Urteil des LSG Bayern vom 21.01.2010

LSG Bayern: verschlechterung des gesundheitszustandes, medizinische abklärung, psychiatrisches gutachten, arbeitsmarkt, berufsunfähigkeit, bluthochdruck, auskunft, versicherungsträger, professor

Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 21.01.2010 (rechtskräftig)
Sozialgericht Landshut S 7 R 593/08 A
Bayerisches Landessozialgericht L 14 R 583/09
Bundessozialgericht B 5 R 162/10 B
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 29. Mai 2009 wird
zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1951 geborene Kläger, slowenischer Staatsangehöriger, hat nach seinen eigenen Angaben keine
Berufsausbildung absolviert. Er sei jedoch zum Tischler angelernt worden. Der Kläger war von Mai 1972 bis Oktober
1989 in der Bundesrepublik Deutschland be-schäftigt, zuletzt ab Juli 1973 als angelernter Kunststoffverformer. Das
Beschäftigungs-verhältnis wurde ausweislich der Auskunft des Arbeitgebers aufgrund der Rückkehr des Klägers nach
Slowenien beendet. Im Anschluss daran war er von Oktober 1989 bis Oktober 1990 als Arbeiter in Slowenien und
zuletzt von Oktober 1990 bis Januar 2007 in Österreich als Hilfsarbeiter in unterschiedlichen Branchen, zuletzt in
einer Glaserei, tätig. Seit 1. Januar 2008 bezieht der Kläger aufgrund eines vor dem Landesgericht für ZRS G.
abgeschlossenen Vergleichs Invaliditätspension von der österreichischen Pensionsver-sicherungsanstalt.
Der Kläger begehrte mit Antrag vom 5. September 2006 Rente wegen Erwerbsminderung von der Beklagten. Die
Beklagte zog Befundberichte des Universitätsklinikums G. und des Landeskrankenhauses Bad R., eine
berufskundliche Stellungnahme des Sachverständi-gen für Arbeitstechnik und Berufskunde H. vom 12. November
2007 sowie ein Gutachten des Internisten Dr. R. vom 8. November 2007 bei. Dieser diagnostizierte beim Kläger
vertebragene Neuralgien, Kopfschmerzen, Schwindel-zustände, Polyneuropathiesyndrom, ein leichtes vegetatives
Reizsyndrom, einen depressiven Verstimmungszustand mit mäßigem Krankheitswert, einen Zustand nach
Magenentfernung wegen eines Krebslei-dens im Mai 2006, derzeit kein Tumorrezidiv, einen behandelten
Bluthochdruck mit nach-gewiesener Herzleistung bis 110 Watt, einen Verdacht auf Steinschrumpfgallenblase,
Abnutzungen der Wirbelsäule sowie beginnende Kniearthrosen. Der Kläger könne noch leichte Arbeiten im Sitzen,
Stehen und Gehen, im Freien und in geschlossenen Räumen unter Einhaltung der üblichen Arbeitszeiten und
Ruhebedingungen verrichten. Nicht mehr zumutbar seien Akkord-/Nacht- und Fließ- bandarbeiten sowie Arbeiten an
exponierten Stellen. Der Kläger müsse mehrere Mahlzeiten täglich einnehmen können. Aus diesem Grund seien
zweimal 10 min an zusätzlichen Arbeitspausen pro Arbeitstag erforderlich.
Daraufhin lehnte die Beklagte mit angefochtenem Bescheid vom 29. November 2007 den Antrag ab. Der Kläger könne
noch mindestens 6 Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein.
Mit dem hiergegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, er sei aufgrund der Entfernung seines
Magens, der Milz, der Gallenblase und Lymphknoten sehr ge-schwächt. Er habe Magen-Darmprobleme. Auch seine
Psyche sei in Mitleidenschaft ge-zogen. Dies äußere sich durch Depressionen, Nervosität, Schlafprobleme und
Bluthoch-druck. Auch leide er an degenerativen Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule und der Hüftgelenke.
Der österreichische Versicherungsträger übermittelte den Bescheid vom 12. Februar 2008, wonach der Antrag des
Klägers auf Zuerkennung einer Invaliditätspension abgelehnt wurde.
Der Widerspruch wurde daraufhin mit Widerspruchsbescheid vom 5. März 2008 zurückgewiesen.
