Urteil des LSG Bayern vom 05.06.2003

LSG Bayern: diabetes mellitus, hallux valgus, erwerbsfähigkeit, endogene depression, psychiatrisches gutachten, zumutbare tätigkeit, berufsunfähigkeit, reaktive depression, schreibmaschine

Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 05.06.2003 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Bayreuth S 3 RA 377/98
Bayerisches Landessozialgericht L 14 RA 230/00
Bundessozialgericht B 4 RA 165/03 B
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 6. April 2000 wird zurückgewiesen. II.
Außergrichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig zwischen den Beteiligten ist nur noch ein Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit ab Antragstellung
(Rentenantrag vom 23.05.1997).
Die im Jahre 1943 geborene Klägerin hat nach Hauptschulabschluss von 1958 bis 1973 bei einem Notar als
Angestellte gearbeitet; laut ihren Angaben besuchte sie anfangs noch drei Jahre die Berufsschule (kaufmännische
Abteilung) und soll dort Prüfungen in Deutsch, Schreibmaschine und Stenographie abgelegt haben.
Von 1973 bis 1980 war sie halbtags als Angestellte beim K. als Sekretärin beschäftigt, dann - ebenfalls halbtags - von
1980 bis 1993 bei der Firma L. in K. (PC-Arbeiten, Schreiben von Gesetzestexten).
Vom 01.04.1993 bis 31.12.1995 arbeitete sie als Angestellte bei den Notaren W. /W. , laut Arbeitsamt Bamberg und
Medizinischem Dienst der Krankenkassen Bamberg als angelernte Notariatsangestellte und Schreibkraft. Nach
Auskunft des letzten Arbeitgebers vom 03.05.1999 bestand ihre Tätigkeit von 28 Stunden wöchentlich bei einem
Entgelt von 2.450,- DM im Vorbereiten einfacher Urkunden, Weiterbearbeiten der Akten nach erfolgter Beurkundung
und Schreiben nach Diktat. Schreibarbeiten und Arbeiten am PC seien ab September 1993 angefallen und hätten ca.
50 % der Tätigkeit ausgemacht. Die Klägerin soll bei Anstellung keine Ausbildung/Prüfung nachgewiesen haben und
die erforderliche Qualifikation durch Notariatserfahrung von 1958 bis 1973 und durch Einarbeitung erworben haben. Es
habe sich nicht um eine Tätigkeit gehandelt, für die (so die Anfrage des Sozialgerichts) eine "Lehre" oder ein
"Gesellen-/Facharbeiterbrief" gefordert würden.
Die Kündigung erfolgte vom Arbeitgeber zum 31.12.1995 wegen Arbeitsmangels. Laut Klägerin soll dies unrichtig
gewesen sein, es seien für sie zwei Auszubildende angestellt worden, dies sei billiger gewesen.
Am 23.05.1997 stellte sie bei der Beklagten Antrag auf Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit und gab an, sie
halte sich seit 13.11.1995 mit Arbeitsplatzverlust für berufs- und erwerbsunfähig; hierzu legte sie ein Gutachten des
Medizinischen Dienstes der Krankenkassen Bamberg vom 27.02.1997 (Begutachtungsanlass: Arbeitsunfähigkeit seit
13.11.1995) vor; nach diesem leidet die "53-jährige Notarsschreibkraft" unter einem erheblichen Bluthochdruck, einem
Schulter-Arm-Syndrom, Daumensattelgelenksarthrosen und einer depressiven Verstimmung wegen Kündigung des
Arbeitsverhältnisses und soll in ihrer Erwerbsfähigkeit erheblich gefährdet sein, so dass ein Rehabilitationsantrag
empfohlen wurde.
Die Beklagte holte drei Gutachten ein. Der Internist Dr.H. diagnostizierte ein metabolisches Syndrom (Kombination
von globalen Stoffwechselstörungen einschließlich Diabetes mellitus, Übergewicht und Hypertonie, ohne kardiale oder
respiratorische Insuffizienz), Verschleißerscheinungen des Stütz- und Bewegungsapparates sowie ein depressives
Syndrom. Seiner Ansicht nach konnte die Antragstellerin ihren bisherigen beruflichen Verpflichtungen als
Notariatsangestellte noch genügen, es sollte jedoch ein orthopädisches und neurologisch-psychiatrisches Gutachten
eingeholt werden. In der Abschlussbeurteilung führte Dr.H. im Gegensatz hierzu aus, die Klägerin könne als
Notariatsangestellte halb- bis untervollschichtig tätig sein und im Übrigen noch leichtere Tätigkeiten im Sitzen, in
geschlossenen Räumen sowie entsprechend der geistigen Vorbildung halb- bis unter vollschichtig verrichten
(Gutachten vom 04.12.1997).
Der Neurologe und Psychiater Dr.K. diagnostizierte in seinem Gutachten vom 15.12.1997 eine "lang hingezogene
depressive Phase mit reaktivem Auslöser und ausgeprägtem Kränkungserlebnis auf dem Boden einer anankastischen
Persönlichkeitstruktur" (kompensierte depressive Symptomatik, keine Zeichen einer schwer wiegenden Depression)
sowie "kein Hinweis auf eine endogene Depression und Neigung zur Somatisierung". Hinsichtlich der geistigen
Leistungsfähigkeit bestehe keine Einschränkung. Eine Radicupolopathie aufgrund des Wirbelsäulensyndroms sei nicht
nachweisbar. Die Willensstruktur der Klägerin sei durch die Kränkung (Kündigung) nicht beeinträchtigt. Die Klägerin
sei als Notarsangestellte und Büroangestellte vollschichtig einsetzbar und könne im Übrigen vollschichtig
frauenübliche Tätigkeiten ohne schweres Heben und Tragen, ohne Zwangshaltungen im Wirbelsäulenbereich und
(derzeit) ohne psychomentale Stressfaktoren verrichten.
