Urteil des LSG Bayern vom 31.05.2001

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Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 31.05.2001 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Landshut S 10 KR 80/98
Bayerisches Landessozialgericht L 4 KR 109/99
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 24. Juni 1999 aufgehoben und die
Klage abgewiesen. II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Kostenerstattung für das autosuggestive Logo- spasmus-Training in Höhe von 2.850,00 DM.
Der am 1979 geborene und bei der Beklagten pflichtversicherte Kläger leidet nach dem Attest des behandelnden
Neurologen und Psychiaters Dr.B. vom 23.12.1997 an einem psychogen ausgelösten und affektiv unterhaltenen
tonisch-klonischen Stottern als Folge einer vorübergehenden epileptischen Symptomerkrankung.
Aufgrund eines Hinweises dieses Arztes meldete er sich am 18.12.1997 bei dem von einem Heilpraktiker geleiteten
PHS- Institut für Naturheilkunde (Praxis für Biologische Medizin) in P. zur Teilnahme am autosuggestiven
Logospasmus-Training unter Beifügung eines Verrechnungsschecks für die Seminarkosten in Höhe von 2.850,00 DM
an. Die Praxis für Biologische Medizin bestätigte mit Schreiben vom 30.12.1997 die Anmeldung für den Termin vom
30.03. bis 08.04.1998. Der Kläger hatte mit dem Attest des Dr.B. und den am 30.12.1997 bei der Beklagten
eingegangenen Unterlagen des PHS-Instituts für Naturheilkunde über die Wirkungsweise des autosuggestiven
Logospasmus-Trainings die Übernahme der Kosten beantragt.
Die von der Beklagten eingeholte gutachtliche Stellungnahme des Neurologen und Psychiaters Dr.S. vom 09.01.1998
(Medizinischer Dienst der Krankenversicherung in Bayern - MDK -) kam unter Bezugnahme auf das Gutachten des
Nervenarztes und Sozialmediziners Dr.E. (MDK) vom 16.06.1997 zum Ergebnis, das autosuggestive Logospasmus-
Training sei eine Methode, die nicht dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspreche.
Mit Bescheid vom 11.03.1998 lehnte die Beklagte mit dieser Begründung eine Kostenübernahme ab.
Der Kläger nahm in der Zeit vom 30.03. bis 08.04.1998 an dem Seminar der Praxis für Biologische Medizin im
Lehrinstitut und Institut für Naturheilkunde-Psychotherapie-Hypnosetherapie in P. teil. Sein Widerspruch, mit dem er
auf die Leistung anderer Krankenkassen und die kostenfreie Zusatzbehandlung des Instituts hinwies, wurde mit
Widerspruchsbescheid vom 13.05. 1998 mit der Begründung zurückgewiesen, eine Kostenerstattung für
Heilpraktikerbehandlung sei gesetzlich nicht zulässig. Es fehle überdies an einer Empfehlung der therapeutischen
Zweckmäßigkeit des Logospasmustraining durch den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen.
Der Kläger hat mit der Klage vom 15.06.1998 beim Sozialgericht Landshut (SG) geltend gemacht, das Logospasmus-
Training sei der letzte Ausweg nach einer langjährigen erfolglosen logopädischen Therapie gewesen. Er sei vom
Stottern weitgehend geheilt worden und sein behandelnder Arzt Dr.B. habe diese Methode empfohlen. Andere
Krankenkassen hätten die Kosten der Therapie übernommen und für ihn als Auszubildenden sei die Tragung der
Kosten eine starke finanzielle Belastung.
Das SG hat einen Befundbericht des Neurologen und Psychiaters Dr.B. beigezogen, der einen kurzzeitigen Erfolg
festgestellt hat. In der mündlichen Verhandlung am 24.06.1999 hat die Mutter des Klägers angegeben, die Therapie
sei erfolgreich gewesen. Außerdem habe der Kläger bei Eintritt in die Krankenkasse eine Broschüre erhalten, in der in
Einzelfällen auch die Kostenübernahme alternativer Heilmethoden in Aussicht gestellt worden sei. Eine Bedienstete
der Beklagten habe ihr gesagt, es könne durchaus sein, dass die Behandlung gezahlt würde. Daraufhin habe sie die
Übernahme der Kosten beantragt. Die bisherige, von einer Logopädin in 36 Behandlungseinheiten durchgeführte
Therapie habe keinen wesentlichen Fortschritt erbracht.
