Urteil des LSG Bayern vom 25.06.1998

LSG Bayern: eröffnung des konkurses, aufrechnung, vorläufiger rechtsschutz, aufschiebende wirkung, aussetzung, zwangsvollstreckung, zusicherung, vollziehung, beitragsforderung, konkursgericht

Bayerisches Landessozialgericht
Beschluss vom 25.06.1998 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Nürnberg S 17 KR 304/97 ER
Bayerisches Landessozialgericht L 4 B 95/98 KR ER
I. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 04.03.1998 wird
zurückgewiesen. II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragsgegnerin verlangt von dem früher als Rechtsanwalt tätigen Antragsteller für die Beschäftigung einer bei ihr
versicherten Anwaltsgehilfin Sozialversicherungsbeiträge für die Zeit von Januar 1994 bis Dezember 1995. Die in der
Akte der Antragsgegnerin befindlichen Beitragsbescheide bis einschließlich April 1995 erinnerten den Antraggsteller
an die Beitragsrückstände und enthielten den Vermerk, daß die Ausfertigung zum Zwecke der Zwangsvollstreckung
erteilt werde sowie den Antrag auf Zustellung und Zwangsvollstreckung.
Der Antragsteller machte gegen zwei dieser Bescheide geltend, er rechne mit Kostenerstattungsansprüchen aus
einem früheren Streitverfahren auf, mit dem er beim Bundessozialgericht obsiegt habe. Die Antragsgegnerin teilte am
04.08.1994 dem Antragsteller mit, sie habe das Guthaben aus freiwilligen Krankenversicherungsbeiträgen in der Zeit
von Oktober 1985 bis Juli 1986 in Höhe von 1.604,71 DM am 19.11.1993 erstattet. Derzeit schulde der Antragsteller
für die Zeit vom 01.01.1994 bis 30.06.1994 1.427,37 DM einschließlich Säumniszuschlägen und
Vollstreckungskosten. Eine Aufrechnung mit der Beitragsforderung sei wegen fehlender Pfändbarkeit der
Sozialversicherungsbeiträge und mangels Gegenseitigkeit nicht zulässig. Die Antragsgegnerin gab mit Schreiben vom
24.11.1994 die Sozialversicherungsbeiträge für die Zeit vom 01.01.1994 bis 31.10.1994 mit 2.377,85 DM an und
drohte wegen des fruchtlos verlaufenen Pfändungsversuchs mit der Stellung des Konkursantrages. Hiergegen machte
der Antragsteller Rechtsanwaltsgebühren aus dem früheren Streitverfahren in Höhe von 3.103,80 DM geltend.
Mit dem beim Amtsgericht Nürnberg - Konkursgericht - gestellten Konkursantrag vom 16.03.1995 gab die
Antragsgegnerin ihre Beitragsforderung für die Zeit vom 01.01.1994 bis 28.02.1995 in Höhe von 3.653,91 DM
einschließlich Nebenkosten zuzüglich Säumniszuschlägen an. Aus einer Rückstandsaufstellung der Antragsgegnerin
ergab sich ein Gesamtrückstand der Gesamtsozialversicherungsbeiträge bis 31.05.1995 in Höhe von 4.355,19 DM.
Der Antragsteller beantragte am 22.06.1995 beim Sozialgericht Nürnberg (SG), die Zwangsvollstreckung im Wege
einer einstweiligen Anordnung einzustellen und machte mit der am gleichen Tage erhobenen Klage (S 17 Kr 89/95)
geltend, seine Gegenansprüche seien abweichend von der Auffassung der Antragsgegnerin nicht verjährt. Die
Antragsgegnerin verzichtete mit Schreiben vom 28.06.1995 auf die Einrede der Verjährung bezüglich der Forderung
des Antragstellers auf Ausgleich der notwendigen außergerichtlichen Kosten aus dem seinerzeit vor dem
Bundessozialgericht anhängigen Verfahren und gab nach Teilaufrechnung des Kostenerstattungsanspruchs in Höhe
von 1.903,80 DM mit den bestehenden Beitragsforderungen den restlichen Beitragsrückstand zum 31.05.1995 mit
2.660,39 DM an. Demgegenüber war der Antragsteller der Auffassung, er habe höhere Gegenforderungen sowie einen
Schadensersatzanspruch gegen die Antragsgegnerin.
Mit Beschluss vom 18.07.1995 lehnte das SG den Antrag auf Aussetzung der Zwangsvollstreckung aus den
Beitragsbescheiden mit der Begründung ab, die Antragsgegnerin habe trotz Aufrechnung weitere Beitragsforderungen.