Dr.A. stellte in seinem Gutachten vom 20.02.1998 an Gesundheitsstörungen fest: Funktionseinschränkung der
rechten Schulter (endgradig eingeschränkte Beweglichkeit in allen Ebenen) bei Tendinosis calcarea (Kalkdepot) und
degenerativen Rotatorenmanschettenveränderungen mit leichter Arthrose im Schultereckgelenk (Nacken- und
Schürzengriff durchführbar), leichte Funktionseinschränkung der Wirbelsäule (endgradig eingeschränkte
Wirbelsäulenbeweglichkeit in allen Ebenen) bei leicht verstärktem Rundrücken mit Verblockung der
Bewegungssegmente der unteren Brustwirbelsäule sowie präsakraler Bandscheibendegeneration, muskuläre
Dysbalance, klinisch kein Anhalt für lumbalspinale Wurzelläsion, leichte Daumensattelgelenksarthrose beidseits,
Übergewicht, leichtgradige Krampfadern, Spreizfuß mit Hallux valgus und Zustand nach Gallenblasen- und
Blinddarmentfernung. Der Arzt war der Ansicht, die Klägerin könne als Büroangestellte vollschichtig eingesetzt
werden. Ihr seien leichte Tätigkeiten kontinuierlich und mittelschwere Tätigkeiten gelegentlich zumutbar, ohne
häufiges Bücken sowie Heben und Tragen schwerer Lasten, ohne Arbeiten über Kopf und nicht im Freien.
Nach Einholung einer Stellungnahme ihres Ärztlichen Dienstes lehnte die Beklagte mit streitgegenständlichem
Bescheid vom 12.05.1998 die Gewährung einer Rente ab, weil die Klägerin trotz "Bluthochdrucks medikamentös
behandelt, ohne Zeichen der kardiopalen Leistungsminderung, depressiven Verstimmungszustands,
Körperübergewichts sowie wiederkehrender Wirbelsäulen- und Gelenkbeschwerden ohne nennenswerte
Funktionsbehinderungen" noch in der Lage sei, in ihrem bisherigen Berufsbereich weiterhin vollschichtig tätig zu sein;
darüber hinaus bestehe ein vollschichtiges Leistungsvermögen für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsfeldes.
Mit dem hiergegen eingelegten Widerspruch berief sich die Klägerin auf das Gutachten des Dr.H ... Sie behauptete die
Absolvierung einer Berufsausbildung als Notariatsangestellte; nach ihrer bisherigen Tätigkeit sei sie im
Mehrstufenschema des Bundessozialgerichts (BSG) in die erste der vier Berufsgruppen (besonders hoch qualifizierte
Fachangestellte) einzuordnen.
Die Widerspruchsstelle der Beklagten zog die ärztlichen Unterlagen des Arbeitsamts Bamberg bei, darunter ein
Gutachten der Medizinalrätin Dr.S. vom 08.09.1997, die die Klägerin ebenfalls als vollschichtig im Beruf einer
kaufmännischen Angestellten für einsetzbar hielt, wobei überwiegende Schreibarbeiten und überwiegend einseitige
Arbeitshaltungen nicht mehr zumutbar seien. Nach weiterer Einholung einer Stellungnahme des Ärztlichen Dienstes
erging der ablehnende Widerspruchsbescheid vom 03.12.1998.
Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Bayreuth begründete der Bevollmächtigte der Klägerin einen
Rentenanspruch u.a. mit der Behauptung, die Klägerin habe sowohl eine Lehre als kaufmännische Angestellte
absolviert als auch eine Lehre als Notariatsangestellte. Sie sei als Fachangestellte einzustufen und könne wegen der
Kombination von Erkrankungen im orthopädischen und neurologisch-psychiatrischen Bereich keine regelmäßige
Erwerbstätigkeit mehr ausüben.
Das Sozialgericht zog keine ärztlichen Unterlagen bei, sondern stellte vielmehr der Klägerin anheim, diese selbst zu
den vorgesehenen Begutachtungen mitzubringen; eingeholt wurde aber die Arbeitgeberauskunft vom 03.05.1999.
Das Sozialgericht holte drei ärztliche Gutachten ein, wobei es dem Auftrag Tätigkeitsbeschreibungen für die Berufe
einer Telefonistin und einer Kassiererin an einer Sammelkasse sowie für kaufmännische Büroarbeiten und
Registraturarbeiten beilegte. Dr.T. stellte in seinem internistischen Gutachten vom 07.04.1999 folgende
Gesundheitsstörungen fest: (kardial kompensierter) Bluthochdruck ohne Herzausgleichstörungen mit
uncharakteristischen dyskardischen Beschwerden, (nicht ausreichend eingestellter) Diabetes mellitus (strenge
diätetische Vorschriften seien zunächst anzuraten), Hypercholesterinämie, Hyperglyceridämie, Hyperurikämie,
hyperostotische Spondylose der Brustwirbelsäule (allgemein leichtgradige funktionelle Beeinträchtigungen trotz der
hochgradigen knöchernen Veränderungen), Cervikalsyndrom, Spondylochondrose der Lendenwirbelsäule mit
maximaler Ausprägung im oberen Bereich (geringe funktionelle Beeinträchtigung, keine neurologischen
Ausfallserscheinungen), Periarthropathia humeroscapularis bei bekannter degenerativer Veränderung der
Rotatorenmanschette, Daumensattelgelenksarthrose und polyarthrotische Fingergelenksveränderungen (hier sei eine
grobe Kraftentfaltung der Hände sichtlich mit vermehrten Schmerzbeschwerden verbunden, eine leichte dynamische
Belastung sei aber weiterhin möglich), X-Beinfehlstellung mit Gonalgie, Spreizfuß mit Hallux valgus, Bandschwäche
des linken Sprunggelenkes, reizlose oberflächliche Krampfaderbildung, biochemisch gering aktive Leberschädigung,
Adipositas und anankastische Persönlichkeitstruktur (aktenkundig), reaktive Verstimmung (aktenkundig). Dr.T. hielt
die Klägerin im Berufskreis einer Notariatsangestellten vollschichtig für einsetzbar, sofern diese Tätigkeit nicht eine
alleinige oder ganz überwiegende Schreib- oder Bildschirmtätigkeit beinhalte, ebenso als Bürohilfskraft oder
Registraturarbeiterin, nicht hingegen als Telefonistin und Kassiererin an einer Sammelkasse. Sonstige angelernte
Tätigkeiten leichter Art könnten vollschichtig verrichtet werden, nicht ausschließlich oder überwiegend im Stehen,
ohne schweres Heben, Tragen und Überkopfarbeit, ohne Anforderung an die grobe Kraftentfaltung der Hände, nicht auf
Leitern und Gerüsten, ohne Wechselschicht und ohne gehäuftes Treppensteigen. Ortsübliche Fußanmarschwege
seien möglich.
