Urteil des LSG Bayern vom 25.05.2007

LSG Bayern: obliegenheit, befristung, minderung, beendigung, unverzüglich, meldepflicht, irrtum, firma, verschulden, arbeitsmarkt

Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 25.05.2007 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Augsburg S 4 AL 600/04
Bayerisches Landessozialgericht L 8 AL 326/06
I. Das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 17. August 2006 und die Bescheide vom 3. Juni 2004 und 4. Juni 2004
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Juli 2004 sowie der Bescheid vom 30. März 2006 werden
abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin ungemindertes Arbeitslosengeld ab 17. April 2004 zu bewilligen.
II. Die Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin in vollem Umfang zu erstatten. III. Die
Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Minderung des Arbeitslosengeldes - Alg - wegen verspäteter Arbeitsuchendmeldung
im April 2004 streitig.
Die 1960 geborene Klägerin hat in Russland Ökonomie studiert und war nach einer Umschulung in Deutschland als
Steuerfachangestellte tätig. Sie meldete sich am 19.11.2003 nach einer Beschäftigung vom 04.12.2000 bis
31.12.2003 als Steuerfachangestellte bei den Steuerberatern R. und R. (R) arbeitslos. Das damalige Arbeitsverhältnis
war durch den Arbeitgeber am 12.11.2003 zum 31.12.2003 gekündigt worden.
Die Klägerin bezog daraufhin ungemindertes Alg ab 01.01.2004. Die Alg-Bewilligung wurde mit Bescheid vom März
2004 aufgehoben. Ein entsprechendes Bescheidmuster hat die Beklagte im Berufungsverfahren vorgelegt. Es enthielt
Hinweise zur Arbeitsuchendmeldung.
Unter dem 07.03.2004 teilte die Klägerin mittels eines Formblatts der Beklagten ("Veränderungsmitteilung") mit, dass
sie eine Tätigkeit ab 08.03.2004 als Buchhalterin bei der Firma A. Personaldienstleistungen GmbH (A), aufnehme,
ohne in der dafür vorgesehenen Rubrik eine Befristung anzugeben. Bei A handelt es sich um ein
Zeitarbeitsunternehmen. Die Arbeitsbescheinigung enthält unter der Rubrik "Angaben zur Kündigungsfrist" den
Eintrag: "Die maßgebende Kündigungsfrist des Arbeitgebers beträgt eine Woche ohne festes Ende", an anderer Stelle
der Arbeitsbescheinigung ist von einer Befristung die Rede. Nach dem aktenkundigen Arbeitsvertrag war das
Arbeitsverhältnis befristet bis 24.03.2004. Als Grund für die Befristung wurde das Auftragsende genannt. Mit jeweils
schriftlichen Ergänzungsvereinbarungen wurde das Arbeitsverhältnis bis 02.04.2004 und dann nochmals bis
16.04.2004 verlängert, wobei die Vereinbarung der ersten Verlängerung vom 05.03.2004, die der zweiten vom
02.04.2004 datiert. Der Arbeitsvertrag enthält keine Hinweise zu § 37 b SGB III.
Am 19.04.2004 meldete sich die Klägerin erneut arbeitslos. In ihrer Stellungnahme vom 02.06.2004 gab sie an, das
befristete Beschäftigungsverhältnis bei A sei bei der Änderungsmeldung angezeigt gewesen. Der Arbeitsvertrag sei
zuerst bis zum 24.03.2004 befristet gewesen; dann sei er bis zum 02.04.2004 und später noch bis zum 16.04.2004
verlängert worden.
Mit Bescheid vom 04.06.2004 bewilligte die Beklagte der Klägerin gemindertes Alg und stellte mit Bescheid vom
03.06.2004 fest, dass sich die Klägerin spätestens am 09.03.2004 bei der AA hätte arbeitssuchend melden müssen.
Tatsächlich habe sie sich erst am 19.04.2004 gemeldet. Die Meldung sei somit um 41 Tage zu spät erfolgt. Der
Anspruch auf Leistungen mindere sich um 35,00 EUR für jeden Tag der verspäteten Meldung (längstens jedoch für 30
Tage), es errechne sich somit ein Minderungsbetrag in Höhe von 1.050,00 EUR. Die Minderung erfolge, indem dieser
Minderungsbetrag auf die halbe Leistung angerechnet werde. Das heiße, der Klägerin werde bis zur vollständigen
Minderung des Betrages nur die Hälfte der ohne die Minderung zustehenden Leistung ausgezahlt. Die Höhe des
Abzugs von der täglichen Leistung betrage 12,14 EUR. Die Anrechnung beginne am 17.04.2004 und sei
voraussichtlich mit Ablauf des 12.07.2004 beendet. Für den letzten Tag der Minderung erfolge die Anrechnung ggf.
nur noch in Höhe des noch verbleibenden Restbetrages der Minderungssumme. Nach der Beendigung der Anrechnung
nach § 140 SGB III erhalte die Klägerin einen neuen Bescheid.