Eine weitergehende Aufrechnung des Antragstellers sei unzulässig, weil die behaupteten Forderungen weder voll
wirksam noch fällig seien. Die dagegen eingelegte Beschwerde des Antragstellers wurde vom Bayerischen Landesso-
zialgericht mit Beschluss vom 03.01.1996 wegen Versäumung der Beschwerdefrist verworfen.
Laut Kontoauszug vom 17.08.1995 betrug die Beitragsschuld des Antragstellers bis Juni 1995 nach Berücksichtigung
der Teilaufrechnung 2.739,85 DM. Die Antragsgegnerin erließ weitere Beitragsbescheide für die Monate September
und Dezember 1995, gegen die der Antragsteller jeweils Widerspruch einlegte. Sie errechnete mit den Bescheiden
vom 30.01.1996 und 14.02.1996 weitere Forderungen aus Beitragserhöhungen und stellte mit Bescheid vom
22.01.1997 die Gesamtschuld für die Zeit von Januar bis Dezember 1995 in Höhe von 2.457,56 DM fest; hiergegen
legte der Antragsteller Widerspruch ein. Den gleichen Betrag gab sie im Schriftsatz vom 24.09.1997 an das SG an.
Mit dem erneuten Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz vom 25.06.1997 hat der Antragsteller beim SG geltend
gemacht, die Antragsgegnerin sei zur Stellung des Konkursantrags wegen der erklärten Aufrechnung nicht berechtigt
gewesen. Nach Ablehnung des Vorsitzenden der zuständigen Kammer des SG hat der Antragsteller mitgeteilt, er
habe u.a. Gebührenansprüche gegen die Beklagte aus Anwaltstätigkeit in Höhe von insgesamt über 7.000,- DM, mit
denen er aufrechne. Die Antragsgegnerin hat mit dem Schreiben vom 18.02. und 24.02.1998 erklärt, sie wolle wegen
einer möglichen außergerichtlichen Erledigung das Konkursantragsverfahren einstweilen aussetzen; dieses Begehren
ist vom Amtsgericht Nürnberg-Konkursgericht abgelehnt worden.
Das SG hat mit Beschluss vom 04.03.1998 den Antrag auf Aussetzung der Vollstreckung in das Gesamtvermögen
des Antragstellers als unzulässig abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, es habe bereits mit Beschluss vom
08.07.1995 über die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung entschieden. Der erneut gestellte Antrag auf einstweiligen
Rechtsschutz sei unzulässig, da er den abgelehnten Antrag lediglich wiederhole. Eine Änderung in der Sach- und
Rechtslage sei nicht erkennbar, da der Konkurs über das Vermögen des Antragstellers bislang nicht eröffnet worden
sei und lediglich vorbereitende Maßnahmen getroffen worden seien. Für den hilfsweise gestellten Antrag, den
Konkursantrag für unzulässig zu erklären, sei der Rechtsweg zu den Zivilgerichten eröffnet, nicht jedoch zu den
Sozialgerichten. Im übrigen fehle dem Antrag das Rechtsschutzbedürfnis, da die Antragsgegnerin das
Konkursantragsverfahren nicht weiter betreiben wolle.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers vom 07.04.1998, mit der u.a. geltend macht (Schriftsatz
vom 22.05. 1998), eine Konkursforderung der Antragsgegnerin bestehe nicht. Die Gegenfordeurng sei nur noch der
Höhe nach streitig. Ihm stehe u.a. ein Schmerzensgeldanspruch gegen die Antragsgegnerin in Höhe von 5.000,- DM
wegen Nötigung sowie eine Verzinsung in Höhe von 13 v.H. zu. Seine Ansprüche seien nicht verjährt und die
Aufrechnung sei zulässig. Mit den weiteren Schreiben, die jeweils vom Senat der Gegenseite bekannt gegeben
worden sind, trägt er vor, das Amtsgericht Nürnberg-Konkursgericht habe gegen ihn einen Vorführbefehl bzw.
Haftbefehl erlassen, um durch ein Gutachten eines Rechtsanwalts Auskunft über seine Vermögensverhältnisse zu
erhalten.
