Urteil des LSG Bayern vom 22.05.2001

LSG Bayern: anerkennung, berufskrankheit, entschädigung, gegengutachten, leistungsfähigkeit, form, wahrscheinlichkeit, gutachter, ergänzung, mandat

Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 22.05.2001 (rechtskräftig)
Sozialgericht München S 20 U 563/99
Bayerisches Landessozialgericht L 3 U 537/00
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 14.11.2000 wird zurückgewiesen. II.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung und Entschädigung einer Berufskrankheit (BK) nach der Nr.2108 der
Anlage 1 zur BKVO streitig.
Der am 1951 geborene Kläger ist gelernter Elektrogerätemechaniker und seit 1971 bei unterschiedlichen Arbeitgebern
als Service-Mann mit der Reparatur von Pumpen betraut.
Am 29.11.1995 erstattete der Orthopäde Dr.E. bei der Beklagten die Anzeige über das Vorliegen einer
Berufskrankheit: Die beim Kläger vorliegenden chronischen lumbalen Rückenschmerzen mit stattgehabter zweimaliger
Bandscheibenoperation an der Lendenwirbelsäule (LWS) seien auf die schwere körperliche Tätigkeit des Klägers,
insb. auf das schwere Tragen von Gewichten von 50 bis 100 kg, zurückzuführen.
Die Beklagte zog einen Krankenkassenauszug der AOK München und medizinische Unterlagen bei, führte
Ermittlungen bei diversen Arbeitgebern des Klägers durch und hörte sodann ihren Technischen Aufsichtsdienst (TAD).
Danach sei der Versicherte zu ca. 15 % seiner durchschnittlichen Arbeitszeit belastend nach BK-Nr.2108 tätig
gewesen, Belastungen nach Nr.2109 hätten dagegen nicht vorgelegen. Die Beklagte holte ferner ein Gutachten des
Staatlichen Gewerbearztes Dr.V. vom 16.02.1998 ein. Dieser führte aus, dass aus allen arbeitstechnischen Analysen
hervorgehe, dass der Kläger im Bezug auf eine BK nach Nr.2108 zwar Lastgewichte mit entsprechender
Regelmäßigkeit gehoben und getragen habe, jedoch nicht mit der erforderlichen Häufigkeit. Es ergebe sich lediglich
ein Zeitraum im Jahr 1997, in welchem der Kläger ausschließlich im Rahmen seiner Außendiensttätigkeit die
arbeitstechnischen Voraussetzungen für eine Berufskrankheit nach Nr.2108 erfüllt habe. In medizinischer Hinsicht
führte er noch aus, dass die Beinverkürzung rechts (Zustand nach Oberschenkelfraktur als Kind) mit konsekutiver
Wirbelsäulen-Skoliose sicherlich als begünstigend für das dann stattgehabte Bandscheibenleiden zu betrachten sei.
Es fänden sich aber auch anlagebedingte Hinweise auf eine herabgesetzte Leistungsfähigkeit des Bindegewebes in
Form eines Morbus Scheuermann im Bereich der oberen LWS.
Mit Bescheid vom 18.03.1998, nachfolgend bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 26.05.1998, lehnte die
Beklagte die Feststellung des LWS-Leidens des Klägers als BK und die Gewährung von Entschädigung ab.
Hiergegen hat der Kläger beim SG München Klage erhoben und sein Begehren weiter verfolgt. Das zunächst wegen
eines beim BSG anhängigen Verfahrens zum Ruhen gebrachte Verfahren wurde wieder aufgenommen. Das SG hat
einschlägige Röntgenaufnahmen und Befundberichte beigezogen und sodann ein Gutachten des Orthopäden Dr.T.
vom 14.03.2000 eingeholt. Dieser kam zu dem Ergebnis, dass auch aus medizinischer Sicht die Anerkennung einer
BK nach Nr.2108 nicht erfolgen könne. Nach Einwendungen des Klägers hierzu holte das SG eine ergänzende
Stellungnahme des Dr.T. vom 02.06.2000 ein, worin sich dieser mit den Einwendungen gegen sein Gutachten
auseinander setzte, im Ergebnis jedoch keine Veranlassung sah, zu einer Änderung seines Gutachtens zu kommen.
Der Kläger hat vor dem SG beantragt, die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide zu verurteilen,
seine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS als BK anzuerkennen und die daraus resultierenden Leistungen zu
gewähren.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Mit Urteil vom 14.11.2000 hat das SG die Klage abgewiesen: Die angefochtenen Bescheide der Beklagten seien nicht
zu beanstanden. Sie habe es zu Recht abgelehnt, die beim Kläger vorliegende LWS-Erkrankung als BK festzustellen
und zu entschädigen, weil die dafür erforderlichen Voraussetzungen nicht vorlägen (§§ 7, 109 SGB VII in Verbindung
mit Nr.2108 der Anlage 1 zur BKVO). Für die Annahme einer BK nach der Nr.2108 fehle es sowohl an den
notwendigen berufsbedingten Einwirkungen als auch an dem notwendigen Ursachenzusammenhang zwischen den
beruflichen Einwirkungen und den betreffenden Gesundheitsstörungen des Klägers. Das Gericht stützte sich dabei auf
das Gutachten des Dr.T. vom 14.03.2000 in Verbindung mit dessen ergänzender Stellungnahme vom 02.06.2000.
Darin sei auf eine Reihe von berufskrankheitsfremden Entstehungsursachen, z.B. Gewebeschwäche, anlagebedingte
Hinweise auf herabgesetzte Leistungsfähigkeit der Wirbelsäule in Form eines Morbus Scheuermann im Bereich der
oberen LWS usw. - hingewiesen worden, die der Annahme des ursächlichen Zusammenhangs entgegenstünden. Das
Vorbringen des Klägers, seine Einwendungen gegen die Ausführungen des vorgenannten Sachverständigen Dr.T. ,
seien von letzterem in der ergänzenden Stellungnahme widerlegt bzw. aufgeklärt worden. Anhand der vorliegenden
klinischen und radiologischen Befunde hätten sich somit keine Schädigungen ergeben, die mit der erforderlichen
Wahrscheinlichkeit auf berufsbedingte Einflüsse zurückzuführen seien.
Mit seiner hiergegen eingelegten Berufung verfolgt der Kläger sein bisheriges Begehren weiter: Er wende sich
weiterhin gegen die Feststellungen des Dr.T. , die von diesem vorgenommenen Wertungen und Feststellungen träfen
nicht zu. Tatsächlich sei die LWS- Erkrankung als BK einzustufen. Entsprechendes werde sich aus dem noch
nachzureichenden Gutachten des zwischenzeitlich eingeschalteten Dr.L. ergeben. Trotz wiederholter
Sachstandsanfragen ist dieses aber nicht vorgelegt worden. Mit Schreiben vom 10.04.2001 teilte die Bevollmächtigte
des Klägers, die nachfolgend mit Schreiben vom 08.05.2001 ihr Mandat niedergelegt hat, mit, dass der ursprünglich
benannte Dr.L. das Gegengutachten wider Erwarten nicht erstellen konnte. Der daraufhin eingeschaltete Gutachter
Dr.P. könne derzeit noch keine konkreten Angaben machen, wann sein Gutachten vorliegen wird.
Der Kläger beantragt - sinngemäß -, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des SG München vom 14.11.2000 und
des Bescheides vom 18.03.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.05.1998 zu verurteilen, seine
LWS-Erkrankung als Berufskrankheit nach der Nr.2108 der Anlage 1 zur BKVO zu entschädigen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers zurückzuweisen, weil das angefochtene Urteil zutreffend sei.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts gemäß § 136 Abs.2 SGG auf den Inhalt der Akten der Beklagten
sowie der Gerichtsakten 1. und 2. Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet.
Das SG hat mit Recht die Klage abgewiesen. Denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung und
Entschädigung seines Wirbelsäulenleidens als BK nach der Nr.2008 der Anlage 1 der BKVO, weil die dafür
erforderlichen Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Dies hat das SG - vor allem gestützt auf die überzeugenden
Darlegungen des von ihm gehörten Sachverständigen Dr.T. - zutreffend ausgeführt. Der Senat schließt sich dieser
Auffassung an und nimmt zur weiteren Begründung auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils
ergänzend gemäß § 153 Abs.2 SGG Bezug.
Der Kläger hat auch im Berufungsverfahren nichts vorgebracht/vorgelegt, was eine andere Entscheidung rechtfertigen
oder weiteren Aufklärungsbedarf ergeben könnte. Weitere Ausführungen erübrigen sich auch deshalb. Das
angekündigte Privat- Gutachten wurde nicht vorgelegt, der Senat hatte auch keine Veranlassung, dessen Eingang
abzuwarten und so lange eine Entscheidung aufzuschieben. Dabei bleibt es dem Kläger unbenommen, für den Fall,
dass sich aus dem angeführten Gegengutachten ggf. für den Kläger günstige Erkenntnisse ergeben sollten, erneut
einen Antrag bei der Beklagten auf Anerkennung und Entschädigung einer BK im vorgenannten Sinne zu stellen.
Nach allem konnte daher die Berufung des Klägers keinen Erfolg haben, sie ist unbegründet und daher
zurückzuweisen gewesen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen hierfür nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG
nicht vorlägen.