Unter dem 05.06.2004 teilte die Klägerin mit, dass sie ab 04.06.2004 eine Tätigkeit als Buchhalterin bei der Firma W.
Group in P. aufnehme. Die Rubrik "(bei befristeter Tätigkeit bis.)" in dem wiederum verwendeten Formblatt der
Beklagten ist in diesem Fall ausgefüllt ("01.08.2004").
Mit Schreiben vom 23.06.2004 legte die Klägerin gegen die Bescheide vom 03.06.2004 und vom 04.06.2004
Widerspruch ein und führte aus, die Meldepflicht nach § 37b SGB III bestehe nicht für Arbeitsverhältnisse, die von
vornherein nur auf einen Zeitraum von nicht länger als sechs Wochen befristet seien. Dies ergebe sich aus dem von
der Beklagten herausgegebenen Leitfaden zur frühzeitigen Arbeitssuche gemäß § 37b SGB III und zur Sanktionsfolge
der Pflichtverletzung nach § 140 SGB III. Damit liege nach dem behördeneigenen Leitfaden schon keinerlei
Obliegenheitsverletzung ihrerseits vor. Mit den befristeten Arbeitsverhältnissen werde insgesamt der Zeitraum von
sechs Wochen nicht überschritten, daher habe keinerlei Meldepflicht ihrerseits bestanden. Insbesondere habe sie erst
ab dem Zeitpunkt 02.04.2004 gewusst, dass das Arbeitsverhältnis nochmals bis 16.04.2004 verlängert worden sei.
Ferner sei sie aufgrund der Äußerungen der A davon ausgegangen, dass weitere Tätigkeiten vermittelt werden
würden, obwohl die zunächst aufgenommene Tätigkeit nur wenige Wochen befristet gewesen sei. Es sei ernsthaft mit
einer Fortführung des Arbeitsverhältnisses zu rechnen gewesen. Zudem habe sie sich ca. am 01.04.2004 zu der
Beklagten begeben, um diverse Unterlagen hinsichtlich der Erstattung von Bewerbungskosten abzugeben und
sogleich mitgeteilt, dass befristete Tätigkeiten vorliegen würden, ggf. jedoch eine weitere Tätigkeit durch die Firma A
in Aussicht gestellt worden sei. Offensichtlich sei dies von dem Sachbearbeiter/der Sachbearbeiterin nicht sogleich in
der EDV erfasst worden. Allein ihre Vorsprache am 01.04.2004 hätte dazu führen müssen, dass im Rahmen der EDV-
Erfassung der persönlichen Arbeitssuchendmeldung ein Vermerk gemacht werde, dass eine persönliche
Arbeitssuchendmeldung ihrerseits erfolgt sei. Wenigstens hätte ihre Vorsprache zu einer Nachfrage der zuständigen
Sachbearbeiterin führen müssen, ob eine endgültige Befristung vorliege. Es werde eingewandt, dass aufgrund der
Umstellung des EDV-Systems der BA diesbezüglich Schwierigkeiten aufgetreten sein könnten. Es könne durchaus
sein, dass entsprechende Vermerke versehentlich gelöscht worden seien. Hilfsweise sei zu ihren Gunsten davon
auszugehen, dass für eine Meldung als arbeitssuchend ca. sieben Tage anzusetzen seien. Zu berechnen sei diese
Frist jedoch erst zum Zeitpunkt der letztmaligen Befristung vom 02.04.2004, weshalb der Zeitpunkt, falls tatsächlich
Meldepflicht angenommen werden könne, wie nicht, auf den 09.04.2004 zu bestimmen sei. Die Beklagte hätte auch
aus ihrer Veränderungsmitteilung vom 07.03.2004 entnehmen können, dass eine befristete Tätigkeit vorliege. Dies
folge allein aus dem Umstand, dass sie für eine Zeitarbeitsfirma tätig geworden sei. Im Übrigen sei die Sanktionsfolge
des § 140 SGB III verfassungswidrig.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15.07.2004 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück und führte
aus, bei der Abmeldung in Arbeit am 08.03.2004 zu A mit Veränderungsanzeige, eingegangen bei der AA am
05.03.2004 im Hausbriefkasten, sei die Befristung nicht angegeben worden. Das dafür vorgesehene Datenfeld "bei
befristeter Tätigkeit bis ..." enthalte keine Eintragung. Eine Datenübernahme in die EDV sei daher auch nicht möglich
gewesen. Die Vermittlungsbemühungen der AA seien daher eingestellt worden, da von einer unbefristeten
Beschäftigung ausgegangen worden sei. Auch die Tatsache, dass das Beschäftigungsverhältnis mehrfach verlängert
und eine weitere Verlängerung in Aussicht gestellt worden sei, sei kein Grund gewesen, von einer
Arbeitssuchendmeldung abzusehen. Gerade wegen der kurzfristig verlängerten und nur für kurze Dauer befristeten
Beschäftigungen habe die Klägerin immer davon ausgehen müssen, dass Arbeitslosigkeit drohe und die
Arbeitssuchendmeldung für die rechtzeitige Einleitung von Vermittlungsbemühungen notwendig sei.
