Urteil des LSG Bayern vom 05.05.2010

LSG Bayern: firma, aufnehmen, arbeitsstelle, arbeitsgericht, arbeitsunfähigkeit, stadt, vergleich, subjektiv, arbeitsentgelt, eingliederung

Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 05.05.2010 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Augsburg S 1 AL 639/04
Bayerisches Landessozialgericht L 9 AL 303/07
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 23. August 2007 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit
zwischen dem Ende des Verletztengeldbezuges (13. August 2003) und dem Abschluss eines Vergleichs vor dem
Arbeitsgericht B-Stadt am 20. November 2003 also für die Zeit vom 14. August 2003 bis zum 19. November 2003 zu
zahlen.
Der 1952 geborene Kläger ist gelernter Hochofen-Facharbeiter und war bei der Firma M. AG Firma M. zuletzt als
Gruppenführer versicherungspflichtig beschäftigt. Am 8. Mai 2001 wurde er Opfer eines arbeitsplatzbedingten
Totschlagsversuchs. Der Täter wurde mit Urteil des Landgerichts B-Stadt vom 6. Dezember 2001 wegen
Totschlagsversuchs in Tatmehrheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren
verurteilt.
Die Süddeutsche Metall-BG hatte dem Kläger am 7. Mai 2003 mitgeteilt, dass die Verletztengeldzahlung zum 26. Mai
2003 eingestellt werde, weil qualifizierende Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht möglich seien. Es verbleibe
die Möglichkeit, sich mit dem Arbeitgeber über die Zuweisung eines geeigneten Arbeitsplatzes zu einigen. Ansonsten
könne Antrag auf Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gestellt werden. Es bestehe dann die Möglichkeit,
sich für die Zwischenzeit bei der Agentur für arbeitslos zu melden.
Der Kläger machte von der Möglichkeit, Rentenantrag zu stellen keinen Gebrauch und erhob am 25. Juni 2000 gegen
die Firma M. Klage zum Arbeitsgericht B-Stadt. Er beantragte eine Weiterbeschäftigung im Rahmen der bisherigen
vertraglichen Bedingungen aber außerhalb seiner bisherigen Abteilung.
Mit Schreiben vom 2. Juli 2006 führte die Firma M. gegenüber dem Prozessbevollmächtigten des Klägers im
arbeitsgerichtlichen Verfahren aus, die Arbeitsleistung des Klägers sei nie abgelehnt worden. Man habe jedoch Zweifel
an der Arbeitsfähigkeit des Klägers. Dem Kläger sei am 19. Mai und am 22. Mai 2003 seine bisherige Einsatztätigkeit
wieder angeboten worden. Man entnehme dem Vorbringen des Klägers, dass er wieder arbeitsfähig sei. Danach fehle
er unentschuldigt an seinem Arbeitsplatz seit dem 26. Mai 2003. Man bitte um schnellstmögliche Klärung der
Abwesenheitsgründe und um Mitteilung, wann der Kläger seine Tätigkeit wieder aufnehmen werde.
Im Rahmen des arbeitsgerichtlichen Verfahrens trug der Prozessbevollmächtigte des Klägers am 1. Oktober 2003 vor,
die angebotene Stelle als angelernter Former sei mit einem geringeren Lohn verbunden und nur mit einer Lohngarantie
für 2 Monate. Zudem sei die Stelle erneut im gleichen Arbeitsbereich. Es werde bestritten, dass weitere Arbeitsplätze
nicht angeboten werden könnten. Auch das Arbeitsgericht habe bereits darauf hingewiesen, dass eine Verpflichtung
der Beklagten zu einer Versetzung des Klägers auf einen zumutbaren Arbeitsplatz in Betracht komme.
Ebenso erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Augsburg gegen die Beendigung der Verletztengeldzahlung. Dieses
Klageverfahren gegen die Süddeutsche Metal - BG (S 8 U 366/03) wurde am 31. Mai 2005 durch die vergleichsweise
Regelung beendet, mit der die Verletztengeldzahlung bis 13. August 2003 verlängert wurde.
