Urteil des LSG Bayern vom 06.12.2007

LSG Bayern: umkehr der beweislast, nebeneinkommen, rücknahme, zeitliche kongruenz, nebentätigkeit, erlass, verwaltungsakt, umdeutung, rechtswidrigkeit, abtretung

Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 06.12.2007 (rechtskräftig)
Sozialgericht Augsburg S 1 AL 393/04
Bayerisches Landessozialgericht L 8 AL 460/04
Bundessozialgericht B 11 AL 115/08 B
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 12. Oktober 2004 wird
zurückgewiesen. II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist in der Berufung nach dem letzten Stand der mündlichen Verhandlung noch die Rücknahme/Aufhebung der
Bewilligung des Arbeitslosengeldes (Alg) für die Monate April und Mai 2001 in vollem Umfange und teilweise für den
Monat März jeweils wegen Anrechnung von Einkünften aus Nebentätigkeit sowie die daraus resultierende Erstattung.
Bei seiner Arbeitslosmeldung am 14.12.2001 verneinte der 1943 geborene Kläger die Ausübung einer selbstständigen
Tätigkeit. Weiter unterschrieb er am 30.12.2001 die Erklärung, dass er maßgebliche Änderungen unverzüglich
anzeigen werde. Eine Beschäftigung als Geschäftsführer vom 01.01.2000 bis 31.12.2000 zur Erfüllung der
Vorversicherungszeit wurde mit einem Umfang von 16 Stunden angegeben.
Am 26.01.2001 stellte die Beklagte den Anspruch auf Alg von wöchentlich 540,47 DM bis zum 01.07.2001 fest.
Weiter wurden Zuschüsse zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung erbracht (Versicherungsfreiheit wegen einer
Befreiung vom 01.08.1992) sowie zur privaten Versorgungsanstalt der bayerischen Rechtsanwalts- und
Steuerberatungsversorgung.
Nach Bekanntwerden einer Tätigkeit als selbstständiger Steuerberater im März 2003 (Ermittlungen der Kriminalpolizei)
gab der Kläger an, dass der monatliche Zeitaufwand für diese selbstständige Tätigkeit 20 bis 30 Stunden betragen
habe. Auf die Frage, ob er in der Vergangenheit bereits selbstständig tätig gewesen sei und welcher zeitliche Aufwand
für diese Tätigkeit im Jahre 2000 erforderlich gewesen sei, antwortete der Kläger am 19.03.2003, dass er diese Frage
nach so langer Zeit beim besten Willen nicht beantworten könne. Betreffend den Zeitraum von Januar bis Juni 2001
legte dieser Erfolgsrechnungen nach dem System DATEV vor.
Auf Frage von Absetzungen vom Erlös seiner selbstständigen Tätigkeit im Jahre 2001 mit dem Grund "sonstige
Kosten" antwortete der Kläger am 23. April 2003, dass es sich um Gerichts- und Anwaltskosten gehandelt habe.
Mit Bescheid vom 11.07.2003 nahm die Beklagte ihren Verwaltungsakt über die Feststellung von Alg zurück, soweit
eine Anrechnung von Nebeneinkommen für die Monate Januar (105,36 DM) und Februar (1158,05 DM) 2001
gerechtfertigt war. Mit weiterem Bescheid vom 20.04.2004 wurde der die Monate Januar und Februar 2001 betreffende
Bescheid so abgeändert, dass für Januar 2001 keine Anrechnung von Nebeneinkommen mehr vorgenommen wurde
und die Alg-Bewilligung für Februar 2001 wegen Anrechnung eines Nebeneinkommens von 2340,10 DM insgesamt
zurück genommen wurde. Im späteren Urteil des Sozialgerichts Augsburg (SG) wurde der Rückforderungsbetrag für
den Monat Februar auf 140,50 DM reduziert. Mit Bescheid vom 6. Dezember 2007 verzichtete die Beklagte im
Ganzen auf Aufhebung und Rückforderung für den Monat Februar.
Mit Bescheid vom 11.07.2003 nahm die Beklagte den Bescheid vom 26.01.2001 für die Monate März bis Juni 2001
zurück, weil die anrechenbaren Einkünfte für diese Monate höher gewesen seien, als der jeweilige Leistungsanspruch.
Die Widersprüche des Klägers wies die Beklagte, soweit sie nicht abgeholfen hatte, mit Widerspruchsbescheiden vom
21.04.2004 zurück.
Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Augsburg (SG) erhoben und insbesondere schon am 06.10.2004 das
Vorliegen eines Freibetrages nach § 141 Abs. 3 SGB III in Höhe von 4.618,66 DM behauptet. Der Umstand, dass er
weniger als 15 Stunden wöchentlich gearbeitet habe, ergebe sich bereits aus den bekannten zwei Tagen der
Abwesenheit wegen seiner Beschäftigung und im übrigen durch das Zeugnis der Ehefrau. Darüber hinaus hat der
Kläger ergänzend die Summen- und Saldenübersicht aller Konten für die Monate Januar bis Juni 2001 vorgelegt und
des weiteren eine Gewinnermittlung für selbständige Tätigkeit im Jahre 2000 mit Einnahmen in Höhe von 149.155,33
DM.
Durch Urteil vom 12. Oktober 2004 hat das SG die Bescheide vom 11. Juli 2003 und den Bescheid vom 20. April
2004 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 21. April 2004 dahingehend abgeändert, dass für Februar 2001
ein Nebeneinkommen von 140,50 DM und für März 2001 ein Nebeneinkommen von 298,39 DM anzurechnen seien.
Die Rücknahme der Leistungsbewilligung wurde auf die Monate April und Mai 2001 begrenzt. Zur Begründung hat das
SG angeführt, dann für die Anrechnung der sog. Erarbeitungszeitraum maßgeblich sei. Zuflüsse wie Verluste des
Nebeneinkommens könnten auch außerhalb des Alg-Zahlungszeitraums liegen und müssten dann entsprechend
zugeordnet werden. Die steuerliche Gewinn- und Verlustrechnung sei nicht maßgebend, vielmehr sei der bereinigte
Nettolohn zu berücksichtigen; bei Selbstständigen der entsprechend bereinigte Nettogewinn.
