliche Rechtsfolge gesetzt hat, d.h. durch die Maßnahme
ohne weiteren Umsetzungsakt Recht begründet, geändert, aufgehoben oder verbindlich festgestellt hat oder die
Begründung, Änderung, Aufhebung oder verbindliche Feststellung solcher Rechte abgelehnt hat. Eine Regelung setzt
voraus, dass die Behörde auch den Willen hat, verbindlich festzulegen, was für den Einzelnen rechtens sein soll. Dies
kennzeichnet den Verwaltungsakt als verwaltungsrechtliche Willenserklärung (vgl. von Wulffen/Engelmann, SGB X, 4.
Auflage, § 31 RNr.24). Die Qualifizierung von Verwaltungshandeln als Verwaltungsakt richtet sich dabei nicht danach,
von welcher Vorstellung die Behörde ausgegangen ist. Maßgeblich ist vielmehr in Anwendung der für die Auslegung
von Willenserklärungen maßgeblichen Grundsätze (§§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch) der objektive Sinngehalt
ihrer Erklärung, d.h., wie der Empfänger die Erklärung bei verständiger Würdigung nach den Umständen des
Einzelfalles objektiv verstehen musste (vgl. von Wulffen a.a.O. RNr.26).
Mit der Bescheinigung vom 20.07.1998 sollte lediglich - auf Wunsch der Klägerin - das Bestehen einer Zustandes von
der Beklagten "bescheinigt" werden. Dieser Zustand (arbeitssuchend, ohne Anspruch auf Leistung) wurde nicht im
Rahmen der Erteilung eines Bescheides geprüft, sondern es wurde nur angegeben, dass die Klägerin Arbeit suche
und keinen Anspruch auf Leistungen habe. Nachdem sich die Klägerin in den vorangegangenen Beratungen (z.B.
05.05.1997, 30.06.1998) jeweils arbeitslos gemeldet, aber keine Leistungen beantragt hatte, war diese Bescheinigung
inhaltlich zutreffend. Auch aus Sicht der Klägerin als Empfängerin der Bescheinigung handelte es sich nicht um einen
Verwaltungsakt. Es werden nämlich lediglich von ihr gewünschte Tatsachen bescheinigt (Arbeitslosmeldung; kein
Bezug von Leistungen). Eine Regelung in Form einer hieraus zu schließenden Rechtsfolge findet sich in dieser
Bescheinigung eindeutig nicht. Mangels Vorliegens eines Verwaltungsaktes ist somit ein Widerspruch nicht zulässig.
Den dennoch eingelegten Widerspruch der Klägerin hat die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 03.09.1998 damit
zutreffend als unzulässig verworfen.
Zu Recht hat die Beklagte auch den Antrag vom 29.07.1998 auf Zahlung von Alg abgelehnt. Gemäß § 117 Drittes
Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) - anwendbar auf Ansprüche ab 01.01.1998, Ansprüche für die Zeit vorher werden
von der Klägerin nicht mehr geltend gemacht; Berufung hat sie nicht eingelegt - hat Anspruch auf Alg, wer arbeitslos
ist, sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet und die Anwartschaftszeit erfüllt hat. Die Anwartschaftszeit hat ua
erfüllt, wer in der Rahmenfrist mindestens 12 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat (§ 123
Satz 1 Nr.1 SGB III). In einem Versicherungspflichtverhältnis stehen Personen, die als Beschäftigte oder aus
sonstigen Gründen versicherungspflichtig sind (§ 24 Abs.1 SGB III). Versicherungspflichtig sind Personen, die gegen
Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt (versicherungspflichtige Beschäftigung) sind (§ 25 Abs.1
Satz 1 SGB III). Anhaltspunkte für die Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in
die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs.1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch - SGB IV ).