Das SG hat mit Urteil vom gleichen Tage die Beklagte zur Zahlung von 2.850,00 DM verurteilt. Es hat zur Begründung
ausgeführt, es könne dahingestellt bleiben, ob die fehlende Anerkennung des autosuggestiven Logospasmus-
Trainings durch den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen auf einem Mangel des gesetzlichen
Leistungssystems beruhe. Die Klage sei aus dem Rechtsinstitut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs
begründet. Die Beklagte habe dem Kläger eine eventuelle Kostenübernahme in Aussicht gestellt und im Vertrauen
darauf habe der Kläger sich um einen Behandlungstermin im PHS-Institut bemüht. Als die Beklagte dem Kläger die
Ablehnung des Antrages mitgeteilt habe, sei die Behandlung ab 30.03.1998 bereits fest gebucht gewesen. Die
Beklagte hätte vielmehr dem Kläger entsprechende Alternativen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung
anbieten müssen. Sie habe damit das Recht des Klägers auf eine individuelle Beratung verletzt.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten vom 06.09. 1999, mit der sie geltend macht, ihre Mitarbeiterin habe
die Übernahme der Kosten der streitigen Behandlung nicht zugesichert, sondern der Mutter des Klägers vielmehr
deutlich gemacht, dass eine weitere Prüfung noch erforderlich sei. Wenn der Kläger sich in dieser unsicheren
Situation gleichwohl im Januar 1998 für das am 30.03.1998 beginnende Seminar angemeldet habe, könne dies der
Beklagten nicht angelastet werden. Sie sei auch im Rahmen ihrer Aufklärungspflicht nicht gehalten, dem Kläger
andere Behandlungsmethoden anzubieten. Die Ablehnung der Kostenübernahme im Bescheid vom 11.03.1998 sei
unmissverständlich formuliert worden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 24.06.1999 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er macht geltend, die Beklagte habe die Kostenübernahme bei Vorlage eines fachärztlichen Attestes angekündigt. Er
habe zur Kostenminimierung und als Beitrag für die Solidargemeinschaft lediglich die Kosten für die Therapie in
Rechnung gestellt, obwohl weitere Kosten (Bahnfahrt, Unterbringung und Verpflegung) angefallen seien.
Beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden die Akten der Beklagten und des SG.
Auf den Inhalt dieser Akten und die Sitzungsniederschrift wird im Übrigen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung (§ 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig; der Wert des
Beschwerdegegenstandes übersteigt 1.000,00 Deutsche Mark (§ 144 Abs.1 Satz 1 Nr.1 SGG).
Die Berufung ist begründet.
Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und die Klage abzuweisen; denn der Kläger hat keinen Anspruch auf
Erstattung der Kosten des autosuggestiven Logospasmus-Trainings am PHS-Institut für Naturheilkunde in P ...
Der Kostenerstattungsanspruch gemäß § 13 Abs.3 Sozialgesetzbuch V (SGB V) in der Fassung des Art.1 Nr.5 b des
Gesetzes vom 21.12.1992 (BGBl.I S.2266) setzt voraus, dass die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht
rechtzeitig erbringen konnte oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch Versicherten für die selbst
beschaffte Leistung Kosten entstanden sind. Die Kosten sind von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu
erstatten, soweit die Leistung notwendig war.
Unter die erste Alternative der unaufschiebbaren Leistung fallen nach allgemeiner Meinung Notfälle, Systemstörungen
und Versorgungslücken (vgl. z.B. Bundessozialgericht (BSG) vom 25.09. 2000 B 1 KR 5/99 R, Die
Sozialgerichtsbarkeit 2000, 672; Höfler in Kasseler Kommentar, § 13 SGB V, Rdnr.8 mit weiteren Nachweisen auf die
höchstrichterliche Rechtsprechung). Von Systemstörungen und Versorgungslücken kann nicht ausgegangen werden,
da der Kläger bisher eine neurologische und psychiatrische sowie logopädische Behandlung in Anspruch genommen
hat. Es ist kein Grund ersichtlich, dass diese Behandlung unter Umständen durch andere zugelassene
Leistungserbringer bzw. mit anderen Methoden nicht fortgeführt werden könnte.