Gegen die genannten Bescheide hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Augsburg - SG - erhoben und ausgeführt,
aufgrund der Gespräche mit A sei sie fest davon ausgegangen, dass nach dem Ende der Befristung weitere
Tätigkeiten vermittelt würden, da ernsthafte Verhandlungen hierüber geführt worden seien. So sei die ursprüngliche
Befristung aufgrund dieser Verhandlungen mit Ergänzungen einmal bis 12.04.2004, ein weiteres Mal bis 16.04.2004
verlängert worden. Gemäß § 37b Satz 2 habe im Falle eines befristeten Arbeitsverhältnisses die Meldung frühestens
drei Monate vor dessen Beendigung zu erfolgen. Die Norm sei vorliegend zu ihren Gunsten dahingehend auszulegen,
dass eine Meldung eben frühestens drei Monate vorher zu erfolgen habe, das Gesetz also so auszulegen sei, dass
früher als drei Monate vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses definitiv keine Meldung erfolgen müsse. Im Übrigen
wurde im Wesentlichen das Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt.
Mit Bescheid vom 30.03.2006 hat die Beklagte die Entscheidung über die Minderung des Arbeitslosengeldes
dahingehend abgeändert, dass die Meldung um 27 Tage zu spät erfolgt sei. Der An-spruch mindere sich um 35 EUR
für jeden Tag der verspäteten Meldung, längstens jedoch für 30 Tage. Im Fall der Klägerin errechne sich ein
Minderungsbetrag in Höhe von insgesamt 945,00 EUR.
Mit Urteil vom 17. August 2006 hat das SG die Klage abgewiesen und ausgeführt, die Klägerin hätte sich spätestens
am 09.03.2004 arbeitssuchend melden müssen. Der Klägerin könne ein Fahrlässigkeitsvorwurf gemacht werden. Sie
hätte aufgrund der Hinweise im Aufhebungsbescheid vom März 2004 wissen müssen, dass sie die Verpflichtung
habe, sich unverzüglich bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend zu melden. Auf diese Pflicht sei sie auch im
Merkblatt 1 für Arbeitslose hingewiesen worden, das ihr anlässlich der Antragstellung vom 19.11.2003 ausgehändigt
worden sei. Eine Mitteilung der Befristung am 01.04.2004 sei anhand des Inhalts der Leistungsakte nicht
nachvollziehbar. Eine persönliche Arbeitslosmeldung an diesem oder an einem späteren Tag vor dem 09.03.2004 sei
nicht vermerkt. Nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast gehe dies zu Lasten der Klägerin.
Dagegen hat die Klägerin Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt und ausgeführt, es werde
bestritten, dass entsprechende Hinweise in einem Aufhebungsbescheid vom März 2004 vorgelegen hätten. Die
Beklagte möge diesen Bescheid in vollständiger Fassung vorlegen, ebenso wie die entsprechende Passage des
Merkblattes 1 für Arbeitslose, das ihr am 19.11.2003 ausgehändigt worden sein soll.
In der mündlichen Verhandlung vom 25.05.2007 wurde die ehemalige Mitarbeiterin der Fa. A, Frau M. S. (S), als
Zeugin vernommen und die Klägerin selbst befragt.
Die Klägerin beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 17.08.2006 sowie
der Bescheide vom 03.06.2004 und 04.06.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Juli 2004 sowie
Aufhebung des Bescheides vom 30.03.2006 zu verurteilen, der Klägerin ungemindertes Arbeitslosengeld ab
17.04.2004 zu zahlen, hilfsweise die Zeugin Frau F. zu hören zu dem Termin der Zusage der Fortsetzung des
Arbeitsverhältnisses durch die Firma A ...
