Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 01.02.2017

überwachung, abrechnung, vertrauensschutz, richtigstellung

LSG Baden-Württemberg Urteil vom 1.2.2017, L 5 KA 5013/14
Kassenärztliche Vereinigung - Abrechnungsprüfung - sachlich-rechnerische Berichtigung einer
Abrechnungssammelerklärung - Leistungserbringung durch mehrere Ärzte - postoperativer
Überwachungskomplex - Inhalt der vorgeschriebenen Abrechnungsvereinbarung -
Nichtzustandekommen - Hinweispflicht des die Leistung erbringenden Arztes - Vermeidung
von Doppelabrechnungen
Leitsätze
Die EBM-konforme Abrechnung von Leistungen des postoperativen Überwachungskomplexes (Abschnitte 31.3
bzw. 36.3 EBM) setzt auch die Einhaltung der (allgemeinen) Abrechnungsbestimmungen in den Präambeln
31.3.1 und 36.3.1 EBM voraus. Die dort (in Nr. 1) bei Leistungserbringung durch mehrere Ärzte (typischerweise
Operateur und Anästhesist) vorgeschriebene Abrechnungsvereinbarung muss festlegen, wer im
Außenverhältnis zur Kassenärztlichen Vereinigung die Leistungen abrechnet (obligatorischer Inhalt); im
Innenverhältnis der Ärzte zueinander kann die Abrechnungsvereinbarung (bspw.) Ausgleichszahlungen
festlegen (fakultativer Inhalt). Kommt eine Abrechnungsvereinbarung nicht zustande, darf nur der die Leistung
(tatsächlich) erbringende Arzt abrechnen; er muss in der Abrechnungssammelerklärung auf das Fehlen der
Abrechnungsvereinbarung hinweisen, damit die Kassenärztliche Vereinigung ggf. Vorsorge gegen
Doppelabrechnungen treffen kann.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 29.10.2014 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 1.509,70 EUR endgültig festgesetzt.
Tatbestand
1
Die Beteiligten streiten (noch) über eine im Wege sachlich-rechnerischer Berichtigung verfügte
Honorarrückforderung für die Quartale 1/2007 bis 4/2008 i.H.v. 1.509,70 EUR.
2
Der Kläger ist Facharzt für Chirurgie; er ist mit Sitz in W. zur Teilnahme an der vertragsärztlichen
Versorgung zugelassen. Der Kläger war während der streitigen Zeit außerdem Belegarzt an der C. Klinik W.
(einer Privatklinik) und hat dort (ambulante bzw. belegärztliche) Operationen unter Mitwirkung des
Anästhesisten Dr. B.-J. durchgeführt.
3
Mit Honorarbescheiden vom 12.07.2007, 11.10.2007, 14.01.2008, 11.04.2008, 14.07.2008, 15.10.2008,
15.01.2009 und 15.04.2009 setzte die Beklagte das Honorar des Klägers für die Quartale 1/2007 bis 4/2008
fest. Festgesetzt wurde u.a. Honorar für im Rahmen der belegärztlichen Tätigkeit erbrachte Leistungen der
Abschnitte 31.3 bzw. 36.3 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen (EBM).
Diese Abschnitte des EBM haben Leistungen des postoperativen Überwachungskomplexes nach ambulanten
bzw. belegärztlichen Operationen (Abschnitte 31.2 bzw. 36.2 EBM) zum Gegenstand. Hierzu enthalten die
Präambeln 31.3.1 bzw. 36.3.1 EBM folgende Abrechnungsbestimmungen:
4
1. Haben an der Erbringung der Leistungen des Abschnitts 31.2 bzw. 36.2, die nachfolgend eine
Überwachung entsprechend Gebührenordnungspositionen des Abschnitts 31.3 bzw. 36.3 erforderlich
machen oder an der Überwachung selbst mehrere Ärzte mitgewirkt, hat der die
Gebührenordnungspositionen dieses Abschnitts abrechnende Arzt in einer der Quartalsabrechnung
beizufügenden und von ihm unterzeichneten Erklärung zu bestätigen, dass er mit den anderen Ärzten eine
Vereinbarung darüber getroffen hat, wonach nur er allein in den jeweiligen Fällen diese
Gebührenordnungspositionen berechnet.
...
3. Die Gebührenordnungspositionen dieses Abschnitts sind nur einmalig im unmittelbaren Anschluss an die
Erbringung einer Leistung des Abschnitts 31.2 bzw. 36.2 abrechenbar.
...
5
Die vom Kläger zur Honorarabrechnung der (streitigen) Quartale 1/2007 bis 4/2008 abgegebenen und
unterzeichneten Abrechnungssammelerklärungen enthalten (unter Nr. 9) folgenden Aufdruck:
6
Erklärung zur Erbringung und Abrechnung von Leistungen, die entsprechend EBM eine
Erklärung oder Vereinbarung mit ggf. an diesen Leistungen beteiligten Ärzten vorsehen
7
Ich (Quartal 1/2007: ich/wir) erkläre(n), dass an der Erbringung von Leistungen, die beim Zusammenwirken
mehrerer Ärzte eine Erklärung oder Vereinbarung über die alleinige Abrechnung vorsehen, nur ich (Quartal
1/2007: ich/wir) alleine in den jeweiligen Fällen die Leistungen mit der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-
Württemberg abrechne(n).