Ebenso wenig hat ein Notfall im krankenversicherungsrechtlichen Sinne (§ 76 Abs.1 Satz 2 SGB V) vorgelegen. Er
setzt voraus, dass die Behandlung durch einen Vertragsarzt nicht möglich oder nicht zumutbar war und der
Versicherte daher auf die Hilfe eines Nicht-Vertragsarztes angewiesen war. Abgesehen davon, dass das
Logospasmustraining am PHS-Institut keine ärztliche bzw. ärztlich angeordnete und verantwortete Behandlung
gewesen ist (§§ 15 Abs.1, 28 Abs.1 SGB V), bietet der Sachverhalt keinerlei Anhaltspunkt für eine sofortige
Behandlungsbedürftigkeit (BSG a.a.O.). Denn der Kläger hat sich zur Behandlung am 18.12.1997 angemeldet und das
Trainingsseminar hat Monate später, nämlich vom 30.03. bis 08.04.1998 stattgefunden.
Die Beklagte hat die streitige Leistung auch nicht zu Unrecht abgelehnt. Der geltend gemachten Kostenerstattung
steht hier entgegen, dass der Kläger sich zur Teilnahme und Kostentragung gegenüber dem PHS-Institut verpflichtet
hat, ohne die Entscheidung der Beklagten abzuwarten. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (Urteil vom
10.02.1993 SozR 3-2200 § 182 Nr.15; Urteil vom 16.12.1993 SozR 3-2500 § 12 Nr.4; Urteil vom 24.09. 1996 BSGE
79, 125; Beschluss vom 15.04.1997 SozSich 1998, 38, Urteil vom 25.09.2000, a.a.O.) sind die Kosten für eine selbst
beschaffte Leistung im Regelfall nicht zu erstatten, wenn der Versicherte sich die Leistung besorgt, ohne zuvor mit
der Krankenkasse Kontakt aufzunehmen und deren Entscheidung abzuwarten. Einer der Beschaffung vorgeschalteten
Entscheidung der Krankenkasse bedarf es unabhängig davon, welcher Art die in Anspruch genommene Leistung ist
und in welcher Höhe dafür Kosten anfallen. Damit schließt § 13 Abs.3 SGB V eine Kostenerstattung für die Zeit vor
der Leistungsablehnung generell aus.
Die Mutter des Klägers hat, was von der Beklagten nicht bestritten wird, bereits vor der schriftlichen Antragstellung
am 30.12.1997 mit der Beklagten telefonisch Kontakt aufgenommen und sich nach der Kostenübernahme für das
autosuggestive Logo- spasmus-Training erkundigt. Der Kläger hätte aber vor Abschluss des Behandlungsvertrags und
Zahlung der Therapiekosten in Höhe von 2.850,00 DM die Entscheidung der Beklagten abwarten und ihr die Prüfung
ermöglichen müssen, ob eine andere geeignete und zweckmäßige Behandlung im Rahmen des vertragsärztlichen
Versorgungssystems hätte bereitgestellt werden können. Es ist im vorliegenden Falle unerheblich, dass das
autosuggestive Logospasmus-Training erst nach der Ablehnung durch die Beklagte stattgefunden hat. Denn der
Kläger hat mit der Anmeldung zu der Therapie bereits die Kosten in voller Höhe bezahlt und der Vertrag ist mit Zugang
der Anmeldebestätigung vom 30.12.1997 zustande gekommen. Weder die Anmeldung, noch die Anmeldebestätigung
enthielten die Möglichkeit eines Rücktritts mit der Zurückzahlung der Seminarkosten. Damit liegt bereits in dem
Abschluss des privaten Behandlungsvertrages eine Selbstbeschaffung der Leistung im Sinne des § 13 Abs.3 2.
Alternative SGB V.
Einer Kostenerstattung steht außerdem entgegen, dass die in der Praxis für Biologische Medizin im Lehrinstitut und
Institut für Naturheilkunde, Psychotherapie und Hypnosetherapie durchgeführte Behandlung ausweislich der
Seminarunterlagen und der Rechnung vom 08.04.1998 unter der medizinischen Leitung eines Heilpraktikers steht.
Gemäß §§ 15 Abs.1, 28 Abs.1 SGB V wird die ärztliche Behandlung im Sinne der §§ 27 ff. SGB V von Ärzten
erbracht. Sind Hilfeleistungen anderer Personen erforderlich, dürfen sie nur erbracht werden, wenn sie vom Arzt
angeordnet und von ihm verantwortet werden. § 15 Abs.1 SGB V enthält damit das Arztmonopol und den Ausschluss
anderer Heilberufe von der selbständigen Behandlung im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung. Auch wenn
durch das am 01.01.1999 in Kraft getretene Psychotherapeutengesetz vom 16.06.1998 (BGBl.I S.1311), sowie der
dadurch geänderten Regelungen des SGB V auch approbierte psychologische Therapeuten und Kinder- und
Jugendlichenpsychotherapeuten wie Ärzte an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, ist diese Regelung im
vorliegenden Fall schon deswegen nicht von Bedeutung, weil die Behandlung vor diesem Zeitpunkt stattgefunden hat.