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird zur Ergänzung des Sachverhalts auf den Inhalt der Akten der Beklagten sowie
beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die ohne Zulassung (§ 144 Abs.1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) statthafte Berufung ist form- und fristgerecht
eingelegt (§§ 143, 151, 153 Abs.1, 87 Abs.1 Satz 2 SGG). Ein Ausschließungsgrund (§ 144 SGG) liegt nicht vor; der
Beschwerdewert überschreitet mit 945,00 Euro den relevanten Betrag von 500,00 Euro. Die Klägerin hat ihr Begehren
in zutreffender Weise mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 SGG) nach vorheriger
Durchführung eines Vorverfahrens verfolgt.
Die gegen das klageabweisende Urteil des SG gerichtete Berufung ist begründet, da die streitgegenständlichen
Bescheide rechtswidrig sind; zu Unrecht hat die Beklagte das der Klägerin zustehende Alg gemindert.
Gegenstand des Verfahrens ist die Minderung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld um 945,00 EUR EUR, die durch
Einbehaltung von täglich 12,14 EUR vom 17.04.2004 bis 12.07.2004 vollzogen wurde. Streitgegenstand sind damit die
Bescheide vom 03.06.2004 und vom 04.06.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.07.2004, mit
denen die Minderung festgestellt und auf die Einbehaltung hingewiesen worden ist, sowie der gemäß § 96 des
Sozialgerichtsgesetzes - SGG - zum Verfahrensgegenstand gewordene Änderungsbescheid vom 30.03.2006, mit dem
der Minde-rungsbetrag von 1.050,00 Euro auf 945,00 Euro herabgesetzt worden ist. Dabei handelt es sich um eine
rechtliche Einheit im Sinne einer einheitlichen Verfügung über die Minderung des Alg-Anspruchs (vgl. hierzu Urteil des
BSG vom 18. August 2005 - B 7a AL 4/05 R und vom 20.10.2005, B 7a AL 50/05 R).
Die angegriffenen Bescheide sind rechtswidrig. Die Beklagte stützt ihre Entscheidung auf die §§ 37b, 140 SGB III
i.d.F. des Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes vom 23.12.2002 - BGBl. I 4607, Erstes Gesetz für moderne Dienstleistungen am
Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002, BGBl I 4607 (mWv 1.7.2003), mit denen vom Gesetzgeber weitere
Obliegenheiten im Versicherungsverhältnis der Arbeitslosenversicherung mit entsprechenden Sanktionsmöglichkeiten
eingeführt worden sind. Die Voraussetzungen dieser Vorschriften sind jedoch im vorliegenden Fall nicht erfüllt.
Die Klägerin hat zwar die sich aus § 37b SGB III ergebende Obliegenheit verletzt, dabei aber nicht schuldhaft
gehandelt.
Nach der vorliegend geltenden Fassung der §§ 37b, 140 SGB III sind Personen, deren Versicherungspflichtverhältnis
endet, verpflichtet, sich unverzüglich nach Kenntnis des Beendigungszeit-punkts persönlich bei der Agentur für Arbeit
arbeitsuchend zu melden. Nach § 37 b Satz 2 SGB III hatte die Meldung im Falle eines befristeten
Arbeitsverhältnisses frühestens drei Monate vor dessen Beendigung zu erfolgen. Die durch das Fünfte Gesetz zur
Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 22. Dezember 2005 erfolgten Änderungen
von § 37b Abs. 1 SGB III gelten bei der Klägerin noch nicht. Die Folgen einer Pflichtverletzung waren im Rahmen der
hier geltenden Fassung des SGB III (Fassung aufgrund des ersten Gesetz für moderne Dienstleistungen am
Arbeitsmarkt) in § 140 SGB III (abgeändert nach dem Dritten Arbeitsmarktreformgesetz hinsichtlich der Beträge)
geregelt. Danach minderte sich das Arbeitslosengeld, das dem Arbeitslosen auf Grund des Anspruchs zusteht, der
nach der Pflichtverletzung entstanden ist, wenn sich der Arbeitslose nicht unverzüglich arbeitsuchend gemeldet hatte,
und zwar bei einem Bemessungsentgelt bis zu 700,00 Euro um 35,00 Euro für jeden Tag der verspäteten Meldung (§
