Urteil des LSG Bayern vom 18.03.2009

LSG Bayern: vertretung, zivilprozessordnung, sozialhilfe, unterbringung, sicherungsverwahrung, stadt, beteiligter, beweisführung, vollzug, zugang

Bayerisches Landessozialgericht
Beschluss vom 18.03.2009 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Landshut S 10 SO 84/08 ER
Bayerisches Landessozialgericht L 8 SO 21/09 B ER
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Landshut vom 21.01.2009 wird als unzulässig verworfen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten war vor dem Sozialgericht Landshut die Frage der Übernahme einer Zuzahlung für eine
Nahbrille in Höhe von 35,78 Euro streitig.
Hinsichtlich des Sachverhaltes wird zunächst gemäß § 142 Abs. 2 S. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf die
zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts Landshut (SG) in seinem Beschluss vom 21.01.2009 verwiesen.
Gegen diesen Beschluss hat der Antragsteller am 09.02.2009 Beschwerde beim Bayer. Landessozialgericht (LSG)
erhoben. Zusammenfassend hat er mitgeteilt, er sei schwerbehindert und bekomme weder Sozialhilfe noch
Unterstützung durch das Bezirkskrankenhaus S ... Sein Taschengeld sei "geplündert" worden. Der zuständige
Sozialarbeiter sei untätig. Er benötige ferner orthopädische Schuhe, wende sich gegen die Zustände seiner
Unterbringung, die Richter der Strafvollstreckungskammer sowie die Anstaltsleitung.
Das LSG hat den Antragsteller mit Schreiben vom 18.02.2009 sowie 05.03.2009 zur näheren Begründung aufgefordert
und auf §§ 172 Abs. 3 Nr. 1, 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG hingewiesen.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Landshut vom 21.01.2009 aufzuheben, den Antragsgegner zu verpflichten,
einmalige Leistungen in Höhe von 35,78 Euro zur Bestreitung des Eigenanteils bei der Anschaffung einer Nahbrille
und die Kosten für orthopädische Schuhe zu bewilligen sowie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Herrn
Rechtsanwalt W., D., zu gewähren.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Das LSG hat zur weiteren Aufklärung die Akte des Sozialgerichts Landshut (Az.: S 10 SO 84/08 ER ) beigezogen.
II.
Die Beschwerde ist als unzulässig zu verwerfen (§ 202 SGG i. V. m. § 572 Abs 2 Satz 2 Zivilprozessordnung - ZPO -
).
Die Beschwerde ist gemäß § 172 Abs. 3 Nr 1 i. V. m. § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG in seiner ab 1. April 2008
geltenden Fassung (Artikel 1 Nr. 29 Buchstabe b des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des
Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.März 2008 - BGBl I S. 444) unzulässig.
Nach § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG in der ab 1. April 2008 geltenden Fassung ist die Berufung zulässig, wenn der
Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf
gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 Euro übersteigt. Das gilt nach § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG nicht, wenn die
Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft. Beides ist hier nicht der Fall. Der
Wert des Beschwerdegegenstandes - der sich danach bestimmt, was das SG dem Antragsteller versagt hat - liegt
unter 750,00 Euro.
Soweit der Antragsteller im Beschwerdeverfahren nunmehr auch orthopädische Schuhe beantragt, fehlt dem
Antragsteller ein Rechtsschutzbedürfnis, da beim Antragsgegner bisher kein entsprechender Antrag gestellt wurde.
Ergänzend wird gemäß § 142 Abs. 2 S. 3 SGG auf die Ausführungen im Beschluss des SG verwiesen und
insbesondere darauf hingewiesen, dass für die Frage des Gesundheitsschutzes von Gefangenen im Sinne von Art. 1
Gesetz über den Vollzug der Freiheitsstrafe, der Jugendstrafe und der Sicherungsverwahrung (Bayer.
Strafvollzugsgesetz - BayStVollzG) vom 10. Dezember 2007 ausreichender Gesundheitsschutz über Abschnitt 8 des
vorgenannten Gesetzes gewährleistet wird und daher grundsätzlich wegen des Nachranggrundsatzes gemäß § 2 Abs.