Das auf § 15 Abs.1 SGB V beruhende Arztmonopol wird mit dem Bestreben des Gesetzgebers begründet, die
Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft zur Grundlage der medizinischen Versorgung zu machen sowie
ausreichende Ausbildung, Kontrolle und Überwachen der Heilpersonen zu gewährleisten (Höfler, a.a.O. § 15 SGB V,
Rdnr.5 mit weiteren Nachweisen auf die ständige höchstrichterliche Rechtsprechung). Die streitige Behandlung war
auch keine Hilfeleistung im Sinne des § 15 Abs.1 Satz 2 SGB V. Sie wurde weder vertragsärztlich verordnet, noch hat
sie in der Praxis eines zugelassenen Arztes stattgefunden. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Leistungserbringung
von einem Arzt im Rahmen einer ärztlichen Behandlung (Hauptleistung) überwacht und der Behandlungserfolg durch
einen Arzt kontrolliert worden ist. Der Sachverhalt bietet auch keinerlei Anhalt dafür, dass das Logospasmus-Training
eine im Rahmen des Delegationsverfahrens durchgeführte Therapie ist, die den in den Psychotherapie-Richtlinien (in
der Fassung vom 03.07.1987 BAnz Nr.156, zuletzt geändert am 17.12. 1996 (BAnz 1997, 2946)) und in der
Psychotherapie-Vereinbarung (Anlage 1 EKV über die Anwendung von Psychotherapie in der vertragsärztlichen
Versorgung vom 20.09.1990) aufgestellten Anforderungen entspricht.
Einer Kostenerstattung steht außerdem entgegen, dass das Logospasmus-Training eine neue Behandlungsmethode
ist, die vom Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen nicht anerkannt worden ist (§ 135 Abs.1 Satz 1 Nr.1
SGB V). Nach dieser gesetzlichen Vorschrift dürfen neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der
vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der Bundesausschuss der
Ärzte und Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs.1 Satz 2 Nr.5 SGB V Empfehlungen abgegeben hat über die
Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische
Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit ... nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der
jeweiligen Therapierichtung. Ebenso wie § 15 Abs.1 SGB V will diese Vorschrift erreichen, dass die Leistungen in
Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen und den
medizinischen Fortschritt berücksichtigen (§ 2 Abs.1 Satz 3 SGB V). Die streitige Leistung ist in den im Zeitpunkt der
Leistungserbringung noch geltenden Richtlinien über neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (NUB-
Richtlinien) des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen nicht empfohlen worden (NUB-Richtlinien in der
Fassung vom 04.12.1990, BArbBl. Nr.2 (1991, zuletzt geändert durch Bek. vom 07.09.1999 BAnz Nr.214). In diesem
Falle würde eine Kostenerstattung davon abhängen, dass die Wirksamkeit der Therapie wissenschaftlich
nachgewiesen ist bzw. dass sich die Behandlungsweise in der medizinischen Praxis durchgesetzt hat. Hiervon ist
aber nach dem Gutachten des MDK nicht die Rede.
Entgegen dem SG ergibt sich ein Anspruch auf Kostenerstattung auch nicht unter dem Gesichtspunkt des
sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs. Dieser Anspruch ist ein Ausgleich für die Folgen von Verwaltungsfehlern mit
der Besonderheit, dass Folgen beseitigt werden, die dadurch entstehen, dass der Bürger in seinen Entscheidungen
und Handlungen durch Verwaltungsfehler fehlgeleitet worden ist (Gagel, Die Sozialgerichtsbarkeit 2000, S.517 ff.). Er
setzt voraus, dass ein Verwaltungsfehler vorliegt und dass ein ursächlicher Zusammenhang besteht zwischen dem
Verwaltungsfehler und dem Handeln des Betroffenen. Er ist aber darauf beschränkt, das, was im Bereich des
Sozialverhältnisses abgelaufen ist, so zu korrigieren, dass die Verhältnisse hergestellt werden, die bei
ordnungsgemäßem Ablauf bestanden hätten. Eine weitere Grenze des Herstellungsanspruchs ist, dass er materielle
Ansprüche nicht verändern kann (Gagel, a.a.O.). Ziel des Herstellungsanspruch ist also die Vornahme einer
Amtshandlung zur Herbeiführung derjenigen Rechtsfolge, die eingetreten wäre, wenn sich der Leistungsträger, hier die
Krankenkasse, rechtmäßig verhalten hätte.
Ob die Beklagte ihre Beratungspflicht verletzt hat, wie das SG meint und ob sie verpflichtet ist, dem Kläger andere
Behandlungsmöglichkeiten im vertragsärztlichen Versorgungssystem aufzuzeigen, was von der Beklagten bestritten
wird, kann hier dahingestellt bleiben. Denn Rechtsfolge des Herstellungsanspruchs kann nur die Erfüllung des infolge
des Verwaltungsfehlers beeinträchtigten oder gefährdeten, originären Hauptanspruchs sein. Daraus ergibt sich, dass
das mit dem Herstellungsanspruch Begehrte rechtlich zulässig sein muss. Es muss zumindest das begehrte Handeln
in seiner wesentlichen Struktur im Gesetz vorgesehen sein.
Dies ist im vorliegenden Falle zu verneinen. Denn, wie bereits oben ausgeführt wurde, enthält § 15 Abs.1 SGB V das
Arztmonopol und als Folge dessen den Ausschluss von Heilpraktikern von der selbständigen Behandlung. Dies ist
verfassungsrechtlich unbedenklich (Bundesverfassungsgericht Beschluss vom 10.05.1988 SozR 2200 § 122 RVO
Nr.10).
Mit dieser Entscheidung verstößt der Senat nicht gegen das Urteil des BSG vom 07.11.1979 (SozR 2200 § 182
Nr.57); denn in diesem Fall hatte das BSG darüber zu entscheiden, ob eine Krankenkasse verpflichtet gewesen war,
die Möglichkeiten der Inanspruchnahme einer psychotherapeutischen Behandlung als Kassenleistung aufzuzeigen.
Anders liegt jedoch der vorliegenden Fall, da der Kläger bei Eingang der Antragstellung bei der Beklagten sich bereits
verbindlich für die Logospasmus-Therapie angemeldet und entsprechend der Empfehlung des Neurologen und
Psychiaters Dr.B. sich allein für diese Therapie entschieden hatte. Ebenso betrifft die weitere Entscheidung des BSG
vom 09.03.1982 (SozR 2200 § 182 Nr.80) einen Sonderfall, der mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar ist. In
dem vom BSG entschiedenen Fall ging es um die Inanspruchnahme einer Diplom-Psychologin als nicht-ärztliche
Therapeutin, die darüber hinaus eine verhaltenstherapeutische Zusatzausbildung erfahren hatte, die den damals
geltenden Bestimmungen des Ersatzkassen-Vertrages für eine im Rahmen des § 122 RVO liegende Delegation
entsprochen hatte. Im vorliegenden Fall jedoch ist über eine entsprechende Qualifikation des Heilpraktikers bzw. einer
zulässigen Delegation den vom Kläger vorgelegten Unterlagen des PHS-Instituts für Naturheilkunde nichts zu
entnehmen. Vielmehr ergibt sich aus diesen Unterlagen, dass das PHS-Institut versucht hat, mit den örtlichen
Krankenkassen einen Behandlungsvertrag abzuschließen. Dieser Vertrag hätte die Erstattungsfähigkeit der Therapie
durch die Kassen zur Folge gehabt. Der Vertragsabschluss sei jedoch abgelehnt worden, weil die Therapie nicht dem
allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprochen habe.
Unerheblich ist schließlich der Einwand des Klägers, er habe nur einen Teil der Kosten geltend gemacht und dadurch
der Beklagten Ausgaben erspart. Die Kosten für Fahrt und Übernachtung können als Annexleistungen mit Recht nur
geltend gemacht werden, wenn die Beklagte auch zur Hauptleistung verpflichet wäre (vgl. § 60 Abs.1 Satz 1 SGB V).
Dies ist hier nicht der Fall. Im Übrigen findet in der gesetzlichen Krankenversicherung aufgrund des
Solidaritätsprinzips ein allgemeiner Ausgleich von Lasten und Vermögen zwischen Versicherten und Krankenkassen
nicht statt (BSG vom 10.11.1977 BSGE 45, 130; BSG vom 13.05.1982 BSGE 53, 273).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs.2 Nrn.1, 2 SGG).