Urteil des LSG Bayern vom 10.05.2006

LSG Bayern: asthma bronchiale, diabetes mellitus, rechtsschutz, erlass, hauptsache, glaubhaftmachung, gesundheitszustand, versorgung, umdeutung, gefahr

Bayerisches Landessozialgericht
Beschluss vom 10.05.2006 (rechtskräftig)
Sozialgericht München S 32 P 257/05 ER
Bayerisches Landessozialgericht L 2 B 28/06 P ER
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 12. Dezember 2005 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Beschwerdeführer begehrt Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung wegen Pflegebedürftigkeit.
Der 1960 geborene Beschwerdeführer leidet insbesondere an einer chronischen Polyarthritis mit erheblichen
Folgeschäden und Gangstörung, arterieller Hypertonie, Pollen-Allergie, Tinnitus, Fibromyalgie-Syndrom, allergischem
Asthma bronchiale und Diabetes mellitus. Er beantragte am 3. Januar 2005 Leistungen der Pflegeversicherung
(Pflegegeld). Nach Einholung einer Stellungnahme des MDK in Bayern lehnte die Beschwerdegegnerin den Antrag ab.
Den Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 22. Juli 2005 zurück, da der Zeitbedarf in der Grundpflege
nicht mehr als 45 Minuten betrage.
Der Beschwerdeführer erhob am 19. August 2005 gegen die Ablehnung der Leistungen Klage beim Sozialgericht
München. Gleichzeitig stellte er einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz (Az.: S 19 P 196/05 ER), da sich sein
Gesundheitszustand in der Zwischenzeit erheblich verschlechtert habe. Er sei jetzt und in unabsehbarer Zeit dringend
auf Hilfe angewiesen.
Das Sozialgericht lehnte den Antrag mit Beschluss vom 20. September 2005 ab, da gemäß den vorliegenden
Stellungnahmen des MDK ein Anordnungsanspruch nicht gegeben sei. Auch fehle es an der Glaubhaftmachung eines
Anordnungsgrundes, da eine besondere Eilbedürftigkeit nicht erkennbar sei. Die hiergegen gerichtete Beschwerde
wies das Bayer. Landessozialgericht mit Beschluss vom 25. Oktober 2005 zurück (Az.: L 2 B 554/05 P ER).
Im Rahmen einer weiteren Klage des Beschwerdeführers vom 18. Oktober 2005 stellte dieser den Antrag, der
Beschwerdegegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, bis zur Entscheidung in der Hauptsache
vorläufig Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung zu erbringen. Er sei aufgrund seines
Gesundheitszustandes dringend auf unmittelbare Hilfe angewiesen.
Das Sozialgericht lehnte den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit Beschluss vom 12. Dezember 2005
ab. Der Antrag sei unzulässig, da er lediglich den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz vom 19. August 2005
wiederhole, der durch rechtskräftigen Beschluss des Bayer. Landessozialgericht vom 25. Oktober 2005 abgelehnt
worden sei. Gegenstand dieses Antragsverfahrens sei der Antrag auf Leistungen der Pflegeversicherung vom 3.
Januar 2005 gewesen, der mit Bescheid vom 9. März 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Juli
2005 abgelehnt worden sei. Diese Bescheide seien Gegenstand des vorausgegangen einstweiligen
Rechtsschutzverfahrens gewesen. Im Übrigen wäre ein Antrag auf Abänderung des Beschlusses des Bayer.
Landessozialgerichts vom 25. Oktober 2005 unbegründet, da eine Änderung der Sach- oder Rechtslage nicht
eingetreten sei.
Gegen den Beschluss des Sozialgerichts legte der Beschwerdeführer Beschwerde ein und beantragte, eine mündliche
Verhandlung durchzuführen und ggf. ein unabhängiges Sachverständigengutachten einzuholen. Das Sozialgericht half
der Beschwerde nicht ab und legte sie dem Bayer. Landessozialgericht zur Entscheidung vor.