140 SGB III Satz 2 Nr.2), höchstens um einen Betrag, der sich bei einer Verspätung von 30 Tagen errechnet.
Dieses Gesamtkonzept der §§ 37b, 140 SGB III in der hier maßgeblichen Fassung hält der Senat für mit der
Verfassung vereinbar. Zwar ist der vom Kläger erworbene Anspruch auf Arbeitslosengeld wie Eigentum geschützt. Mit
den angesprochenen Regelungen erfolgten aber zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmungen, die insbesondere
dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen. Der Eingriff geschah etwa in einer Größenordnung wie bei der
Feststellung einer Sperrzeit über vier Wochen, wie es bei diversen Tatbeständen des § 144 SGB III in
verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise auch der Fall ist. Die Minderung des Anspruchs war auch von
einem legitimen Zweck getragen, nämlich der Begrenzung des Risikofalles, soweit er eine Mitwirkung des
Versicherten erfordert. Insoweit handelte sich auch um ein geeignetes Mittel zur Risikosteuerung (vgl. zur
Verfassungsmäßigkeit der §§ 37b, 140 SGB III, Urteil des BSG vom 20.10.2005, B 7a AL 50/05 R juris Rn 14 ff).
Die Obliegenheit des § 37 b SGB III gilt auch für befristete Arbeitsverhältnisse. Vorliegend ist ein solches befristetes
Arbeitsverhältnis gegeben. Dies ergibt sich in eindeutiger Weise aus dem zwischen der Klägerin und A
abgeschlossenen Arbeitsvertrag und ist trotz der widersprüchlichen Angaben in der Arbeitsbescheinigung zwischen
den Beteiligten unstreitig. Auch bei Arbeitsverhältnissen, die - wie das vorliegende - von vornherein für eine befristete
Dauer von weniger als 3 Monaten abgeschlossen sind, entfällt die Pflicht zur frühzeitigen Arbeitssuchendmeldung
nicht gänzlich, sondern es gilt § 37 b Satz 1 SGB III (vgl. Urteil des BSG vom 20.10.2005, B 7a AL 50/05 R und vom
20.10.2005, B 7a AL 28/05 R). Der Rechtsnatur nach handelt es sich bei der Meldeverpflichtung um eine Obliegenheit
im Sozialversicherungsverhältnis zwischen dem Leistungsempfänger und der Bundesagentur. Bei unbefristeten
Arbeitsverhältnissen liegt der Zeitpunkt, zu dem die Obliegenheit einsetzt, in Abhängigkeit von den konkreten
Kündigungsfristen bis zu sieben Monate (vgl § 622 BGB) vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Aus der
Privilegierung der befristeten Arbeitsverhältnisse (hierzu Spellbrink in Eicher/Schlegel, SGB III, § 37b RdNr 57, Stand
Juni 2003) kann im Umkehrschluss nicht gefolgert werden, dass bei Arbeitsverhältnissen wie dem vorliegenden, die
von vornherein für eine befristete Dauer von weniger als drei Monaten abgeschlossen sind, die Pflicht zur frühzeitigen
Arbeitsuchendmeldung gemäß § 37 b SGB III gänzlich entfallen solle (hierzu Urteil des BSG vom 20. Oktober 2005, B
7a AL 28/05 R). Vielmehr gilt für solche von vornherein für einen Zeitraum unter drei Monaten befristete
Arbeitsverhältnisse, wie oben bereits ausgeführt, § 37 b Satz 1 SGB III. Der Arbeitnehmer hat sich mithin
unverzüglich nach Kenntnis des Beendigungszeitpunkts persönlich arbeitsuchend zu melden. Da er bei Abschluss
eines solchen befristeten Arbeitsverhältnisses auch schon dessen Ende kennt, fällt die Pflicht nach § 37 b SGB III
hier mit dem Abschluss eines befristeten Arbeitsverhältnisses von unter drei Monaten zusammen (im Ergebnis
ebenso: Brand aaO, RdNr 16; Coseriu/Jakob, aaO, RdNr 12; vgl. im Einzelnen Urteil des BSG vom 20.10.2005, B 7a
AL 50/05 R juris Rn 16). Trotz des insofern unglücklichen Wortlauts des § 37 b SGB III (dazu BSG a.a.O.) bestand
mithin auch im vorliegenden Fall, in dem das Arbeitsverhältnis von vorneherein nur 16 Tage und auch nach
zweimaliger Verlängerung weniger als sechs Wochen dauern sollte, eine Obliegenheit zur frühzeitigen
Arbeitsuchendmeldung.