Prof.Dr.B. diagnostizierte in seinem orthopädischen Gutachten vom 19.05.1999 an Gesundheitsstörungen, die sich
auf Belastbarkeit und Funktionsfähigkeit und somit auch auf die Erwerbsfähigkeit auswirken würden, eine Fehlhaltung
der Halswirbelsäule und ein möglich rezidivierendes Cervikalsyndrom, auch Schulter-Arm-Syndrom, z.Z. ohne
wesentliche objektive Symptomatik, eine S-förmige Seitverbiegung und Fehlhaltung der Brust- und Lendenwirbelsäule,
eine umschrieben ausgeprägte Abnutzung im Sinne einer Spondylose am Übergang der Brust- zur Lendenwirbelsäule,
eine geringe Arthrose der Schultereckgelenke und zur Zeit funktionell unbedeutende degenerative Veränderungen der
Rotatorenmanschette des linken Schultergelenks sowie eine geringe Arthrose im oberen Sprunggelenk links nach
Innenbanddistorsion mit Schwellung. Die Klägerin könne Tätigkeiten einer Notariatsangestellten und Büroangestellten
vollschichtig verrichten, ansonsten sei eine berufliche Beanspruchung nur (körperlich) leichter und gelegentlich
kurzfristig mittelschwerer Natur möglich. Unzumutbar seien Arbeiten mit andauernder Zwangshaltung, dauerndem
Gehen und Stehen, gehäuftem Über-Kopf- Arbeiten, gehäuftem Tragen mittelschwerer und Heben und Tragen
schwerer Lasten sowie erhöhte Anforderungen bei Arbeiten mit den Händen und Forderung dauernder Fingerfertigkeit.
Bei der Nervenärztin Dr.M. gab die Klägerin an, ihre psychischen Beschwerden hätten sich seit einem halben Jahr
zurückgebildet, jetzt stünden die körperlichen Beschwerden im Vordergrund. In nervenärztlicher Behandlung sei sie
nicht gewesen, sie habe auch keinerlei antidepressive Medikation eingenommen. Sie verbringe den Tag viel mit
Schwimmen oder Spazierengehen, weil ihr dies gut tue. Dr.M. stellte in ihrem Gutachten vom 19.07.1999 fest, dass in
neurologischer Hinsicht keine pathologischen Auffälligkeiten festzustellen seien, insbesondere kein Hinweis für eine
Nervenwurzelschädigung im Wirbelsäulenbereich. In psychischer Hinsicht bestehe eine somatoforme Störung bei
vorwiegend anankastischer Persönlichkeitsstruktur, Hinweise für eine Depression ließen sich nicht feststellen. Die
Neigung zur Somatisierung habe sich nicht verändert. Die Schmerzsymptomatik habe sich zwischenzeitlich
offensichtlich verselbständigt und führe zu einem nicht unerheblichen sekundären Krankheitsgewinn, sicherlich liefen
diese Vorgänge teils bewusst, teils unbewusst ab. Bis auf die offensichtlich inzwischen vollständig geschwundene
depressive Symptomatik - allerdings habe die im Jahre 1995 erlittene Kränkung die Willensstruktur der Klägerin nicht
beeinträchtigt - bestehe mit dem Ergebnis des Dr.K. vollständige Übereinstimmung. Tätigkeiten aus dem Berufskreis
einer Notariatsangestellten, einer Büroangestellten sowie sonstig angelernte Tätigkeiten und die vom Sozialgericht
benannten Berufe könne die Klägerin noch vollschichtig verrichten, wenn sie nicht mit allzu großer Stressbelastung
(Zeitdruck und Akkord) verbunden seien.
Auf Antrag gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) wurde noch ein orthopädisches Gutachten von Prof.Dr.B.
vom 14.01.2000 eingeholt; dieser diagnostizierte geringe Funktionsminderung der Wirbelsäule, bedingt durch eine
Insuffizienz der Rückenstreckmuskulatur, muskuläre Dysbalance, beginnende Spondylose im HWS- und LWS-
Bereich, Spondylosis hyperostotica im BWS-Bereich, Impingement-Symptomatik beider Schultergelenke, rechts
ausgeprägter als links, bedingt durch eine Degeneration der Rotatorenmanschette und einer AC-Gelenksarthrose,
Rhizarthrose beidseits sowie Heberden-Arthrose der Langfingerendgelenke, Spreizfuß beidseits, erhebliche
Adipositas, Schwellneigung im Bereich des linken Außenknöchels nach Distorsion vor zwei Jahren und
Seitenastvarikosis der Unterschenkel. Die Klägerin könne vollschichtig leichte Arbeiten verrichten, auch die vom
Sozialgericht benannten mit Ausnahme einer Telefonistin und Kassiererin. Vermieden werden sollten häufiges
Bücken, besondere Anforderungen an die Fingerfertigkeit oder Konzentrationsfähigkeit, Arbeiten an laufenden
Maschinen, am Fließband und im Akkord sowie im Freien; ohne Hilfsmittel sollten schwere und mittelschwere Lasten
nicht gehoben und getragen werden.
Mit Urteil vom 06.04.2000 wies das Sozialgericht die Klage ab, weil die Klägerin noch vollschichtig als Büroangestellte
in einem Notariat arbeiten könne und demzufolge weder Erwerbsunfähigkeit noch Berufsunfähigkeit gegeben sei; eine
ausschließliche Schreib- oder Bildschirmtätigkeit werde dort nicht gefordert.
Mit dem Rechtsmittel der Berufung macht der Bevollmächtigte der Klägerin nurmehr Rente wegen Berufsunfähigkeit
ab Antragstellung geltend und behauptet, die Tätigkeit einer Notariatsangestellten bestehe in ganz überwiegender
Schreib- oder Bildschirmtätigkeit; die Klägerin sei gelernte Notariatsfachangestellte, habe Verträge vorzubereiten,
Löschungsbewilligungen zu erstellen, güterrechtliche Vereinbarungen vorzubereiten und eben die typischen mit einem
Notariat verbundenen Aufgaben zu erledigen, dies gehe nicht ohne Arbeit am Bildschirm und ohne ständiges
Schreiben. Er rügte im Einzelnen Feststellungen und Ergebnisse der eingeholten Gutachten, betonte den
Berufsschutz der Klägerin als Fachangestellte mit abgeschlossener Lehre und hielt Verweisungstätigkeiten nicht für
möglich.
Der Senat holte Befundberichte vom Internisten Dr.K. und vom Orthopäden Dr.S. ein und zog Röntgenfilme von
verschiedenen Stellen, die Akten des Arbeitsamts Bamberg, die Schwerbehindertenakte des Amts für Versorgung und
Familienförderung Bayreuth sowie die Klageakte des Sozialgerichts Bayreuth in Schwerbehindertenangelegenheiten
(S 5 SB 757/99) bei. Anschließend sind drei ärztliche Gutachten eingeholt worden.
