Urteil des LSG Bayern vom 22.04.2010

LSG Bayern: firma, beratung, entlassung, unternehmen, nummer, kohle, gemeinde, kurzarbeit, arbeitsamt, eisen

Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 22.04.2010 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Regensburg S 12 AL 581/04
Bayerisches Landessozialgericht L 9 AL 290/06
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 13. Juli 2006 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Dauer der Gewährung von Lohn- und Gehaltsbeihilfe nach Art. 56 § 2 b des
Montanunionvertrages (MUV).
Die Klägerin war seit 1978 bei der N. GmbH i. K. (N.) bis zum 22. Juli 2002 beschäftigt. An diesem Tag wurde sie
entlassen. Anschließend übte sie eine Tätigkeit bei der P. GmbH (P.) aus. Am 1. Juli 2004 nahm sie bei der
Gemeinde P. eine Arbeitsstelle an. Sie wurde eingestellt auf unbestimmte Zeit als nicht vollbeschäftigte Angestellte
mit einer durchschnittlichen Arbeitszeit von regelmäßig wöchentlich 25 Stunden (Arbeitsvertrag vom 17. Juni 2004).
Der Monatslohn betrug monatlich netto 852,26 EUR (Gehaltsabrechnung Juli 2004).
Mit Antrag vom 12. Juli 2004 beantragte die Klägerin bei der Beklagten Lohn- und Gehaltsbeihilfe. Mit Bescheid vom
4. Oktober 2004 bewilligte diese der Klägerin für den Zeitraum vom 1. Juli 2004 bis zum 22. Juli 2004 eine Lohn- und
Gehaltsbeihilfe in Höhe von 299,93 EUR. Es wurde darauf hingewiesen, dass Lohn- und Gehaltsbeihilfe für die Dauer
von 12 Monaten längstens jedoch bis zum 22. Juli 2004 gewährt werden könne. Mit dem dagegen eingelegten
Widerspruch vom 13. Oktober 2004 machte die Klägerin geltend, es sei mit der Beklagten abgesprochen, dass bei
Beschäftigungsaufnahme bis spätestens 22. Juli 2004 ein Anspruch auf Lohnbeihilfe für mindestens 12 Monate
bestehe. Mit Widerspruchsbescheid vom 28. Oktober 2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die
Entlassung aus der N. sei am 22. Juli 2002 erfolgt. Die Gewährung von Lohn- und Gehaltsbeihilfe könne längstens bis
zum Ablauf von 24 Monaten seit der Entlassung erfolgen. Deswegen sei der Klägerin für die Zeit vom 1. Juli 2004 bis
zum 22. Juli 2004 eine Lohn- und Gehaltsbeihilfe in Höhe von 299,390 EUR bewilligt worden.
Mit der dagegen zum Sozialgericht Regensburg (SG) am 29. November 2004 erhobenen Klage hat die Klägerin
vorgetragen, selbst wenn man die von der Beklagten geltend gemachten Fristen als richtig unterstelle, habe sie einen
Anspruch auf Lohn- und Gehaltsbeihilfe. Die Beklagte sei aufgrund des Verhaltens und des Tätigwerdens der Firma P.
gebunden. Diese Firma habe über die Höhe der Ansprüche informiert, sei bei der Ausfüllung der Anzeige behilflich
gewesen. Zudem hätten Informationsveranstaltungen stattgefunden. Auch habe die Firma P. der Klägerin den
Arbeitsplatz bei der Gemeinde P. vermittelt. Die Firma habe daher für die Bundesagentur für Arbeit gehandelt. Dies
gelte insbesondere für die Mitteilung, es habe eine Verlängerung stattgefunden, nach der sowohl Lohn- und
Gehaltsbeihilfe als auch Beihilfe zu den Fahrtkosten in jedem Fall bis einschließlich 22. Juli 2005 in Betracht kämen.
Der zwischen der Klägerin, dem Konkursverwalter der N. und der Firma P. geschlossene dreiseitige Vertrag vom 15.
Juli 2002 enthält unter anderem folgende Bestimmungen:
§ 1 Ziff. 1.1: Arbeitnehmer und Arbeitgeber vereinbaren die Beendigung des bestehenden Arbeitsverhältnisses aus
den im Interessenausgleich und im Sozialplan vom 15. Juli 2002 genannten betriebsbedingten Gründen
einvernehmlich zum 22. Juli 2002.