Mit der hiergegen zum Sozialgericht Landshut (SG) erhobenen Klage machte der Kläger geltend, seit 1. Januar 2008
aufgrund eines Vergleichs vor dem Landesgericht für ZRS G. vom österreichischen Versicherungsträger
Invaliditätspension zu erhalten. Das SG zog die Akten des Landesgerichts für ZRS G. (Az. 41 Cgs 122/08) bei. Das
Landesgericht für ZRS hatte ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Prof. Dr. K. vom 2. September 2008, ein
chirurgisches Gutachten von Dr. R. vom 24. Juli 2008 sowie ein diese beiden Gutachten zusammenfassendes
weiteres Gutachten des Internisten Dr. R. vom 4. Sep-tember 2008 eingeholt.
Aus den Gutachten von Professor Dr. K., Dr. R. und Dr. R. geht ein Leistungsvermögen des Klägers für leichte
Arbeiten im Sitzen, Gehen und Stehen, im Freien und in geschlossenen Räumen unter Einhaltung der üblichen
Arbeitszeiten und Ruhebedin-gungen hervor. Qualitative Einschränkungen sind genannt in Bezug auf Arbeiten in und
aus gebückter, vorgeneigter, stehender und sitzender Zwangsarbeits- haltung, welche bei gerechter Verteilung auf die
Hälfte eines Arbeitstages beschränkt werden müssten. Der Kläger müsse mehrere Mahlzeiten täglich zu sich
nehmen. Aus diesem Grund seien zweimal 10 Minuten pro Tag zusätzliche Arbeitspausen erforderlich. In der
mündlichen Verhandlung am 6. Oktober 2008 gab Prof. Dr. K. ausweislich der Sitzungsniederschrift an, im Rahmen
seiner letzten Untersuchung habe sich eine Schädigung der Nervenwurzel C6 links gezeigt. Es sei auch
zwischenzeitlich zu Kollapszuständen gekommen. Es sei mit 3 Wochen Krankenstand aus neurologisch-
psychiatrischer Sicht zu rechnen. Dr. R. Ver-wies auf erhebliche Abnutzungen der Wirbelsäule und die überstandene
Magenkrebs-operation. Es ergebe sich aus ortho- pädischer Sicht daher eine höhere Krankenstands-prognose als bei
einem Magen- gesunden. Dr. R. gab an, es sei sicher auszuschließen, dass bei dem Kläger aus orthopädischer Sicht
weniger als zwei Wochen Krankenstand erforderlich sein würden. Daraufhin verpflichtete sich der österreichische
Versicherungs-träger vergleichsweise, Invaliditätspension ab 1. Januar 2008 zu bezahlen.
Die Beklagte hat in ihrer Stellungnahme hierzu darauf aufmerksam gemacht, dass von keinem der ärztlichen
Sachverständigen eine Einschränkung der quantitativen Leistungs- fähigkeit festgestellt worden sei.
Das SG hat gemäß § 106 Sozialgerichtsgesetz - SGG - Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens der
Internistin, Umweltmedizinerin und Ärztin für das öffentliche Gesundheitswesen Dr. L. vom 22. April 2009. Diese stellt
beim Kläger folgende Gesundheitsstörungen fest: 1. Zustand nach Magenentfernung, operativer Entfernung der
Gallenblase und der Milz wegen eines Krebsleidens (5/2006) - kein Tumorrezidiv 2. gut therapierter Bluthochdruck,
ohne Einschränkung der cardio pulmonalen Leistungsbreite bis 75 Watt 3. hals- und lendenwirbelsäulenabhängige
Beschwerden, ohne bedeutsame Funktionseinschränkung 4. Gefühlsstörungen im Bereich des linken Arms und im
Bereich der Füße 5. reaktive depressive Verstimmung mäßiger Ausprägung 6. Schwindelzustände ohne neurologisch
fassbares Korrelat, anamnestisch Kollapszustände, bislang ungeklärter Ursache.
Sie kommt zu dem Ergebnis, der Kläger könne noch sechs Stunden und mehr täglich leichte körperliche Arbeiten im
Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen ohne dauernde Zwangshaltungen der Wirbelsäule, ohne schweres
Tragen und Heben, ohne häufiges Bücken, ohne erhöhte Verletzungs- und Absturzgefahr, ohne besondere Anfor-
derung an die psychische Belastbarkeit und ohne Akkord- und Nachtarbeiten verrichten. Zusätzliche Arbeitspausen
seien nicht erforderlich. Der Kläger müsse jedoch die Möglich-keit haben, Zwischenmahlzeiten einzunehmen. Die
Geh- und Wegefähigkeit seien nicht eingeschränkt. Die Umstellungsfähigkeit sei eingeschränkt auf einfache Arbeiten,
unge-lernte Tätigkeiten und Anlerntätigkeiten mit dem Qualitätsmerkmal der dreimonatigen Einarbeitung. Der Kläger,
der einen Führerschein und ein Auto besitze, könne auch ein Kraftfahrzeug führen. Weitere Gutachten seien nicht
erforderlich.