Beim Internisten Dr.P. gab die Klägerin an, seit einem halben Jahr bestehe wetterabhängiger Schwindel ohne
begleitende Übelkeit und ohne Sturzneigung. Probleme bestünden mit der Blutzucker- und Bluthochdruckeinstellung
(Schwankungen zwischen 140/95 mmHg und 170/110 mmHg), das Gewicht betrage konstant 98 Kilogramm bei 173
Zentimeter Körpergröße. Es bestünden weiterhin unterschiedlich Gelenkbeschwerden (Schultergürtel mit Ausstrahlung
in beide Oberarme; Hals- und Brustwirbelsäulenschmerzen; oberes Sprunggelenk links). Das Treppensteigen in den
zweiten bis dritten Stock sei gut möglich. Das Spazierengehen sowie Ausflüge zum "Tanztee" seien nicht
eingeschränkt. An Hobbys benannte die Klägerin bewegungsaktive Tätigkeiten wie Schwimmen, Radfahren und
Tanzen. Dr.P. diagnostizierte Diabetes mellitus Typ II, cardial kompensierter arterieller Hypertonus,
Hypercholesterinämie, Hypertriglyzeridämie, Hyperurikämie, Adipositas per magna, vergrößerter rechter
Schilddrüsenlappen mit kleiner fokaler Läsion, Zeichen einer diffusen Hepatopathie, vertebragener Schwindel,
hyperostotische Spondylose der Brust- und Lendenwirbelsäule, Periarthropathia humero scapularis beidseits mit
bekannten degenerativen Veränderungen der Rotatorenmanschette, anamnestisch Daumensattelgelenksarthrose und
Fingergelenksarthrose, genua valga, Spreiz- und Senkfüße beidseits mit hallux valgus sowie leichtgradige
Stammvarikosis beider unterer Extremitäten. Die Gesundheitseinschränkungen seien als leichtgradig zu bewerten, sie
beträfen vor allem die Funktionseinbußen im Bereich des knöchernen Skeletts. Mittelschwere und leichte Arbeiten
seien der Klägerin noch möglich, insbesondere das Anforderungsprofil einer Notariatsangestellten oder einer
Angestellten im Öffentlichen Dienst sei der Versicherten in vollschichtiger Tätigkeit noch zuzumuten. Vermieden
werden müssten Arbeiten über Kopf, statische Haltearbeiten mit Belastung des Schultergürtels, Heben und Tragen
von schweren Lasten sowie Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, an Maschinen und am Fließband. Bezüglich des
Anmarsches zum Arbeitsplatz bestünden keine Einschränkungen.
Dr.M. stellte in seinem orthopädischen Gutachten vom 06.12. 2001 fest, die Klägerin leide an
Verschleißveränderungen verschiedener peripherer Gelenke und der einzelnen Wirbelsäulenabschnitte. Zur Zeit liege
ein maßvolles Beschwerdebild an der Lendenwirbelsäule und der Halswirbelsäule vor, ferner sei klinisch eine
Daumensattelgelenkarthrose beidseits festzustellen. Weitere radiologisch nachgewiesene Gelenkveränderungen seien
weitgehend symptomlos. Im Vergleich zu den Vorgutachten habe sich der Gesundheitszustand gebessert, wobei
vorwiegend psychische Veränderungen maßgeblich seien. Die reaktive Depression als Folge eines
Arbeitsplatzkonfliktes habe sich wesentlich gebessert, damals erlittene körperliche Beschwerden dürften als
unbewusste Somatisierung zu verstehen sein. Die Klägerin könne weiterhin im Berufskreis einer Notariatsangestellten
tätig sein, ebenso seien Tätigkeiten einer Angestellten im Öffentlichen Dienst zumutbar.
Körperlich schwere und mittelschwere Arbeiten könne die Klägerin auch unter Berücksichtigung ihres Lebensalters
nicht mehr verrichten. Tätigkeiten im Wechselrhythmus wären wünschenswert, sitzende Tätigkeiten sollten mit selbst
bestimmten gelegentlichem Haltungswechsel durchgeführt werden. Zu vermeiden seien Arbeiten im Freien, Heben,
Bewegen und Tragen von schweren Lasten, häufiges Bücken und Verharren in monotonen Zwangshaltungen sowie
gewichtsbelastete Arbeiten mit den Händen; Überkopfarbeiten sollten nicht ständig verlangt werden. Die Geh- und
Stehfähigkeit sei nicht erheblich eingeschränkt. Unter diesen Voraussetzungen könne sie vollschichtig berufstätig
sein.
Zuletzt bei der Erhebung der Anamnese durch den Neurologen und Psychiater Dr.H. (Gutachten vom 11.03.2002)
schilderte die Klägerin nochmals ihre berufliche Entwicklung, wobei von einer kaufmännischen Lehre oder einer
Ausbildung als Notariatsangestellte nicht mehr die Rede war. Vielmehr habe sie nur drei Jahre lang die kaufmännische
Abteilung der Berufsschule besucht und eine Prüfung in Steno, Schreibmaschine und Deutsch abgelegt. Darüber
hinaus sei sie in ein Notariat "eingetreten" und habe dort gearbeitet, u.a. Verträge bearbeitet, Briefe geschrieben und
Briefe angenommen. Es habe sich in erster Linie um Arbeiten mit der Schreibmaschine gehandelt, die gesamte
Tätigkeit sei überwiegend im Sitzen ausgeübt worden. Auch beim letzten Arbeitgeber habe sie Schreibarbeiten
ausgeführt. Die Kündigung sei nicht aufgrund einer Leistungseinbuße ihrerseits erfolgt, man habe damals zwei billigere
Auszubildende eingestellt. Dr.H. stellte fest, dass neurologische Störungen, insbesondere ein radikuläres Syndrom,
nicht vorhanden seien. Die anankastischen Züge der Klägein könnten bestätigt werden, eine Persönlichkeitsstörung
lasse sich nicht diagnostizieren. Beim Arbeitsplatzverlust habe es sich um ein reaktives Kränkungserlebnis
gehandelt; seitdem habe sich die depressive Stimmungslage der Klägerin gebessert, ein Rückzugsverhalten bestehe
nicht. Rückblickend könne von einem behandlungsbedürftigen Zustand von gewissem Krankheitswert gesprochen
werden. Nennenswerte psycho-pathologische Auffälligkeiten bestünden nicht. Rückblickend sei davon auszugehen,
dass trotz einer gewissen möglichen klinischen Relevanz der depressiven Störung kein Zustand vorgelegen habe,
welcher grundsätzlich die Leistungsfähigkeit der Klägerin beeinträchtigt habe. Die aktuelle Untersuchung habe keine
Hinweise für gravierende funktionelle Defizite erbracht. Hinsichtlich der Leistungsbeurteilung ergäben sich über die
Einschätzung der internistischen und orthopädischen Vorgutachten hinaus keine wesentlichen neuen Gesichtspunkte.