Der Antragsteller beantragt,
den angefochtenen Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 04.03.1998 aufzuheben und dahingehend zu
entscheiden: Der Antragsgegnerin wird untersagt, den Konkursantrag zu stellen bzw. mangels Konkursfor- derung
weiter zu verfolgen oder hilfsweise, es wird festgestellt, daß der Konkursantrag der Antragsgegnerin mangels
Konkursforderung unberechtigt - hilfsweise unzulässig ist bzw. der Antragsgegnerin wird aufgegeben, den
Konkursantrag zurückzunehmen, hilfsweise bis zur Klärung im Hauptverfahren zurückzunehmen.
Ferner beantragt er,
jede andere Entscheidung, die seinem erkennbaren und nach dem Sachverhalt zwingenden Begehren und dem vom
Grundgesetz gewährleisteten Rechtsschutz entspricht, sowie jede andere Entscheidung, die u.a. auch zur
Vermeidung eines wiederholten Antrags jeden anders formulierten Neuantrag überflüssig macht.
Weiterhin beantragt er,
seine Verhaftung durch den Gerichtsvollzieher zu verhindern und das Konkursgericht und den Gerichtsvollzieher
davon zu unterrichten.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag auf einstweilige Anordnung zurückzuweisen.
Sie macht geltend, das Ruhen des Konkursantragsverfahrens sei vom zuständigen Amtsgericht Nürnberg abgelehnt
worden. Die Beitragsforderung in Höhe von 2.457,56 DM bestehe zu Recht; über die im Widerspruchsbescheid vom
16.04.1998 berücksichtigten Beträge würden Aufrechnungen des Antragstellers nicht anerkannt. Gebührentatbestände
für die geltend gemachten Anwaltskosten seien nicht ersichtlich. Der Schmerzensgeldanspruch entbehre jeglicher
Grundlage.
Beigezogen wurden die Akten der Antragsgegnerin und des SG, auf deren Inhalt im übrigen Bezug genommen wird.
II.
Die frist- und formgerecht eingelegte Beschwerde, der das SG nicht abgeholfen hat, ist zulässig (§§ 172, 173, 174
SGG). Das rechtliche Gehör wurde gewährt. Der Antragsgegnerin wurden sämtliche Schriftsätze des Antragstellers
mit Einräumung einer angemessenen Äußerungsfrist zugänglich gemacht. Bei der Klage eines Arbeitgebers gegen
den Sozialversicherungsträger auf Rücknahme eines Konkursantrags ist der Rechtsweg zu den Gerichten der
Sozialgerichtsbarkeit gegeben (Bundessozialgericht - BSG - vom 09.11.1977, E 45, 109). Entsprechendes gilt auch
für die Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes.
Die Beschwerde ist unbegründet. Der Antragsteller kann nicht mit Recht im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes
von der Antragsgegnerin verlangen, daß sie den Konkursantrag zurücknimmt oder auf anderem Wege die Beitreibung
der Beitragsrückstände unterläßt.
Das Grundrecht auf wirksamen Rechtsschutz (Art.19 Abs.4 GG) gestattet über die im SGG geregelten Fälle hinaus,
Lücken des vorläufigen Rechtsschutzes durch entsprechende Anwendung der Bestimmung der
Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), d.h. des § 123 VwGO für den Erlaß einstweiliger Anordnung und des § 80 Abs.5
VwGO für die Aussetzung der Vollziehung, zu schließen (BVerfG vom 19.10.1977, NJW 1978, 693; Meyer-Ladewig,
SGG, 6.Aufl., § 97, Rdnr. 13 ff.; Kummer, Das sozialgerichtliche Verfahren, Rdnr. 243 ff.; Krasney/Udsching,
Handbuch des so- zialgerichtlichen Verfahrens, 2.Aufl., Kapitel IV, Rdnr.108 ff.). Da der Antragsteller sich gegen
belastende Maßnahmen wendet, insbesondere gegen die Stellung des Konkursantrags, liegt es nahe, § 80 Abs.5
VwGO entsprechend anzuwenden. Es kann aber im vorliegenden Verfahrenn dahingestellt bleiben, ob in der Stellung
eines Konkursantrages durch die Krankenkasse gegenüber dem Beitragsschuldner (Gemeinschuldner) ein
Verwaltungsakt (§ 39 SGB X) zu sehen ist (verneinend BSGE 45, 109; bejahend Kilger u.a., Konkursordnung,
17.Aufl., § 103, Anm.6).
Dem Begehren des Antragstellers steht nicht entgegen, daß er den Erlaß einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123
VwGO beantragt hat. Denn auf die Fassung des gestellten Antrags kommt es nicht an (§ 123 SGG), d.h. je nach dem
erkennbaren Ziel des Rechtsschutzbegehrens muß das Gericht einen nach § 123 VwGO gestellen Antrag als einen
Antrag nach § 80 Abs.5 VwGO behandeln, wenn der Sache nach nur ein solcher in Betracht kommt (Kopp, VwGO
10.Aufl., § 123, Rdnr.5 m.w.N.).