Eine objektive Obliegenheitsverletzung im Sinne der Verspätungen liegt angesichts einer Anzeige der Klägerin selbst
von der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses zum 24.03.2004 erst am 19.04.2004 vor, und zwar unabhängig davon,
ob man die Meldeverpflichtung bereits mit dem ersten Vertragsabschluss am 08.03.2004 bzw. der vorangegangenen
ersten Verlängerung vom 05.03.2004 oder erst mit der letzten Verlängerung vom 02.04.2004 (vgl. Urteil des
erkennenden Senats vom 27.02.2007, Az.: L 8 AL 210/06) ansieht. In diesem (objektiven) Zusammenhang muss sich
die Beklagte selbst auch an ihren im internet veröffentlichten Richtlinien zur Meldeobliegenheit für Arbeitsverhältnisse
festhalten lassen. Dort wird der Fall einer ohne Sanktionen hinzunehmenden Unterlassung der Meldung angesprochen,
wenn schon nahtlos die nächste Verlängerung ansteht. Denn es heißt unter Nummer 7 des Leitfadens, dass keine
Meldepflicht aus einem ersten Versicherungspflichtverhältnis besteht, wenn zeitlich nahtlos zur Beendigung des
ersten ein zweites Versicherungspflichtverhältnis eingegangen wird. Danach läge dann die objektive
Obliegenheitsverletzung tatsächlich erst in der Folgezeit nach dem 02.04.2004 vor. Die Behauptung der Klägerin in
ihrer ersten Einlassung, sofort Anzeige von der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses gemacht zu haben, hat
sich nicht beweisen lassen. Es findet sich in den gesamten Aktenvorgängen der Beklagten nichts darüber, sonstige
Beweismittel dazu gibt es nicht.
Die Klägerin hat diese Obliegenheitsverletzung aber subjektiv nicht zu vertreten.
Die Minderung des Alg wegen einer Verletzung dieser grundsätzlich auch für befristete Arbeitsverhältnisse
bestehenden Obliegenheit des § 37b Satz 1 SGB III setzt nach der Rechtsprechung des
Bundessozialgerichtsgesetzes, der sich der Senat anschließt, auf Seiten des Versicherten ein Verschulden nach
einem subjektiven Fahrlässigkeitsmaßstab voraus (vgl. Urteile des BSG vom 20.10.2005, B 7a AL 50/05 R und vom
25.5.2005, B 11a/11 AL 81/04 R und vom 18.8.2005, B 7a AL 4/05 R, B 7a/7 AL 94/04 R und B 7a/7 AL 80/04 R).
Dies ergibt sich letztlich aus der Rechtsnatur dieser besonderen Nebenpflicht aus dem Sozialversicherungsverhältnis.
Wie im allgemeinen gesetzlich geregelten Tatbestand der Mitwirkungsverpflichtungen (vgl. §§ 60 ff. SGB I) darf die
Sanktion nur nach einem vorwerfbaren, vertretbaren Verhalten des Mitwirkungspflichtigen erfolgen. Bei § 140 SGB III
kommt dies zum Ausdruck in der Beschreibung der Obliegenheitsverletzung, wonach die Sanktion erfolgt, wenn sich
der Arbeitslose nicht unverzüglich arbeitsuchend gemeldet hatte. Auch unter Rückgriff auf entsprechende
Rechtsfiguren im Schuldrecht (§ 121 Abs 1 Satz 1 BGB) ist ein Verstoß gegen die Obliegenheit, sich arbeitsuchend
zu melden, nur dann zu verneinen, wenn der Arbeitslose unter Berücksichtigung seiner individuellen Kenntnisse und
Fähigkeiten ohne schuldhaftes Zögern gehandelt hat. Die unverschuldete Unkenntnis von der Obliegenheit führt
demnach nicht zur Minderung des Arbeitslosengeldes.