Dr.H. diagnostizierte einen Zustand nach längerer depressiver Reaktion, ein degeneratives Wirbelsäulen-Syndrom
ohne Wurzelreiz- oder Wurzelkompressions-Syndrom, einen arteriellen Hypertonus, eine Adipositas und einen
Diabetes mellitus. Die Klägerin werde in Tätigkeiten aus dem Berufskreis einer Notariatsangestellten, einer
Angestellten im Öffentichen Dienst bzw. bei Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts durch ihre
Gesundheitstörungen nicht wesentlich beeeinträchtigt, insbesondere nicht durch psychische oder neurologische
Gesundheitsstörungen. Unzumutbar seien schwere und häufige mittelschwere Arbeiten, häufiges Bücken, Heben und
Tragen von mittelschweren und schweren Lasten ohne Hilfsmittel sowie häufiges Arbeiten auf Leitern und Gerüsten.
Tätigkeiten in überwiegendem Sitzen und in wechselnder Position sowie bei gelegentlichem Stehen und Gehen
könnten ausgeübt werden. Beschränkungen hinsichtlich des Anmarschweges zur Arbeitsstätte bestünden nicht. Die
Klägerin könne noch acht Stunden täglich ihre beruflichen Tätigkeiten ausüben. Beschränkungen hinsichtlich der
Leistungsmotivation, der Merk- und Konzentrationsfähigkeit, des Verantwortungsbewusstseins und der
Gewissenhaftigkeit, der Selbständigkeit des Denkens und Handelns, des Unterscheidungs- und
Beurteilungsvermögens, des Reaktionsvermögens und der Umstellungsfähigkeit, der praktischen Anstelligkeit und
Findigkeit, der Ausdauer und der Anpassungsfähigkeit an den technischen Wandel bestünden nicht.
Die Klägerin vertrat zu dem Ergebnis der Beweisaufnahme die Meinung, dass die Gutachten ihrer gesundheitlichen
Situation nicht genügend Rechnung tragen würden, insbesondere sei die Schmerzproblematik zwar in den
Untersuchungen jedesmal akzeptiert worden, habe sich dann aber nicht in der Leistungsbeurteilung niedergeschlagen.
Sie wurde - unter Übersendung von Kopien aus dem von der Bundesanstalt für Arbeit herausgegebenen "Grundwerk
ausbildungs- und berufskundlicher Informationen" (gabi) Heft Nr.781 d "Notarsgehilfe/Notarsgehilfin. Zugehörige
Berufe" darauf hingewiesen, dass sie nach Sach- und Rechtslage nicht nur auf die bisher ausgeübte Tätigkeit
verwiesen werden könne, sondern auch auf minder qualifizierte Tätigkeiten einer (einfachen) Pförtnerin im öffentlichen
Dienst (Schwer- und Schwerstbehindertenarbeitsplatz), einer Postabfertigerin (Hilfsdienste im Postumlauf) und einer
ungelernten Registratorin.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts vom 06.04.2000 und den Bescheid der Beklagten vom
12.05.1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.12.1998 "aufzuheben"(gemeint: abzuändern) und die
Beklagte zu verurteilen, Rente wegen Berufsunfähigkeit ab Antragstellung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Dem Senat lagen zur Entscheidung die Streitakten beider Rechtszüge vor. Hierauf sowie auf die weiteren
beigezogenen Akten wird zur Ergänzung des Tatbestands - insbesondere hinsichtlich des Vortrags der Klägerin und
des Inhalts der ärztlichen Unterlagen und Gutachten - Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, (§§ 143 ff., 151 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG -), in
der Hauptsache aber nicht begründet.
Auch der Senat ist zu der Überzeugung gekommen, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen
Berufsunfähigkeit hat.
Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte
derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen
Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von
Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter
Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen
Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare
Tätigkeit vollschichtig ausüben kann (§ 43 Abs.2 Sätze 1, 2 und 4 des Sozialgesetzbuches Teil VI - SGB - in der bis
zum 31.12.2000 geltenden Fassung).
Ab dem 01.01.2001 sind Renten wegen Berufsunfähigkeit (und Erwerbsunfähigkeit) grundsätzlich nicht mehr
vorgesehen. Es gilt folgende Regelung: Teilweise erwerbsgemindert ist der Versicherte, der wegen Krankheit oder
Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen
Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein, und voll erwerbsgemindert der Versicherte,
der unter den gleichen Voraussetzungen außer Stande ist, mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43
Abs.1 Satz 2 und Abs.2 Satz 2 SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung). Eine Rente wegen teilweiser
Erwerbsfähigkeit erhält auch der Versicherte, der vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig ist
(Übergangsvorschrift des § 240bs.1 SGB VI n.F.).
Die Klägerin erfüllt zwar die versicherungsrechtlichen, aber nicht die medizinischen Voraussetzungen für eine Rente
wegen Berufsunfähigkeit (bzw. teilweise geminderter Erwerbsfähigkeit). Nach dem Inhalt von sieben gerichtlichen
Gutachten ist sie in der Lage, vollschichtig Bürotätigkeiten zu verrichten, sofern nicht ganz überwiegend
Schreibarbeiten bzw. Arbeiten am PC gefordert werden. Damit stimmen zwei weitere Gutachten der Beklagten
überein. Lediglich der Internist Dr.H. hatte damals die Erwerbsfähigkeit der Klägerin mit halb- bis untervollschichtig
eingeschätzt; dies wurde aber bereits im Gutachten des Dr.T. widerlegt.