Im vorliegenden Fall sind beide Rechtsbehelfe unbegründet.
Entsprechend § 80 Abs.5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung anordnen oder
wiederherstellen, wenn die Vollziehung für den Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche
Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Wie der Senat bereits mehrmals entschieden hat (Beschlüsse vom
13.02.1998, L 4 B 432/97 Kr-Er) läßt sich durch Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes bei der Aussetzung
der Vollziehung auch § 80 Abs.4 Satz 3 VwGO heranziehen. Das heißt bei der Anforderung öffentlicher Abgaben und
Kosten, wozu auch die Beitreibung von Beitragsrückständen im Wege der Zwangsvollstreckung gehört, kann die
Vollziehung ausgesetzt werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Verwaltungsakte bestehen
(Meyer-Ladewig, a.a.O., Rdz.13c; Kummer, a.a.O., Rdnr. 244; derselbe in von Maydell/Ruland,
Sozialrechtshandbuch, Kap.13, Rdz.244 m.w.N. auf die Rechtsprechung der Landessozialgerichte). Auch wenn der
Senat allein auf § 80 Abs.4 Satz 3 VwGO abstellt (zum Meinungsstreit vgl. Krasney/ Udsching a.a.O. Rdnr.110, die
nicht mehr rückgängig zu machende Nachteile voraussetzen), kann vorläufiger Rechtsschutz nicht gewährt werden,
da der Senat aufgrund einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage keine ernstlichen Zweifel an der
Rechtmäßigkeit der Beitragsbescheide und der Beitreibung der Beitragsrückstände hat.
Maßgebend ist hierbei eine Prüfung der Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens sowie eine Interessenabwägung
(Schoch u.a., VwGO, § 80, Rdnr.251 ff). Nach allgemeiner Meinung ist in einem Stufensystem die offensichtliche
Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bzw. die Erfolgsaussicht im
Hauptsacheverfahren sowie das Dringlichkeitsinteresse zu prüfen. Bei der Interessenabwägung ist das öffentliche
Interesse an der Beitreibung der Beitragsschulden mit dem privaten Interesse des Antragstellers auf Aussetzung der
Vollstreckung abzuwägen. Bei Beitragsbescheiden gilt in ansprechender Anwendung des § 80 Abs.4 Satz 3 VwGO,
daß die Aussetzung nur erfolgen soll, wenn die ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßgkeit des angegriffenen
Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht
durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Dies ist zu verneinen.
Folgt der Senat der Ansicht des BSG (a.a.O.), das den Antrag auf Eröffnung des Konkurses nicht als Vewaltungsakt
gegen den Gemeinschuldner ansieht, ist das Begehren auf vorläufigen Rechtsschutz gleichwohl abzulehnen. Denn die
Voraussetzungen des hier entsprechend anzuwendenden § 123 VwGO sind nicht erfüllt (vgl. Meyer-Ladewig, § 97
SGG, Rdnr.23 ff). Denn es besteht nicht die Gefahr, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die
Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Es ist auch nicht
eine Regelung eines vorläufigen Zustandes in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis nötig, um wesentliche
Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen. Durch die zwangsweise
Beitreibung der Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von etwa 2.000,- bis 3.000,- DM wird nicht ein Recht des
Antragstellers vereitelt oder dessen Verwirklichung wesentlich erschwert. Ob durch die Aufrechnung die Forderung der
Antragsgegnerin ganz oder teilweise erloschen ist, kann mangels schlüssiger Darlegung im vorliegenden Verfahren
nicht entschieden werden und würde die endgültige Entscheidung in der Hauptsache unzulässigerweise
vorwegnehmen.
Die Antragsgegnerin ist an das am 24.02.1998 erteilte Angebot, das Konkursverfahren vorübergehend nicht betreiben
zu wollen, nicht gebunden. Nach § 34 Abs.3 SGB X ist die Behörde an eine Zusicherung nicht mehr gebunden, wenn
sich nach Abgabe der Zusicherung die Sach- oder Rechtslage derart ändert, daß die Behörde bei Kenntnis der
nachträglich eingetretenen Änderung die Zusicherung nicht gegeben hätte oder aus rechtlichen Gründen nicht hätte
geben dürfen. Die Antragsgegnerin hat diese Zusicherung lediglich im Hinblick auf eine außergerichtliche
Lösungsmöglichkeit erteilt, die aber durch das Verhalten des Antragstellers gescheitert ist. Zu einer Erneuerung der
Zusicherung bzw. zu einem weiteren Entgegenkommen ist die Antragsgegnerin nicht verpflichtet.