Dabei hatte die Klägerin zwar Kenntnis von den die Obliegenheit begründenden Umständen, von der
Meldeverpflichtung als solcher, von der Befristung des Arbeitsvertrages und vom Zeitpunkt des Vertragsendes. Ihre
daraus gezogene Schlussfolgerung, sich nicht melden zu müssen, hat sie aber nicht im Sinne einer wenigstens
leichten Fahrlässigkeit zu vertreten. Sie befand sich vielmehr in ihrem speziell gelagerten Fall in einem Irrtum über die
Meldeverpflichtungen, den sie nicht in Beziehung setzen konnte zum Regelfall der Meldeverpflichtung bei befristeten
Arbeitsverhältnissen. Nach Ansicht des Senats konnte es der Klägerin nach ihrem individuellen Einsichtsvermögen
nicht vorgeworfen werden, dass sie sich nicht unmittelbar nach dem Zeitpunkt der Kenntnis über die Beendigung des
Versicherungspflichtverhältnisses bei der zuständigen Agentur für Arbeit gemeldet hat. Dies verhinderten sowohl der
unglücklich gefasste Wortlaut der Vorschrift ("frühestens") wie auch die verwirrenden Umstände einer zweimaligen
Befristung bei einem ohnehin nur kurz gefassten Vertragsverhältnis und einer ersten Verlängerung schon vor
Abschluss des eigentlichen Zeitvertrages. Bei einem solchen Sachverhalt konnte bei der Klägerin zu Recht der Irrtum
aufkommen, nicht eher handeln zu müssen, als dass das gesamte Vertragsverhältnis ohnehin beendet sei.
So steht zwar aufgrund der Befragung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung fest, dass sie objektiv von allen die
Obliegenheit betreffenden Umständen Kenntnis erlangt hatte. Die Klägerin hat aber beim Senat auch glaubhaft den
Eindruck erzeugt, dass sie angesichts der dargestellten komplizierten und komplexen Situation und fehlender
spezieller Rechtskenntnisse in der Arbeitslosenversicherung nicht mehr recht wusste, wie sie sich verhalten sollte.
Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Klägerin sonst im kaufmännischen Bereich und in ihrem speziellen
Berufsbild des Steuerrechts eine fundierte Ausbildung und eine hinreichende Berufspraxis hatte. Allein daraus lässt
sich nicht zwingend der Schluss ziehen, dass bereits ein praktisches Handlungswissen im hier einschlägigen
Sozialrechtsbereich gegeben war. Vielmehr war das Wissen der Klägerin von der ab 01.07.2003 geltenden Rechtslage
weitgehend theoretisch, ohne es praktisch richtig umsetzen zu können. So hat die Klägerin zwar ausgeführt, in
öffentlichen Verlautbarungen von den Änderungen des Gesetzes über die Meldepflicht von Arbeitsuchenden gehört zu
haben. Es zeigte sich aber dann, dass die Klägerin die Veränderungsmitteilung nicht vollständig ausgefüllt hatte.
Denn sie konnte mit der gestellten Frage angesichts ihrer in zeitlicher Hinsicht ungewissen Vertragssituation nichts
anfangen. Bei ihrem vorangegangenen Arbeitsverhältnis vom 04.12.2000 bis 31.12.2003, das unbefristet war, hat sich
die Klägerin hingegen nach der Kündigung rechtzeitig bei der Beklagten gemeldet. Die im Zusammenhang mit der
Arbeitsaufnahme bei A ergangene Aufhebungsentscheidung enthielt in ihren Hinweisen auch keinen Beitrag zur
Verdeutlichung des richtigen Verhaltens der Klägerin in ihrer konkreten Situation, wenn es dort heißt: Stehen sie in
einem befristeten Arbeitsverhältnis, müssen Sie sich drei Monate vor dessen Beendigung arbeitssuchend melden.
Denn einer solchen Verpflichtung konnte die Klägerin unmöglich nachkommen, weil sie zunächst überhaupt keine drei
Monate beschäftigt werden sollte und auch nicht beschäftigt war.
Darüberhinaus sprechen die arbeitsvertraglichen Vereinbarungen gegen ein Verschulden bezüglich der hier zu
beurteilenden Obliegenheitsverletzung: Durch A wurden keine Erläuterungen im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 2 SGB III
erteilt, wie die Vernehmung der Zeugin S ergab. Die Klägerin war über das vertraglich zunächst festgelegte Ende des
Arbeitverhältnisses hinaus beschäftigt worden; es liegen zwei Verlängerungen der Befristung vor (Beschäftigung vom
08.03.2004 bis 24.03.2004; 1. Verlängerung bis 02.04.2004; 2. Verlängerung bis 16.04.2004). Den Verlängerungen
lagen jeweils schriftliche Ergänzungen zum Arbeitsvertrag zugrunde, wobei die erste Ergänzungsvereinbarung vom
05.03.2004 datiert und damit bereits vor Beginn der Tätigkeit vereinbart war.
