Urteil des LSG Bayern vom 24.08.2006

LSG Bayern: umfang des leistungsanspruchs, verordnung, krankenkasse, leistungserbringer, genehmigung, form, geldleistung, sachleistung, medikamentenabgabe, notiz

Bayerisches Landessozialgericht
Beschluss vom 24.08.2006 (rechtskräftig)
Sozialgericht Nürnberg S 7 KR 391/02
Bayerisches Landessozialgericht L 4 KR 262/04
Bundessozialgericht B 3 KR 27/06 B
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 9. September 2004 wird verworfen. II.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Streitig ist, ob die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin Kosten für Behandlungspflege in Form von
Medikamentengabe zu erstatten bzw. sie von diesen Kosten freizustellen.
Die 1916 geborene Klägerin ist Mitglied der Beklagten. Ihre Betreuerin hat am 21.11.2001 mit der G. GmbH,
Ganzheitliche häusliche Alten- und Krankenpflege H. einen ambulanten Pflegevertrag geschlossen, wonach die G. für
den Zeitraum vom 21.11.2001 bis auf weiteres Betreuung nach Absprache, Grundpflege nach Absprache und
Behandlungspflege nach ärztlicher Verordnung übernimmt. Am 03.04.2002 verordneten die Allgemeinärzte Dres.B.
und S. für die chronisch kranke Klägerin die Verabreichung von Medikamenten (Melperonsaft) 4-mal täglich, 7-mal
wöchentlich. Es handelte sich um eine Erstverordnung, die für den Zeitraum vom 01.04.2002 bis 30.06.2002 gelten
sollte. Nach Anfrage der Beklagten an den Medizinischen Dienst wegen deren Notwendigkeit der viermaligen täglichen
Medikamentenverabreichung wandte sich die Beklagte an die behandelnden Ärzte, die daraufhin die Verordnung von
Melperon reduzierten und auf Bedarf umstellten. Dreimal täglich sei zur Zeit die maximale Dosis. Die Beklagte
genehmigte vom 11.05.2002 bis 30.06.2002 entsprechend dreimal tägliche Medikamentenabgabe. Hiergegen legten
die Bevollmächtigten der Klägerin am 30.07.2002 Widerspruch ein. Dr.B. attestierte daraufhin am 01.08.2002, sein
Verordnungsverhalten sei angemessen gewesen. Frau V. habe ohne ärztliche Anweisung andere Ärzte hinzugezogen
und ihm die hausärztliche Betreuung entzogen.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 04.11.2002 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die am
06.12.2002 beim Sozialgericht Nürnberg eingegangene Klage, zu deren Begründung vorgetragen wurde, die Kürzung
der Verordnungen sei ohne Absprache mit der Betreuerin vorgenommen worden. Der Arzt sei nicht berechtigt auf
Bitten eines Sachbearbeiters der Krankenkasse den aufgestellten Medikamentenplan ohne Absprache mit der
Betreuerin zu verändern. Ein neuer Hausarzt sei konsultiert worden. Der hinzugezogene Neurologe habe festgestellt,
dass die Medikamentengabe, wie zunächst verordnet, erforderlich sei. Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom
29.09.2004 abgewiesen. Der Umfang der von der Beklagten genehmigten Medikamentengabe für die Zeit ab
11.05.2002 entspreche dem Umfang des Leistungsanspruchs der Klägerin gemäß § 37 SGB V für die Zeit vom
11.05.2002 bis 30.06.2002. Die veränderte Genehmigung basiere auf einer geänderten Verordnung des behandelnden
Arztes. Bis zu einer neuen Verordnung dürfe die Beklagte keine umfangreicheren Leistungen gewähren.
