Urteil des LSG Bayern vom 18.05.2005

LSG Bayern: soziale sicherheit, versicherungsverhältnis, altersrente, mitgliedschaft, wartezeit, anerkennung, arbeitsentgelt, abkommen, verwaltungsverfahren, rücknahme

Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 18.05.2005 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Augsburg S 14 R 245/04
Bayerisches Landessozialgericht L 13 R 155/05
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 24. Januar 2005 wird
zurückgewiesen. II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger, ein 1927 geborener marokkanischer Staatsangehöriger, begehrt von der Beklagten Rentenleistungen nach
Erstattung seiner zur LVA Rheinprovinz in der Zeit vom 18.03.1963 bis 11.04.1968 entrichteten Beiträge.
Mit einem am 09.10.2003 eingegangenen Schreiben ersuchte der Kläger die Beklagte, ihm eine "Alterspension" zu
bezahlen, weil er in Deutschland gearbeitet habe.
Mit Bescheid vom 03.11.2003 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen Alters ab, weil die zur deutschen
Rentenversicherung entrichteten Beiträge erstattet und danach keine Beiträge mehr entrichtet worden seien.
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch, weil er sich als Analphabet bei der Erstattung der Beiträge nicht über die
Konsequenzen im klaren gewesen sei. Jetzt wünsche er eine finanzielle Unterstützung bzw. eine Anerkennung seiner
Arbeitstätigkeit in Deutschland, zumal er sich in einer schlechten wirtschaftlichen Lage befinde.
In einem Schreiben klärte die Beklagte den Kläger über den Sachverhalt auf, wonach mit Erstattungsbescheid der
LVA Rheinprovinz vom 09.02.1980 die in der Zeit bis zum 11.04.1968 entrichteten Rentenversicherungsbeiträge
zurückerstattet worden seien. Dadurch sei das bis dahin existierende Versicherungsverhältnis aufgelöst worden.
Ansprüche aus den bis zur Erstattung zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten bestünden daher nicht mehr. Im
Zeitraum danach seien keine weiteren, nicht erstatteten Beitragszeiten, schon gar nicht im Umfang von 5 Jahren, in
Deutschland zurückgelegt worden. Ein Anspruch auf Gewährung der Regelaltersrente bestehe somit mangels der
erforderlichen Wartezeit nicht.
Mit Widerspruchsbescheid vom 01.04.2004 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 03.11.2003
zurück.
Hiergegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Augsburg (SG) erhoben und sein bisheriges Vorbringen wiederholt.
Er habe in Deutschland gegen Entgelt gearbeitet und bitte nun um eine Altersrente.
Durch Gerichtsbescheid vom 24.01.2005 wies das SG die Klage ab. Die Erstattung der Beiträge sei wirksam erfolgt
und habe das damals bestehende Versicherungsverhältnis aufgelöst. Damit stünden dem Kläger keine Ansprüche
mehr zu. Die Träger der Rentenversicherung hätten regelmäßig auf die Folgen einer Beitragserstattung hingewiesen,
so dass sich der Kläger nicht auf eine Unkenntnis berufen könne.
Hiergegen hat der Kläger mit gleich bleibender Begründung Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt.
Mit Schreiben vom 11.04.2005 behauptet der Kläger von 1963 bis 1971 in Deutschland an einer Baustelle für die
Firmen G.B. in D. und T. gearbeitet zu haben. Zum Beweis legt er für den Monat März 1968 eine Lohnabrechnung der
Firma G.B. Co Bauausführungen, D., vor.
Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts Augsburg vom
24.01.2005 sowie unter Abänderung des Bescheides der Beklagten vom 03.11.2003 in der Fassung des
Widerspruchsbescheids vom 01.04.2004 zu verurteilen, ihm Altersrente zu leisten.
Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten erster und zweiter Instanz und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung ist auch ansonsten zulässig. In der Sache selbst ist sie aber nicht
begründet.
Der Senat weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung des SG als unbegründet zurück und
sieht daher - insbesondere was die Voraussetzungen einer Regelaltersrente und die Folgen einer Beitragserstattung
betrifft - bis auf das Folgende von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs.2 SGG in der
Fassung des Vereinfachungsnovelle vom 11.01.1993).
