Urteil des LSG Bayern vom 20.05.2003

LSG Bayern: invalidenrente, berufsunfähigkeit, heimat, erwerbsfähigkeit, gesundheitszustand, bluthochdruck, befund, kroatien, erwerbsunfähigkeit, arbeitsmarkt

Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 20.05.2003 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Landshut S 5 RJ 452/02 A
Bayerisches Landessozialgericht L 6 RJ 7/03
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 4. Dezember 2002 wird
zurückgewiesen. II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist der Anspruch des Klägers auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, hilfsweise - ab 01.01.2001
- auf eine Rente wegen Erwerbsminderung.
Der Kläger, der am 1949 geboren und Staatsangehöriger der Republik Kroatien hat, war in der Bundesrepublik
Deutschland vom 17.04.1970 bis 13.10.1978 versicherungspflichtig beschäftigt (möglicherweise mit einer
Unterbrechung vom 15.09. bis 31.12.1972). In seiner Heimat weist er eine ununterbrochene Pflichtbeitragszeit vom
07.11.1978 bis 28.08.1999 auf. Seit 01.10.2000 erhält er vom kroatischen Rentenversicherungsträger eine
Invalidenrente.
Zu seinem Berufsleben gibt der Kläger an, er habe keine Berufsausbildung durchlaufen und sei in Deutschland in der
Baubranche und - zuletzt - im Eisen- und Sanitärgroßhandel als Hilfsarbeiter beschäftigt gewesen. Eine Anlernzeit
habe er dafür nicht zurückgelegt.
Mit Bescheid vom 22.11.2001 und Widerspruchsbescheid vom 06.03. 2002 lehnte die Beklagte den am 29.01.2001
gestellten Antrag des Klägers auf Zahlung von Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit bzw. auf Zahlung von
Rente wegen Erwerbsminderung ab. Gesundheitszustand und berufliches Leistungsvermögen entnahm die Beklagte
einem in Zagreb erstatteten Rentengutachten vom 19.07.2001 und weiteren medizinischen Unterlagen aus der Heimat
des Klägers.
Mit der am 25.03.2002 zum Sozialgericht Landshut (SG) erhobenen Klage verfolgte der Kläger seinen Rentenanspruch
weiter. Nachdem ihm in Kroatien Invalidenrente zuerkannt worden sei, müsse dieser Anspruch auch in Deutschland
anerkannt werden. Seine Erwerbsfähigkeit sei durch Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Fachgebiet
(Wirbelsäulenbruch, Verschleißerscheinungen der Wirbelsäule), auf nervenärztlichem Fachgebiet (Polyneuro- pathie)
und internistischem Fachgebiet (Bluthochdruck) aufgehoben. Er fügte einen neurologischen Befund vom 27.11.1996
und einen internistischen Befund vom 14.02.2001, die beide aus einem Krankenhaus in Z. stammen, bei.
Das SG zog die Rentenakten der Beklagten bei und erholte von dem Facharzt für Allgemeinmedizin Dr.Z. über
Gesundheitszustand und berufliches Leistungsvermögen des Klägers ein medizinisches Sachverständigengutachten
nach persönlicher Untersuchung des Klägers (Gutachten vom 28.08.2002).
Dr.Z. stellte beim Kläger folgende Gesundheitsstörungen fest:
1. Wirbelsäulensyndrom bei Abnützungserscheinungen ohne neu- rologische Ausfallserscheinungen, Zustand nach
Bruch des 4. Lendenwirbelkörpers.
2. Bluthochdruck ohne Rückwirkungen auf das Herz-Kreislauf- system.
3. Polyneuropathie.
Der Kläger könne unter den üblichen Bedingungen eines Arbeitsverhältnisses, insbesondere ohne unübliche Pausen,
bis mittelschwere Arbeiten noch vollschichtig verrichten, wobei schweres Heben oder Tragen sowie Arbeiten in
gebückter Haltung oder in Zwangshaltungen zu vermeiden seien. Seine Umstellungsfähigkeit auf eine neue
Berufstätigkeit sei nicht beeinträchtigt. Zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Klägers seien keine weiteren
Gutachten erforderlich.
Mit Gerichtsbescheid vom 04.12.2002 wies das SG die Klage ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Rente, da er
nicht wenigstens berufsunfähig im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI in der bis 31.12.2000 geltenden alten Fassung
(a.F.) sei. Er könne nämlich nach dem Ergebnis der durchgeführten medizinischen Ermittlungen ohne rechtserhebliche
qualitative Einschränkungen noch vollschichtig arbeiten. Dass ihm seine zuletzt in Deutschland ausgeübte
Berufstätigkeit nicht mehr zugemutet werden könne, sei ohne rechtliche Auswirkung, da er nach dem festgestellten
Berufsbild als ungelernter Arbeiter zu beurteilen und somit auf alle Berufstätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes
verweisbar sei. Erst recht sei der Kläger nicht erwerbsunfähig im Sinne der noch strengeren Vorschrift des bis
31.12.2000 geltenden § 44 Abs.2 SGB VI. Es bestehe unter diesen Umständen auch kein Anspruch auf eine Rente
wegen Erwerbsminderung gemäß den ab 01.01.2001 geltenden §§ 240, 43 SGB VI.
Am 07.01.2003 ging die Berufung des Klägers gegen diesen ihm am 19.12.2002 in seiner Heimat zugestellten
Gerichtsbescheid beim Bayer. Landessozialgericht ein. Zur Begründung trug er im Wesentlichen vor, als
unausgebildeter Arbeiter gebe es für ihn ausschließlich Arbeitsstellen, bei denen schwere Arbeit mit Heben und
Tragen von Lasten sowie mit Bücken und Zwangshaltungen geleistet werden müssten. Im Übrigen habe der
medizinische Sachverständige des Erstgerichts seine Beschwerden nicht hinreichend gewürdigt.
Der in der mündlichen Verhandlung nicht anwesende und auch nicht vertretene Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 04.12. 2002 sowie den Bescheid der Beklagten vom
22.11.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.03.2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen,
ihm aufgrund seines Antrags vom 29.01.2001 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit,
hilfsweise - ab 01.01. 2001 - eine Rente wegen Erwerbsminderung zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im einzelnen und zur Ergänzung des Tatbestands wird im übrigen auf den
Inhalt der beigezogenen Akten und der Akte des Bayer. Landessozialgerichts sowie auf den Inhalt der vorbereitenden
Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der Gerichtsbescheid des SG Landshut vom 04.12.2002 ist nicht zu
beanstanden, weil der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit
und auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung hat. Der Senat folgt diesbezüglich in vollem
Umfang den Gründen des angefochtenen Urteils und sieht daher gemäß § 153 Abs.2 SGG von einer weiteren
Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Ergänzend ist lediglich auszuführen:
Ob dem Kläger ein gesundheitlich zumutbarer Arbeitsplatz auf dem dafür allein maßgeblichen Gebiet der
Bundesrepublik Deutschland tatsächlich vermittelt werden könnte, ist rechtlich unerheblich, da bei vollschichtig
einsatzfähigen Versicherten der Arbeitsmarkt als offen anzusehen ist und das Risiko der Arbeitsvermittlung von der
gesetzlichen Arbeitslosenversicherung und nicht von der gesetzlichen Rentenversicherung zu tragen ist.
Dass der Kläger nach dem Recht seines Herkunftslandes Anspruch auf Invalidenrente hat, führt nicht zwingend dazu,
dass er auch in der Bundesrepublik Deutschland Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bzw. Rente wegen
Erwerbsminderung beanspruchen könnte. Der Anspruch auf eine deutsche Rente wegen Erwerbs- oder
Berufsunfähigkeit bzw. Erwerbsminderung ist nämlich unabhängig davon allein nach den deutschen
Rechtsvorschriften und entsprechend den hiesigen sozialmedizinischen Grundsätzen festzustellen. Etwas anderes
ergibt sich auch nicht aus dem zwischenstaatlichen Sozialversicherungsabkommen.
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG Landshut vom 04.12.2002 war somit zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.