Vielmehr ergibt sich aus den §§ 28 b bis 28 n und § 28 r Sozialgesetzbuch IV (SGB IV), daß die Antragsgegnerin
verpflichtet ist, die Zahlung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge durch den Arbeitgeber zu überwachen und
Beitragsansprüche, die nicht rechtzeitig erfüllt worden sind, geltend zu machen (§ 28 h Abs.2 SGB IV). Diese
gesetzliche Vorschrift des SGB IV überträgt den Einzugsstellen die Entscheidung über die Versicherungs- bzw.
Beitragspflicht und die Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung. Die
Beitragsüberwachung und der Beitragseinzug liegen im öffentlichen Interesse, da die Sozialversicherungsträger mit
diesen Beiträgen ihre Leistungen pünktlich und vollständig zu erbringen haben bzw. im Bereich der
Krankenversicherung die Leistungserbringer honorieren müssen. Im vorliegenden Falle ergibt sich aus den Akten der
Antragsgegnerin, daß die meisten Beitragsbescheide bindend geworden sind (§ 77 SGG). Der Antragsteller hat nicht
gegen alle Bescheide Widerspruch eingelegt. Damit sind die nicht angefochtenen Beitragsbescheide nach ihrem
materiellen Gehalt verbindlich geworden.
Ob über die teilweise Aufrechnung hinaus der Antragsteller weitere Forderungen gegen die Antragsgegnerin hat, die zu
einem völligen Wegfall der Forderungen der Antragsgegnerin im Wege der Aufrechnung (§ 387 BGB) führen würden,
läßt sich im vorliegenden Verfahren nicht klären, sondern muß der Entscheidung in der Hauptsache vorbehalten
bleiben. Wie der Bevollmächtigte des Antragstellers nämlich eingeräumt hat, ist die Höhe der Forderungen, mit denen
der Antragsteller aufrechnet, zweifelhaft. Die Antragsgegnerin hat jedenfalls im Anschluß an die zusammenfassende
Aufstellung der Forderungen im Schriftsatz des Antragstellers vom 21.02. 1998 deren Höhe und im Hinblick auf die
Schmerzensgeldforderung auch deren Grundlage bestritten. Da eine genaue Prüfung der Forderung des Antragstellers
im vorliegenden Verfahren nicht möglich ist, verbleibt es bei dem überwiegenden Interesse der Antragsgegnerin an der
Durchsetzung der Beitragsforderungen. Der Senat hat im Rahmen der Güterabwägung auch berücksichtigt, daß der
Antragsteller sich einer sachgerechten Lösung der Beitragsangelegenheit in nicht zu billigender Weise widersetzt hat.
Es ist auch ferner nicht zu erkennen, daß die Durchsetzung der Beitragsforderung für den Antragsteller eine unbillige
Härte zur Folge hätte, wie dies z.B. bei einem schweren Eingriff in die Rechte des Betroffenen und/oder bei nicht oder
nur schwer, unter unzumutbaren Kosten zu beseitigenden Folgen der Fall wäre (Kopp, a.a.O., Rdnr.82). Der
Antragsteller hat weder dargelegt noch glaubhaft gemacht, daß er nicht in der Lage ist, die Restforderung der
Antragsgegnerin in Höhe von 2.457,56 DM wenigstens vorläufig für die Dauer des Streitverfahrens zu erfüllen. Hierzu
wäre eine Offenlegung seiner Vermögensverhältnisse sowie seiner Einnahmen und Ausgaben erforderlich. Er war aber
weder vor, noch, soweit ersichtlich, nach Stellung des Konkursantrags bereit, hierüber Auskunft zu geben. Die
Durchführung des Konkursverfahrens allein ist kein ausreichender Nachweis, daß er zur Beitragszahlung nicht in der
Lage gewesen war bzw. ist.
Für die Abwicklung des Konkursverfahrens und die Überprüfung einzelner Maßnahmen des Konkursgerichts, z.B.
Haftbefehl, ist der Senat sachlich nicht zuständig; denn insoweit ist der Rechtsweg zu den Gerichten der
Sozialgerichtsbarkeit nicht gegeben (§ 51 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).