Die Abhängigkeit des Arbeitnehmers findet ihren Ausdruck vor allem in seiner organisatorischen, nicht notwendig
räumlichen Eingliederung in einen fremden Betrieb. Hierfür ist entscheidend, ob der Beschäftigte fremdbestimmte
Tätigkeiten als dienendes Mitglied einer Betriebsorganisation persönlich verrichtet oder ob er im Mittelpunkt eines
eigenen Betriebes steht. Einer Eingliederung in den Betrieb kann die Möglichkeit, über die Arbeitszeit und Arbeitskraft,
insbesondere durch das Ablehnen einzelner Aufträge, frei zu verfügen, entgegenstehen. Dem gegenüber kann das
Fehlen einer eigenen Betriebsstätte für eine Eingliederung in den Betrieb des Arbeitgebers sprechen. Das Merkmal der
organisatorischen Eingliederung begründet häufig gerade bei Diensten höherer Art allein die Annahme einer
abhängigen Beschäftigung. Das Weisungsrecht des Arbeitgebers hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeit ist ein
weiteres wesentliches Merkmal für das Vorliegen einer persönlichen Abhängigkeit. Dem Direktionsrecht des
Arbeitgebers entspricht die Weisungsgebundenheit des zur Arbeitsleistung Verpflichteten, der die Ausführung seiner
Tätigkeit im Wesentlichen nicht selbst bestimmen kann und der Überwachung und Kontrolle unterliegt. Allerdings kann
- gerade bei Diensten höherer Art - das Weisungsrecht eingeschränkt und zur "funktionsgerechten Teilhabe am
Arbeitsprozess verfeinert" sein. Das Fehlen eines Unternehmerrisikos kennzeichnet die abhängige Beschäftigung, für
die das Entgelt grundsätzlich nicht erfolgsabhängig zu zahlen ist. Dabei ist für das Vorliegen eines
Unternehmerrisikos der Einsatz sachlicher Mittel nicht erforderlich, sondern eine Ungewissheit hinsichtlich des
Erfolges der eingesetzten Arbeitskraft reicht aus (vgl. zum Ganzen LSG Rheinland-Pfalz Urteil vom 19.09.2002 - L 5
Kr 8/02 - HVBG-Info 2003, 441 m.w.N.). Ob eine Tätigkeit abhängig oder selbstständig verrichtet wird, entscheidet
sich letztlich danach, welche Merkmale überwiegen. Alle Umstände des Falles sind zu berücksichtigen. Hierbei ist
auch die vertragliche Ausgestaltung des Verhältnisses zu beachten. Weicht diese jedoch von den tatsächlichen
Verhältnissen ab, haben letztere ausschlaggebende Bedeutung. Lässt sich allerdings weder anhand der tatsächlichen
Ausgestaltung einer Berufstätigkeit noch unter Berücksichtigung des im Vertrag zum Ausdruck gekommenen Willens
der Vertragspartner feststellen, ob es sich um eine abhängige Beschäftigung oder um eine selbstständige Tätigkeit
handelt, kann das bisherige Berufsleben als Indiz dafür dienen, was nach dem Willen der Vertragspartner gewollt war
(vgl. hierzu st. Rspr.; BSG SozR 2200 § 1227 Nr.19 m.w.N.).
Die Klägerin steht als Deutschlehrerin für Aussiedler nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis bei der
Beigeladenen. Zwar kann allein durch die Bezeichnung einer Tätigkeit als die eines "freien Mitarbeiters" nicht über die
Frage der Versicherungspflicht durch die Beteiligten verfügt werden (vgl. hierzu BSG SozR 2200 § 165 Nr.61) und die
Annahme eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses bei einer Lehrbeauftragten kann nicht damit begründet
werden, dass sie hinsichtlich Zeit, Ort und äußeren Rahmen ihrer Tätigkeit bestimmten Bindungen der Beigeladenen
unterliegt, denn abgesehen davon, dass der Lehrbetrieb der Beigeladenen nur dann durchführbar ist, wenn die
vielfältigen Veranstaltungen in einem Gesamtplan räumlich und zeitlich aufeinander abgestimmt werden, so schließt
die Vorgabe bestimmter allgemeiner äußerer Umstände einer Tätigkeit ihre Selbstständigkeit grundsätzlich nicht aus
(vgl. hierzu BSG SozR 2200 § 165 Nr.61).
Nach Angaben der Klägerin habe sie ein Honorar pro Arbeitsstunde in Höhe von zuletzt 32,00 DM erhalten, eine
Vergütung im Krankheitsfalle erhielt sie nicht. Sie hatte somit ein Unternehmerrisiko in der Weise zu tragen, dass sie
lediglich für tatsächlich geleistete Unterrichtsstunden bezahlt wurde. Dabei war die Verteilung der Unterrichtsstunden -
wie sich auf der übersandten Stundenbescheinigung von 1990 bis 1996 ergab - sehr unterschiedlich. Es kann somit
nicht von einem Anspruch auf ein gewisses Mindesteinkommen ausgegangen werden. Auch wenn Unterrichtsmaterial
und -ziel ihrer Tätigkeit vorgegeben waren, so blieb die Klägerin frei in der Gestaltung ihres Unterrichts und in der Art
und Weise, wie sie die vorgegebenen Ziele erreichen wollte. Die von der Klägerin übersandte Information für
Deutschlehrer des bfz W. enthält im Wesentlichen allein organisatorische Hinweise und Anforderungen, die
hauptsächlich auch der Überwachung der Lernenden dienen sollen. Lehrinhalte selbst wurden durch diese Information
nicht festgelegt. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin weitere Nebenpflichten im Rahmen des Schulbetriebes
übernommen hatte und somit in den Schulbetrieb eingegliedert worden sei, bestehen nicht (vgl. hierzu BSG SozR
2200 § 165 Nr.61; LSG Rheinland-Pfalz a.a.O.).