1 Sozialgesetzbuch 12. Buch (SGB XII) Strafgefangene keinen Anspruch auf ergänzende Leistungen der Sozialhilfe
haben. Danach sind medizinische Leistungen beim Ärztlichen Dienst der Justizvollzugsanstalt zu beantragen, der
gegebenenfalls weitere Stellen einzubinden hat.
Soweit sich der Antragsteller gegen das Verhalten der Bediensteten und die Unterbringung in der JVA A-Stadt sowie
der Entscheidungen der Strafvollstreckungskammer wendet, ist die Beschwerde ebenfalls unzulässig, da es sich
insoweit nicht um sozialrechtliche Fragestellungen im Sinne von § 51 Abs. 1 SGG handelt.
III.
Der Antrag auf Prozesskostenhilfe (PKH) ist zulässig (§§ 73a Sozialgerichtsgesetz - SGG - i. V. m. 127 Abs. 1 Satz
1 Zivilprozessordnung - ZPO), aber nicht begründet.
Nach § 73a Abs. 1 SGG ( i. V. m. § 114 ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen
Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag
Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht
mutwillig erscheint. Ist eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben, wird der Partei auf ihren Antrag ein zur
Vertretung bereiter Rechtsanwalt seiner Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung erforderlich erscheint oder der Gegner
durch einen Rechtsanwalt vertreten ist (§ 121 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
Zur Beurteilung der Erfolgsaussichten kommt es auf den Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag an (vgl. Meyer-
Ladewig, Komm. zum SGG, 9. Aufl., Rdnr. 7 b zu § 73 a). Hinreichende Erfolgsaussichten lagen und liegen bei der
gebotenen summarischen Prüfung nicht vor.
Bei der Prüfung der hinreichenden Aussicht auf Erfolg im Rahmen der PKH erfolgt nur eine vorläufige (summarische)
Prüfung. Dabei ist der verfassungsrechtlich gezogene Rahmen (Art. 3 Abs. 1, 20 Abs. 3, 19 Abs. 4 Grundgesetz) zu
beachten. Eine hinreichende Erfolgsaussicht ist anzunehmen, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Klägers
aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar
hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (Meyer-Ladewig, SGG,
Kommentar, 9. Aufl., Rdnr. 7, 7 a zu § 73 a). Deshalb dürfen keine allzu überspannten Anforderungen gestellt werden
(Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 07.04.2000, Az.: 1 BvR 81/00, NJW 2000,1936). Die beabsichtigte
Rechtsverfolgung bietet nach der gebotenen summarischen Prüfung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Dabei ist,
wie sich aus dem auf die Rechtsverfolgung abstellenden Wortlaut und dem Normzweck der §§ 114 Satz 1, 119 Satz 2
ZPO ergibt, entscheidend auf den voraussichtlichen Erfolg in der Sache selbst und nicht auf einen davon losgelösten
Erfolg des Rechtsmittels zu sehen. Prozesskostenhilfe ist deshalb auch nicht zu bewilligen, wenn das materielle
Ergebnis sich in der Berufungsinstanz voraussichtlich nicht ändern wird (vgl. auch BGH, Beschluss vom 28.
September 1993 - III ZA 3/93 - ZIP 1993, 1729). Denn der Zweck der Prozesskostenhilfe, dem Unbemittelten
weitgehend gleichen Zugang zu Gericht wie dem Bemittelten zu gewähren, gebietet lediglich, ihn einem solchen
Bemittelten gleichzustellen, der seine Prozessaussichten vernünftig abwägt und dabei auch das Kostenrisiko
mitberücksichtigt (BVerfGE 81, 347, 356 ff = NJW 1991, 413 f; BVerfG FamRZ 1993, 664, 665).
Nachdem die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen war, konnte dem Antrag auf Prozesskostenhilfe mangels
hinreichender Aussicht auf Erfolg nicht stattgegeben werden.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG. Dieser Beschluss ist nicht mit
der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).