Hiergegen richtet sich die am 03.12.2004 beim Bayer. Landessozialgericht eingegangene Berufung, die damit
begründet wird, die Betreuerin sei nicht rechtzeitig informiert worden und die Beklagte habe unzulässigen Einfluss auf
das Verordnungsverhalten des Hausarztes genommen. Die Beklagte hat die Rechnungen für Mai und Juni 2002 noch
nicht bezahlt. Frau V. führt zusätzlich aus, es sei grundsätzlich zu klären, ob jeder zusätzliche Facharzt verpflichtet
sei, seine verordneten Medikamente auf ein zusätzliches Dokument zur Genehmigung an die Krankenkasse zu
verordnen oder ob der Medikamentenplan genüge. Die Leistungserbringer seien nicht berechtigt, Verordnungen zu
ergänzen, auch wenn es der Vermeidung aufwendiger Bürokratie dienen würde. Für den Monat Mai sei 276,00 EUR
offen, für den Juni 285,20 EUR. Für alle folgenden Zeiträume seien bis heute alle Rechnungen mit der verordneten
viermaligen Abgabe der Medikamente seitens der Krankenkasse anstandslos überwiesen worden. Auf Anfrage des
Senats hat die Beklagte für Mai 236,90 EUR und für Juni 2002 207,00 EUR bezahlt. Die Klägerbevollmächtigten legen
Rechnungen der G. GmbH V. an die Klägerin vom 04.07.2003 vor, wobei auf der Rechnung für Mai vermerkt ist, dass
vom Rechnungsbetrag 193,20 EUR noch ein Restbetrag von 48,30 EUR offen ist, vom geforderten Betrag für Juni in
Höhe von 276,00 EUR noch 69,00 EUR offen sind. Auf beiden Rechnungen ist vermerkt: Patient ist noch nicht
beschwert. Die Rechnungen werden vor Gericht eingereicht zu Händen der Betreuerin Frau H ...
Die Klägerbevollmächtigten beantragen, das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 29.09.2004 und den Bescheid der
Beklagten vom 07.05.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.11.2002 aufzuheben und die Beklagte
zu verurteilen, für den Zeitraum 11.05.2002 bis 30.06.2002 Medikamentengabe 4-mal täglich 7-mal wöchentlich zu
genehmigen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Das Sozialgericht habe ihre Entscheidung bestätigt, der verordnende Arzt habe der Berufungsbeklagten die
Bedarfsreduktion bestätigt mit der Folge, dass sie ihre Bewilligung dahingehend abänderte.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten sowie der Gerichtsakten
beider Instanzen einschließlich der Notiz über das fernmündliche Gespräch mit dem Klägervertreter am 07.07.2006
Bezug genommen.
II.
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist unzulässig. Dies ergibt sich aus § 144 Abs.1
Satz 1 Nr.2 SGG. Die Berufung betrifft eine Geldleistung, die 500,00 EUR nicht übersteigt. Die von der Klägerin
begehrte Sachleistung Medikamentengabe in der Zeit vom 11.05.2002 bis 30.06.2002 4-mal statt 3-mal täglich kann
wegen Zeitablauf als Sachleistung nicht mehr erbracht werden. Deshalb hat der Leistungserbringer der Klägerin am
04.07.2003 Rechnungen vorgelegt. Streitgegenständlich kann damit nur noch die Erstattung dieser Kosten
beziehungsweise die Freistellung hiervon sein, also eine Geldleistung. Der Klägerin sind ausweislich der beiden
vorgelegten Rechnungen der G. GmbH vom 04.07.2003 in Höhe von 276,00 EUR und 193,20 EUR lediglich Kosten in
Höhe von 469,20 EUR in Rechnung gestellt worden. Damit ist die Berufungssumme nicht erreicht. Die Berufung ist als
unzulässig zu verwerfen.
Ohne diesbezüglich eine Entscheidung zu treffen, wäre allen Anschein nach die Berufung im Übrigen auch
unbegründet. Das Sozialgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die Beklagte sich an der ärztlichen Verordnung der
Medikamentenabgabe orientiert hat. Das Verordnungsverhalten ist weder vom Leistungserbringer noch vom Gericht zu
bestimmen.
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 193 SGG und entspricht dem Unterliegen der Klägerin.
Gründe, die Revision gemäß § 160 SGG zuzulassen, sind nicht ersichtlich.