Der Anspruch auf eine Rente setzt die Mitgliedschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung voraus. Versicherte und
ihre Hinterbliebenen haben Anspruch auf Rente, wenn die für die jeweilige Rente erforderliche
Mindestversicherungszeit (Wartezeit) erfüllt ist und die jeweiligen besonderen versicherungsrechtlichen und
persönlichen Voraussetzungen vorliegen (§ 34 Abs.1 SGB VI). Versicherte haben weiterhin Anspruch auf Altersrente,
wenn sie 1. das 65. Lebensjahr vollendet und 2. die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (§ 35 Abs.1 SGB VI).
Ungeachtet des Vorliegens der Mindestversicherungszeit fehlt es schon am Tatbestand des "Versichertseins" bzw.
der Mitgliedschaft. Dieser Status ist beim Kläger mit Erstattungsbescheid der LVA Rheinprovinz vom 09.02.1980 und
tatsächlicher Vornahme der Erstattung - woran der Senat, gestützt auf die Ermittlungsergebnisse der Beklagten, keine
Zweifel hat - erloschen. Durch die Beitragserstattung sind weitere Ansprüche aus den bisher zurückgelegten
Versicherungszeiten ausgeschlossen worden (vgl. § 1303 Abs.7 RVO als zum Zeitpunkt des Eintritts der Rechtsfolge
geltende Rechtsnorm). Damit kommt es auch nicht darauf an, ob der Kläger weitere Versicherungszeiten in Marokko
hat und eine Zusammenrechnung und Weiterleitung des in Deutschland gestellten Rentenantrags nach dem
Abkommen vom 25.03.1981 über Soziale Sicherheit und der Vereinbarung vom 19.04.1984 zur Durchführung des
Abkommens-Gesetz vom 10.04.1986 zu erfolgen hat.
Die Behauptung des Klägers noch bis 1971, nach dem Erstattungszeitraum, in Deutschland gearbeitet zu haben, hat
nicht zum Beweis einer später vorliegenden Mitgliedschaft in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung geführt.
Eine Beitragsabführung nach dem 11.04.1968 ist nicht bewiesen. Weder ist eine Kontenklärung mit einem
entsprechenden Vormerkungsbescheid darüber vorhanden, noch eine Versicherungskarte, noch kann der Kläger
glaubhaft machen, dass im Zeitraum zwischen dem 11.04.1968 und 1971 ein Versicherungsverhältnis bestanden hat
und Beiträge dafür gezahlt worden sind (§ 203 Abs.1 SGB VI) oder dass der auf den Kläger entfallende Beitragsanteil
vom Arbeitsentgelt abgezogen worden ist (§ 203 Abs.2 SGB VI). Erst recht kann er nicht beweisen, dass
Beschäftigungszeiten im fraglichen Zeitraum ordnungsgemäß den Trägern der Rentenversicherung gemeldet worden
sind (§ 199 Satz 1 SGB VI).
Der Kläger konnte nur gemäß § 203 Abs.2 SGB VI durch die Übersendung seiner Lohnabrechnung glaubhaft machen,
dass er im März 1968 versicherungspflichtig beschäftigt gewesen ist und ein Beitragsabzug vom Arbeitgeber erfolgt
ist. Das insoweit begründete Versicherungsverhältnis ist aber durch die im Jahre 1980 erfolgte Beitragserstattung
erloschen. Wegen dieser Erstattung im Jahre 1980 ist es auch höchst unwahrscheinlich, dass weitere
Pflichtbeitragszeiten nach dem 11.04.1968 vorhanden sind.
Einen Anspruch darauf, die Rechtsfolgen der Beitragserstattung zu beseitigen, hat der Kläger in diesem Verfahren
nicht. Es liegen keine Gründe dafür vor, dass die damals erfolgte Regelung der Beklagten nichtig (§§ 40, 41 SGB X)
und wirkungslos (§§ 39, 42, 43 SGB X) ist. Im gegenständlichen Verwaltungsverfahren hat die Beklagte im Übrigen
keine Regelungen über die Rücknahme der Erstattungsentscheidung getroffen und der Kläger insoweit auch keinen
Anspruch dazu erhoben.
Zusammenfassend ist somit der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg nicht zu beanstanden. Die Berufung
ist zurückzuweisen
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten (§ 193 SGG).
Die Revision ist nicht zuzulassen (§ 160 Abs.2 SGG).