Das SG hat daraufhin die Klage mit Gerichtsbescheid vom 29. Mai 2009 abgewiesen. Der medizinische Sachverhalt
sei durch das Gutachten von Dr. L. hinreichend geklärt. Hieraus ergebe sich ein Leistungsvermögen für leichte
Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeits-markt von mindestens 6 Stunden täglich. Eine Rente wegen teilweiser
Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit komme nicht in Betracht. Der Kläger könne als Fabrikarbeiter unein-
geschränkt auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden.
Mit der hiergegen zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegten Berufung wieder- holte der Kläger die zur
Begründung seines Widerspruchs gemachten Ausführungen. Der Senat hat eine Auskunft des letzten Arbeitgebers
des Klägers in Deutschland eingeholt. Er hat den Kläger darauf hingewiesen, dass die bloße Behauptung, zu einer
Erwerbs- tätigkeit nicht mehr in der Lage zu sein, das Gutachten von Dr. L. nicht widerlegen könne. Auf die Anfrage,
ob eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes geltend gemacht wird sowie auf die Bitte, medizinische
Befundberichte vorzulegen bzw. Adressen von Ärzten bekanntzugeben, bei denen der Senat Befundberichte beiziehen
könnte, reagierte der Kläger nicht.
In der mündlichen Verhandlung am 21. Januar 2010 ist der Kläger nicht erschienen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts Landshut vom 29. Mai 2009 sowie des
Bescheids der Beklagten vom 29. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. März 2008 zu
verurteilen, dem Kläger Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie beruft sich auf den angefochtenen Gerichtsbescheid.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen
Akten des SG sowie der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat zu Recht die Klage gegen den angefochtenen Bescheid vom 29.
November 2007 in der Gestalt des Widerspruchs- bescheids vom 5. März 2008 abgewiesen. Die Bescheide sind
rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Rente wegen
voller Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs. 2 SGB VI, Rente wegen teilweiser Erwerbs- minderung gemäß § 43 Abs. 1
SGB VI bzw. Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß §§ 43 Abs. 1, 240 SGB VI zu.
Gem. § 43 Abs. 1, 2 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen
teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie 1. teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf
Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit
haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare
Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs bzw. drei
Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist gem. § 43 Abs. 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen
Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die
jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist die Leistungsfähigkeit des Klägers qualitativ hinsichtlich der Art und
Schwere der noch möglichen Tätigkeiten gemindert, ohne dass die qualitativen Leistungseinschränkungen jedoch
einen rentenerheblichen Umfang angenommen hätten. Eine quantitative Leistungseinschränkung liegt nach
Überzeugung des erkennenden Senats nicht vor. Der Kläger kann nach den nachvollziehbaren Fest- stellungen von
Dr. L. noch 6 Stunden täglich und mehr auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, auf den er verwiesen werden kann, leichte
Arbeiten verrichten.
Bei dem Kläger stehen die Auswirkungen des im Mai 2006 erfolgreich operierten Magen-karzinoms im Vordergrund.
Nach den Ausführungen von Dr. L. war der Kläger zum Zeit-punkt der Untersuchung in einem guten Ernährungs-,
Kräfte- und Allgemeinzustand. Hinweise für ein Rezidiv oder Tochtergeschwülste liegen nicht vor. Auswirkungen auf
die quantitative Leistungsfähigkeit des Klägers ergeben sich hieraus nicht. Es können dem Kläger nur Arbeiten, die
mit schweren Heben und häufigem Bücken verbunden sind, aufgrund der dadurch auftretenden Bauchschmerzen nicht
mehr zugemutet werden.
Infolge der Krebserkrankung hat sich beim Kläger auch eine reaktive depressive Ver- stimmung entwickelt. Diese hat
nach den übereinstimmenden Ausführungen von Prof. Dr. K. und Dr. L. nur einen mäßigen Krankheitswert erreicht. Dr.
L. konnte keine Hinweise für eine tiefergreifende Depression finden. Die emotionale Schwingungsfähigkeit, Antrieb und
psychomotorisches Tempo waren regelgerecht. Störungen der Konzentrationsfähig-keit und der Gedächtnisleistungen
traten ebenso wenig auf wie formale oder inhaltliche Denkstörungen.
