Urteil des LSG Bayern vom 07.11.2007

LSG Bayern: diabetes mellitus, verschlechterung des gesundheitszustandes, körperpflege, ernährung, pflegebedürftigkeit, operation, coxarthrose, periarthritis, verdacht, gutachter

Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 07.11.2007 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Nürnberg S 9 P 100/06
Bayerisches Landessozialgericht L 2 P 35/07
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 25. Juni 2007 wird zurückgewiesen. II.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Feststellung der Pflegebedürftigkeit.
Der 1928 geborene Kläger wurde am 7. September 2005 vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung in
Bayern (MDK) wegen eines Antrags auf ambulante Pflege untersucht. Der Gutachter führte aus, der Zeitbedarf im
Bereich der Körperpflege betrage 11 Minuten pro Tag, im Bereich der Ernährung 5 Minuten und im Bereich der
Mobilität gleichfalls 5 Minuten. Insgesamt bestehe ein Zeitbedarf im Bereich der Grundpflege von 21 Minuten pro Tag.
Aus den krankheitbedingten Funktionseinschränkungen resultiere keine erhebliche Pflegebedürftigkeit. Im Vordergrund
stehe der hauswirtschaftliche Versorgungbedarf.
Am 3. Januar 2006 beantragte der Kläger Leistungen bei Pflegebedürftigkeit wegen Verschlechterung seines
Gesundheitszustandes. Im Gutachten vom 7. Februar 2006 führte der Gutachter des MDK aus, zu berücksichtigen
sei ein Diabetes mellitus mit Folgeerkrankungen, Retinopathie diabetica, atherosklerotische Herzkrankheit, Zustand
nach Herzbypass-Operation im Mai 2005 und eine Coxarthrose beiderseits. Im Bereich der Körperpflege bestehe ein
Zeitbedarf von 15 Minuten, im Bereich der Ernährung von 8 Minuten und im Bereich der Mobilität gleichfalls von 8
Minuten. Insgesamt bestehe ein Zeitbedarf im Bereich der Grundpflege von 31 Minuten pro Tag.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 10. Februar 2006 die Gewährung von Leistungen der Pflegeversicherung ab.
Den Widerspruch des Klägers, in dem er auf seine Schwerbehinderung und die Blindheit hinwies, wies die Beklagte
nach Einholung einer Stellungnahme des MDK vom 1. März 2006 mit Widerspruchsbescheid vom 23. Mai 2006
zurück. Der im Gutachten ermittelte Hilfebedarf sei unter Berücksichtigung der Funktionsdefizite und der noch
vorhandenen Ressourcen angemessen errechnet worden.
Im Klageverfahren zog das Gericht Berichte der behandelnden Ärzte, des Internisten Dr. S. , des Augenarztes Dr. L. ,
des Urologen Dr. W. , des Orthopäden Dr. S. , des Internisten Dr. S. , sowie Berichte über die
Krankenhausaufenthalte des Klägers vom 17. Mai bis 27. Mai 2005, (Anschlussheilbehandlung vom 27. Mai bis 21.
Juni 2005) wegen der Bypass-Operation, vom 31. März bis 4. Mai 2006 und 26. Mai bis 29. Mai 2006 wegen eines
Harnblasentumors bei.
Die vom Sozialgericht zur ärztlichen Sachverständigen ernannte Ärztin für Allgemeinmedizin und Chirotherapie Dr. F.
führte im Gutachten vom 23. Februar 2007 nach ambulanter Untersuchung des Klägers am 5. Februar 2007 aus, beim
Kläger bestehe ein chronisches Schmerzsyndrom wegen Spondylosis deformans der Lendenwirbelsäule mit
Lumboischialgien, Coxarthrose beidseits und Verdacht auf Periarthritis humeroscapularis links, außerdem Diabetes
mellitus mit hochgradiger Visuseinschränkung, Polyneuropathie, Nephropathie sowie Belastungsdyspnoe bei
Herzinsuffizienz nach Bypass-Operation 2005, Zustand nach Resektion eines Harnblasenkarcinoms. Den Zeitbedarf
im Bereich der Körperpflege errechnete Dr. F. mit 16 Minuten täglich, im Bereich der Ernährung mit 6 Minuten und im
Bereich der Mobilität mit 14 Minuten täglich. Insgesamt bestehe ein Zeitbedarf in der Grundpflege von 36 Minuten.
Im Operationsbericht vom 17. April 2007 führte der Urologe Dr. E. aus, der postoperative Verlauf habe sich
komplikationslos gestaltet. Am 20. April 2007 habe der Kläger aus der stationären Behandlung entlassen werden
können.
Mit Urteil vom 25. Juni 2007 wies das Sozialgericht Nürnberg die Klage ab und stützte sich dabei im Wesentlichen auf
das Gutachten von Dr. F ...
Zur Begründung der Berufung vom 17. August 2007 führte der Kläger aus, sein Gesundheitszustand habe sich
verschlechtert; im Gutachten sei nicht erwähnt, dass er seit Jahren wegen seiner beiden Hüftgelenke und seiner
Bandscheibenbeschwerden bei Dr. T. in Behandlung sei. Trotz starker Schmerzmittel und Punktierungen könne er
sich kaum bewegen, nur unter Zuhilfenahme seiner beiden Gehstöcke und nur mit großen Schmerzen.
Die Beteiligten erklärten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2
Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Der Kläger stellte den Antrag,
das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 25. Juni 2007 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des
Bescheides vom 10. Februar 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Mai 2006 zu verurteilen, ihm
Leistungen der Pflegeversicherung nach der Pflegestufe I ab Antrag zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten sowie der Klage- und
Berufungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, sachlich aber nicht begründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht Nürnberg die Klage abgewiesen. Von einer weiteren Darstellung der
Entscheidungsgründe wird abgesehen, da der Senat die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung
als unbegründet zurückweist (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend ist noch darauf hinzuweisen, dass auch das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren zu keiner
anderen Beurteilung der Sach- und Rechtslage führen konnte. Die Wirbelsäulen- und Hüftgelenksbeschwerden des
Klägers wurden von Dr. F. im Gutachten vom 23. Februar 2007 eingehend beschrieben. Sie hat die entsprechenden
Diagnosen: Spondylosis deformans der Lendenwirbelsäule mit Lumboischalgien, Coxarthrose beidseits, Verdacht auf
Periarthritis humeroscapularis berücksichtigt sowie auch die Tatsache, dass der Kläger nur unter Schmerzen und sehr
mühevoll vom Liegen zum Sitzen und vom Sitzen zum Stehen gelangen kann und sowohl innerhalb der Wohnung als
auch zum Treppensteigen zwei Gehstöcke benutzt, die ein unsicheres und langsames, jedoch selbstständiges Gehen
ermöglichen. Im Hinblick auf die festgestellten Diagnosen sind die von Dr. F. geschätzten Zeitwerte für die Hilfen bei
der Körperpflege, der Ernährung und der Mobilität überzeugend und nachvollziehbar. Eine leichte Verschlechterung
des Gesundheitszustandes zwischen 2005 und 2007 ist an dem sich langsam erhöhenden Hilfebedarf von 21 über 31
auf 36 Minuten ablesbar. Ein Zeitbedarf, der die Einstufung in die Pflegestufe I zur Folge hätte, ist jedoch noch nicht
gegeben.
Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.