Urteil des LSG Bayern vom 25.06.2008

LSG Bayern: abkommen über soziale sicherheit, kroatien, völkerrechtlicher vertrag, republik, aufenthalt, versicherungspflicht, bestandteil, rente, haus, klagebegehren

Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 25.06.2008 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Landshut S 12 R 347/07 A
Bayerisches Landessozialgericht L 1 R 802/07
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 20. April 2007 wird zurückgewiesen. II.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist ein Anspruch des Klägers auf Erstattung der Arbeitnehmeranteile der für ihn zur deutschen gesetzlichen
Rentenversicherung entrichteten Beiträge in Höhe von 679,03 EUR.
Auf Antrag des 1950 geborenen Klägers stellte die Beklagte mit Bescheid vom 28. Juni 2006 nach § 149 Abs. 5 des
Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) die in Deutschland zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten fest.
Danach hat der Kläger in der deutschen Rentenversicherung zwischen August 1969 und Februar 1972 insgesamt 18
Kalendermonate Pflichtbeitragszeit zurückgelegt.
Am 4. Januar 2007 beantragte der Kläger eine Beitragserstattung für die von der Beklagten festgestellten
Versicherungszeiten, weil er mit 18 Kalendermonaten Versicherungszeit keinen An-spruch auf monatliche Rente habe.
Er sei kroatischer Staatsangehöriger und habe sein Haus und Land in Kroatien.
Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 8. Januar 2007 ab. Zwar sei der Kläger mit weniger als 60
Kalendermonaten Versicherungszeit nicht zur freiwilligen Versicherung in der deutschen Rentenversicherung
berechtigt, doch könne er nach Ziff. 2 Buchst. c des Schlussprotokolls zum deutsch-kroatischen Abkommen über
Soziale Sicherheit vom 24. November 1997 (BGBl. II 1998, S. 2034, in Kraft seit 1. Dezember 1998, BGBl. II 1999, S.
25) - DKSVA - als kroatischer Staatsangehöriger mit gewöhnlichem Aufenthalt in der Republik Kroatien dennoch keine
Beitragserstattung verlangen.
Dagegen erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, wenn er keinen Anspruch auf monatliche Rente habe und
nicht zur freiwilligen Versicherung berechtigt sei, müssten seine Versi-cherungszeiten erstattet werden. Die Beklagte
wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 9. Februar 2007 zurück. Versicherte hätten nach § 210 Abs. 1
Nr. 1 SGB VI einen Anspruch auf Beitragserstattung, wenn sie nicht versicherungspflichtig seien und nicht das Recht
zur freiwilligen Versicherung hätten. Zwar stünden nach Art. 4 Abs. 1 DKSVA die in Art. 3 Nr. 1 und 2 DKSVA
genannten Personen, zu denen auch kroatische Staatsangehörige gehörten, während des gewöhnlichen Aufenthalts in
der Bundesrepublik Deutschland oder der Republik Kroatien bei Anwendung der Rechtsvorschriften eines
Vertragsstaates dessen Staatsangehörigen gleich. Hieraus sei jedoch ein allgemeines Recht zur freiwilligen
Versicherung in der deutschen Rentenversicherung nicht zu entnehmen, denn dieses Recht sei in Ziff. 2 Buchst. c S.
1 bis 3 des Schlussprotokolls zum DKSVA, das nach Art. 43 DKSVA Bestandteil dieses Abkommen sei, geregelt.
Danach sei für kroatische Staatsangehörige, die sich gewöhnlich außerhalb des Hoheitsgebiets der Bundesrepublik
Deutschland aufhielten, das Recht zur freiwilligen Versicherung in der deutschen Rentenversicherung von besonderen
Voraussetzungen abhängig. Ob diese Voraussetzungen im Fall des Klägers erfüllt seien, könne dahinstehen. Ziff. 2
Buchst. c S. 4 des Schlussprotokolls bestimme nämlich, dass kroatische Staatsangehörige, die sich gewöhnlich im
Hoheitsgebiet der Republik Kroatien aufhielten, eine Erstattung der Beiträge nicht deshalb verlangen könnten, weil sie
nicht zur freiwilligen Versicherung in der deutschen Rentenversicherung berechtigt seien. Dies habe zum Ergebnis,
dass jeder kroatische Staatsangehörige bei gewöhnlichem Aufenthalt in Kroatien unabhängig davon, ob im konkreten
Fall das Recht zur freiwilligen Versicherung in der deutschen Rentenversicherung bestehe oder nicht, von der
Möglichkeit zur Beitragserstattung nach § 210 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI ausgeschlossen sei.
Dagegen hat der Kläger Klage beim Sozialgericht Landshut erhoben und weiterhin einen Anspruch auf
Beitragserstattung geltend gemacht. Er sei kroatischer Staatsangehöriger und habe nicht nur seinen gewöhnlichen
Aufenthalt, sondern seinen Wohnsitz in Kroatien. Weil er kein Recht zur freiwilligen Versicherung in Deutschland
habe, seien ihm die Beiträge zur deutschen Rentenversicherung zu erstatten. Das Sozialgericht hat die Klage mit
Urteil vom 20. April 2007 unter Bezugnahme auf die Gründe des Bescheides vom 8. Januar 2007 und des
Widerspruchsbescheides vom 9. Februar 2007 abgewiesen.
Zur Begründung der Berufung hat der Kläger erneut vorgebracht, er habe als kroatischer Staatsbürger kein Recht zur
freiwilligen Versicherung in der deutschen Rentenversicherung. Ihm stehe deshalb ein Anspruch auf
Beitragserstattung zu.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 20. April 2007 und den Bescheid vom 8. Januar 2007 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 9. Februar 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm die
Arbeitnehmeranteile der für ihn zur deutschen Rentenversicherung in der Zeit von August 1969 bis Februar 1972
entrichteten Beiträge zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat die Akten des Sozialgerichts und der Beklagten beigezogen. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf
den Inhalt der beigezogenen Akten und der Berufungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), aber nicht
begründet.
Der Senat konnte in Abwesenheit des Klägers entscheiden, da dieser ordnungsgemäß geladen war und in der Ladung
auf die Möglichkeit der Entscheidung auch im Falle des Ausbleibens hinge-wiesen wurde (§§ 110, 126, 132 SGG).
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 8. Januar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9.
Februar 2007, mit dem es die Beklagte abgelehnt hat, dem Kläger die Arbeitnehmeranteile der für die Zeit von August
1969 bis Februar 1972 für ihn zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung entrichteten Beiträge zu erstatten. Das
Sozialgericht hat die dagegen erhobene Klage mit Urteil vom 20. April 2007 zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat
keinen Anspruch auf Beitragserstattung nach § 210 SGB VI.
Gemäß Art. 4 Abs. 1 DKSVA stehen die vom persönlichen Geltungsbereich des Abkommens unmittelbar oder
mittelbar erfassten Personen im Sinne des Art. 3 DKSVA, die sich im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates
(Bundesrepublik Deutschland oder Republik Kroatien) gewöhnlich aufhalten, bei Anwendung der Rechtsvorschriften
eines Vertragsstaates dessen Staatsangehörigen gleich. Zu den Personen, die vom Abkommen unmittelbar erfasst
werden, gehören gemäß Art. 3 Abs. 1 Buchst. a DKSVA u.a. die Staatsangehörigen beider Vertragsstaaten. Auf den
Kläger, der als kroatischer Staatsbürger (Art. 1 Abs. 1 Nr. 2 DKSVA) mit (Wohnsitz und) gewöhnlichem Aufenthalt im
Hoheitsgebiet der Republik Kroatien (Art. 1 Abs. 1 Nr. 1 DKSVA) die Voraussetzungen des Art. 4 Abs. 1 i.V.m. Art. 3
Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a DKSVA erfüllt, finden daher die Vorschriften des SGB VI grundsätzlich Anwendung.
Gemäß dem allein in Betracht kommenden § 210 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI werden Versicherten, die nicht
versicherungspflichtig sind und nicht das Recht zur freiwilligen Versicherung haben, auf Antrag die zur deutschen
gesetzlichen Rentenversicherung entrichteten Beiträge erstattet. Beiträge werden nur erstattet, wenn seit dem
Ausscheiden aus der Versicherungspflicht 24 Kalendermonate abgelaufen sind und nicht erneut Versicherungspflicht
eingetreten ist (§ 210 Abs. 2 SGB VI). Sie werden in der Höhe erstattet, in der die Versicherten sie getragen haben (§
210 Abs. 3 S. 1 SGB VI), bei Pflichtbeiträgen aufgrund einer abhängigen Beschäftigung also nur in Höhe des
Arbeitnehmeranteils.
Ob die Voraussetzungen des § 210 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 SGB VI beim Kläger vorliegen, kann hier dahinstehen. Die
Vertragsstaaten haben im Schlussprotokoll zum DKSVA, das gemäß Art. 43 DKSVA Bestandteil des Abkommens
ist, unter Ziff. 2 Buchst. c zu Art. 4 DKSVA vereinbart, dass kroatische Staatsangehörige, die sich gewöhnlich
außerhalb des Hoheitsgebietes der Bundesrepublik Deutschland aufhalten, zur freiwilligen Versicherung in der
deutschen Rentenversicherung vorbehaltlich günstigerer innerstaatlicher Rechtsvorschriften (nur) berechtigt sind,
wenn sie zu dieser für mindestens 60 Monate Beiträge wirksam entrichtet haben (S. 1). Kroatische Staatsangehörige,
die sich gewöhnlich im Hoheitsgebiet der Republik Kroatien aufhalten, können eine Erstattung der Beiträge zur
deutschen Rentenversicherung aber nicht deshalb verlangen, weil sie nicht zur freiwilligen Versicherung in der
deutschen Rentenversicherung berechtigt sind (S. 4). Zu diesem Personenkreis der Ziff. 2 Buchst. c S. 4 des
Schlussprotokolls zum DKSVA gehört der Kläger, so dass er unabhängig von der Frage, ob er die weiteren
Voraussetzungen für eine Beitragserstattung nach § 210 SGB VI erfüllt, gerade wegen der nach nach Ziff. 2 Buchst. c
S. 1 des Schlussprotokolls zum DKSVA fehlenden Berechtigung zur freiwilligen Versicherung in der deutschen
gesetzlichen Rentenversicherung keine Erstattung der hierzu entrichteten Beiträge verlangen kann.
Das DKSVA ist als völkerrechtlicher Vertrag bindend, so dass die Beklagte eine Beitragserstattung zu Recht
abgelehnt hat.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG. Sie beruht auf der Erwägung, dass der Kläger mit seinem
Klagebegehren auch im Berufungsverfahren erfolglos geblieben ist.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG), liegen nicht vor.