Auf internistischem Gebiet liegt u.a. ein Bluthochdruck ohne Herzausgleichsstörungen vor. Der mäßige Bluthochdruck
ist kardial gut kompensiert, bei der ergometrischen Belastung bis 75 Watt (Dr.P. und Dr. T.) zeigten sich keine
ischämischen oder sonstigen krankheitswertigen Zeichen wie Arrhytmien oder Endstreckenveränderungen. Die
Belastbarkeit der Klägerin liegt daher - trotz ihres Trainingsmangels - im Bereich von vollschichtig leichten bis
teilweise mittelschweren Arbeiten. Eine Beurteilung der Leistungsfähigkeit mit unter halbschichtig, wie sie aber der
Internist Dr.H. vorgenommen hat, lässt sich bei der von der Klägerin gezeigten Leistungsfähigkeit nicht halten;
insofern stimmt der Senat der Kritik des Dr.T. zu. Möglicherweise ist dem Dr.H. ein Versehen in der
Abschlussbeurteilung unterlaufen, denn dessen Einschätzung der Leistungsfähigkeit stimmt weder mit den von ihm
erhobenen Befunden überein noch mit der vom Gutachter selbst getroffenen Feststellung, dass die Klägerin aus
internistischer Sicht als Notariatsangestellte vollschichtig arbeiten könne; vermutlich hat Dr.H. in seine Beurteilung die
von ihm genannten Gesundheitsstörungen der Klägerin auf orthopädischem und neurologisch-psychiatrischem Gebiet
miteinbezogen. Insoweit ist aber später von kompetenter fachärztlicher Sicht eine andere Beurteilung erfolgt, der
wegen der größeren Fachkunde der orthopädischen und nervenärztlichen Sachverständigen der Vorzug zu geben ist.
Hinsichtlich der diversen Stoffwechselstörungen der Klägerin (u.a. Hypercholesterinämie, Hypertriglicerinämie,
Hyperurikämie usw.) hat ein Diabetes mellitus sozialmedizinische Bedeutung (Schwankungen bestehen zwischen 90
bis 170 mg/dl, bei über 120 mg/dl kann nicht mehr von einem latenten Diabetes gesprochen werden, es liegt bereits
ein klinisch-manifester Diabetes vor). Der Blutzucker ist nicht ausreichend streng eingestellt, wobei neben der oralen
Medikation die Beachtung strenger diätischer Vorschriften gehören, die die Klägerin nicht einhält oder nicht einhalten
kann, wenn sie die Undurchführbarkeit einer weiteren Gewichtsreduktion (gegenüber Dr.T.) behauptete.
Die Blutzuckerschwankungen fallen - bei Medikation - jedenfalls nicht besonders gravierend aus, erhebliche akute
Folgen (z.B. Bewusstseinsstörungen) oder organische Spätschäden (z.B. Arteriosklerose und Neuropathie) lagen
keinesfalls vor. Insgesamt gesehen kann noch - wie Dr.P. ausgeführt hat - von einer leichtgradigen
Gesundheitsstörung gesprochen werden; der vorliegende Diabetes schließt allerdings die Verrichtung schwerer und
durchgehend mittelschwerer Tätigkeiten (einschließlich schwerem Heben und Tragen von Lasten) aus.
Auf psychiatrischem Gebiet lag zeitweise ein leichteres depressives Symptom vor, aber zu keiner Zeit eine tiefer
gehende Depression. Weder Dr.H. noch Dr.M. haben hierfür Anhaltspunkte feststellen können, lediglich Hinweise auf
eine anankastische Persönlichkeitsstruktur als Teil der Persönlichkeit der Klägerin bei Neigung zur Somatisierung u.a.
bei kränkenden Erlebnissen. Gedächtnis, Merkfähigkeit, Auffassungsgabe, Aufmerksamkeit und
Konzentrationsfähigkeit waren nicht beeinträchtigt, das Denken erschien formal geordnet. Inhaltliche Denkstörungen
waren ebenso wenig vorhanden wie Wahrnehmungsstörungen. Die affektive Schwingungsfähigkeit war voll erhalten.
Antrieb und Psychomotorik erwiesen sich als regelrecht, Insuffiziensgefühle bestanden nicht. Weder subjektiv noch
vom äußeren Erscheinungsbild ergaben sich Hinweise für das Vorliegen eines manifesten Verstimmungszustands.
Nach der Krankengeschichte lässt sich für die Zeit ab 1988 (zweite Ehe der Klägerin) eine längere depressive Phase -
mit vermehrten körperlichen Beschwerden - lediglich in der Zeit nach der Kündigung des letzten Arbeitsverhältnisses
feststellen, die sie psychisch getroffen hat. Diese depressive Phase ist zwischenzeitlich abgeklungen.
Dr.K. ging in seinem Gutachten vom 15.12.1997 noch von einer lang hingezogenen depressiven Phase mit reaktivem
Auslöser und ausgeprägtem Kränkungserlebnis auf dem Boden einer anankastischen Persönlichkeitsstörung bei
Neigung zu Somatisieren aus. Dies betraf die Zeit ab Dezember 1995, aber im Wesentlichen nur die Zeit vor Stellung
des Rentenantrags. Die depressive Phase hat sich aber nach den Angaben der Klägerin selbst gebessert, und
insoweit waren Symptome bei den späteren nervenärztichen Gutachten nicht mehr erkennbar. Wesentliche
Einschränkungen folgen hieraus auch unmittelbar in der Zeit nach Dezember 1995 nicht. Ein erheblicher Leidensdruck
ließ sich nachträglich nicht mehr feststellen; die Klägerin hat nie eine fachärztliche Behandlung unternommen. Die
ersten fachärztlichen Feststellungen erfolgten im Gutachten des Dr.K. vom 15.12.1997. Hier ergab sich eine leicht
gedrückte Stimmungslage bei ausgeglichenem Antrieb und ausgeprägter Somatisierung, mithin eine durchaus
kompensierte Symptomatik ohne Beeinträchtigung der Willensstruktur. Waren der Klägerin ehemals vollschichtige
Arbeiten (vorerst) ohne Hektik und Stress sowie ohne psychomentale Stressfaktoren zumutbar (so Dr.K.), so ergab
sich im Wesentlichen für die Zeit ab dem am 23.05.1997 gestellten Rentenantrag keine erheblichen
Leistungseinschränkungen auf psychiatrischem Gebiet mehr, sieht man mit Dr.M. von besonderen Stressfaktoren ab,
die jedoch nicht mit dem üblichen Arbeitsdruck, wie er z.B. auch bei Tätigkeiten wie einer Telefonistin oder
Kassiererin an einer Sammelkasse augenscheinlich auftreten kann, gleichgesetzt werden dürfen.
Auch aus den Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Gebiet ergeben sich nur mäßige Einschränkungen der
Erwerbsfähigkeit der Klägerin. Die von den Sachverständigen festgestellten funktionellen Einschränkungen sind relativ
gering, ebenso wie die radiologisch nachweisbaren Veränderungen einzelner Wirbelsäulenabschnitte und
Gelenkveränderungen. Im Vordergrund stand und steht ein Beschwerdebild an der Lendenwirbelsäule und der
Halswirbelsäule sowie eine Daumensattelgelenkarthrose beidseits, wohingegen weitere radiologisch nachweisbare
Gelenkveränderungen sich bei Untersuchungen weitgehend symptomlos zeigten.