§ 1 Ziff. 1.2: Der Arbeitnehmer erklärt, dass er aufgrund dieser einvernehmlichen Beendigung auf das Führen von
Bestandsstreitigkeiten gegen seinen Arbeitgeber (ausgenommen § 2 Ziff. 2.4 dieses Vertrages) verzichtet.
§ 1 Ziff. 1.4: Mit Abschluss dieses Vertrages sind nach Auszahlung der Vergütung bis 22. Juli 2002, des Resturlaubs
2002 und der Zeitguthaben aus den Arbeitszeitkonten alle gegenseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis
erloschen.
§ 2 Ziff. 2.1: Arbeitnehmer und P. vereinbaren den Abschluss eines befristeten Arbeitsverhältnisses für die Zeit vom
23. Juli 2002 bis zum 30. Juni 2004.
§ 2 Ziff. 2.3: Geschäftsgrundlage für das Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitnehmer und der P. ist die Gewährung von
Strukturkurzarbeitergeld durch die Arbeitsverwaltung.
§ 5 Ziff. 5.1: Mit Unterschrift unter diesen Vertrag erklärt der Arbeitnehmer ausdrücklich sein Einverständnis mit der
Kurzarbeit/Kurzarbeit Null (0 Stunden Arbeit). Im Rahmen der Kurzarbeit hat er sich beim zuständigen Arbeitsamt
arbeitssuchend zu melden und an angebotenen Weiterbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen, die von Seiten des
Arbeits-amtes oder der P. vorgeschlagen werden, teilzunehmen.
Das Informationsblatt der Firma P. Nr. 2 hatte unter Ziffer 7. folgenden Inhalt:
7. MUV-Leistungen:
Wenn Sie aus der P. in ein neues Arbeitsverhältnis ausscheiden oder Ihren Arbeitsvertrag ruhend stellen, und Ihr in
dem neuen Arbeitsverhältnis erzielter bzw. vereinbarter Lohn oder Ihr Gehalt unter Ihrem bisherigen Einkommen bei
der N. liegen, haben Sie Anspruch auf MUV-Mittel als Ausgleichsleistungen.
Die Höhe der Ausgleichsleistungen durch MUV kann 50% der Differenz zwischen Ihrem alten und dem neuen
Einkommen betragen, maximal jedoch 409,00 EUR pro Monat. Der Anspruch ist auf 12 Monate innerhalb eines
Zeitraumes von 24 Monaten nach dem Ausscheiden aus der N. befristet. Während dieser Befristung können Sie
darüber hinaus 51 EUR Fahrtkostenzuschuss (bei PKW-Nutzung) oder Fahrgeld nach Beleg bei Nutzung des ÖPNV
(maximal jedoch ebenfalls 51 EUR) oder eine einmalige Umzugsbeihilfe von 1.023 EUR beantragen.
Vertiefte Informationen über MUV können Sie aus dem Informationsblatt 13 (Anpassungsbeihilfen für Arbeitnehmer
des Steinkohlen- und Braunkohlenbergbaus sowie der Eisen- und Stahlindustrie) für Arbeitnehmer des Arbeitsamtes
entnehmen.
Die Formulare für die Beantragung der MUV-Leistungen beim Arbeitsamt liegen in der Geschäftsstelle der P. im S.
vor. Die Mitarbeiter dort sind Ihnen beim Ausfüllen des Antrages behilflich. Die P. leitet die Anträge dann an das
Arbeitsamt weiter.
Das Informationsblatt Nr. 3 hatte unter Ziffer 4 folgenden Inhalt:
Das örtliche Arbeitsamt hat uns gebeten, Sie anzuhalten in allen Fragen bezüglich Abfindung, MUV,
Arbeitslosengeldbezug und dessen Berechnungsgrundlage, sowie Qualifizierung und die hierfür notwendige
Mittelverfügbarkeit, sich vorrangig an uns (Geschäftsstelle S., Projektleitung oder Verwaltung) zu wenden. Wir sind
uns sicher, die meisten Ihrer Fragen kompetent beantworten zu können.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 13. Juli 2006 abgewiesen. Die Klägerin habe lediglich einen Anspruch auf Lohn-
und Gehaltsbeihilfe für den Zeitraum vom 1. Juli 2004 bis zum 22. Juli 2004. Maximaler Bezugszeitraum sei ein
Zeitraum von 12 Monaten, der aber in dem Zeitrahmen von 24 Monaten seit Beendigung der Beschäftigung bei der N.
liegen müsse. Ein über den 22. Juli 2004 hinausgehender Anspruch scheide aus. Nachweise für eine falsche Beratung
lägen nicht vor.