Einer Ladung zu einem Erörterungstermin konnte der Beschwerdeführer aus gesundheitlichen Gründen nicht
nachkommen.
Im Rahmen des Klageverfahrens (Az.: S 19 P 198/05) holte das Sozialgericht in der Zwischenzeit ein Gutachten des
Allgemeinarztes Dr. K. vom 21. Januar 2006 ein. Danach ergibt sich ein zeitlicher Pflegebedarf im Bereich der
Grundpflege von 20 Minuten, im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung vom 40 Minuten.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist gemäß §§ 172 ff Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, jedoch
nicht begründet. Zu Recht lehnte das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung als
unzulässig ab.
Die Entscheidung kann gemäß § 124 Abs. 3 SGG ohne die vom Beschwerdeführer beantragte mündliche Verhandlung
ergehen.
Gemäß § 86 b Abs. 2 SGG kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den
Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die
Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige
Anordnungen sind nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein
streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig
erscheint. Dabei hat das Gericht die Belange der Öffentlichkeit und des Antragstellers abzuwägen. Wenn eine Klage
keine Aussicht auf Erfolg hätte, ist ein Recht, das geschützt werden muss, nicht vorhanden (Bayer.
Landessozialgericht, Az.: L 2 B 354/01 U ER).
Zutreffend verweist das Sozialgericht darauf, dass das Bayer. Landessozialgericht bereits mit Beschluss vom 25.
Oktober 2005 eine Beschwerde gegen die Ablehnung der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes rechtskräftig
abgelehnt hatte. Gegenstand dieses Antragsverfahrens war wie auch vorliegend die Ablehnung der
Leistungsbewilligung durch die Beschwerdegegnerin mit Bescheid vom 9. März 2005 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 22. Juli 2005. Nach Ablehnung eines Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz kann ein
neuer Antrag nur gestellt werden, wenn sich die Sach- und Rechtslage geändert hat. Ein neuer Antrag ist unzulässig,
wenn er den abgelehnten Antrag ohne Änderung der Sach- oder Rechtslage wiederholt (so z.B. auch Keller, in: Meyer-
Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 8. Aufl., § 86 b Rdnr. 45 a m.w.N.). Der vorliegende Antrag ist im
Wesentlichen inhaltsgleich mit dem Antrag vom 19. August 2005. Es ist nicht von einer Änderung der Sach- oder
Rechtslage zugunsten des Beschwerdeführers auszugehen.
Soweit in der Zwischenzeit vom Sozialgericht im Klageverfahren ein Gutachten des Dr. K. vom 21. Januar 2006
eingeholt wurde, ändert auch dies nichts daran, dass der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz abzulehnen ist.
Insoweit werden durch das Gutachtensergebnis die Ausführungen des Sozialgerichts in dem Beschluss vom 20.
September 2005 sowie des Bayer. Landessozialgerichts in dem Beschluss vom 25. Oktober 2005 zum Fehlen eines
Anordnungsanspruchs bekräftigt. Der medizinische Sachverständige kommt zu dem Ergebnis, dass eine Einstufung
in die Pflegestufe I nicht möglich ist. Bei summarischer Prüfung kann nach gegenwärtigem Aktenstand deshalb nicht
von einer Erfolgsaussicht der Klage im Hauptsacheverfahren ausgegangen werden.
Damit erübrigen sich auch Ausführungen zur Zulässigkeit und Begründetheit einer eventuellen Umdeutung des
Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz in einen Antrag auf Abänderung des Beschlusses vom 25. Oktober 2005.
Der Antrag des Beschwerdeführers auf Einholung eines Sachverständigengutachtens ist durch das zwischenzeitlich
vom Sozialgericht im Klageverfahren eingeholte Gutachten überholt und könnte aufgrund des Zwecks des Verfahrens
nach § 86 b SGG, eine zügige, vorläufige Regelung zu erzielen, nur ausnahmsweise in Betracht kommen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar, § 177 SGG.