Die Beweglichkeit der Halswirbelsäule ist - bei mäßiger Osteochondrose der unteren drei cervikalen Segmente mit
reaktiv ventraler Spondylose - frei, wobei die Klägerin lediglich in den Endgraden von Rotation und Neigung
Lokalbeschwerden angab (vgl. Dr.M.). Die neurologische Untersuchung hierzu zeigte keine krankheitswertigen
Befunde auf, insbesondere keine dermatombezogenen Beschwerden, keine Paresen oder Paraesthesien; ebenso
wenig bestand eine Beeinträchtigung der muskulären Eigenreflexe.
Die Prüfung der Wirbelsäule ergab - hier wurden vereinzelt spondylotische Veränderungen bei einem Hohl-Rund-
Rücken festgestellt - bei teilfixierter unterer Lendenwirbelsäule insgesamt gesehen eine mäßiggradige Einschränkung
der Gesamtbeweglichkeit (vgl. Gutachten des Dr.M.); auf neurologischem Gebiet waren hier erneut Nervenwurzelreiz-
bzw. Ausfallserscheinungen nicht ersichtlich, ebenso wenig Anzeichen für ein bedeutsames muskuläres Syndrom,
wie es unter anderem aus Muskelverspannungen und vermehrtem Tonus der Rückenstreckermuskeln abzuleiten
wäre.
An den Fingergelenken bestand eine beginnende Polyarthrose, die End- und Mittelgelenke zeigten sich mäßiggradig
verformt; ein Funktionsdefizit in den Fingerbewegungen oder eine synovitische Weichteilschwellung fanden sich nicht.
Zusätzlich ergab sich eine Daumensattel-Gelenksarthrose (Rizarthrose) mit mäßiger Bewegungseinschränkung
beidseits. Faustschluss, Schürzengriff, Spitzgriff, Opposition des Daumens zu allen Langfingern sowie der Hakengriff
waren unauffällig durchführbar, so dass hier noch eine leichte Gesundheitsstörung vorliegt. Die von der Klägerin
diesbezüglich angegebenen Beschwerden erscheinen glaubhaft, sind aber im Erwerbsleben von geringer Bedeutung,
weil stärkere Beschwerden erst bei "kräftigerem Zupacken" auftreten, wie die Klägerin selbst angegeben hat.
Weiterhin fanden sich bei ihr noch - ohne wesentliche Beschwerden - eine mäßiggradige Einschränkung der
Beweglichkeit des linken Schultergelenks (Verschleißerscheinungen der Schulter- und Schultereckgelenke, aber
Rückengriff noch problemlos, Schürzengriff nur links endgradig schmerzhaft), eine mäßige Einschränkung der
Beweglichkeit der Hüftgelenke (deutliche Coxarthrose mit knöchernem Anbauten an den oberen und unteren
Pfannenbegrenzungen und zentral betonter Gelenksspaltverschmälerung).
Aufgrund aller Befunde auf orthopädischem Gebiet sind der Klägerin schwere und mittelschwere körperliche Arbeiten
(eingeschlossen das Heben, Tragen und Bewegen schwerer Lasten) nicht mehr zumutbar. Eine Tätigkeit im
Wechselrhythmus wäre wünschenswert, bei sitzenden Tätigkeiten sollte gelegentlich ein Haltungswechsel (Stehen
oder Gehen zur Entlastung der Wirbelsäule) möglich sein. Anhaltende Zwangshaltungen, ständiges Arbeiten über Kopf
und gewichtsbelastete Arbeiten mit den Händen sind unzumutbar, ebenso bei Arbeiten mit den Händen Tätigkeiten in
kühlem und feuchtem Milieu und erhöhte Anforderungen wie z.B. dauernde Fingerfertigkeit. Eine zeitliche
Einschränkung der Erwerbsfähigkeit ist jedoch durch die Gesundheitsstörungen nicht zu begründen.
Mit den Einschränkungen ihres Erwerbsvermögens kann die Klägerin noch ihren zuletzt ausgeübten Beruf verrichten.
Bereits aus diesem Grunde kann Berufsunfähigkeit nicht vorliegen.
Es ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin selbst der Ansicht gewesen ist, sie habe diesen Beruf ausüben können
und sei nur "betriebsbedingt" gekündigt worden, sie sei willens gewesen, die Tätigkeit beim Notar bis zum Beginn der
Altersrente auszuüben. Wenn im Widerspruch hierzu erstmals in der Begründung der Berufung geltend gemacht
worden ist, die zuletzt ausgeübte Tätigkeit einer Notariatsangestellten bestehe ganz überwiegend in Schreib- oder
Bildschirmarbeiten, und derartiges sei ihr nicht mehr zuzumuten, so ist dies unzutreffend. Zwar ist es richtig, dass die
Klägerin laut ihrer eigenen Beschreibung der ausgeübten Tätigkeiten einmal die von 1958 bis 1973 bei einem Notar
ausgeübte Tätigkeit vor allem mit "Schreibkraft" gekennzeichnet hat. Dies trifft jedoch auf die von April 1993 bis
Dezember 1995 ausgeübte Tätigkeit nicht zu; insoweit hat sie auch sachbearbeitende Tätigkeiten (u.a.
Weiterbearbeiten der Akten) und Büroarbeiten angeführt. Beim Arbeitsamt Bamberg wurde sie laut ihren Angaben als
"kaufmännische Angestellte/Schreibkraft bei W. und W. Bamberg" geführt, ihr Arbeitgeber selbst hat die Tätigkeit an
Schreibmaschine und Bildschirm ab Septemer 1993 mit 50 % eingeschätzt und im Übrigen sonstige Bürotätigkeiten
angeführt (Auskunft vom 03.05.1999).
Ausschließliche oder weitaus überwiegende Arbeiten an der Tastatur, die der Klägerin nicht mehr zumutbar wären,
wurden nicht gefordert; damit stimmt schließlich überein, dass sie nicht als bloße Schreibkraft eingestellt und
beschäftigt gewesen ist, sondern als Angestellte, die Bürotätigkeiten wie eine kaufmännische Angestellte verrichtete.
Sie kann daher ihren zuletzt ausgeübten Beruf vollschichtig verrichten und ist deswegen nicht berufsunfähig.