Der Klägerin kann in dieser Situation auch nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass sie sich nicht persönlich nach
dem richtigen Verhalten bei der Arbeitsverwaltung erkundigt hat. Die Umstände von Vorsprachen/Beratungen bei der
Beklagten am 26.02.2004, 02.03.2004, 08.03.2004 und 21.04.2004 sind ebenso wenig bekannt wie die des Antrags
vom 25.03.2004 auf Übernahme von Bewerbungskosten. Auch eine weitere Vorsprache der Klägerin - wie von ihr
behauptet ca. am 01.04.2004 - ist nicht dokumentiert. Damit kann weder festgestellt werden, dass die Klägerin
anlässlich einer Beratung durch die Beklagte in einem offensichtlichen Irrtum bezüglich der Meldeobliegenheit
belassen wurde noch dass das Thema der Meldeverpflichtung im Sinne einer Aufklärungsverpflichtung der Beklagten
überhaupt zur Sprache gekommen ist. Fest steht lediglich, dass die Veränderungsmitteilung am 05.03.2004 in den
Hausbriefkasten des Arbeitsamtes A. gelangt ist, woraufhin, wie der Beklagtenvertreter in der mündlichen
Verhandlung hingewiesen hat, ein Aufhebungsbescheid ergangen ist, dessen Erhalt wiederum die Klägerin in der
mündlichen Verhandlung eingeräumt hat. Dieser beinhaltet nach dem übersandten Musterbescheid, an dessen
Identität der Senat keine Zweifel hat, ebenfalls den für den konkreten Fall der KLägerin nicht hinreichend deutlichen
Hinweis, dass man sich drei Monate vor der Beendigung eines befristeten Arbeitsverhältnisses arbeitssuchend
melden müsse und eine verspätete Meldung zu einer Verringerung des zukünftigen Leistungsanspruchs führen könne.
Bei der Prüfung der "subjektiven Vorwerfbarkeit" einer Obliegenheitsverletzung durch einen Versicherten ist bei
alledem angemessen zu dessen Gunsten zu berücksichtigen, dass die Norm des § 37b Satz 2 SGB III von den
Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit unterschiedlich ausgelegt worden ist und teilweise die Meinung vertreten wurde, §
37b Satz 2 SGB III sei so verworren und unklar, dass eine eindeutige Obliegenheit aus dieser Norm nicht abgeleitet
werden könne (vgl. Urteile des BSG vom 20.10.2005, B 7a AL 50/05 R juris Rn 18 und vom 20.10.2005, B 7a AL
28/05 R).
In diesem hier besonders gelagerten Einzelfall geht der Senat daher unter Beibehaltung seiner bisherigen
Rechtsprechung (vgl. das Urteil des erkennenden Senats vom 27.02.2007, Az.: L 8 AL 210/06) davon aus, dass die
Klägerin die Verletzung der ihr bekannten Obliegenheit nicht zu vertreten hat. Angesichts der nur noch kurzen Zeit
vom 02.04.2004 bis zur ohnehin anstehenden Arbeitslosmeldung am 19.04.2004 hat es der Senat für vertretbar
gehalten, dass die Klägerin sich nicht mehr in der Zwischenzeit persönlich beim Arbeitsamt erkundigt hat, ob sie sich
nunmehr jetzt schon arbeitslos melden müsse oder nicht. Keine Rolle bei dieser Einschätzung spielt es dabei, dass
die Klägerin unter Umständen auch fest mit der Wiedereinstellung bei ihrem bisherigen Arbeitgeber rechnete (Urteil
des BSG vom 18.08.2005, B 7a/7 AL 80/04 R). Im Übrigen lässt sich nicht feststellen, dass die Klägerin deswegen
von einer rechtzeitigen Meldung abgesehen hat. Vielmehr spricht die rechtzeitige Arbeitsuchendmeldung im
Zusammenhang mit der Beendigung des vorhergehenden Arbeitsverhältnisses dafür, dass sich die Klägerin
hinsichtlich der Obliegenheit zur Meldung bezüglich des Arbeitsverhältnisses bei A in einem unverschuldeten Irrtum
befand.
Aus den genannten Gründen kann der Klägerin wegen des Unterlassens der Arbeitsuchendmeldung im Sinne des § 37
b SGB III kein Fahrlässigkeitsvorwurf gemacht werden. Sie hat ihre Obliegen-heit zur Meldung nicht schuldhaft
verletzt. Daher hat die Beklagte zu Unrecht von den Sanktionsmöglichkeiten des § 140 SGB III Gebrauch gemacht.
Aufgrund des Obsiegens der Klägerin war die Beklagte zur entsprechenden Erstattung der außergerichtlichen Kosten
der Klägerin zu verpflichten, § 193 SGG.
Gründe zur Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).