Die vom Kläger berichteten hals- und lendenwirbelsäulenabhängigen Beschwerden gehen nach den Feststellungen
von Dr. L. und Dr. R. nicht mit bedeutsamen Funktionsein-schränkungen der Wirbelsäule einher. Dr. R. hat insoweit
beim Kläger ein chronisches Zervikalsyndrom sowie ein chronisches Lumbalsyndrom diagnostiziert. Die
degenerativen Veränderungen sind beim Kläger jedoch altersentsprechend. Manifeste neurologische
Ausfallserscheinungen liegen nicht vor. Die Beweglichkeit der Halswirbelsäule war bei der Untersuchung durch Dr. L.
nicht, die der Brust- und Lendenwirbelsäule war nur leichtgra-dig eingeschränkt. Alle Bewegungsabläufe beim Be- und
Entkleiden, (Um-) Lagern, Auf-stehen aus dem Sitzen und Liegen gelangen dem Kläger flüssig. Das Aufrichten aus
der Vorneige erfolgte ohne Anhalten bzw. Abstützen der Arme an den Oberschenkeln. Schonhaltungen wurden von
ihm nicht eingenommen. Das Zeichen nach Lasègue war bei der Prüfung durch Dr. R. negativ. Auch im Bereich der
oberen Extremitäten war nach den Ausführungen von Dr. R. die Beweglichkeit aller Gelenke im Normbereich. Die
Hände zeigten keine wesentlichen funktionellen Beeinträchtigungen. So gelangen etwa Pinzet-ten- und Zangengriff
dem Kläger komplett.
Der beim Kläger vorliegende Bluthochdruck ist ausreichend medikamentös eingestellt. Bei der Untersuchung durch Dr.
R. zeigte sich echocardiographisch ein normal großes Herz mit guter Pumpfunktion und unauffälligem
Klappenapparat. Wandbewegungsstörungen waren nicht zu verzeichnen. Die Herzaktionen waren normocard und
rhythmisch.Das Ruhe-EKG zeigte keine Auffälligkeiten. Im Rahmen der Ergometrie war der Kläger bis 75 Watt
belastbar. Der Abbruch erfolgte durch den Kläger nicht aus cardialen Ursachen, son-dern aufgrund von
Wirbelsäulenbeschwerden.
Diese Gesundheitsstörungen führen nach Auffassung des Senats in Übereinstimmung mit sämtlichen
Gerichtssachverständigen nicht zu quantitativen, sondern nur zu bestimmten qualitativen Leistungseinschränkungen
beim Kläger. Der Kläger ist vielmehr noch in der Lage, mindestens 6 Stunden täglich leichte Arbeiten auf dem
allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten.
Ein Rentenanspruch ergibt sich auch nicht daraus, dass der Kläger unter den üblichen Bedingungen des für ihn in
Betracht kommenden allgemeinen Arbeitsmarktes keine Tätigkeit finden würde. Denn bei ihm liegen weder ein nur
eine Teilzeit erlaubendes Erwerbsvermögen noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder
eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vor, die ausnahmsweise die Benennung einer konkreten
Verweisungstätigkeit erforderlich machen würde.
Für den Kläger ist der Arbeitsmarkt insbesondere nicht verschlossen, weil er aufgrund eines erhöhten Pausenbedarfs
nur unter nicht betriebsüblichen Arbeitsbedingungen arbeiten könnte. Nach § 4 Arbeitszeitgesetz steht vollschichtig
tätigen Arbeitnehmern eine Ruhepause von 30 Minuten bzw. 2 mal 15 Minuten zu. Neben den betriebsüblichen
Pausen werden den Arbeitnehmern in gewissem Umfang auch noch sog. Verteilzeiten zugestanden (z. B. für den Weg
vom Zeiterfassungsgerät zum Arbeitsplatz, das Vor- bereiten beziehungsweise Aufräumen des Arbeitsplatzes, Gang
zur Toilette, Unter- brechungen durch Störungen durch Dritte usw.). Der Kläger bedarf nach den Fest- stellungen von
Dr. L. keiner arbeitsunüblichen Pausen. Ihm ist nur aufgrund der Ent-fernung des Magens die Möglichkeit
einzuräumen, mehrfach kleinere Mahlzeiten am Tag zu sich zu nehmen. Der Zeitaufwand hierfür wurde von Dr.
Richter mit 10 min am Vor-mittag und 10 min am Nachmittag angegeben. Der Senat ist der Auffassung, dass der
Kläger hierfür neben den Pausen nach dem Arbeitszeitgesetz die ihm zustehenden Ver-teilzeiten nutzen kann.