Ein Berufsschutz käme der Klägerin auch dann nicht zugute, wenn sie - unterstellt - die Arbeiten einer
Notariatsangestellten nicht mehr verrichten könnte. Eine dreijährige Ausbildung als kaufmännische Angestellte oder
Notariatsfachangestellte, wie im Rechtsstreit behauptet, hat sie nie absolviert, geschweige denn eine entsprechende
Prüfung abgelegt. Die Klägerin konnte ein Lehrzeugnis nicht beibringen, was schon dadurch zu erklären ist, dass sie
nach dem Besuch der Volksschule bei einem Notar - ohne eine Lehre zu beginnen - zu arbeiten angefangen hat. Ihre
angeblichen Ausführungen stellen sich zum Schluss des Rechtsstreits - laut Angaben der Klägerin gegenüber Dr.H. -
so dar, dass sie neben ihrer Berufstätigkeit noch drei Jahe die Berufsschule besucht hat. Der einmal pro Woche
stattfindende Unterricht an der Berufsschule war generell für nicht in Berufsausbildung stehende Minderjährige sowie
für Lehrlinge Pflicht. Damit wurden aber keine wesentlichen Kenntnisse und Fähigkeiten im Berufsbereich einer
Einzelhandelskauffrau, einer Bürokauffrau oder einer Notarsgehilfin vermittelt, sondern allgemein bildende Kenntnisse,
daneben - im kaufmännischen Zweig dieser Schule - Grundkenntnisse, wie sie in vielen Bürotätigkeiten von Nutzen
sein können (Stenografie, Schreibmaschine, Deutsch). Der Besuch einer Berufsschule, den die Klägerin im Übrigen
auch bei einer ordnungsgemäßen kaufmännischen Ausbildung von drei Jahre absolvieren hätte müssen, ersetzt nicht
diese Ausbildung selbst.
Beim Notar hatte sie im Übrigen als ungelernte Kraft angefangen und wurde offenbar in spezifisch zu verichtenden
Tätigkeiten angelernt. Qualifizierte Arbeiten waren hiermit jedoch nicht verbunden; der Klägerin fehlten sämtliche
juristischen Kenntnisse, wie sie nur einen Sachbearbeiter befähigen würden, z.B. Verträge auszuarbeiten.
Richtigerweise dürfte es sich in erster Linie nur um Schreibarbeiten gehandelt haben, daneben um das Erstellen von
Verträgen nach Formularen und den jeweiligen Änderungen und Vorgaben, die der Notar und sein Gehilfe verfügt hat,
weiterhin allgemeiner Schriftverkehr wie Zusenden von Urkunden, Mitteilungen an Kunden, Ämtern und Behörden
sowie Tätigkeiten bei der Aktenführung. Auch bei der Tätigkeit in einer Notariatskanzlei von 1993 bis 1995 handelte es
sich im Wesentlichen - neben 50 % Arbeiten an Schreibmaschine und PC - um Büroarbeiten und untergeordnete
sachbearbeitende Tätigkeiten. Wie die Klägerin selbst angegeben hat, wurde sie durch zwei Auszubildende "ersetzt",
was bereits darauf hinweist, dass schwierige und qualifizierte Arbeiten nicht von ihr verrichtet worden sind. Dafür
spricht auch die Angabe des Notars, dass eine Lehre oder ein Facharbeiterbrief (das Frageformular stammt aus dem
Bereich der Arbeiterrentenversicherung und nicht der Angestelltenversicherung) zur Ausübung der Tätigkeit der
Klägerin nicht erforderlich gewesen sei. Weiterhin hat der letzte Arbeitgeber auch nicht qualifizierte Arbeiten einer
Gelernten beschrieben, sondern Einzeltätigkeiten unterhalb der Ebene eines voll ausgebildeten Facharbeiters
("Vorbereiten einfacher Urkunden", "Schreiben nach Diktat", "Weiterbearbeiten der Akten nach erfolgter
Beurkundung"), also Ausfertigen und Versenden von Urkunden, Zuleitung an Grundbuchamt, Amtsgericht,
Gemeinde/Stadtverwaltungen und in Frage kommende Behörden, Beglaubigungen vorbereiten , weiterführender
Schriftverkehr, Ablage usw. Sowohl nach Schilderung der Einzeltätigkeiten als auch nach Berufsbezeichnung
(Schreibkrat/Notariatsangestellte, und nicht Notariatsfachangestellte oder Notariatsgehilfin) entspricht die
Berufstätigkeit der Klägerin bei weitem nicht der einer Notariatsgehilfin (vgl. "gabi" Heft Nr.781 d
Notarsgehilfin/Notarsgehilfe und zugehörige Berufe); vergleichbare umfassende theoretische Kenntnisse und
praktische Fähigkeiten, die zu einem dementsprechenden Arbeitseinsatz befähigen könnten, sind nicht feststellbar,
ebenso auch nicht die Innehabung eines derart qualifizierten Arbeitsplatzes. Hierfür fehlten u.a. die (durch Ausbildung
oder langjährige praktische Tätigkeit erworbenen) Kenntnisse in Rechtspflege (Handels- und Gesellschaftsrecht,
Arbeits- und Sozialrecht, Grundlagen des Verfassungsrechts), Wirtschaftslehre und Wirtschaftsrecht,
Rechnungswesen, Notariatsrecht (Urkundswesen, Liegenschafts- und Grundbuchrecht, Familien, Erb- und
Registerrecht, Kostenrecht).
Damit bleibt allenfalls unklar, ob die Berufstätigkeit der Klägerin in den Bereich der Angelernten mit bis zu einem Jahr
oder von ein bis zwei Jahren fällt. Jedenfalls ist sie auf solche Tätigkeiten verweisbar, ebenso auf ungelernte
Tätigkeiten; ein beruflicher Abstieg, z.B. von einer Beschäftigung angelernter Art zu einer ungelernten Art, ist nach
dem Gesetz zumutbar. Damit wäre die Klägerin, wie der Senat im Rechtsstreit darauf hingewiesen hat, als
Postabfertigerin (Hilfsdienste im Postauslauf) und als Registratorin, bei jeweiliger Vergütung nach dem
Bundesangestelltentarifvertrag Gruppe IX und X, verweisbar. Nähere Ausführungen erübrigen sich jedoch vorliegend,
weil die Klägerin nach wie vor im Bürodienst bei einem Notar, Rechtsanwalt oder in einem kaufmännisch orientierten
Büro einsetzbar ist.
Die Berufung war mit der Kostenfolge aus § 193 SGG zurückzuweisen.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich.