Urteil des LSG Bayern vom 05.03.2008

LSG Bayern: versorgung, stationäre behandlung, ärztliche behandlung, ambulante behandlung, richtigstellung, chirurgie, vertragsarzt, vergütung, zahnarzt, teilleistung

Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 05.03.2008 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht München S 38 KA 5147/03
Bayerisches Landessozialgericht L 12 KA 5008/06
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 15. März 2006 aufgehoben und die
Klage abgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten beider Rechtszüge zu tragen. III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig die Rechtmäßigkeit von nachträglichen Richtigstellungen der Honorarabrechungen
1/99 bis 1/00.
Der Kläger nimmt als MKG-Chirurg an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Gleichzeitig ist der Kläger als
Vertragszahnarzt tätig. In seinem Status als Vertragsarzt ist er auch durch die KVB als Belegarzt anerkannt worden
und behandelt am St. M.hospital - eine A. (human-)medizinische Klinik - Belegpatienten.
Bei mehreren gesetzlich versicherten Patienten rechnete er in den genannten Quartalen im Zuge der Behandlung
mund-, kiefer-, gesichtschirurgischer Erkrankungen vertragsärztliche Leistungen gegenüber der beigeladenen KVB ab.
Für diese Belegpatienten hat er darüber hinaus in der Zeit des belegstationären Aufenthalts vertragszahnärztliche
Leistungen gegenüber der Beklagten abgerechnet.
Auf Anträge mehrere Regionalkrankenkassen hat die Beklagte nachträglich Richtigstellungen der Honorarabrechnung
vorgenommen. Es handelt sich um folgende Bescheide (Richtigstellungsbeträge in Klammern):
Bescheid vom 26. März 2001 C. S. (1.042,72 DM); Bescheid vom 9. April 2001 H. L. (36,68 DM); Bescheid vom 9.
April 2001 M. H., H. St. (724,51 DM); Bescheid vom 9. April 2001 H. M. (253,62 DM); Bescheid vom 26. März 2001 F.
G. (589,62 DM); Bescheid vom 9. April 2001 T. K. (1.246,71 DM); Bescheid vom 9. April 2001 S. H., A. H. (920,58
DM); Bescheid vom 9. April 2001 C. R., A. H. (1.394,82 DM); Bescheid vom 9. April 2001 V. E. (638,40 DM).
Gesamtberichtigungssumme 6.847,66 DM
Alle genannten Patienten wurden (auch) stationär auf der Belegstation des Klägers behandelt. Die im Vordergrund
stehende kieferchirurgische Eingriffsleistungen wurden nach den entsprechenden Ziffern des Einheitlichen
Bewertungsmaßstabs-Ärzte (EBM-Ä) gegenüber der beigeladenen KV Bayern abgerechnet. Zusätzlich hat der Kläger
im Zeitraum des belegstationären Aufenthalts untergeordnete, ergänzende Leistungen nach Maßgabe des
Einheitlichen Bewertungsmaßstabs-Zahnärzte (EBM-Z = BEMA-Z) gegenüber der Beklagten abgerechnet. Nur diese
den Zeitraum des belegstationären Aufenthalts betreffende Leistungen hat die Beklagte nachträglich abgesetzt.
Die dagegen eingelegten Widersprüche wurden mit Bescheid vom 5. Mai 2003 abgewiesen. Zur Begründung wird
ausgeführt, dass es im Bereich der vertragszahnärztlichen Versorgung keine belegzahnärztliche Tätigkeit gebe. Nach
§ 23 Abs.1 der Bundespflegesatzverordnung zählten zu den persönlichen Leistungen des Belegarztes dessen
persönliche Leistungen und die von ihm veranlassten Leistungen von Ärzten außerhalb des Krankenhauses. All diese
Leistungen seien somit als belegärztliche Leistungen anzusehen. Belegärztliche Leistungen seien aber aus der
vertragsärztlichen Gesamtvergütung gemäß § 121 Abs.3 SGB V zu vergüten.
Dagegen erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht München.
Er hat ausgeführt, dass sich ein Anspruch aus § 2 Abs.2 BMV-Z/ RK ergebe. Auch § 121 Abs.3 SGB V schließe
nicht aus, dass Zahnärzte vertragszahnärztliche Leistungen bei stationären Patienten erbrächten, da die Norm über §
72 Abs.1 SGB V auch für Zahnärzte entsprechend gälte. Hinzuweisen sei auf das Urteil des Senats vom 28.
November 2001 (L 12 KA 522/00,) demzufolge die Doppelzulassung es den Ärzten für MKG-Chirurgie auf Grund der
Einheitlichkeit ihres Berufsbildes gestatte, ihre Fälle und ihre Leistungen selbst dem ärztlichen oder auch dem
zahnärztlichen Abrechnungsspektrum zuzuordnen. Diese Wahlmöglichkeit werde nicht durch den Belegarztstatus im
vertragsärztlichen Bereich eingeschränkt. Hier sei nämlich der MKG-Chirurg, der als Belegarzt zahnärztliche
Leistungen veranlasse, die er selber erbringe, nicht anders zu beurteilen, als ein ärztlicherseits hinzugezogener
Vertragszahnarzt, der selbstverständlich und unbestritten die von ihm beim belegstationären Patienten erbrachten
vertragszahnärztlichen Leistungen über die Kassenzahnärztliche Vereinigung abrechnen dürfe.
Die beigeladene KVB hat ausgeführt, dass die Auffassung der KZVB unzutreffend sei. § 23 Abs.1
Bundespflegesatzverordnung finde keine Anwendung, denn diese Bestimmung beträfe schon ihrem Wortlaut nicht die
Vergütung vertragszahnärztlicher Leistungen. Die Bestimmung besage nur, dass neben ambulanten Leistungen auch
belegärztliche Leistungen aus der vertragsärztlichen Gesamtvergütung honoriert würden. Die Honorierung
zahnärztlicher Leistungen könne nicht aus der vertragsärztlichen Gesamtvergütung erfolgen. Dagegen sei in § 2
Abs.2b BMV-Z/RK geregelt, dass zur kassenzahnärztlichen Versorgung die stationäre kassenzahnärztliche
Behandlung gehöre.
Mit Urteil vom 15. März 2006 hat das Sozialgericht München die Berichtigungsbescheide in Gestalt des
Widerspruchsbescheides insofern aufgehoben, als zahnärztliche Leistungen sachlich-rechnerisch berichtigt worden
sind und die Beklagte verpflichtet, diese im Rahmen der belegärztlichen Tätigkeit erbrachten zahnärztlichen
Leistungen anzuerkennen und zu vergüten. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Die verfügten sachlich-rechtlichen Richtigstellungen seien nur insofern rechtmäßig, als rein ärztliche Leistungen über
die Beklagte abgerechnet worden seien. Der Kläger verfüge über eine Belegarztgenehmigung und nicht über eine
Belegzahnarztgenehmigung. Auf Grund der Belegarztanerkennung sei er nicht berechtigt, zahnärztliche Leistungen
über die KVB abzurechnen. Belegärztliche Leistungen im Sinne des § 121 Abs.3 SGB V seien nur solche, die auf der
Belegarztanerkennung beruhten und die in diesem Rahmen erbringbar seien. Eine entsprechende Anwendung des §
121 Abs.3 SGB V über § 72 Abs.1 SGB V sei nicht möglich, da eine belegzahnärztliche Tätigkeit nicht vorliege. Das
bedeute jedoch nicht, dass im Zuge belegärztlicher Behandlung erbrachte zahnärztliche Leistungen nicht abrechenbar
wären. Vielmehr sei § 2 Abs.2b BMV-Z/RK anzuwenden. Danach gehöre zur zahnärztlichen Behandlung auch die
stationäre kassenzahnärztliche Behandlung. Allerdings sei vorgebracht worden, dass der Kläger ärztliche Ziffern in
Ansatz gebracht habe, wofür er eine Vergütung nicht beanspruchen könne. Um eine zahnärztliche Leistung handele
es sich dann, wenn sie entweder rein zahnärztlich sei oder die Hauptleistung dem vertragszahnärztlichen Bereich
zuzuordnen sei. Das Sozialgericht führt weder im Tenor noch in den Gründen aus, welche Leistung ärztlicher bzw.
zahnärztlicher Art und ihre Richtigstellung daher rechtmäßig bzw. rechtswidrig sei.
Dagegen haben zunächst sowohl der Kläger als auch die Beklagte Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht
eingelegt.
Die Beklagte hat im Termin zur mündlichen Verhandlung nach Hinweis des Senats im Behandlungsfall C. S. die
Richtigstellung der BEMA-Nrn. 31,32 und 35 aufgehoben.
Gleichzeitig hat der Kläger seine Berufung nach Erörterung der Sach- und Rechtslage zurück genommen.
Die Beklagte verweist im Übrigen zur Begründung auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 5. Mai 2003.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts München vom 15. März 2006 aufzuheben und die Klage
abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Beklagtenberufung zurückzuweisen.
Die Beigeladenen zu 2. und 3. haben sich dem Antrag der Beklagten angeschlossen.
Die Beigeladene zu 1. hat keinen Antrag gestellt.
Für die weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte, der Streitakte des Sozialgerichts
München sowie der Verfahrensakte des Bayerischen Landessozialgerichts Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten erweist sich als begründet.
Der sowohl als ärztlicher MKG-Chirurg als auch als Zahnarzt zugelassene Kläger hat während der belegärztlichen
Behandlung keinen Anspruch auf Abrechnung von solchen Gebührenziffern gegenüber der Beklagten, deren Inhalt als
belegärztliche Leistungen auch nach dem EBM-Ä gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung hätten abgerechnet
werden können. Denn aufgrund der sich aus dem Status als Vertragsarzt mit Belegarztanerkennung ergebenden
Pflichten verbietet sich eine alternative vertragszahnärztliche Anforderung von auch vertragärztlich
abrechnungsfähigen Leistungen. Die Beklagte war daher zur nachträglichen Richtigstellung aller streitig gebliebenen
Leistungen berechtigt. Das sozialgerichtliche Urteil war daher aufzuheben.
I.
Der Beklagten steht grundsätzlich die Befugnis zu, nach Bekanntgabe eines Honorarbescheids solche
Richtigstellungen vorzunehmen. Sachlich-rechnerische Richtigstellungen können insbesondere erfolgen, wenn sich
herausstellt, dass ein Vertragsarzt vorsätzlich oder aufgrund eines Versehens (einfache Fahrlässigkeit) oder nach
Klärung einer Auslegungsfrage eine bestimmte Gebührenordnungsposition unberechtigterweise angesetzt hat.
Honorarbescheide im Vertragsarztrecht ergehen, ungeachtet ihres Charakters als Verwaltungsakte im Sinne des § 31
SGB X, unter dem Vorbehalt späterer Überprüfung auf ihre Rechtmäßigkeit, mithin als vorläufige Regelungen (BSG
Urteil vom 31.10.2001 - B 6 KA 16/00 R m.w.N.). Die Bestimmungen über die Befugnis der KZÄVen, vertragsärztliche
Honorarbescheide wegen sachlich-rechnerischer Fehler nachträglich zu korrigieren, verdrängen die Regelung des § 45
SGB X. Sie stellen von den Vorschriften des SGB X abweichende Regelungen im Sinne des § 37 Satz 1 SGB I dar
(BSG Urteil vom 31.10.2001, a.a.O.). Honorarbescheide können somit zunächst ohne Bindung an die
Voraussetzungen des § 45 SGB X zurückgenommen werden. Ungeachtet der Überprüfung auf Wirtschaftlichkeit der
Leistungserbringung werden Honorarbescheide im Rahmen der sachlich-rechnerischen Überprüfung erst in vollem
Umfang verbindlich, wenn die bescheidmäßig festgestellten Honorarforderungen umfassend auf sachlich-rechnerische
Richtigstellung überprüft worden sind oder wegen Ablauf der gesetzlichen bzw. bundesmantelvertraglichen oder
gesamtvertraglichen Fristen nicht mehr überprüft werden dürfen. Eine insoweitige Überprüfung, die die Vorläufigkeit
entfallen ließe, hatte die Beklagte zuvor nicht vorgenommen.
Der Kläger kann für die streitgegenständlichen Leistungen eine Teilnahme an der Honorarverteilung nicht
beanspruchen.
Zwar ist dem Kläger darin beizupflichten, dass er - außerhalb belegärztlicher Tätigkeit - eine Wahlmöglichkeit einer
vertragszahnärztlichen Abrechnung oder einer vertragsärztlichen Honorierung von solchen Leistungen besitzt, deren
Leistungsinhalt nach beiden Bewertungsmaßstäben abrechnungsfähig ist, sofern die Abrechnungsvoraussetzungen im
Übrigen erfüllt werden.
Dies ergibt sich aus der zweifachen Zulassung zum einem zur vertragsärztlichen Versorgung als MKG-Chirurg und
zum anderen als Vertragszahnarzt. Denn bei einem Zahnarzt und MKG-Chirurgen bestehen statusrechtliche
Besonderheiten. Das Berufsbild des MKG-Chirurgen ist dadurch geprägt, dass er in seiner Praxis ärztliche und
zahnärztliche Tätigkeiten anbietet. MKG-Chirurgen müssen nach Berufsrecht sowohl ärztlich als auch zahnärztlich
ausgebildet sein. Der MKG-Chirurg muss auch als Zahnarzt approbiert sein, um Facharzt für MKG-Chirurgie werden
zu können (§ 4 Abs.1 Satz 2 BayWBO vom 24. April 2004). Die Doppelqualifikation ist Ausdruck des gewachsenen
Berufsbildes des MKG-Chirurgen. Dessen Besonderheit besteht mithin darin, dass die MKG-Chirurgie die Bereiche der
Chirurgie und der Zahnheilkunde zu einem einheitlichen Beruf verbindet. Das gewachsene Berufsbild ist durch die
Gestattung der ärztlichen als auch der zahnärztlichen Berufsausübung geprägt (BSG Urteil vom 17.11.1999, B 6 KA
15/99, SozR 3-5525 § 20; BayLSG Urteil vom 28. November 2001, L 12 KA 522/00).
Entsprechend gehören die mund-, kiefer-, gesichtschirurgischen Leistungen sowohl zum gleichnamigen fachärztlichen
Gebiet als auch zum zahnärztlichen Spektrum. Deshalb enthalten und bewerten beide Einheitlichen
Bewertungsmaßstäbe (Ärzte/Zahnärzte) unter unterschiedlichen Positionen kieferchirurgische Leistungen von im
wesentlichen gleichen Inhalt. Dem Kläger stehen daher für die Abrechnung solcher kieferchirurgischer Leistungen
jeweils eine vertragsärztliche als auch eine vertragszahnärztliche Gebührenposition offen. Nur soweit er Leistungen
erbringt, die zahnärztlichen, jedoch keinen kieferchirurgischen Inhalt besitzen (z.B. Füllungen, Wurzelbehandlungen),
ist er auf eine Abrechnung allein nach Maßgabe des BEMA-Z beschränkt.
Bereits in der Vergangenheit war anerkannt, dass der Arztgruppe auch eine alternative Abrechnungsmöglichkeit
dergestalt zukommt, im Einzelfall zu entscheiden, welche und wie viele der kieferchirurgischen Leistungen sie jeweils
als ärztliche bzw. zahnärztliche Leistungserbringung abrechnet, sofern die Abrechnungsvoraussetzungen im übrigen
vorliegen (BSG a.a.O., BayLSG vom 28.11.2001 a.a.O.). Davon machen die Arztgruppenangehörigen unter
Honoraroptimierungsgesichtspunkten (Ausnutzung von Budgetobergrenzen, Abrechnungsausschlüsse etc.) auch
regen Gebrauch. An der grundsätzlichen alternativen Abrechnungsbefugnis für die nicht belegärztliche Tätigkeit hält
der Senat ausdrücklich fest (zu den übrigen Abrechnungsvoraussetzungen, insbesondere zur Fallteilung, siehe aber
unten III.).
II.
Die Abrechnungswahlmöglichkeit ärztlicher oder zahnärztlicher Abrechnung einer kieferchirurgischen Leistung besteht
jedoch nicht im Rahmen der belegärztlichen Behandlung.
Kraft vertragsärztlicher Zulassung ist der MKG-Chirurg zur ambulanten Behandlung berechtigt. Gleiches gilt bezogen
auf zahnärztliche Leistungen für den Vertragszahnarzt. Der Kläger vereint aufgrund der zweifachen Zulassung diese
Behandlungsrechte. Das ambulante Behandlungsrecht erstreckt sich aber nicht auf die Behandlung von in einem
zugelassenen Krankenhaus stationär aufgenommenen Patienten. Insoweit ist der stationär zugelassene
Leistungsträger (Krankenhaus) leistungspflichtig und leistungsberechtigt. Die erteilte Belegarztanerkennung stellt hier
ein Bindeglied zwischen den Behandlungsrechten im ambulantem und stationärem Versorgungssektor dar. Sie
erweitert und "verlängert" gleichsam den ambulanten Teilnahmestatus in den stationären Bereich hinein und rechnet
die ärztliche Behandlung auf Belegstationen der ambulanten ärztlichen Tätigkeit zu. Mit ihr ist der Belegarzt zur
Behandlung auch der Belegpatienten berechtigt.
Gleichzeitig wird dem Belegarzt durch Anlage C bzw. Anlage 3 zu den Bayer. Gesamtverträgen RK/EK zwischen der
KVB und den Kassen das Recht eingeräumt, andere Vertragsärzte zur Belegbehandlung hinzuzuziehen. Durch diesen
Akt der "Hinzuziehung" erhalten die nicht belegärztlich anerkannten Vertragsärzte ein belegärztliches
Behandlungsrecht bezogen auf die Leistungen, für die die "Hinzuziehung" erfolgt ist.
Da der Kläger zwar eine Belegarztanerkennung, jedoch keine belegzahnärztliche Anerkennung besitzt, bleibt
festzuhalten, dass der Kläger mangels Erstreckung seines ambulanten zahnärztlichen Teilnahmestatus in den
stationären Sektor zur unmittelbaren zahnärztlichen Leistungserbringung nicht befugt ist.
Selbst wenn man Bedenken der Erstreckung des genannten vertragsärztlichen Gesamtvertrags auf hinzugezogene
Vertragszahnärzte hintan stellt, verstößt der Kläger mit der von ihm konstruierten "Hinzuziehung der eigenen Person
im Status als Vertragszahnarzt" gegen seine vertragsärztlichen Pflichten als belegärztlicher MKG-Chirurg. Denn dem
aus der Zulassung folgenden Teilnahme- und Behandlungsrecht wohnt gleichzeitig auch eine Pflicht zur
Sachleistungserbringung im Rahmen der Grenzen der Zulassung inne. Die Belegarztanerkennung erstreckt die
vertragsärztliche Sachleistungserbringungspflicht auf die belegstationäre Tätigkeit.
Damit ist der Kläger als zugelassener Vertragsarzt mit Belegarztanerkennung verpflichtet, alle im Rahmen des
Fachgebiets der MKG-Chirurgie liegenden vertragsärztlichen Leistungen zu erbringen, soweit dem nicht mangelnde
Kapazität, fehlende persönliche und apparative Befähigung oder fehlende zusätzliche Genehmigungen
entgegenstehen. Ein Abrechnungswahlrecht kann ihm dann angesichts der Sachleistungserbringungspflicht als
Belegarzt bei fehlendem unmittelbaren Teilnahmerecht im (beleg-)stationären Bereich als Vertragszahnarzt nicht mehr
zukommen. Denn verweigert er als belegärztlicher MKG-Chirurg eine vertragärztliche Versorgung des Patienten, um
die zahnärztlichen Gebührenordnungspositionen gleichen Inhalts zu erbringen, erfüllt er seine vertragsärztliche
Behandlungspflichten nicht.
Vertragszahnärztliche Leistungen sind jedoch immer dann nicht abrechnungsfähig, wenn durch die Art und Weise ihrer
Erbringung und Abrechnung gegen Pflichten verstoßen wird, die das System der Leistungserbringung den
Teilnahmeberechtigten auferlegt. Auf die Honorierung der anstelle der verweigerten vertragsärztlichen Leistungen nach
"eigener Hinzuziehung" erbrachten zahnärztlichen Positionen gleichen Inhalts kann der Kläger daher keinen Anspruch
haben.
Nur am Rande ist darauf hinzuweisen, dass eine andere Ansicht eine nicht unerhebliche Verzerrungen des
Gesamtvergütungsgefüges der Vertragsärzte und Vertragzahnärzte mit sich bringen würde. Um die belegärztliche
Versorgung durchführen zu können, erhalten die Kassenärztlichen Vereinigungen zu Lasten der entlasteten
stationären Versorgung eine höhere Gesamtvergütung (belegärztlicher Mehraufwand). Wenn man es nun zulässt, dass
die abrechnungsfähigen und erforderlichen belegärztlichen Leistungsinhalte statt dessen als vertragzahnärztliche
Leistungen abgerechnet werden, führt dies zu einer ungerechtfertigten Belastung der Gesamtvergütung der
Zahnärzteschaft bei spiegelbildlicher Entlastung der Vertragärzte, denen der belegärztliche Aufwand durch
Gesamtvergütungserhöhung vergütet wird.
Als von der vertragsärztlichen Sachleistungserbringungspflicht naturgemäß nicht erfasst stellen sich die nicht
kieferchirurgischen Leistungen, die gleichwohl zum vertragszahnärztlichen Leistungsspektrum zählen, dar. Erweist
sich beispielsweise die Notwendigkeit der Erbringung einer Füllung oder einer Wurzelbehandlung bei einem
Belegpatienten, kann mangels gebietskonformer ärztlichen Leistung eine Abrechnung gegenüber der KV Bayern nicht
erfolgen. Die entsprechenden Leistungen (Behandlungsfall C. S.) hat die Beklagte unstreitig gestellt. Der Senat neigt
der Ansicht zu, dass bei Belegpatienten aufgrund der Loslösung der rein zahnärztlichen Behandlung aus dem ärztlich-
stationären Verantwortungsbereich ein Sachleistungsrecht des auch als Vertragszahnarzt Zugelassenen durchgreift.
Etwas anderes ergibt sich entgegen der klägerischen Auffassung auch nicht aus § 2 Abs.2 BMV-Z/RK. Die Norm
verweist auf die stationäre Behandlung nach § 368g Abs.6 RVO (außer Kraft getreten). Die letztgenannte Vorschrift
betraf die belegärztliche und belegzahnärztliche Behandlung. Eine belegzahnärztliche Behandlung liegt nicht vor. Zwar
sind auf Grund der Verweisungsnorm in § 72 Abs.1 SGB V die §§ 115, 121 SGB V auch für Zahnärzte anwendbar.
Das SGB V ermöglicht damit eine belegzahnärztliche Versorgung. Diese muss jedoch in einem für den stationären
Bereich zugelassenen Krankenhaus im Sinne von § 108 SGB V erfolgen, die eine zahnmedizinische Klinik sein muss.
Der Bedarf an zahnmedizinischen stationären Behandlungen ist vergleichsweise gering, so dass die kraft Gesetzes
zugelassenen Hochschulkliniken, die naturgemäß nicht als Belegkliniken ausgestattet sind, den Bedarf decken. § 2
Abs. 2 BMV-Z/RK erweitert die kassenzahnärztliche Versorgung nur auf die - derzeit nicht vorhandene -
belegzahnärztliche Versorgung und integriert nicht das Belegarztwesen in die vertragszahnärztliche Versorgung.
Auch der Hinweis auf § 121 Abs.3 SGB V und die Bundespflegesatzverordnung hilft nicht weiter.
Soweit im Urteil des Senats vom 28.01.2001 (a.a.O.) die grundsätzliche Abrechnungswahlmöglichkeit
kieferchirurgischer Leistungen -insoweit ohne Begründung - auch für eine Leistungserbringung während
belegstationärem Aufenthalt bejaht wird, hält der Senat hieran nicht mehr fest.
III.
Ungeachtet der obigen Ausführungen erweist sich die überwiegende Mehrzahl der Absetzungen auch deshalb als
rechtmäßig, weil der Kläger darüber hinaus gegen weitere Abrechnungsvoraussetzungen verstoßen hat.
Eine Vielzahl der Richtigstellungen betrifft die Nr. 6003. Bei dieser handelt es sich nicht um eine Ziffer des BEMA-Z,
sondern um eine gesamtvertragliche Kostenerstattung auf Grund des § 2 Abs.4 der Vereinbarung über die Vergütung
für schwer behandelbare bzw. behinderte Patienten vom 01.04.1998 (BHB-Vereinbarung). Der Gesamtvertrag ist
mittlerweile außer Kraft getreten. Danach hatte jeder Vertragszahnarzt für die ambulante Behandlung von Patienten,
die in Krankenhäusern, Praxen oder Tageskliniken in Anwesenheit von Anästhesisten unter Vollnarkose ambulant
zahnärztlich behandelt worden sind, für eine gegenüber diesen Einrichtungen zu entrichtende Gebühr für die
Benutzung der Behandlungseinrichtung eine Pauschalentschädigung erhalten. Nach der in der Verwaltungsakte
enthaltenen Bestätigung des Belegkrankenhauses vom 27.06.2001 wird ein Benutzungszins durch den Kläger nicht
bezahlt. Damit erscheint die Leistungslegende der gesamtvertraglichen Kostenerstattungsnorm nicht erfüllt und deren
Abrechnung als krasser Falschansatz. Hinzu tritt, dass eine zahnärztliche Pauschale für die Durchführung eines
vertragärztlich abgerechneten belegärztlichen Eingriffs unter Vollnarkose nur schwer vorstellbar ist. Die Richtigstellung
der in jedem Fall angesetzten Nr. 6003 ist auch aus diesem Grund daher zu Recht erfolgt.
Daneben darf selbst eine bestehende Abrechnungswahlmöglichkeit nicht zu einer Abrechnung der selben Leistung
sowohl unter der einschlägigen BEMA-Z-Ziffer als auch zusätzlich unter der maßgebenden EBM-Ä-Ziffer führen.
Bei Gegenüberstellung der von der Beklagten beigezogenen Abrechungsausdrucken der Beigeladenen mit den
zahnärztlichen Abrechungseinzelaufstellungen zeigt sich leider, dass der Kläger systematisch Besuchsziffern am
gleichen Tage sowohl gegenüber der KZVB (Ä6 = Nr. 6 GOÄ 1965) als auch ggü. der KVB (Nr. 28 EBM-Ä Regelvisite
auf der Belegstation) abrechnet (für viele: Behandlungsfälle H. L., M. H.). Im übrigen erfüllt das Aufsuchen einer
eigenen Arbeitsstätte (Zweigpraxis, Belegstation) die Voraussetzungen für die Abrechnung einer Besuchsziffer nicht.
Die Ä 6 ist auch aus diesem Grund abzusetzen.
Am gleichen Tage wird beispielweise ggü. der KVB die Nr. 3011 EBM-Ä (Osteotomie) ggü. der KZVB die Nr. 47a
(Ost1) BEMA-Z abgerechnet (siehe Behandlungsfall T. K; siehe auch Abrechnung der Vestibulumplastik Nr. 59
BEMA-Z/Nr. 3046 EBM-Ä: A. H.).
Der Kläger ist auch bei ambulanter, nicht belegärztlicher Behandlung nicht berechtigt, eine zahnärztliche Leistung
anzufordern, die sich als Teil einer übergeordneten Leistung darstellt, die ggü. der KVB abgerechnet worden ist.
Eine Teilleistung einer anderen Leistung liegt unter anderem vor, wenn nur einer von mehreren Schritten, der
Bestandteil beider Leistungen bzw. Leistungskomplexe ist, sich als identisch erweist (Überlappung von
Leistungsbestandteilen). Das sind zunächst einmal alle Leistungen, die ausdrücklich als Merkmal einer anderen
Leistung genannt werden.
Aber auch dann, wenn eine Nennung eines Leistungsmerkmals nicht ausdrücklich erfolgt, scheidet eine zusätzliche
Honorierung aus, wenn nach den Regeln der ärztlichen Kunst eine Leistung sich zwingend als Bestandteil der
übergeordneten Leistung darstellt. Die Problematik besteht vorrangig im Zusammenhang mit Leistungskomplexen und
Operationsleistungen (LSG Baden-Württemberg vom 05.04.1995, L 5 Ka 804/94 und vom 04.09.1996, L 5 Ka
1703/95). Eine Leistung ist somit immer dann Teil einer anderen Leistung, wenn sie von der anderen Leistung in
Bezug auf Technik, Funktion, Zugang, Leistungsinhalt oder den notwendigen Leistungsabschluss umfasst wird. Allein
ein zeitlicher Zusammenhang reicht dagegen nicht aus.
Die übergeordnete Leistung erfasst somit alle Teilschritte, die notwendigerweise im Zuge der übergeordneten
Maßnahme anfallen (Teilschritte der eigentlichen Leistung). Ein einheitlich bewerteter invasiver Eingriff lässt so eine
gesonderte Abrechnung von im Zuge der Operation erbrachten Leistungen (Schnittführung, Entnahme des zu
entfernenden Materials, Schließen der Operationswunde) nicht zu.
Eine Teilleistung kann auch vorliegen, wenn unterschiedliche Methoden der Leistungsdurchführung oder
unterschiedliche Verlaufsformen einer Behandlung abweichende Handlungserfordernisse nach sich ziehen.
Liegt keine Überlappung von Leistungsbestandteilen vor, kann die zusammen mit einer übergeordneten Leistung
erbrachte andere Maßnahme dennoch als untergeordnete Teilleistung zu qualifizieren sein, wenn diese vom Operateur
im Zuge einer anderen Leistung miterbracht wird und der dafür erforderliche Zusatzaufwand im Regelfall hinter dem
Aufwand für die übergeordnete Leistung zurückbleibt (BSG MedR 2000, 201, 203). Erforderlich erscheint damit sowohl
das Bestehen eines Funktionszusammenhangs als auch eine im Über-/Unterordnungsverhältnis stehende Relation
zwischen Aufwand der Nebenleistung und Bewertung der Hauptleistung. Letztgenanntes Merkmal wird nur bei höher
bewerteten diagnostischen und therapeutischen Leistungen überhaupt in Betracht zu ziehen sein. Ein
Typikzusammenhang, wonach die Leistungen üblicherweise oder notwendigerweise mit erbracht werden, ist nicht zu
fordern. Zu Recht wird darauf hingewiesen (vgl. LSG Baden-Württemberg, MedR 1997, 233, 234), dass aufgrund der
Reichweite des Begriffes der "Operation", der umfassend alles zum Eingriff des Operateurs gehörende beinhaltet, eine
großzügige Auslegung geboten ist. Er erfasst zudem auch alle wegen der Durchführung der Behandlung-
/Operationsleistung vorgenommenen Begleit- und Nebenleistungen selbst dann, wenn diese nur bei einer
Minderheitspatientengruppe erfolgten, aus Risikominimierungsgründen besorgt wurden, nur der besseren Darstellung
des Operationsgebiets dienen oder wenn sie, im Gegensatz zu den nach den Regeln der ärztlichen Kunst gebotenen
Nebenleistungen (notwendige Begleitmaßnahmen), nicht zwingend erforderlich sind, weil sie nur den Eingriff oder
dessen Ergebnis erleichtern, fördern oder verbessern (auxiliäre Begleitmaßnahmen). Auch hier genügt aber ein bloßer
zeitlicher Zusammenhang nicht.
Der Kläger rechnet häufig die Nr. 105 BEMA-Z (Mu) neben Nr. 2021 EBM-Ä (Wundbehandlung) ab.
Soweit der Kläger bei kieferchirurgischem Krankheitsbild unter gleichem Datum die Ä 1 (Nr. 1 GOÄ 1965) neben der
Nr. 1 EBM-Ä abrechnet ( z.B. Behandlungsfall V. E.) ist darauf hinzuweisen, dass die Nr. 1 EBM-Ä notwendige
Beratungen abgeltend umfasst (vgl. Anhang 1 zum EBM-Ä). Auch scheint gelegentlich eine Operationsziffer
gegenüber der KVB abgerechnet zu werden, während die am gleichen Tag erfolgende Wundversorgung der KZVB
gesondert in Rechnung gestellt wird (z.B. Behandlungsfall H. St. Ä 154).
Der Senat muss angesichts der bestehenden Absetzungsgründe nicht mehr abschließend die Frage entscheiden,
inwieweit mehrere tatsächliche Behandlungen eines Behandlungsfall bzw. eine einheitliche Behandlung in
vertragärztliche und vertragszahnärztliche Positionen teilbar sind (Fallteilung; z.B. von 2 während einer/zwei
Behandlung(en) durchgeführte Ostoetomien wird die eine ggü. der KÄV, die andere ggü. der KZÄV abgerechnet). Eine
Teilung erscheint den Leistungserbringern im Hinblick auf fallzahlbezogene Budgets günstig. Mittlerweile verbietet die
aktuelle Fassung des BEMA-Z eine solche Fallteilung. Der Senat neigt der Auffassung zu, dass zumindest eine
abrechnungstechnische Aufspaltung eines einheitlichen Behandlungsvorgangs unzulässig ist. Bei selbständigen
Begleitleistungen (ärztlich abgerechnete Wurzelspitzenresektion, tags darauf zahnärztlicher Besuch oder
Mundschleimhautbehandlung/Wundrevision, Reizstrom etc.), die sich nicht als Teilleistungen qualifizieren, neigt er
ferner der Ansicht zu, dass diese dort abzurechnen sind, wo die Hauptleistung angefordert worden ist.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 197 a SGG i.V.m. § 154 Abs.1 VwGO.
Der Senat sah sich veranlasst, im Hinblick auf die grundsätzliche Bedeutung der Frage zahnärztlicher
Leistungsabrechnung während belegärztlicher Behandlung die Revision zuzulassen.