Beim Kläger seien die in den Erfolgsrechnungen ausgewiesenen Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 4
Einkommensteuergesetz - EStG -) zu berücksichtigen und in Abzug zu bringen. Es waren dies zum einen die unter
Material-/Wareneinkauf verbuchten Beträge, nachdem sich aus der Kontenübersicht ergebe, dass es sich - wie vom
Kläger angegeben - um DATEV-Gebühren und sonstige Fremdleistungen handelte. Entsprechend seien die sonstigen
aufgelisteten Betriebsausgaben mit einigen Korrekturen bei den "sonstigen Kosten" abzusetzen. So seien im Monat
April 2001 "Rechtskosten" in Höhe von 12.954,12 DM enthalten, die nicht dem Erarbeitungs-zeitraum zugeordnet
werden könnten. Im März 2001 seien entsprechend 4.966,00 DM in Abzug zu bringen, weil es sich
nachgewiesenermaßen um einen Zufluss aus Leistungen des Jahres 2000 gehandelt habe. Für den Mai 2001 habe
sich der Kläger selbst auf einen Gewinn von 4.907,19 DM eingelassen.
Hiergegen hat der Kläger Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt, soweit das Urteil die Klage
abgewiesen habe. Das SG habe entscheidende Gesichtspunkte insbesondere die Anwendung eines Freibetrages
nach § 141 III SGB III nicht berücksichtigt. Ausgehend von einer 40-stündigen Arbeitswoche seien wegen der zwei
Tage Anstellungsverhältnis 16 Stunden abzuziehen. In den verbleibenden 24 Wochenstunden sei er aus
gesundheitlichen Gründen gezwungen gewesen, zweimal wöchentlich vier Stunden im Fitnessstudio zu verbringen,
um seine angeschlagene Gesundheit wiederherzustellen. Diese 8 Stunden abgesetzt, ergäben sich verbleibende 16
Stunden für die Nebentätigkeit pro Woche, die in diesem Umfang nicht ausgenutzt worden seien. Schriftliche
Aufzeichnungen über den Arbeitsaufwand lägen nicht vor, da nicht erwartet werden könne, dass ein solches Ansinnen
nach 7 Jahren vom Gericht gestellt werde. Zu Abrechnungszwecken seien solche Aufzeichnungen nicht erforderlich,
weil die Abrechnung nach StBGebV erfolge.
Zum Beweis der begehrten Höhe des Freibetrags von DM 4.618,66 hat der Kläger eine Gewinnermittlung (Einnahmen-
Überschussrechnung gemäß § 4 III EstG) vorgelegt. Schließlich sei auch nach den Berechnungen des SG zu
berücksichtigen, dass es sich im Monat April um einen geballten Zufluss gehandelt habe, der entsprechend auf den
Erarbeitungszeitraum der ersten 4 Monate zu verteilen sei. Dies ergebe sich aus den negativen Zahlen des 1.
Quartals (Januar bis März).
Im Erörterungstermin vom 08.09.2007 hat der Kläger vorgetragen, dass die im April 2001 verbuchten Kosten in Höhe
von 13.361,25 DM für die rechtliche Durchsetzung einer Forderung aus seiner selbstständigen Tätigkeit entstanden
seien. Diesen Prozess beim Landgericht A. habe er verloren und er sei endgültig auf den Kosten sitzengeblieben. Es
sei um eine Bürgschaft gegangen. Diese Unkosten seien schließlich auch vom Finanzamt anerkannt worden. Die
Wahrung der Einheit der Rechtsordnung verlange die strenge Beachtung des Steuerrechts.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat der Kläger vorgebracht, dass trotz der hohen Zuflüsse im Jahr 2000 dank
seiner enormen Routine und seiner hervorragenden Fähigkeiten für den Zufluss von 149.155,33 DM kein zeitlich
aufwändiger Arbeitseinsatz erforderlich gewesen sei. So würde er beispielsweise für die Steuererklärung des
Vorsitzenden des erkennenden Senats nur 10 Minuten benötigen.
Die Beklagte hat die Verwaltungsentscheidungen im genannten Termin dahingehend abgeändert, dass sie die
Rücknahme der Bewilligung für den Monat Februar 2001 in vollem Umfang aufgehoben hat.
Der Kläger stellt den Antrag, das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 12.10.2004 abzuändern soweit das
Sozialgericht die Klage gegen den Bescheid vom 11.07.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
21.04.2004 abgewiesen hat (betreffend der Monate März bis Mai 2004) und insoweit die genannten Bescheide
aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Sie führt aus, so weit der Kläger ein durchschnittliches Monatseinkommen aus dem Jahr 2000 als "Messlatte" und
hinsichtlich der Privilegierung gem. § 141 Abs. 3 SGB III zugrunde legt, sei der Umfang der Tätigkeit in 2000 nicht
bekannt und könne daher nicht gewertet werden. Der Kläger habe selbst behauptet, dass er nach Aufnahme der
Angestelltentätigkeit die selbständige Tätigkeit habe auslaufen lassen. Aufgrund der verspäteten Geltendmachung
dieses Umstandes gebe es Beweisprobleme. Da es sich bei § 141 Abs. 3 SGB III um eine Privilegierung handle,
müssten vom Betroffenen selbst die Tatsachen mitgeteilt werden, aus denen sich die Voraussetzung für diese
Privilegierung ergebe. Aus den bekannten Indizien, Gewinn und Tätigkeit von zwei Tagen pro Woche lasse sich nicht
genau erschließen. Der ermittelte Gewinn spräche eher für einen Zeitaufwand über der wöchentlichen Beschäftigung
Grenze.
Hinsichtlich des vorläufigen Gewinns im Juni 2001 und der Berechnung des durchschnittlichen Einkommens für die
Monate April und Mai 2001 könne der Vortrag nicht nachvollzogen werden. Es fehle eine substantiierte Darlegung
hinsichtlich der Betriebskosten, insbesondere der geltend gemachten "Rechtskosten". Nachweise für die
Behauptungen seien nicht vorgelegt worden. Die Beklagte trägt im Erörterungstermin weiter vor, dass es nach dem
vom SG in seinem Urteil festgestellten Erarbeitungsprinzip gut denkbar sei, dass Zahlungen für ab April und Mai
getätigte Arbeiten erst in den späteren Monaten zugeflossen sind. Von daher bestehe noch Überprüfungsbedarf.