Mit der dagegen eingelegten Berufung vom 25. August 2006 macht die Klägerin geltend, die Firma P. sei mit Wirkung
für und gegen die Beklagte tätig geworden. Die Bundesagentur müsse sich eine falsche Beratung durch die Firma
aufgrund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs zurechnen lassen. Die Tätigkeit der Klägerin bei der Firma P.
sei nichts anderes gewesen, als die Fortsetzung der ursprünglichen Tätigkeit der Klägerin bei der in Insolvenz
gefallenen N ... Nachdem die Klägerin mit Ablauf des 30. Juni 2004 aus der P. ausgeschieden sei und sie zum 1. Juli
2004 die Tätigkeit bei der Gemeinde in P. begonnen habe, sei der Jahreszeitraum durchaus erfüllt. Sie sei als
Wiederbeschäftigte anzusehen, nachdem sie innerhalb von 12 Monaten seit dem Ausscheiden eine mehr als
geringfügige Beschäftigung bei der Gemeinde P. ab dem 1. Juli 2004 angenommen habe. Für einen sozialrechtlichen
Herstellungsanspruch genüge es, dass dem Grunde nach die fehlerhafte Beratung Dritter der Behörde zugerechnet
werden müsse. Insofern verweise sie auf das Informationsblatt der Firma P. Nr. 3.
Dem hält die Beklagte entgegen, das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit der N. habe laut Vertrag vom 22. Juli 2002
geendet Damit sei die Klägerin Entlassene. Ein Wiederbeschäftigter sei ein Entlassener, der innerhalb von 12
Monaten seit der Entlassung eine mehr als geringfügige Beschäftigung aufnehme. Eine solche Beschäftigung habe
die Klägerin am 1. Juli 2004 aufgenommen und damit ca. 23 Monate nach ihrer Entlassung. Lohn- und Gehaltsbeihilfe
könne nur bis zum Ablauf von 24 Monaten seit der Entlassung gewährt werden. Zudem behaupte die Klägerin nur,
dass bei einer Informationsveranstaltung am 26. Februar 2004 ihr und den ehemaligen Mitarbeitern der N. mitgeteilt
worden sei, dass aufgrund einer Erweiterung der entsprechenden Vorschriften bzw. einer zusätzlichen Vereinbarung
der Zeitraum bis einschließlich 22. Juli 2005 verlängert werden solle. Zudem sei die Firma P. nicht die verlängerte
Hand der Arbeitsverwaltung.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 13. Juli 2006 und den Bescheid vom 4. Oktober
2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Oktober 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen,
der Klägerin Lohn- und Gehaltsbeihilfe gemäß Antrag vom 12. Juli 2004 zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Tatbestands auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den Inhalt der beigezogenen
Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die frist- und formgerecht eingelegte und statthafte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 151
Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Die Berufung ist nicht begründet.
Gegenstand der Berufung ist der Bescheid vom 04. September 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
28. Oktober 2004 mit dem es die Beklagte abgelehnt hat, der Klägerin Lohn- und Gehaltsbeihilfe zu zahlen.
Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Lohn- und Gehaltsbeihilfe
nach Nummer 8.1 der Richtlinie über die Gewährung von Beihilfen für Arbeitnehmer der Eisen- und Stahlindustrie, die
von Maßnahmen im Sinne des Artikels 56 § 2 Buchstabe b des Montanunionsvertrages in der Fassung der
Änderungsrichtlinie vom 1. Februar 2002 betroffen werden noch aufgrund eines sozialrechtlichen
Herstellungsanspruchs.
Nach Artikel 56 § 2 b des Vertrages über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EKGS)
vom 18. April 1951 der Fassung der Änderung vom 26. Januar 1960 (Bundesgesetzblatt II Seite 1573 ) kann die Hohe
Behörde eine nicht rückzahlungspflichtige Beihilfe bewilligen, wenn in den Absatzbedingungen der Kohle oder
Stahlindustrie grundlegende Änderungen eintreten, die nicht unmittelbar auf die Einrichtung des gemeinsamen
Marktes zurückzuführen sind, die aber einzelne Unternehmen zwingen, ihre Tätigkeit endgültig einzustellen,
einzuschränken oder zu ändern um beizutragen unter anderem zur Zahlung von Entschädigungen die es den
Arbeitnehmern ermöglichen, ihre Wiederbeschäftigung abzuwarten aber auch zu Gewährung von Beihilfen an die
Arbeitnehmer für die Kosten zur Erlangung eines neuen Arbeitsplatzes. Diese Voraussetzungen waren offensichtlich
bei der Insolvenz der N. gegeben.
Nach Ziffer 1 der Richtlinie über die Gewährung von Beihilfen für Arbeitnehmer der Eisen- und Stahlindustrie, die von
Maßnahmen im Sinne des Artikels 56 Paragraph 2 Buchstabe b des Montanunionsvertrages betroffen werden in der
Fassung der Änderungsrichtlinie vom 1. Februar 2002 ( BAnz. Nr. 29, Seite 2501 ) gilt: Treten in den
Absatzbedingungen der Eisen- und Stahlindustrie grundlegende Änderungen ein, die nicht unmittelbar auf die
Errichtung des gemeinsamen Marktes für Kohle und Stahl zurückzuführen sind, die aber einzelne Unternehmen
zwingen, endgültig ihre Tätigkeit einzustellen, einzuschränken oder zu ändern (Artikel 56 § 2 b des
Montanunionvertrages), so können für die davon betroffenen entlassenen oder versetzten Arbeitnehmer Beihilfen nach
Maßgabe dieser Richtlinie gewährt werden.
Ziffer 8. der RLEuS lautet:
8. Lohn- und Gehaltsbeihilfe
8.1 Der Wiederbeschäftigte sowie der Versetzte, dessen Bruttomonatsentgelt in einer neuen Beschäftigung niedriger
ist als in seiner bisherigen Beschäftigung in der Eisen- und Stahlindustrie, kann bis zum Ablauf von 24 Monaten seit
der Entlassung - im Falle der Nummer 2.1.4 Satz 2 seit der erstmaligen Versetzung - für die Dauer von zwölf Monaten
eine Lohn- und Gehaltsbeihilfe erhalten. Die Frist von 24 Monaten seit der Entlassung oder Versetzung verlängert sich
um Zeiten des Wehrdienstes nach § 4 (1) Nr. 1 bis 3 des Wehrpflichtgesetzes oder des Zivildienstes.
8.2 Die Lohn- und Gehaltsbeihilfe wird in Höhe von 50 % des Betrages gewährt, um den das neue
Bruttomonatsentgelt niedriger ist als das alte Bruttomonatsentgelt. Sie beträgt höchstens 409 Euro "monatlich. 8.3
Für Zeiten, in denen die Arbeit des Wiederbeschäftigten bzw. Versetzten ganz oder teilweise ausfällt, ist das Entgelt
zugrunde zu legen, das ohne den Arbeitsausfall erzielt worden wäre. Hat der Wiederbeschäftigte oder Versetzte
Altersrente oder Rente wegen voller Erwerbsminderung12 beantragt, so sind dem neuen Bruttomonatsentgelt
ausgezahlte Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung und aus der gesetzlichen Unfallversicherung
hinzuzurechnen.
8.4 Die Lohn- und Gehaltsbeihilfe ist monatlich nachträglich zu zahlen. Für die Berechnung der Lohn- und
Gehaltsbeihilfe ist der Monat mit 30 Tagen anzusetzen. Ist die Lohn- und Gehaltsbeihilfe für Teile des Monats zu
zahlen, so entfällt auf jeden Kalendertag ein Dreißigstel der monatlichen Lohn- und Gehaltsbeihilfe. Für Zeiten
unentschuldigten Fernbleibens von der Arbeit ist die Lohn- und Gehaltsbeihilfe nicht zu gewähren.
Nach der Legaldefinition der Nummer 2.1.5 der RLEuS ist "Wiederbeschäftigter" ein Entlassener, der innerhalb von 12
Monaten seit der Entlassung eine mehr als geringfügige Beschäftigung (§ 8 SGB IV) aufnimmt.
Nach der Legaldefinition der Nummer 2.1.4 Satz 1RLEuS ist "Entlassener" ein Arbeitnehmer, dessen
Beschäftigungsverhältnis mit dem Unternehmen bis zum Ablauf des 12. Monats seit Beginn der
Stilllegungsmaßnahme beendet worden ist.
Nach Satz 4 der Nummer 2.1.4 RLEuS gilt der Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis mit einem EGKS -
Unternehmen während der Teilnahme an Qualifizierungsmaßnahmen weiterhin bestehen bleibt, erst nach Ablauf der
Maßnahme als Entlassener.
Im vorliegenden Fall war die Klägerin Entlassene, da ihr Arbeitsverhältnis mit der N. zum 23. Juli 2002 beendet
worden ist.
Das Beschäftigungsverhältnis bei der Firma P. wurde durch den so genannten dreiseitigen Vertrag vom 15. Juli 2002
geregelt. Mit diesem Vertrag sind alle Ansprüche aus dem Vertrag der Klägerin mit der N. erloschen (vergleiche § 1
Ziffer 1.4 Satz 1). Zudem wurde unter § 5 Ziffer 5.1 durch die Klägerin ihr Einverständnis mit Kurzarbeit (Kurzarbeit
Null/Null Stunden Arbeit) erklärt.
Die Klägerin kann daher nicht als wiederbeschäftigte Entlassene angesehen werden, weil ihr Beschäftigungsverhältnis
mit einem Unternehmen der europäischen Kohle- und Stahlindustrie am 22. Juli 2002 endete und sie eine
Wiederbeschäftigung bei der Gemeinde P. erst am 1. Juli 2004 aufgenommen hat.
Für die Zeit bis zum 22. Juli 2004 hat die Beklagte der Klägerin eine Lohn- und Gehaltsbeihilfe bezahlt, da sie
annahm, die Klägerin sei als versetzte Arbeitnehmerin nach Ziffer 2.1.6 RLEuS anzusehen. Die Klägerin ist jedoch
nicht durch die N. versetzt worden. Insoweit ist nach den Grundsatz des Verbots der sogenannten "Verböserung" die
Entscheidung der Beklagten nicht aufzuheben.
Auch die Fiktion des Satz 4 der Nummer 2.1.4 RLEuS findet vorliegend keine Anwendung, denn zum einen hat die
Klägerin bei der Firma P. keine Qualifizierungsmaßnahmen durchlaufen und zum anderen handelt es sich bei der
Firma P. eben nicht um ein Arbeitsverhältnis mit einem EGKS - Unternehmen, also einem Unternehmen der
Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl. Denn der handelsregisterlich eingetragene und praktizierte
Geschäftsgegenstand war die Befassung mit der Qualifizierung, Aus-, Fort- und Weiterbildung von Personen im
Strukturwandel.
Bei der Klägerin kommt auch die Zahlung einer Lohn- und Gehaltsbeihilfe aufgrund eines sozialrechtlichen
Herstellungsanspruchs nicht in Betracht.
Dieses von der Rechtsprechung des BSG ergänzend zu den vorhandenen Korrekturmöglichkeiten bei fehlerhaftem
Verwaltungshandeln entwickelte Rechtsinstitut tritt - iS des öffentlich-rechtlichen Nachteilsausgleichs - ein, wenn ein
Leistungsträger durch Verletzung einer ihm aus dem Sozialleistungsverhältnis obliegenden Haupt- oder Nebenpflicht,
insbesondere zur Auskunft und Beratung, nachteilige Folgen für die Rechtsposition des Betroffenen herbeigeführt hat
und diese Rechtsfolgen durch ein rechtmäßiges Verwaltungshandeln wieder beseitigt werden können (stRspr vgl BSG
Urteil vom 5. April 2000 - B 5 RJ 50/98 R - SozR 3-1200 § 14 Nr 29, S 95 mwN; BSG Urteil vom 17. August 2000 - B
13 RJ 87/98 R - veröffentlicht in JURIS).
Demgemäß ist ein Herstellungsanspruch von der Rechtsprechung des BSG bejaht worden, wenn folgende
Voraussetzungen erfüllt sind:
(1) Vorliegen einer Pflichtverletzung, die sich der Sozialleistungsträger im Verhältnis zum Berechtigten zurechnen
lassen muss, (2) Eintritt eines rechtlichen Schadens beim Berechtigten, (3) Kausalzusammenhang zwischen der
Pflichtverletzung und dem Schadenseintritt und (4) Möglichkeit der Herstellung des Zustands, der ohne die
Pflichtverletzung eingetreten wäre (stRspr - vgl mwN BSG Urteile vom 26. Januar 2000 - B 13 RJ 37/98 R - SozR 3-
5910 § 91a Nr 7, S 37, vom 15. August 2000 - B 9 VG 1/99 R - SozR 3-3100 § 60 Nr 3, S 6 und vom 1. April 2004 - B
7 AL 52/03 R - BSGE 92, 267 = SozR 4-4300 § 137 Nr 1 jeweils RdNr 31).
Es liegt keine Pflichtverletzung der Beklagten also der Bundesagentur für Arbeit vor, die sie selbst durch einen
Mitarbeiter begangen hätte oder die ihr zuzurechnen wäre.
Von der Klägerin wird vorgetragen, am 26.02.04 habe eine Informationsveranstaltung in A-Stadt stattgefunden, zu der
am 17.02.04 schriftlich geladen worden sei. An dieser Informationsveranstaltung, die auch u. a. die Beratung von
ausscheidenden Mitarbeitern hinsichtlich des Erhaltes von Beihilfen zum Gegenstand hatte, hätten nicht nur Vertreter
der P., sondern auch Vertreter des Arbeitsamtes S., des Sozialamtes B-Stadt, der IG-Metall B-Stadt und Mitarbeiter
der P., so auch die Klägerin, teilgenommen. Im Rahmen dieser Informationsveranstaltung sei unter Hinweis auf die
bislang erfolgten Informationen sowohl mündlich als auch schriftlich gegenüber den Arbeitnehmern, d. h. auch
gegenüber der Klägerin, nochmals festgehalten worden, dass diese Übergangsbeihilfen grundsätzlich für einen
Zeitraum von zwei Jahren ab Beendigung der Tätigkeit bei der N. i. K., d. h. grundsätzlich bis 22.07.04 gewährt hätten
werden sollen, wobei jedoch aufgrund einer Erweiterung der entsprechenden Vorschriften bzw. einer zusätzlichen
Vereinbarung dieser Zeitraum verlängert werden solle bis einschließlich 22.07.05, also eine zusätzliche Verlängerung
von einem Jahr anstelle von ursprünglich zwei Jahren, somit drei Jahre, eintreten solle. Konkretisiert worden sei
dieser Hinweis dahingehend, dass derjenige Mitarbeiter, der bis 22.07.04, also bis an sich zum ursprünglichen Ende
der Förderung, seinen entsprechenden Förderungsantrag einreichen werde, in den Genuss dieser Förderung/Beihilfe
käme bis einschließlich 22.07.05.
Selbst wenn man dies als richtig unterstellt, sieht der Senat in diesem Sachverhalt keine Pflichtverletzung.
Hinsichtlich der Dauer der Förderung wurde - wie vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin vorgetragen - nur
dahingehend aufgeklärt, dass eine Verlängerung des Förderungszeitraums bis zum 22.07.2005 erfolgen solle. Eine
Verlängerung durch eine Erweiterung der entsprechenden Vorschriften oder durch eine zusätzliche Vereinbarung ist
jedoch nicht erfolgt. Es wird also auch vom Prozessbevollmächtigten nicht behauptet, dass dahingehend beraten
worden wäre, dass eine Verlängerung des Förderungszeitraums auch tatsächlich eingetreten ist.
Zudem hat die Firma P. in den von ihr herausgegebenen Formblättern die Rechtslage nicht falsch sondern richtig
dargestellt.
Selbst wenn man von einem Beratungsfehler durch die Firma P. ausgehen sollte, wäre ein Beratungsfehler durch
Mitarbeiter der Firma P. der Beklagten nicht zuzurechnen. Das Bundessozialgericht hat wiederholt entschieden, dass
ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch infolge unterbliebener oder unvollständiger Beratung auch dann gegeben
sein kann, wenn die Pflichtverletzung als tatsächlicher Vorgang in dem Verhalten eine nicht mit dem Beklagten
Sozialleistungsträger identischen anderen Stelle oder Person ("Dritten") bestand, sofern dieses Verhalten dem
Sozialleistungsträger als eigene Verletzung rechtlich zuzurechnen ist (vergleiche z.B. BSG, Urteil vom 29. Oktober
1991 Az.: 13/5 RJ 38/89 zitiert nach juris). Bejaht wurde die Möglichkeit der Zurechnung dann, wenn der
Sozialleistungsträger seinem gesetzlichen Auftrag zur Beratung durch eine in den Ablauf eingeschaltete andere
Person oder Behörde erfüllte, so zum Beispiel ein Versicherungsamt (BSG a.a.O.). Eine Zurechnung setzt jedoch
voraus, dass der betreffende Leistungsträger ebenfalls arbeitsteilig beziehungsweise funktionell in den Ablauf
beziehungsweise in die Wahrnehmung der Aufgaben des zuständigen Leistungsträgers eingebunden ist (BSG Urteil
vom 15. August 2000,Az.: B 9 VG 1/99 R zitiert nach juris).
Die Firma P. war weder arbeitsteilig noch funktionell in den Ablauf und die Wahrnehmung der Aufgaben der
Bundesagentur für Arbeit eingebunden. Die Gesellschaft hatte nach § 2 ihrer Satzung den Zweck der Qualifizierung,
Ausbildung, Fortbildung und Weiterbildung von Personen im Strukturwandel, von Personen, die von ihren ehemaligen
Arbeitgebern freigesetzt wurden und/oder unter Strukturkurzarbeitergeld laufen. Zwar hat die Gesellschaft tatsächlich
ihre Arbeitnehmer beraten, diese Beratungstätigkeit kann aber nicht der Beklagten zugerechnet werden. Und die
Beklagte hat möglicherweise, wie in der Information Nr. 3 angeführt, die Firma P. gebeten, die Arbeitnehmer
anzuhalten, sich vorrangig an die Firma P. zu wenden. Aber alleine aus der Formulierung: "wir sind uns sicher, die
meisten ihrer Fragen kompetent beantworten zu können" wird klar, dass eine letztgültige Beratung und verbindliche
Beratung nur durch das örtliche Arbeitsamt erfolgen konnte. Die Firma P. hat nicht für sich in Anspruch genommen,
alle Fragen kompetent beantworten zu können.
Selbst wenn man die übrigen Voraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs unterstellen sollte,
scheitert ein Anspruch der Klägerin auf Lohn- und Gehaltsbeihilfe auch daran, dass eine Möglichkeit der Herstellung
des Zustands, der ohne die Pflichtverletzung eingetreten wäre, nicht in Betracht kommt. Es gibt keine
Rechtsgrundlage, die einen Anspruch der Klägerin auf Lohn- und Gehaltsbeihilfe bis zum 22. Juli 2005 begründen
könnte. Das Beschäftigungsverhältnis wurde zum 22. Juli 2002 beendet. Eine Änderung der Regelungen über die
Gewährung von Fahrtkostenbeihilfe aber auch von Lohn- und Gehaltsbeihilfe ist nicht vorgenommen worden.
Auch die Voraussetzungen einer Zusicherung nach § 34 Sozialgesetzbuch X (SGB X) liegen nicht vor. Nach dieser
Vorschrift bedarf eine von der zuständigen Behörde erteilte Zusage, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu
erlassen oder zu unterlassen (Zusicherung), zu ihrer Wirksamkeit der schriftlichen Form. Im vorliegenden Fall hat die
Beklagte keine Zusage erteilt, der Klägerin Fahrkostenbeihilfe zu zahlen auch nicht schriftlich. Zudem ist in keinem
Informationsblatt der Beklagten oder in einem der Informationsblätter der Firma P. die Rechtslage unrichtig dargestellt
worden.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wird nicht zugelassen, da keiner der in § 160 Abs. 2 Ziffer 1 und 2 SGG genannten Gründe vorliegt. Die
Rechtssache hat weder eine grundsätzliche Bedeutung, noch weicht die Entscheidung des Senats von einer
Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des
Bundesverfassungsgerichts ab.