Urteil des LSG Bayern vom 18.07.2006

LSG Bayern: berufungsfrist, fahrtkosten, einzelrichter, zustellung, unverzüglich, berufungsschrift, einverständnis, ergänzung, herausgabe, freibetrag

Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 18.07.2006 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Nürnberg S 5 AS 502/05
Bayerisches Landessozialgericht L 11 AS 120/06
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 21.02.2006 wird verworfen. II.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Erstattung von Fahrtkosten und Heizkosten sowie die Herausgabe vollständiger Unterlagen.
Der 1960 geborene Kläger hat am 02.11.2005 gegen den Bescheid vom 12.08.2005 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheids vom 11.10.2005 und gegen den zum Gegenstand des Klageverfahrens gewordenen
Änderungsbescheid vom 14.10.2005 Klage zum Sozialgericht Nürnberg erhoben. Mit diesen Bescheiden sind ihm
Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Alg II) für die Zeit vom 01.09.2005 bis 31.01.2006 bewilligt worden.
Der Kläger hat als Begründung seiner Klage vorgetragen, aufgrund der Neuregelung des § 11 Abs 2 Satz 2 Zweites
Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) sei ein Freibetrag in Höhe von 100,- EUR beim anzurechnenden Einkommen seiner
mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Tochter zu berücksichtigen und daher höheres Alg II zu bewilligen. Zudem
seien die tatsächlichen Heizkosten ab 03.02.2005 zu übernehmen.
Mit Urteil vom 21.02.2006 hat das Sozialgericht die Klage gegen den Bescheid vom 12.08.2005 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 11.10.2005 und gegen den Bescheid vom 14.10.2005 abgewiesen. § 11 Abs 2 Satz 2
SGB II sei in der bis 30.09.2005 geltenden Fassung anzuwenden, denn die mit Bescheid vom 12.08.2005 erfolgte
Leistungsbewilligung beziehe sich auch auf die Zeit vor dem 01.10.2005. Weitere konkrete Anträge habe der Kläger
nicht gestellt. Im Übrigen seien nur die genannten Bescheide Gegenstand des Verfahrens geworden. Das Urteil ist
dem Kläger am 24.03.2006 durch Einlegung des Schriftstückes in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten oder eine
ähnliche Vorrichtung zugestellt worden.
Dagegen hat der Kläger am 26.05.2006 Berufung eingelegt. Die zum 22.04.2006 endende Berufungsfrist sei durch den
nicht heilenden Widerspruchsbescheid vom 28.04.2005 der Beklagten auf den 28.05.2005 neu bestimmt.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 21.02.2006 aufzuheben und den Bescheid vom
12.08.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.10.2005 dahingehend abzuändern, dass für zusätzlich
entstandene Fahrtkosten im Zeitraum von September 2005 bis Januar 2006 225,50 EUR erstattet werden und
festzustellen, dass die Beklagte zukünftig alle gesetzlichen Grundlagen der evtl. noch zu erlassenden Bescheide mit
übersendet.
Die Beklagte beantragt, die Berufung als unzulässig zu verwerfen.
Sie hält die Entscheidung des SG zudem für zutreffend.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogene Akte der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und
zweiter Instanz Bezug genommen.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis in die Entscheidung durch den Berichterstattung als Einzelrichter erklärt (§
155 Abs 3 u. 4 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist als unzulässig zu verwerfen. Sie ist nicht innerhalb der Frist gemäß § 151 Abs 1 bzw. Abs 2 SGG
eingelegt worden. Hiernach ist die Berufung beim Bayer. Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung
des Urteiles schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen (§ 151 Abs 1
SGG). Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich
oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht
die Berufungsschrift oder die Niederschrift mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor (§ 151 Abs 2
SGG).
Das Urteil ist dem Kläger laut Postzustellungsurkunde am 24.03.2006 ordnungsgemäß zugestellt worden. Die
Berufungsfrist endete somit am 24.04.2006. Dies war dem Kläger auch bekannt, wie sich aus einem
Berufungsschriftsatz vom 19.05.2006 ergibt. Damit ist die Berufung verspätetet eingelegt worden.
Gründe für eine Wiedereinsetzung sind nicht ersichtlich. Insbesondere ist der Hinweis des Klägers auf den "nicht
heilenden" Widerspruchsbescheid vom 28.04.2005 der Beklagten und die dadurch erfolgte Bestimmung der
Berufungsfrist auf den 28.05.2005 nicht nachvollziehbar. Weitere Gründe für eine Wiedereinsetzung sind nicht
ersichtlich und vom Kläger - auch in der mündlichen Verhandlung - nicht vorgetragen worden. Eine Wiedereinsetzung
gemäß § 67 Abs 1 SGG kommt daher nicht in Betracht.
Nach alledem ist die Berufung des Klägers als verfristet zu verwerfen. Auf die Statthaftigkeit der Berufung mangels
Erreichens des Beschwerdewertes (§ 144 SGG) und auf die Zulässigkeit des erst im Berufungsverfahren erhobenen
Feststellungantrages ist daher nicht mehr einzugehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.