Am 28. Mai 2003 meldete sich der Kläger arbeitslos und beantragte Alg. Er sei noch bis zum 26. Mai 2003
krankgeschrieben gewesen, seine Vermittlungsfähigkeit sei weder nach Tätigkeit noch nach Arbeitsstunden
eingeschränkt. Er sei bereit, alle Möglichkeiten zu nutzen, um seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden. Auch habe
er noch Ansprüche gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber. Als Grund gab er an: "ein anderer Arbeitsplatz".
In der Arbeitsbescheinigung vom 3. Juni 2003 gab die Firma M. an, der Kläger sei vom 9. April 1979 bis derzeit als
Ausleerer beschäftigt gewesen. Seit dem 19. Juni 2001 sei er krank und habe kein Arbeitsentgelt erhalten. Die
Beklagte vermerkte: "Arbeitsverhältnis wurde nicht gekündigt. Anspruch auf Betriebsrente besteht. Versicherter kann
die Tätigkeit nicht mehr ausüben. Anderer Arbeitsplatz konnte durch die Firma nicht angeboten werden".
Über die persönliche Vorsprache des Klägers am 28. Mai 2003 vermerkte die Beklagte, er habe mitgeteilt, sein
Arbeitgeber könne ihm keinen anderen Arbeitsplatz zur Verfügung stellen. Er sei auf die Regelung des § 125 SGB III
angesprochen worden. Er habe erklärt, er wolle keinen Rentenantrag stellen, da er sich wieder arbeitsfähig erkläre für
einen anderen Arbeitsplatz. Das Arbeitsverhältnis sei bisher nicht gekündigt. Er stehe für die Tätigkeit eines
Kranfahrers oder Baggerfahrers uneingeschränkt zur Verfügung.
Mit Bescheid vom 10. Juli 2003 lehnte die Beklagte eine Leistungsgewährung ab, weil der Kläger weiterhin
Arbeitnehmer sei und deswegen nicht arbeitslos. Er sei noch mehr als 15 Stunden wöchentlich tätig. Dagegen legte
der Kläger durch seinen Bevollmächtigten am 5. August 2003 Widerspruch ein. Das Beschäftigungsverhältnis bei der
Firma M. in B-Stadt sei bisher ungekündigt. Trotzdem werde der Kläger nicht weiter beschäftigt, eine
Weiterbeschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz werde von der Firma M. abgelehnt. Wegen des offenen
Ausgangs des Arbeitsgerichtsverfahrens könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Kläger als arbeitslos
einzustufen sei.
Zum 1. Dezember 2003 nahm der Kläger dann wieder die Arbeit an einem anderen Arbeitsplatz bei der Firma M. auf.
Die Firma M. hatte der Beklagten mitgeteilt, das Arbeitsverhältnis habe über den 26. Mai 2003 (Aussteuerung aus
dem Verletztengeld) hinaus ungekündigt fortbestanden. Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen lägen vor für die Zeit vom
26. März 2003 bis zum 30. November 2003. Die Arbeit sei durch den Kläger am 1. Dezember 2003 wieder
aufgenommen worden. Bereits vorher seinen ihm mehrere alternative Arbeitsplätze vorgeschlagen worden, die er nicht
angenommen habe.
Das Angebot für die am 1. Dezember 2003 aufgenommene Tätigkeit war von der Firma M. am 20. November 2003
abgegeben worden. Im arbeitsgerichtlichen Vergleich vom gleichen Tag einigten sich die Parteien, das zwischen ihnen
vorliegende Arbeitsverhältnis bestehe seit dem 9. April 1979. Ab dem 1. Dezember 2003 werde der Kläger als
angelernter Kernmacher in der Kernmacherei beschäftigt. Nach der Bestätigung der Firma M. vom 12. Dezember 2008
hat der Kläger in der Zeit vom 14. August 2003 bis 19. November 2003 kein Arbeitsentgelt bezogen.