Wegen der für Mai 2001 geltend gemachten Gerichts- und Anwaltskosten in Höhe von 13.361,25 DM sei nach wie vor
nicht belegt, worauf diese beruhen bzw. mit der Tätigkeit als Steuerberater in dem fraglichen Zeitraum zu tun haben
sollten. Deren Berücksichtigung im Rahmen der steuerlichen Gewinnermittlung erlaube keine Aussagen über deren
Entstehung und Zuordnung. Schließlich seien zu Gunsten des Klägers auch alle weiteren Erlöse, die zwar im
Zeitraum vom 01.01.2001 bis 30.06.2001 erarbeitet worden seien, aber erst danach zugeflossen seien, nicht
angerechnet.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten beider Instanzen und der Beklagten sowie der
beigezogenen Aktenvorgänge der Staatsanwaltschaft und des Amtsgerichtes A. verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, ein Ausschließungsgrund (§ 144 Sozialgerichtsgesetz - SGG- ) liegt nicht vor. Die
Berufungsforderung überschreitet 500,00 Euro. Der Kläger beantragt im Berufungsverfahren die Freistellung von einer
Rückforderung (Aufhebung und Erstattung von Alg sowie von 1613,91 Euro Versicherungsbeiträgen) für den Monat
März 2001 in Höhe von 298,39 DM und die Monate April und Mai 2001 in Höhe von jeweils 2393,51 DM.
Gegenstand der gemäß § 54 Abs 1 SGG zulässigen, isolierten Anfechtungsklage ist der Bescheid vom 11.07.2003
betreffend März bis Juni 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.04.2004. Hinsichtlich der Monate
Januar und Februar (Bescheid vom 20.04.2004) ist der Kläger nicht mehr beschwert und hat insoweit auch die
betreffenden Verwaltungsentscheidungen abhelfender Art akzeptiert.
Die Berufung ist indes nicht begründet. Die Beklagte hat mit den o.g. Bescheiden im noch strittigen Ausmaß zurecht
einen Eingriff in die mit Bescheid vom 26.01.2001 zuerkannte Rechtsposition des Klägers vorgenommen.
Rechtsgrundlage hierfür ist § 48 SGB X, dessen Voraussetzungen vorliegen. Die Beklagte musste die Bewilligung
auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurücknehmen (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X i.V.m. 330 Abs. 2 SGB III).
Der Bescheid vom 26.01.2001 über Alg ohne Anrechnung von Nebeneinkommen für die Zeit vom 01.01.2000 bis zum
30.06.2000 war von Anfang an zwar seiner Begründung, nicht aber seiner Höhe nach unrichtig. Bei der "Bewilligung"
von Alg handelte es sich selbstverständlich um einen begünstigenden Verwaltungsakt (der ein Recht oder einen
rechtlich erheblichen Vorteil begründet hat) als Dauerverwaltungsakt ab dem 01.01.2001. Dem Kläger wurde damit
kraft Verwaltungsakts für ein halbes Jahr aufgrund einer erst im Vorjahr erworbenen Anwartschaft von der Beklagten
Lohnersatzleistungen in Höhe von rund 15.000 DM zuerkannt. Am Vorliegen der Voraussetzungen des Stammrechts
selbst hatte der Senat keine Zweifel. Der Kläger war arbeitslos im Sinne von § 117 und 118 SGB III i.d.F. des
Gesetzes vom 24. März 1997 (BGBl. I S. 594) - Arbeitsförderungsreformgesetz AFRG -. Das ergibt sich aus den
Feststellungen der Beklagten, denen der Senat beitritt. Insbesondere war der Kläger nicht in einem Umfang
selbstständig tätig, dass dadurch gemäß § 118 Abs. 2 SGB III i.d.F. des AFRG Arbeitslosigkeit ausgeschlossen
gewesen wäre.
Das vom Kläger erzielte Nebeneinkommen war aber entsprechend dem Ergebnis des Verwaltungs- und
Klageverfahrens nicht bereits bei der Leistungsfeststellung anzurechnen. Es hat erst in den Monaten März, April und
Mai 2001 die Anrechnungsgrenze des Freibetrages nach § 141 Abs 1 SGB III überschritten. Damit liegt ein Fall der so
genannten wesentlichen Änderung (§ 48 SGB X) vor.
Der Freibetrag beruht entgegen der Rechtsansicht des Klägers nicht auf dem Privileg einer neben einem
Versicherungspflichtverhältnis im Jahre 2000 fortgeführten selbstständigen Tätigkeiten (§ 141 Abs. 3 SGB III). Diese
Vergünstigung kann der Kläger aus tatsächlichen Gründen nicht für sich im Anspruch nehmen. § 141 Abs. 3 SGB III
(damals zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Juni 2000, BGBl. I S. 910) setzt voraus, dass der
Arbeitslose in den letzten zwölf Monaten vor der Entstehung des Anspruches neben einem
Versicherungspflichtverhältnis eine selbständige Tätigkeit oder Tätigkeit als mithelfender Familienangehöriger von
weniger als 18 Stunden wöchentlich mindestens zehn Monate lang ausgeübt hat. Nur dann bleibt das
Arbeitseinkommen bis zu dem Betrag anrechnungsfrei, der in den letzten zehn Monaten vor der Entstehung des
Anspruches durchschnittlich auf den Monat entfällt. Hier fehlt es aber am Nachweis der Tatbestandsmerkmale eines
Tätigkeitsumfanges von weniger als 18 Stunden wöchentlich über mindestens zehn Monate. Der Kläger macht zwar
1/12 seiner Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit in Höhe von 55.840 DM für das Jahr 2000 geltend (vgl.