Eine schwere spezifische Leistungsbehinderung ist auch nicht in den von Prof. Dr. K. erwähnten Kollapszuständen
unklarer Genese zu sehen. Das BSG hat eine Benennungs- pflicht bei Versicherten bejaht, die regelmäßig unter
einmal in der Woche auftretende Fieberanfällen leiden (BSG SozR 3-1100 § 1247 Nr. 14). Nach den Feststellungen
von Professor Dr. K. sind derartige Kollapszustände, die nicht mit einem Zungenbiss oder unwillkürlichen Harnabgang
verbunden sind, innerhalb eines Jahres nur dreimal aufgetreten; bei der Untersuchung durch Dr. L. gab der Kläger
nunmehr eine Häufigkeit von einmal im Monat an. Auch wenn man unterstellt, diese Kollapszustände treten beim
Kläger tatsächlich in der angegebenen Häufigkeit auf - insoweit hat freilich bisher weder eine medizinische Abklärung
stattgefunden noch liegen medizinische Befunde vor, in denen diese Kollapszustände erwähnt werden - so ist
jedenfalls bei einer derart geringen Anfallshäufigkeit eine schwere spezifische Leistungsbehinderung beim Kläger nicht
gegeben.
Schließlich liegt auch keine relevante Einschränkung der Wegefähigkeit des Klägers vor. Zwar leidet der Kläger nach
den Feststellungen von Dr. L. und Prof. Dr. K. unter einem sensiblen Polyneuropathiesyndrom im Bereich beider
Beine. Prof. Dr. K. stellte jedoch nur eine beginnende Gangstörung fest. Diese konnte Dr. L. bei ihrer später
erfolgenden Untersuchung nicht mehr objektivieren. Hier war das Gangbild des Klägers harmonisch und von
ausreichender Schrittlänge. Eine Gangunsicherheit war nicht nachweisbar. Dem Kläger gelangen auch die besonderen
Gangarten. Hinzu kommt, dass der Kläger im Besitz eines Führerscheins und eines Pkws ist.
Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen liegt beim Kläger ebenfalls nicht vor. Die von den
Gerichtssachverständigen festgestellten qualitativen Einschrän-kungen werden ganz überwiegend bereits durch den
Ausschluss von mittelschweren und schweren Arbeiten abgedeckt. Im Übrigen handelt es sich nicht um
ungewöhnliche Leistungseinschränkungen.
Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung scheidet damit aus.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß §
240 Abs. 1, 2 in Verbindung mit § 43 Abs. 1 SGB VI.
Die Klägerin genießt keinen Berufsschutz als Facharbeiter. Maßgeblicher Hauptberuf des Klägers ist nicht die von ihm
zuletzt in Deutschland verichtete und ausweislich der Auskunft des Arbeitgebers auch nicht aus gesundheitlichen
Gründen aufgegebene Tätigkeit als angelernter Arbeiter in einer Kunststofffabrik, sondern die letzte ver-
sicherungspflichtige Tätigkeit als Glaserei-Hilfsarbeiter in Österreich. Zwar sind im Ausland ausgeübte
Beschäftigungen, die nicht der deutschen Versicherungspflicht unterlagen, für die Bestimmung des bisherigen Berufs
grundsätzlich nicht zu be-rücksichtigen (BSGE 50, 165). Dies gilt jedoch nicht, wenn es sich um eine in einem
anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union zurückgelegte Versicherungszeit handelt, die - wie die hier vom Kläger
in Österreich seit 1. Januar 1995 (Beitritt Österreichs zur Europäischen Union) zurückgelegten Zeiten - gemäß Art. 45
EWG-Verordnung Nr. 1408/71 für die Erfüllung der Wartezeit zu berücksichtigen ist (BSGE 64, 85). Dementsprechend
ist eine anschließend im EU-Ausland ausgeübte Tätigkeit auch dann als bisheriger Beruf zu Grunde zu legen, wenn
dieser dem vorher im Bundesgebiet ausgeübten Beruf qualitativ nicht entspricht. Die vom Kläger in Österreich
verrichteten Tätigkeiten sind nach dem Stufenschema des BSG als ungelernte Tätigkeiten zu qualifizieren. Dies ergibt
sich aus den eigenen Angaben des Klägers, der stets von Hilfsarbeitertätigkeiten gesprochen hat, sowie den
Feststellungen des berufskundlichen Sachverständigen H., der ebenfalls von ungelernten Tätigkeiten ausgegangen
ist. Damit ist der Kläger uneingeschränkt auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar. Da der Kläger insoweit sechs
Stunden täglich einsatzfähig ist, kommt ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei
Berufsunfähigkeit gem. §§ 43 Abs. 1, 240 SGB VI ebenfalls nicht in Betracht.
Die Kostenentscheidung (§ 193 SGG) berücksichtigt den Umstand, dass der Kläger auch im Berufungsverfahren
erfolglos geblieben ist.
Gründe, die Revision zuzulassen (vgl. § 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.