Offensichtlich am 11. Juni 2003 unterbreitete die Beklagte dem Kläger einen Vermittlungsvorschlag. Diesen
Vermittlungsvorschlag für eine Stelle bei der Firma W.-Bau GmbH vom 11. Juni 2003 konnte die Beklagte nicht mehr
zu den Akten vorlegen, da die Daten in der EDV bereits gelöscht wurden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15. Juli 2004 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid
vom 10. Juli 2003 zurück. Anhaltspunkte für einen Nahtlosigkeitsfall lägen nicht vor, da Arbeitsunfähigkeit bereits vor
der Arbeitslosmeldung und durchgehend bis zur erneuten Arbeitsaufnahme vorgelegen habe. Es hätten die intensiven
Bemühungen, beim bisherigen Arbeitgeber wiederbeschäftigt zu werden, der vom Kläger subjektiv erklärten
Arbeitsbereitschaft entgegengestanden. Folgerichtig habe der Kläger den Vermittlungsvorschlag vom 11. Juni 2003
(Fa. W.-Bau GmbH) abgelehnt, mit dem Hinweis auf seine Bemühungen, doch noch eine Weiterbeschäftigung bei der
Firma M. zu erreichen.
Mit der dagegen beim Sozialgericht Augsburg (SG) erhobenen Klage vom 19. August 2004 hat der Kläger geltend
gemacht, während der Zeit zwischen der Ablehnung der Wiederbeschäftigung durch seinen Arbeitgeber und der
Wiederaufnahme seiner Arbeit sei er ohne Beschäftigung gewesen. Der Hinweis der Beklagten, er habe eine mehr als
kurzzeitige Tätigkeit ausgeübt, entspreche nicht den tatsächlichen Gegebenheiten.
Er habe der Firma W. Bau GmbH wahrheitsgemäß und aufrichtig seine Lage und den gesamten Sachverhalt
(bestehendes Arbeitsverhältnis, arbeitsgerichtlichen Verfahren gilt) geschildert. Daraufhin habe die Firma erklärt, sie
habe kein Interesse an ihm, da sie aufgrund der notwendigen Einarbeitung eines neuen Mitarbeiters an einer sicheren
langfristigen Beschäftigung interessiert sei. Eine Ablehnung des Vermittlungsvorschlages sei nicht erfolgt. Einen
Vermittlungsvorschlag vom 25. November 2003 habe er nicht erhalten. Möglicherweise habe die Verfügbarkeit am 20.
November 2003 geendet, also an dem Tag, an dem das arbeitsgerichtlichen Verfahren durch einen Vergleich beendet
habe.
Das Gespräch mit der Firma W. Bau am 11. Juni 2006 habe seine Ehefrau geführt. Es sei ein Kranführer gesucht
worden. Sie sei nach seinen persönlichen Verhältnissen gefragt worden, nach seiner Schwerbehinderung und auch
nach seiner bisherigen Arbeit. Auf diese Fragen habe seine Ehefrau die entsprechenden Angaben gemacht.
Dem hat die Beklagte entgegengehalten, die Ablehnung des Leistungsantrages sei zwar zunächst mit fehlender
Beschäftigungslosigkeit begründet worden, dies sei aber im Widerspruchsbescheid nicht wiederholt worden.
Ursächlich für die Ablehnung des Antrags sei die fehlende Verfügbarkeit des Klägers infolge Arbeitsunfähigkeit sowie
die begründeten Zweifel an der subjektiv erklärten Arbeitsbereitschaft.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 23. August 2007 abgewiesen. Der Kläger sei nicht beschäftigungslos gewesen
sondern in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden. Auch habe der Kläger keine Beschäftigung gesucht. Von der
Nahtlosigkeitsregelung habe er keinen Gebrauch gemacht.
Mit der dagegen zum Bayerischen Landessozialgericht erhobenen Berufung vom 28. September 2007 macht der
Prozessbevollmächtigte des Klägers geltend, streitig sei nur noch der Zeitraum 14. August 2003 bis 19. November
2003, da der Kläger aufgrund des Vergleichs mit der Berufsgenossenschaft über den 26.Mai 2003 hinaus bis 13.
August 2003 Verletztengeld erhalten habe. Der Arbeitgeber des Klägers, die Firma M., habe sich geweigert, vor
Abschluss des arbeitgerichtlichen Verfahrens, den Kläger weiter zu beschäftigen. Er sei für den Zeitraum, bis das
arbeitsgerichtliche Verfahren beendet wurde, sehr wohl verfügbar gewesen. Die Vermittlungsvorschläge der Beklagten
habe er aufgegriffen, mit den ihm angegebenen Firmen Kontakt aufgenommen und wahrheitsgemäß über seine
gesundheitlichen Einschränkungen und das laufende arbeitsgerichtliche Verfahren und das wohl noch bestehende
Beschäftigungsverhältnis mit der M. hingewiesen. Auf die telefonische Nachfrage der Firma W.-Bau habe die Ehefrau
des Klägers wahrheitsgemäß die Fragen hinsichtlich der Schwerbehinderung und hinsichtlich der bisherigen
Arbeitsstelle beantwortet. Sie habe wahrheitsgemäß dessen Situation geschildert, nämlich dass derzeit noch ein
arbeitsgerichtlicher Rechtsstreit gegen die Firma M. auf Weiterbeschäftigung laufe. Daraufhin habe ihr die zuständigen
Person der Fa. W. geantwortet, einen Arbeitslosen hätte man genommen, aber einen, der noch einen
Arbeitsgerichtsprozess wegen einer Umsetzung führt, nicht. Das Verhalten des Klägers bzw. die wahrheitsgemäßen
Angaben im Zusammenhang mit dem Vermittlungsvorschlag der Firma W. Bau stünden der
Tatbestandsvoraussetzung der Arbeitsbereitschaft nicht entgegen.
In ihrer Berufungserwiderung macht die Beklagte geltend, der Kläger habe im streitigen Zeitraum vorrangig durch das
Verfahren vor dem Arbeitsgericht angestrebt, von seinem bisherigen Arbeitgeber auf einem anderen Arbeitsplatz
beschäftigt zu werden. Der Hinweis im Rahmen der Vermittlungsbemühungen auf sein Beschäftigungsverhältnis
belege, dass er nicht alle Möglichkeiten nutzte und nutzen wollte, um die Beschäftigungslosigkeit zu beenden und der
Arbeitsvermittlung eben nicht in vollem Umfang zur Verfügung stand. Das Ende seiner Arbeitslosigkeit sei nicht
begrenzt gewesen. Bis zu der Arbeitsgerichtsverhandlung am 20. November 2003 habe er nicht gewusst, ob und wenn
dann ab wann sein alter Arbeitgeber ihn wieder beschäftigen werde. Er habe zwar nicht, wie im Widerspruchsbescheid
formuliert, den Vermittlungsvorschlag (direkt) abgelehnt. Er habe allerdings selbst gar keinen Kontakt mit der Firma
aufgenommen, sondern seine Frau anrufen und die Situation schildern lassen. Sein Verhalten und seine Angaben im
Zusammenhang mit dem Vermittlungsvorschlag für die Firma W.-Bau würden zeigen, dass er vorrangig die
Weiterbeschäftigung bei der Firma M. betrieben habe und nicht subjektiv bereit gewesen sei, auf dem allgemeinen
Arbeitsmarkt jede andere ihm zumutbare Stelle anzunehmen.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 23. August 2007 sowie den Bescheid vom 10. Juli
2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom15. Juli 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm
Arbeitslosengeld für den Zeitraum vom 14. August 2003 bis zum 19. November 2003 zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Akten des
SG und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die frist- und formgerecht eingelegte und statthafte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 151
Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Die Berufung ist jedoch nicht begründet.
Gegenstand der Berufung ist der Bescheid vom 10. Juli 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Juli
2003 mit dem es die Beklagte abgelehnt hat, dem Kläger vom 14. August 2003 bis zum 19. November 2003 Alg zu
zahlen.
Der Kläger hat für die Zeit vom 14. August 2003 bis zum 19. November 2003 keinen Anspruch auf Alg, da er sich
zwar arbeitslos gemeldet hat aber in einem Beschäftigungsverhältnis befand. Vor diesem Zeitraum hatte der Kläger
Anspruch auf Verletztengeld, und zwar bis zum 13. August 2003. Ab dem 20. November 2003 hatte er sich mit
seinem Arbeitgeber in dem arbeitsgerichtlichen Vergleich vom gleichen Tag geeinigt, dass er ab dem 1. Dezember
2003 in seinem seit dem 4. April 1979 bestehenden Arbeitsverhältnis nun als Kernmacher weiterarbeiten werde.
Nach § 117 Abs. 1 Sozialgesetzbuch III (SGB III) in der vom 1. Januar 1998 bis zum 31. Dezember 2004 geltenden
Fassung vom 24.03.1997 haben Arbeitnehmer Anspruch auf Arbeitslosengeld, die arbeitslos sind, sich bei dem
Arbeitsamt (jetzt:: Agentur für Arbeit) arbeitslos gemeldet und die Anwartschaftszeit erfüllt haben.
Arbeitslos ist nach § 118 Abs. 1 SGB III (ebenfalls in der vom 1. Januar 1998 bis zum 31. Dezember 2004 geltenden
Fassung vom 24. März 1997) ein Arbeitnehmer, der zum einen vorübergehend nicht in einem
Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit) und zum anderen eine versicherungspflichtige, mindestens
15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung sucht (Beschäftigungssuche).
Eine Beschäftigung sucht nach § 119 Abs. 1 SGB III in der vom 1. Januar 1998 bis zum 31. De-zember 2004
geltenden Fassung vom 16. Dezember 1997, wer alle Möglichkeiten nutzt und nutzen will, um seine
Beschäftigungslosigkeit zu beenden und den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes zur Verfügung steht
(Verfügbarkeit).
Gemäß § 119 Abs. 2 SGB III steht den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes zur Verfügung, wer arbeitsfähig
und seiner Arbeitsfähigkeit entsprechend arbeitsbereit ist.
Arbeitsfähig ist nach § 119 Abs. 3 SGB III ein Arbeitsloser, der eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden
wöchentlich umfassende Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden
Arbeitsmarktes aufnehmen und ausüben, an Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung in das Erwerbsleben
teilnehmen und Vorschlägen des Arbeitsamtes zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten kann und
darf.
Unstreitig hat sich der Kläger arbeitslos gemeldet und die Anwartschaftszeit erfüllt. Er war jedoch nicht arbeitslos.
Denn er stand im streitigen Zeitraum vom 14. August 2003 bis zum 19. November 2003 in einem
Beschäftigungsverhältnis.
Beschäftigungslos ist, wer nicht mehr oder noch nicht wieder in einem Beschäftigungsverhältnis steht. Bewusst stellt
das Gesetz auf die sozialrechtlich geprägte Beschäftigung (§§ 7 f. SGB IV) und nicht auf das Arbeitsverhältnis ab.
Um die Fälle der Freisetzung der im nachhinein als rechtswidrig beurteilten Kündigung mit Aussetzung der
Hauptpflichten aus dem Arbeitsverhältnis sachgerecht zu erfassen, hat das Bundessozialgericht den Begriff des
Beschäftigungsverhältnisses leistungsrechtlich gefasst (Bundessozialgericht, Urteil vom 9. Februar 2006, B 7a AL
58/05 R zitiert nach juris).
Danach ist der Kernbestand des leistungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses eine faktische Beziehung, die die
Leistung von Arbeit unter persönlicher Abhängigkeit von einem anderen zum Inhalt hat, wobei sich diese Abhängigkeit
auf der einen Seite in der tatsächlichen Verfügungsmacht (Direktionsrecht) und auf der anderen Seite in der faktischen
Dienstbereitschaft auswirkt.
Nach der ständigen Rechtsprechung ist das Beschäftigungsverhältnis im leistungsrechtlichen Sinne damit von
Arbeitsverhältnissen und auch vom beitragsrechtlichen Beschäftigungsverhältnis zu unterscheiden. Typisch für das
leistungsrechtliche Beschäftigungsverhältnis ist das - funktionierende - beitragspflichtige Beschäftigungsverhältnis,
das heißt die Beschäftigung als Arbeitnehmer gegen Entgelt oder zur Berufsausbildung. Das Leistungsrecht knüpft
aber an die tatsächlichen Verhältnisse an, so dass Beschäftigungslosigkeit gegeben ist, wenn der Versicherte
tatsächlich nicht mehr beschäftigt wird oder eine neue Beschäftigung noch nicht wieder aufgenommen hat. Das hat
zur Konsequenz, dass im leistungsrechtlichen Sinne Arbeitslosigkeit auch in Zeitrahmen vorliegen kann, für die
beitragsrechtlich vom Bestehen eines Versicherungspflichtverhältnisses auszugehen ist (Bundessozialgericht, Urteil
vom 6. Juni 2004 - B 11 AL 70/03 R zitiert nach juris).
Danach schließen sich nicht einmal Beitragspflicht und gleichzeitige Leistungsberechtigung per se aus
(Bundessozialgericht, Urteil vom 21. März 2007, B 11 a AL 31/06 R zitiert nach juris), während andererseits eine
Beschäftigung im leistungsrechtlichen Sinne nicht notwendig auch beitragspflichtig sein muss.
Entscheidend für die Beschäftigungslosigkeit ist, dass der Arbeitnehmer tatsächlich fremdnützige Arbeit von
wirtschaftlichem Wert im Rahmen eines wirtschaftlichen Austauschverhältnisses nicht (mehr) leistet
(Bundessozialgericht, Urteil vom 9. Februar 2006, B 7a AL 58/05 R zitiert nach juris).
Entscheidend ist nach diesem Verständnis der Wegfall der tatsächlichen Beschäftigung. Der leistungsrechtliche
Begriff der Beschäftigung zielt im Grundsatz zunächst darauf ab, unabhängig von einem rechtlich noch bestehenden
Arbeitsverhältnis Beschäftigungslosigkeit bereits dann anzunehmen, wenn die Arbeitsleistung tatsächlich nicht
erbracht wird (Mutschler in: Kreikebohm, Spellbrink, Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, C.H. Beck Verlag,
München, 2009, § 119 SGB III Rn. 11).
Auch wenn ein langfristig arbeitsunfähig erkrankter Versicherter bei bestehenden Arbeitsverhältnis Alg beantragt, ist
die Frage, ob die tatsächliche Beschäftigungslosigkeit vorliegt, nach der Gesamtwürdigung der tatsächlichen
Verhältnisse zu beurteilen. Die dauernde Arbeitsunfähigkeit führt zu Beschäftigungslosigkeit, wenn der Arbeitnehmer
objektiv die vertraglich geschuldete Leistung nicht erbringen kann und Anspruch auf Entgeltfortzahlung sowie
Krankengeld (Ausstrahlung) nicht mehr besteht. Hinzukommen muss, dass dem Arbeitnehmer ein
Restleistungsvermögen verbleibt, das er am Arbeitsmarkt einsetzen kann. Ist dies gegeben, kann er arbeitslos sein
(vergleiche: Mutschler in: Kreikebohm, Spellbrink, Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, C.H. Beck Verlag,
München, 2009, § 119 SGB III Rn. 12 unter Hinweis auf Bundessozialgericht, Urteil vom 28. September 1993, Az.: 11
Rar 69/92 = SozR 3- 4100 § 101 Nr. 5).
Der Kläger stand ab dem 9. April 1979 in einem Beschäftigungsverhältnis bei der Firma M ... Er war zuletzt als
Ausleerer beschäftigt. Am 8. Mai 2001 wurde er von einem Arbeitskollegen niedergestochen. Ab diesem Zeitpunkt war
der Kläger arbeitsunfähig für die arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit als Ausleerer. Entsprechende
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen wurden seinem Arbeitgeber vorgelegt.
Ab dem 14. August 2003 hätte der Kläger als angelernter Former arbeiten können. Diese Beurteilung des
gesundheitlichen Leistungsvermögens war Grundlage des zwischen dem Kläger und der Berufsgenossenschaft Metall
Süd am 31. Mai 2005 geschlossenen Vergleiches, bei dem davon ausgegangen wurde, dass der Kläger ab diesem
Zeitpunkt die angebotene Tätigkeit als angelernter Former hätte aufnehmen können. Daher wurde ihm auch nur
Verletztengeld bis zum 13. August 2003 bezahlt.
Im arbeitsgerichtlichen Verfahren wurde jedoch geltend gemacht, diese Stelle sei mit einem geringeren Lohn
verbunden gewesen und nur mit einer Lohngarantie für 2 Monate. Zudem sei die Stelle aus ärztlicher Sicht nicht
zumutbar gewesen, da sie in dem gleichen Arbeitsbereich lag, in dem der Kläger niedergestochen wurde. Der Kläger
hat also in verschiedenen Verhandlungen mit seinem Arbeitgeber auch im Rahmen eines arbeitsgerichtlichen
Verfahrens versucht, eine Wiederbeschäftigung an einem anderen Arbeitsplatz zu erreichen. Dies ist ihm erst ab dem
1. Dezember 2003 gelungenen und zwar als angelernter Kernmacher. Denn auf seinen Vortrag hin, die angebotene
Tätigkeit als angelernter Former liege im gleichen Arbeitsbereich und sei deswegen nicht zumutbar, wurde ihm von
seinem Arbeitgeber mit Schreiben vom 21. Oktober 2003 die Tätigkeit als angelernter Kernmacher angeboten, die er
auch angetreten hat.
Für die Zeit seit dem 19. Juni 2001 bis zum 30. November 2003 hat der Arbeitgeber des Klägers bestätigt, dass dem
Kläger keine Bezüge bezahlt wurden. Er hat also für diesen Zeitraum kein Arbeitsentgelt erhalten, er hat in diesen
Zeitraum aber auch tatsächlich nicht gearbeitet. Bis zum 30. November 2003 hat der Arbeitgeber des Klägers im
arbeitsgerichtlichen Verfahren jedoch auf einer Arbeitsleistung des Klägers bestanden und gerügt, er fehle
unentschuldigt an seinem Arbeitsplatz.
Wie die Beteiligten aber auch im arbeitsgerichtlichen Vergleich vom 20. November 2003 festgehalten haben, waren
sich der Kläger und sein Arbeitgeber einig, dass das Arbeitsverhältnis zwischen ihnen seit dem 9. April 1979 besteht
und der Kläger ab dem 1. Dezember 2003 eine andere Tätigkeit wieder aufnehmen wird. Aus dem Schreiben des
Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 2. Juni 2003 und dem Angebot auf eine neue Stelle vom 13. August 2003
ist nach Überzeugung des Senats zu entnehmen, dass sowohl der Kläger als auch sein Arbeitgeber an der
Beschäftigung des Klägers festhalten wollten und sich in einem Findungsprozess befanden, welcher Arbeitsplatz für
den Kläger in Frage kam. Der Arbeitgeber des Klägers war während der Dauer des Arbeitsgerichtsprozesses bemüht,
für den Kläger eine neue konkrete Arbeitsstelle zu finden. Er hat auf sein Direktionsrecht nicht verzichtet, sondern
nach dem Ende der Arbeitsunfähigkeit ein unentschuldigtes Fehlen des Klägers gerügt. Er hat für den Kläger nach
einer neuen Arbeitsstelle im Betrieb gesucht und ihm dann eine seinem Leistungsvermögen entsprechende
Arbeitsstelle als Kernmacher angeboten. Eine Lösung des Beschäftigungsverhältnisses hat daher nicht vorgelegen,
der Kläger war nicht beschäftigungslos.
Da der Kläger somit - wie das SG zu Recht festgestellt hat - nicht arbeitslos war, scheidet die Zahlung von Alg aus.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz.
Die Revision wird nicht zugelassen, da keiner der in § 160 Abs. 2 Ziffer 1 und 2 SGG genannten Gründe vorliegt. Die
Rechtssache hat weder eine grundsätzliche Bedeutung, noch weicht die Entscheidung des Senats von einer
Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des
Bundesverfassungsgerichts ab.