Steuerbescheid vom 14. März 2002). Es steht aber nicht zur Überzeugung des Senats fest, dass es sich dabei um
eine Nebentätigkeit im Sinne von § 141 Abs. 3 SGB III gehandelt hat. Der Kläger begründet dies allein mit
theoretischen Überlegungen dergestalt, dass ausgehend von einer 40 stündigen Arbeitswoche die zwei Tage des
anspruchsbegründenden Anstellungsverhältnisses (16 Stunden) abzuziehen seien und die seiner Ansicht nach
verbleibenden 24 Wochenstunden sich um zweimal wöchentlich 4 Stunden im Fitness Studio reduzierten, so dass
lediglich 16 Stunden für die Nebentätigkeit übrig geblieben seien, die in diesem Umfang nicht ausgenutzt worden
seien. Diese theoretische Konstruktion geht schon von der falschen Annahme aus, dass ein selbständig Tätiger in der
Woche lediglich eine Arbeitskapazität von 40 Stunden zur Verfügung hat. Ein solcher ist aber gerade nicht
tarifvertraglich oder sonst wie zeitlich gebunden. Die ansonsten lediglich zur Verfügung stehenden Indizien lassen
nicht den Schluss zu, dass der Kläger genau über 10 Monate einen Zeitaufwand von nur 16 Stunden wöchentlich
gehabt hat. Der innerhalb der selbständigen Tätigkeit erzielte Geldzu-fluss von 149.155,33 DM im Jahre 2000, dessen
Vorhandensein zur vollsten Überzeugung des Senats schon aufgrund der eigenen Einlassung des Klägers durch
Vorlage seiner Gewinn- und Verlustermittlung zum Beweis seines letzten Tätigkeit überhaupt und den entsprechenden
Absetzungen (Blatt 71 Akte des SG) fest steht, spricht eher gegen die Ausübung einer bloßen Nebentätigkeit in einem
Umfang von noch unter halbtags. Dies insbesondere in Zusammenschau mit den im selben Zeitraum und zeitlichen
Umfang (wie vom Kläger für die selbstständige Tätigkeit behauptet) von 16 Stunden wöchentlich für die abhängige
Beschäftigung, bei der der Kläger brutto lediglich 68.095 DM (vgl. Steuerbescheid vom 14.03.2002) erzielte. Hinzu
kommt, dass die vom Kläger selbst vorgelegte Gewinnermittlung für das Jahr 2000 einem noch höheren Betrag
entsprechen. Bei dieser Summe ist es schon sehr fraglich, ob der Kläger einen derartigen Umsatz mit einem
Arbeitsaufwand von weniger als 18 Stunden erzielen kann. Auch die im Jahre 2000 geltend gemachten
Betriebsausgaben für die selbstständige Tätigkeit, etwa Kraftfahrzeugkosten in Höhe von 32.000 DM lassen nicht
zwingend im nötigen Beweismaßstab des Vollbeweises auf einen geringen Umfang des Arbeitsaufwandes schließen.
Erst recht ist dies nicht angesichts des für die selbstständige Tätigkeit ermittelten Gewinns von 102.158,50 DM für
das gesamte Jahr 2001 der Fall. Eine Vergleichbarkeit ist überhaupt nicht gegeben, denn ab der zweiten Jahreshälfte
war der Kläger nicht mehr arbeitslos.
Der Senat fühlte sich nicht gedrängt, dem Beweisangebot auf Einvernahme der Ehefrau des Klägers zu folgen. Dieser
räumt ein, selbst keine Aufzeichnungen über das Ausmaß seines Arbeitseinsatzes angefertigt zu haben. Erst recht
wird dies auch nicht durch die Ehefrau behauptet. Der Kläger hat dazu in der mündlichen Verhandlung lediglich
ausgeführt, dass seine Ehefrau Kenntnis von seiner Präsenz im häuslichen Anwesen gehabt habe. Hieraus aber zu
schließen, dass der Kläger gerade oder nur in dieser Zeit eine selbständige Tätigkeit ausgeübt habe, widerspricht
logischen Überlegungen. Schließlich ist gerade eine selbständige Tätigkeit durch Fahrten zu und Besprechungen mit
Mandanten geprägt. Eine Kenntnis der Ehefrau über Auswärtstermine und dies zurückreichend bis ins Jahr 2000 über
einen Zeitraum von 10 Monaten ohne nähere schriftliche Aufzeichnungen ist auch bei der möglichen Beweisaufnahme
nicht zu erwarten. Deswegen und auch wegen des sehr spät vorgebrachten Beweisangebotes erst 7 Jahre nach dem
eigentlichen Geschehen hält es der Senat für gerechtfertigt, von einer Beweisaufnahme abzusehen. Der Senat sieht
es letztlich bereits aufgrund der vorhandenen Indizien als nicht in dem Ausmaß des Vollbeweises der an Sicherheit
grenzenden Wahrscheinlichkeit für bewiesen an, dass der Kläger über genau 10 Monate gerade lediglich maximal 16
Stunden wöchentlich eine selbstständige Tätigkeit ausgeübt haben soll. Dazu sind die oben angeführten Zweifel zu
stark und nicht von der Hand zu weisen. Dazu gehört auch, dass sich der Kläger bereits im Rahmen der Anhörung
durch die Beklagte in sehr distanzierter Weise auf keinerlei Details eingelassen hat. Er hat sehr zeitnah zum
eigentlichen Geschehensablauf am 19.03.2003 auf die Frage, ob er in der Vergangenheit bereits selbstständig tätig
gewesen sein und welcher Arbeitsaufwand gegebenenfalls für diese Tätigkeit im Jahre 2000 betrieben worden sei,
geantwortet, dass er dies nach dem erfolgten Zeitablauf beim besten Willen nicht beantworten könne.
Allerdings muss dem Kläger zugestanden werden, dass er bereits im Klageverfahren seine Behauptung aufgestellt hat
und zu einem Nebeneinkommen im Sinne von § 141 Abs. 3 SGB III daraufhin keine weiteren Ermittlungen erfolgt
sind, so dass nunmehr zum Zeitpunkt der Entscheidung des Landessozialgerichts aufgrund Zeitablaufs eine
Erschwerung der Beweisführung eingetreten ist. Allein dies führt aber weder zum Beweis der behaupteten Tatsache,
noch zur Umkehr der Beweislast. Letztere beruht aufgrund der Rechtsnatur des § 141 Abs. 3 SGB III als
Privilegierung in der Sphäre des Klägers. Er ist hierfür im Falle der Beweislosigkeit beweispflichtig (objektive
Beweislast). Hinzu kommt, dass diese Vorgänge hier in der persönlichen Sphäre des Arbeitslosen wurzeln. Es liegt
eine besondere Beweisnähe zum Ar-beitslosen vor. In ähnlichen Fällen wird stillschweigend oder ausdrücklich von
einer Umkehr der Beweislast ausgegangen. Dies beruht hier auch noch besonders darauf, dass die Nebentätigkeit
vom Kläger vor und während der Leistungsbewilligung verschwiegen worden ist (vgl. dazu in anderem Zusammenhang
- Sperrzeit - BSGE 71, 256, 263 = SozR 3-4100 § 119 Nr 7).
Damit war die Anrechnungsgrenze für die Nebentätigkeit des Klägers der Vorschrift des § 141 Abs. 1 SGB III (zuletzt
geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Juni 2000, BGBl. I S. 910) zu entnehmen. Danach ist das
Arbeitsentgelt aus der Beschäftigung nach Abzug der Steuern, der Sozialversicherungsbeiträge und der
Werbungskosten sowie eines Freibetrages in Höhe von 20 Prozent des monatlichen Arbeitslosengeldes, mindestens
aber von 315 Deutsche Mark auf das Arbeitslosengeld für den Kalendermonat, in dem die Beschäftigung ausgeübt
wird, anzurechnen. Dies gilt gemäß § 141 Abs. 1 Satz drei SGB III für selbständige Tätigkeiten und Tätigkeiten als
mithelfender Familienangehöriger entsprechend.
Beim Kläger führt die Anwendung von § 141 Abs. 1 Satz 1 und 3 SGB III nach den zutreffenden Feststellungen des
SG und der Beklagten zu Freibeträgen von 478,78 DM für den Monat März 2001 und von 463,26 DM für die Monate
April und Mai 2001, die deutlich über dem Mindestbetrag von 315 DM aber auch deutlich unter den vom Kläger geltend
gemachten Beträge nach § 141 Abs. 3 SGB III liegen. Diese Beträge waren nach den zutreffenden Tatsa-
chenfeststellungen des SG und der Beklagten, die sich der Senat zu Eigen macht, aus dem Arbeitslosengeld für die
Kalendermonate, in denen die Beschäftigung (hier selbstständige Tätigkeit) ausgeübt wurde, richtig ermittelt.
Ebenfalls waren für die genannten Monate März 2001 April und Mai 2001 die zugrundegelegten Einkünfte durch das
SG zutreffend festgestellt. Den Vorstellungen des Klägers, dass es sich es sich im Monat April um einen geballten
Zufluss gehandelt habe, der entsprechend auf den Erarbeitungszeitraum der ersten 4 Monate zu verteilen sei, kann
nicht gefolgt werden. Maßgeblich ist der jeweilige Erarbeitenszeitraum in einer konkreten monatlichen
Berücksichtigung und nicht mit einer Pauschalierung. Andernfalls dürften auch vom Kläger geltend gemachte Zuflüsse
aus Tätigkeiten des Jahres 2000 keine (negative) Berücksichtigung finden. So hat aber das SG zurecht gerade für
den Monat März 2001 eine Abtretung aus dem Juni 2000 in Höhe von 4.966,50 DM (Abtretung W. aus Juni 2000) in
Abzug gebracht. Was der Art nach als Arbeitseinkommen iS von § 141 Abs 1 SGB III anzusehen und wie dessen
Höhe im Einzelfall zu ermitteln ist, ergibt sich unter Heranziehung des § 15 Abs 1 SGB IV prinzipiell aus dem
Einkommensteuerrecht. Unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Verweisungsnorm muss dem Begriff der
selbstständigen Tätigkeit iS von § 15 Abs 1 S 1 SGB IV hier zusätzlich das im Steuerrecht unbekannte Merkmal des
persönlichen Einsatzes hinzugefügt werden (vgl. Urteil des BSG vom 05.09.2006, Aktenzeichen: B 7a AL 38/05 R).
Für die Anrechnung von zugeflossenem Arbeitseinkommen (aus selbstständiger Tätigkeit) im Rahmen des § 141 SGB
III ist entscheidend, wann das Einkommen erarbeitet worden ist (BSG aaO. m.w.N.). Nur wenn das Arbeitsentgelt
bzw. Arbeitseinkommen während des Bezuges von Alg erarbeitet wurde, kann es gemäß § 141 Abs 1 Satz 1 SGB III
auf das Alg angerechnet werden (sog "zeitliche Kongruenz"). Eine Anrechnung von Nebeneinkommen gemäß § 141
SGB III kann daher nur dann vorgenommen werden, wenn das monatliche Arbeitsentgelt bzw. Arbeitseinkommen
tatsächlich einem Alg-Leistungsmonat zuordenbar ist (BSG aaO. m.w.N.). § 141 SGB III zielt dabei darauf ab,
möglichst rasch die zur Bestreitung des Lebensunterhalts zur Verfügung stehenden Beträge zu erfassen. Dies ergibt
sich bereits daraus, dass bei der Ermittlung des Arbeitsentgelts nach Satz 1 Steuern, Sozialversicherungsbeiträge
und Werbungskosten (§ 9 EStG) und bei der Ermittlung des Arbeitseinkommens (seit 1. Januar 2005) pauschal 30 %
der Betriebseinnahmen als Betriebsausgaben abgezogen werden.
Für den März 2001 trägt der Kläger zwar vor, dass bestimmte Einnahmen aus vorangegangen Tätigkeiten resultierten,
so eine Abtretung aus dem Juni 2000 in Höhe von 4.966,50 DM (Abtretung W. aus Juni 2000). Das hat das SG aber
bereits in Abschlag gebracht (vgl. Urteil Blatt 5 oben). Dadurch haben sich die Einnahmen verringert, die ursprünglich
bei 9.962,50 DM lagen. Bereinigt um die Kosten der privaten Krankenversicherung (311 DM) und unter Abzug des
Freibetrages (478 DM) ist hier ein anzurechnendes Nebeneinkommen von 298,39 DM - vom SG angenommen - zu
Recht festgestellt. Denn es waren noch weitere Betriebsunkosten für den März anzuerkennen, die sich nach der
Auflistung des Klägers auf 1.714,52 (Zwischensaldo 1) und 2.192,83 DM (Zwischensaldo 2) erstrecken (1088,65 DM).
Für den Monat April 2001 lag ein Zufluss von 6.833,16 DM vor, dem lediglich Absetzungen im Sinne von § 141 Abs. 1
Satz 1 SGB III von 2.219,72 DM und ein Freibetrag von 463,26 DM (nebst Abzug der Aufwendungen für die
Krankenversicherung i.H.v. 242,69 DM) gegenüberstanden. Der Ausgabenposten Rechts- und Beratungskosten in
Höhe von 12.954,12 DM (Blatt 66 SG-Akte) konnte nicht in Abzug gebracht werden. Der Kläger konnte nicht plausibel
darlegen, dass dies Unkosten gerade für im April erarbeitete Zuflüsse waren. Gerade seine Einlassungen im
Erörterungstermin des Senats zeigten, dass es sich hier um Vorgänge mindestens aus dem Vorjahr gehandelt hat. Es
auch nicht recht ersichtlich, wieso ein Steuerberater, der ja gerade wegen seiner Rechtskunde zurate gezogen wird,
selbst für sein Geschäft einen derart hohen Beratungsaufwand haben soll. Vielmehr liegt die Vermutung nahe, dass
der Kläger hier Kosten geltend gemacht hat, die im Rahmen eines Strafverfahrens gegen ihn entstanden sind, bei dem
ausweislich der beigezogenen Strafakten der Staatsanwaltschaft und des Amtsgerichtes A. tatsächlich auch eine
Bankbürgschaft eine Rolle gespielt hat. Das Argument, dass dieser Aufwand von den Steuerbehörden für das Jahr
2001 einkommensmin-dernd berücksichtigt worden und damit hier bei der Wahrung der Einheit der Rechtsordnung
ebenfalls zu berücksichtigen sei, überzeugt nicht. Wenn der Kläger vorträgt, dass im Hinblick auf die Tatsache, "dass
also behördlicherseits bereits der fragliche Betrag geprüft und als in Ordnung eingestuft wurde, ist im Hinblick auf die
Einheitlichkeit der Rechtsordnung der ent-sprechende Nachweis als erbracht anzusehen", so irrt er in seiner
Rechtsauffassung. Nach der gefestigten, oben dargelegten Rechtsprechung des BSG muss hier zusätzlich das im
Steuerrecht unbekannte Merkmal des persönlichen Einsatzes bei Wahrung der zeitlichen Konkurrenz hinzugefügt
werden, was beides für den Kläger in der geltend gemachten Höhe nicht bewiesen ist. Eine Beweislosigkeit geht im
Rahmen der objektiven Beweislast zulasten des Klägers. Er macht Vorteile wie bei einer Einwendung geltend.
Für den Mai 2001 hat sich der Kläger selbst auf einen Gewinn von 4.907,19 DM eingelassen (Zwischensaldo 2 aus
der kurzfristigen Erfolgsrechnung Mai 2001 nach dem Formular Kanzlei-Rechnungswesen V 4.1). Bei eigener
Würdigung der für diesen Monat überlassenen Rechnungsunterlagen (Blatt 45 ff. SG-Akte) durch den Senat müssen
die Feststellungen des SG geteilt werden. Der Kläger wendet lediglich ein, dass es sich um eine zeitliche
Verschiebung durch Zahlungszuflüsse handele. Im April stehe ein Verlust, der in etwa dem Gewinn vom Mai
entspreche. Es zeigt sich aber hier wiederum ein Verständnis des Erarbeitensprinzips, dass nicht der angeführten und
richtigen höchstrichterlichen Rechtsprechung entspricht und das der der Kläger ja selbst für die übrigen Monate nicht
wünscht (s.o. Abtretung vom Juni 2000).
Zusammenfassend ist insoweit festzustellen, dass der begünstigende Verwaltungsakt vom 26.01.2001 ab dem
01.03.2001 rechtswidrig geworden ist.
Er durfte - auch mit Wirkung für die Vergangenheit - zurückgenommen werden. Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist
der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen
Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche
Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt soll aber mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben
werden, soweit der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn
nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (§ 48 Abs. 1 Satz
2 Nr.2. SGB X) bzw. soweit, nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsakts Einkommen oder Vermögen erzielt
worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr.3 SGB
X). Gemäß § 330 Abs. 3 SGB III ist die Bundesagentur in den oben genannten Fällen zur Rücknahme für die
Vergangenheit verpflichtet.
Die Pflicht zur Mitteilung der wesentlichen Änderung, der Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit, ergibt sich schon
aus der allgemeinen Mitwirkungsverpflichtung, wie sie in § 60 SGB I niedergelegt ist. Danach hat derjenige, der
Sozialleistungen erhält, alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind. Insbesondere hat er
Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind, unverzüglich mitzuteilen (§ 60 Abs. 1 Nr. 2 SGB
I). Ein solch maßgebliches Faktum ist hier die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit und das Erzielen von
Einkünften, weil sie Auswirkungen auf die Verfügbarkeit und die Höhe des Arbeitslosengeldes haben und in ihren
Auswirkungen auf die Leistungbefugnis und die Höhe der Leistung zumindest einer Prüfung durch die Beklagte
zugänglich gemacht werden müssen. Darüber hinaus ist diese Obliegenheit auch von der Beklagten dadurch
konkretisiert worden, dass sie dem Kläger ein Merkblatt ausgehändigt hat, dessen Erhalt und Kenntnis dieser
wiederum in seinem Antrag mit seiner Unterschrift am 30.12.2001 bestätigt hat. In den Merkblättern ist jeweils ein
besonderer Abschnitt über Mitwirkungs- und Mitteilungspflichten enthalten (jeweils Punkt 7), in denen unter der
Überschrift "Mitwirkungspflicht" die Anzeige der Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit angeführt ist.
Hinzu kommt, dass bereits bei der Arbeitslosmeldung entsprechende Daten abgefragt werden. Am 01.01.2001, also in
dem Monat der Aufnahme bzw. Fortführung der Tätigkeit, verneinte der Kläger damals jegliche weitere selbstständige
Tätigkeit (Antragsbogen, Frage Ziff. 2 a, wo die Rubrik mit "nein" angekreuzt ist). Weiter wurde die Erklärung
unterschrieben, dass er maßgebliche Änderungen unverzüglich anzeigen werde. Damit hätte der Kläger objektiv die
Verpflichtung zur Mitteilung der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit bekannt sein müssen.
Die gesetzliche Regelung des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X verlangt nach ihrem Sinn und Zweck, dass der
Verstoß gegen eine Mitteilungspflicht in einem "Pflichtwidrigkeitszusammenhang" mit der Leistungsgewährung steht,
nicht in einer strengen Kausalität, wie es der Kläger irrig annimmt. Es reicht zwar nicht jeder Verstoß gegen § 60 Abs.
1 SGB I aus, aber derjenige gegen eine Mitteilungspflicht, die die Leistungserbringung gerade im konkreten Kontext
verhindern soll. Die Mitteilungspflicht des § 60 Abs. 1 SGB I dient dazu, der Behörde die Überprüfung des
Leistungsfalls zu ermöglichen (Urteil des BSG vom 09.02.2006, Az.: B 7a AL 58/05 R mwN). Insoweit kann aus dem
Wortlaut des § 48 Abs 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X, wonach die Verpflichtung zur Mitteilung wesentlicher für den
Leistungsempfänger nachteili-ger Änderungen der Verhältnisse besteht, nicht abgeleitet werden, dass es der
subjektiven Einschätzung des Leistungsempfängers unterliegt, ob die Änderung sich nachteilig auswirkt oder, wie
vom Kläger behauptet, ohne Folgen für den Leistungsbezug bleiben könnte. Ein derartiger Irrtum in der (laienhaften)
Subsumtion kann allenfalls bei der Prüfung des subjektiven Tatbe-stands Berücksichtigung finden. Objektiv jedenfalls
ist, wie oben beim Merkmal der anrechnungsfreien Nebentätigkeit dargelegt, ganz deutlich ein
Pflichtwidrigkeitszusammenhang gegeben.
Der Kläger hat vorsätzlich und von Anfang an sein erzieltes Nebeneinkommen verschwiegen. Schon vor Erlass des
Bescheides vom 26.01.2001 hat der Kläger im Antrag auf Arbeitslosengeld die Frage nach Nebeneinkommen verneint.
Schon damals hatte er die Absicht, ein solches zu erzielen, und hat es auch ausweislich einer Einkommensübersicht
für den Januar 2001 schon durch entsprechende Zuflüsse erzielt. Gerade bei diesem engen zeitlichen Zusammenhang
kann nicht mehr von Fahrlässigkeit ausgegangen werden. Dem Kläger muss dies unmittelbar durch Zugang der
Zahlungen aus selbstständiger Tätigkeit bewusst geworden sein, dass er Einkünfte unselbstständige Tätigkeit erzielt
hat. Wenn er dann dennoch den entsprechenden Fragebogen der Beklagten falsch ausfüllt, muss insbesondere beim
Intellekt des Klägers, von dem sich der Senat in der mündlichen Verhandlung selbst ein Bild machen konnte, von
Vorsatz ausgegangen werden. Dieses bewusste Verschweigen zeigt sich auch in der unmittelbaren Einlassung auf die
Konfrontation mit dem Schuldvorwurf. Denn der Kläger behauptet dabei, z.B. in seiner Einlassung im
Berufungsverfahren, ohne dass der Entschuldigungen vorbringen, dass selbst wenn er eine "pfenniggenaue
Darstellung seiner Verhältnisse der Beklagten gegeben hätte, dies am Ergebnis nichts geändert hätte".
Dementsprechend fehle es an der Kausalität, die Voraussetzung für die Anwendung des § 45 Nr. 2 bzw. Nr. 3 SGB X
sei. Er bringt damit zum Ausdruck, dass selbst bei rechtzeitiger Anzeige des Nebeneinkommens nach seiner Ansicht
anhand seiner laienhaften Subsumtion ohnehin keine Anrechnung erfolgt gewesen wäre. Dies zeigt, dass der Kläger
durchaus Überlegungen angestrengt hat, ob das Nebeneinkommen zu einer Leistungsminderung führen könnte.
Im Übrigen hatte die Beklagte auch die Befugnis zur Rücknahme, ohne dass es eines fehlenden Vertrauensschutzes
bzw. einer Bösgläubigkeit des Leistungsbezugs bedurfte. Denn soweit nach Antragstellung oder Erlass des
Verwaltungsakts Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs
geführt haben würde (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr.3 SGB X) ist eine Aufhebung für die Vergangenheit ohne weitere
Voraussetzungen zulässig. Subjektive Aspekte spielen hier keine Rolle. Voraussetzung ist lediglich, dass das
Einkommen (das zum Wegfall des Anspruchs führt) nach Erlass des Verwaltungsaktes erzielt worden ist. Das ist hier
nach den oben dargelegten Grundsätzen des Erarbeitensprinzip ohne Zweifel erst im März 2001 nach Erlass des
Dauerverwaltungsaktes im Januar 2001 der Fall.
Die Ausschluss- bzw. Handlungsfristen zur Rücknahme sind von der Beklagten eingehalten (§ 48 Abs. 4 SGB X
gelten § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 entsprechend). Die insoweit in Bezug genommene
Handlungsfrist von einem Jahr bzw. die Rücknahmefrist von 10 Jahren sind bei Bekanntwerden einer Tätigkeit als
selbstständiger Steuerberater im März 2003 und Aufhebung/Rücknahme mit Bescheid vom 11.07.2003 offensichtlich
nicht missachtet.
Eine Rechtswidrigkeit des Aufhebungsbescheides vom 11. Juli 2003, die zu einem Anspruch auf dessen Aufhebung
führt, ist nicht wegen seiner falschen Begründung gegeben. Die Beklagte leitete ihre Befugnis zur Rücknahme aus §
45 SGB X ab. Dies setzt eine originäre Rechtswidrigkeit bereits bei Erlass des begünstigenden Verwaltungsaktes
voraus. Dieser Umstand war aber angesichts der eigenen Abhilfeentscheidung der Beklagten (Rücknahme des
Bescheides vom 11.07.2003 durch die Bescheide vom 20.04.2004 und 06.12.2 1007) nicht gegeben, denn dadurch
hatte sie selbst die Rechtmäßigkeit des Leistungsbezugs für die Mona-te Januar und Februar 2001 anerkannt. Damit
hat sich die Rechtswidrigkeit erst im Nachhinein als wesentliche Änderung während des laufenden Leistungsbezugs
ergeben. Die Beklagte unterlag zwar allgemein nicht nach den Vorschriften des SGB X (§§ 9,33 SGB X), noch
denjenigen des SGB III (§§ 321 ff. SGB III) bei einer Rücknahmeentscheidung einer Begründungspflicht. Allerdings
musste - wie hier - ein schriftlicher Verwaltungsakt eine Begründung enthalten (vgl. § 35 Abs. Sätze 1 und 2 SGB X).
Eine Begründung ist jedoch in der Aufhebungsentscheidung vom 11.07.2003, mit welcher die Beklagte den Bescheid
vom 26.01.2001 für die Monate März bis Juni 2001 zurück genommen hat, enthalten. Diese stützte sich allerdings
hinsichtlich der Befugnisnorm, also des Obersatzes auf § 45 SGB X, wohingegen § 48 SGB X einschlägig gewesen
wäre. Allein daraus lässt sich aber weder eine Nichtigkeit des Verwaltungsaktes ableiten (vgl. § 40 Abs. 2 SGB X
bzw. die limitierte Generalklausel gemäß § 40 Abs. 1 SGB X). Denn dies stellt weder einen besonders schwer
wiegenden Fehler dar, noch ist dieser offenkundig. Dies zeigt auch der Umstand der Heilbarkeit von
Verwaltungsakten, bei denen eine erforderliche Begründung nachträglich nachgeholt wird (§ 41 Abs. 1 Nr. 2 SGB X).
Denn wenn schon das Fehlen einer Begründung, die nachholbar ist, nicht zu Nichtigkeit führt, ist dies erst recht nicht
bei einer fehlerhaften Begründung der Fall. Schließlich liegt der Fehler auch nicht in einer fehlerhaften oder
unterbliebenen Anhörung. Denn der zu Grunde gelegte Sachverhalt ist bei beiden Befugnisnorm identisch. Letztlich
führt hier die fehlerhafte Begründung nicht dazu, dass der Kläger in seinen verfassungsmäßigen Rechten verletzt ist.
Denn der Eingriff in seine Rechtsposition ist objektiv gerechtfertigt, wenn auch nicht mit der von der Beklagten
bezeichneten Norm. Damit kann schon entsprechend § 42 SGB X keine Aufhebung des Verwaltungsaktes verlangt
werden, weil keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können. Damit kann auch eine
fehlerhafte Begründung nicht zur Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes führen. Im Übrigen wäre bei einer anderen
Rechtsansicht zweifelsfrei die Möglichkeit der Umdeutung gegeben. Im übrigen hätte die Beklagte durch ein
Nachschieben von Gründen die andere Rechtsgrundlage, die dieselbe Regelung rechtfertigt, als zutreffende
Begründung ein führen können (entsprechende Anwendung von § 40 Abs. 1 Nr. 2 SGB X). Einer Umdeutung (§ 43
SGB X) bedarf es daher nicht. Daran könnte zwar gedacht werden, weil ein auf § 48 SGB X gestützter Bescheid
gegenüber einem solchen, der sich auf § 45 SGB X stützt, einfachere Voraussetzungen verlangt, soweit er sich das
bloße Erzielen von leistungsminderndem Einkommen bezieht. Im übrigen aber kann auch nach § 48 SGB X die
Rücknahme für die Vergangenheit auf einen vergleichbaren Bösgläubigkeitstatbestand gestützt werden, wie bei der
ursprünglich von der Beklagten vorgenommenen Rücknahme gemäß § 45 SGB X (Verschweigen von maßgeblichen
Tatbestandsvoraussetzungen).
Da sich der Aufhebungsbescheid in seinem Verfügungssatz nicht ändert, wenn er hinsichtlich der Folgebescheide
nicht mehr auf § 45 SGB X, sondern auf § 48 SGB X gestützt wird, handelt es sich nicht um eine Umdeutung iS von
§ 43 SGB X, sondern der Rücknahmebescheid wird lediglich anders begründet (prozessuales Recht der richterlichen
Umdeutung, vgl. Schröder-Printzen, SGB X, 3. Auflage, Anmerkung 2 zu § 43). Dies entspricht höchstrichterlicher
Rechtsprechung. Danach handelt es sich nicht um eine Umdeutung iS von § 43 SGB X, wenn ein
Aufhebungsbescheid hinsichtlich von Folgebescheiden nicht mehr auf § 45 SGB X, sondern auf § 48 SGB X gestützt
wird, wenn also der Rücknahmebescheid hinsichtlich der Aufhebung bei gleich bleibender Regelung - lediglich auf eine
andere Rechtsgrundlage gestützt wird (vgl. Urteil des BSG vom 27.7. 2000 - B 7 AL 88/99 R = SozR 3-1300 § 45 Nr
42; Urteil des BSG vom 15. August 2002, 7 AL 38/01).
Die vorgreifliche Frage der Rechtswidrigkeit des ursprünglichen Bewilligungsbescheides sowie daran anschließend der
Rechtmäßigkeit der Rücknahmeentscheidung gemäß § 48 SGB X ist für die Beantwortung der Fragen nach der
Berechtigung der Beklagten zur Rückforderung der erbrachten Leistungen (§ 50 Abs 1 Satz 1 SGB X) bejaht. Damit
besteht eine Verpflichtung zur Rückforderung. Hinsichtlich deren Höhe bestehen keine Zweifel. Es wird auf die
Feststellungen des SG und der Beklagten Bezug genommen.
Die Berufung hatte demnach keinen Erfolg.
Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten (§ 193 SGG). Das Obsiegen des Klägers war
in diesem Verfahren geringfügig. Die Kostenentscheidung im erstinstanzlichen Verfahren ist zu belassen.
Gründe zur Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.