Nach alledem spricht weder die Vorgabe von Arbeitsort, -zeit, Unterrichtsmaterial und Lerninhalten für eine abhängige
Beschäftigung der Klägerin (vgl. zum Ganzen auch die Hinweise in Niesel/Brand SGB III, 2. Auflage, § 25 RNr 30
m.w.N. aus der Rechtsprechung zur Dozententätigkeit).
Aus der Tatsache, dass keine schriftlichen Verträge seit Ende 1992 mit der Klägerin mehr geschlossen worden sind
und daher auf die gesetzliche Regelung zurückzugreifen sei - so die Klägerin -, kann nicht auf eine abhängige
Beschäftigung geschlossen werden. Vielmehr ist hier davon auszugehen, dass die zuletzt geschlossenen
schriftlichen Verträge Grundlage der weiteren Tätigkeit der Klägerin sein sollten, was sich auch anhand des
Stundenlohnes nachvollziehen lässt. Zuletzt waren schriftliche Referentenverträge geschlossen worden (Juni 1992 bis
Dezember 1992), die im Gegensatz zu dem vorangegangenen Dienstvertrag unstreitig eine selbstständige Tätigkeit
zum Inhalt hatten. Diese bisherige Berufstätigkeit kann nämlich ein Indiz für das von den Vertragsparteien Gewollte
sein. Lässt sich weder anhand der tatsächlichen Ausgestaltung einer Berufstätigkeit noch unter Berücksichtigung des
im Vertrag zum Ausdruck gekommenen Willens der Vertragspartner feststellen, ob es sich um eine abhängige
Beschäftigung oder um eine selbstständige Tätigkeit handelt, kann das bisherige Berufsleben als Indiz dafür dienen,
was nach dem Willen der Vertragspartner gewollt war (vgl. BSG 2200 § 1227 RVO Nr.19). Aus dem bisherigen
Berufsleben ergibt sich, dass zuletzt Referentenverträge im Rahmen einer selbstständigen Tätigkeit geschlossen
worden sind. Diese beinhalteten eine Vergütung für tatsächlich durchgeführte Unterrichtsstunden in Höhe von 32,00
DM, Steuern und Abgaben sollten von der freien Mitarbeiterin selbst zu entrichten sein. Sollten Unterrichtseinheiten,
aus welchen Gründen auch immer, nicht anfallen, nicht abgehalten werden, ausfallen oder wegfallen, stünde der freien
Mitarbeiterin weder ein Honoraranspruch noch eine Ausfallentschädigung zu. Die übertragenen Aufträge sollten von
der freien Mitarbeiterin in Eigenregie und auf eigene Verantwortung abgewickelt werden. Möglicherweise vorgegebene
Lehrpläne sollten berücksichtigt werden und der Unterricht sollte nach dem neuesten Stand des Fachwissens und der
Pädagogik unter Berücksichtigung von Wissenschaft und Forschung durchgeführt werden. Eventuelle Bedingungen
eines Auftraggebers für Kurse sollten eingehalten werden. Innerhalb dieser Beschränkung aber sollten die freie
Mitarbeiterin den Unterricht methodisch und didaktisch zweckmäßig und nach freiem Ermessen gestalten können.
Eine Änderung durch eventuelle mündliche Absprachen gegenüber dem zuletzt geschlossenen schriftlichen
Referentenvertrag ist nirgends erkennbar; hierfür finden sich keinerlei Anhaltspunkte.
Allein die Tatsache, dass die Klägerin nicht werbend am Bildungsmarkt aufgetreten ist, kann nicht zur Ablehnung
einer selbstständigen Tätigkeit führen, denn es bleibt der Klägerin überlassen, ob ihr die vom bfz erteilten Lehraufträge
genügen oder ob sie weitere Lehraufträge annehmen will. Gerade dies ist auch Ausdruck einer selbstständigen
Tätigkeit. Die Klägerin ist nicht in ein Versicherungspflichtverhältnis "hineingeraten".
Nach alledem ist die Klägerin selbstständig tätig geworden und hat keine versicherungspflichtige Tätigkeit ausgeübt.
Anwartschaftszeiten hat sie daher nicht zurückgelegt und deshalb auch keinen Anspruch auf Alg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.