8
Die vom Kläger zur Honorarabrechnung der (nicht mehr streitigen) Quartale 1/2006 bis 4/2006
abgegebenen Abrechnungssammelerklärungen enthalten (unter Nr. 6) folgenden Aufdruck:
9
Sofern an der Erbringung der berechneten Leistungen nach den Nrn. 01510 bis 01531 EBM (Ambulante
praxisklinische Betreuung und Nachsorge), 01910 EBM (Beobachtung und Betreuung nach
Schwangerschaftsabbruch), 31501 bis 31507 EBM (Postoperative Überwachung) und 31601 bis 31731 EBM
(Postoperative Behandlung) außer dem Unterzeichner weitere Ärzte mitgewirkt haben, bestätigt der
Unterzeichner ausdrücklich, dass mit allen mitwirkenden Ärzten eine Vereinbarung getroffen wurde,
wonach nur er allein in den jeweiligen Fällen diese Leistungen abrechnet.
10 Mit Schreiben vom 23.09.2008 beantragte die A. B. bei der Beklagten eine Prüfung der
Honorarabrechnungen - ambulantes Operieren - für das Quartal 4/2007. Leistungen der postoperativen
Überwachung seien von zwei Vertragsärzten für den gleichen Versicherten (und damit doppelt) abgerechnet
worden.
11 Mit an den Kläger gerichtetem Bescheid vom 26.02.2010 verfügte die Beklagte Honorarrückforderungen im
Wege der sachlich-rechnerischen Berichtigung für die Quartale 1/2006 bis 4/2008 wie folgt:
12
Quartal Kürzungsbetrag/EUR
1/2006
145,76
2/2006
70,65
3/2006
111,26
4/2006
206,20
1/2007
213,06
2/2007
70,15
3/2007
300,19
4/2007
268,51
1/2008
293,40
2/2008
223,35
3/2008
20,64
4/2008
120,40
Summe
2.043,57
13 Zur Begründung führte sie aus, bei der von der A. B. beantragten Abrechnungsprüfung sei aufgefallen, dass
sowohl der Kläger als auch der hinzugezogene Anästhesist, Dr. B.-J., den postoperativen
Überwachungskomplex abgerechnet hätten. Man habe deswegen die Honorarabrechnungen des Klägers zu
den Quartalen 1/2006 bis 4/2008 unter Heranziehung der Behandlungsscheine des Dr. B.-J. überprüft. Da
z.T. postoperative Überwachungen nach den GOPen 31502 bis 31507 sowie 36502 bis 36507 EBM bereits
von Dr. B.-J. angesetzt worden seien, habe man diese in den Abrechnungen des Klägers entsprechend
korrigiert. Über ggf. erforderliche Berichtigungen für die Quartale 1/2009 bis 4/2009 werde gesondert
entschieden. Abzüglich bereits einbehaltener Verwaltungskosten i.H.v. 2,29% ergebe sich aus der
Neufestsetzung des Honorars ein Rückforderungsbetrag von 1.996,77 EUR. Dem Bescheid ist als dessen
Bestandteil eine Aufstellung der von der Honorarrückforderung betroffenen Behandlungsfälle, der doppelt
abgerechneten Leistungen und der Rückforderungsbeträge beigefügt.
14 Am 15.03.2010 legte der Kläger Widerspruch ein. Er habe als Belegarzt in der C. Klinik W. seine eigenen
Patienten chirurgisch behandelt und alle Leistungen selbst erbracht. Für die Anästhesie habe er einen
Überweisungsschein ausgestellt, den Überweisungsauftrag aber nicht um Leistungen des postoperativen
Überwachungskomplexes erweitert und diese Leistungen auch nicht delegiert. Dr. B.-J. sei bei seinen
Patienten in der postoperativen Überwachung (wie: Kontrolle der Vitalparameter, Abschlussuntersuchung
und ggf. unmittelbar postoperative Schmerztherapie) nicht tätig gewesen.
15 Mit (weiterem) Bescheid vom 09.03.2012 setzte die Beklagte den bereits mit Bescheid vom 26.02.2010
festgesetzten Rückforderungsbetrag (erneut) auf 2.043,57 EUR fest. Ergänzend führte sie aus, sie habe
nicht darüber zu entscheiden, wer die postoperativen Überwachungskomplexe rechtmäßig abgerechnet
habe. Der Kläger möge den Sachverhalt mit Dr. B.-J. klären. Sowohl der Kläger wie Dr. B.-J. hätten in ihren
Abrechnungssammelerklärungen bestätigt, die in Rede stehenden Leistungen allein abzurechnen. Auf
Nachfrage habe Dr. B.-J. angegeben, er habe ebenfalls die postoperative Überwachung durchgeführt. Da
somit eine fehlerhafte Doppelabrechnung der GOPen 31502 bis 31507 und 36502 bis 36507 EBM erfolgt sei
und eine Einigung unter den abrechnenden Ärzten nicht herbeigeführt werden könne, würden sowohl die
Honorarabrechnungen des Klägers wie die Honorarabrechnungen des Dr. B.-J. entsprechend korrigiert.
16 Am 22.03.2012 legte der Kläger Widerspruch (auch) gegen den Bescheid vom 09.03.2012 ein. Ergänzend
trug er vor, an der postoperativen Überwachung seiner Patienten hätten nicht mehrere Ärzte mitgewirkt,
weshalb eine Erklärung nach Maßgabe der Präambeln 31.3.1 und 36.3.1 EBM (Nr. 1) nicht abgegeben
worden sei. Eine Abrechnungsvereinbarung habe er mit Dr. B.-J., der nicht Belegarzt sei, nicht getroffen. Er
habe die postoperative Überwachung seiner Patienten selbst (und allein) durchgeführt. Dr. B.-J. habe sich
aus seiner Sicht durch manipulative Abrechnungen Honorar verschafft, ohne die entsprechende Leistung
erbracht zu haben. Er möge nachweisen, dass der ihm erteilte Überweisungsauftrag auch die postoperative
Überwachung der Patienten umfasst habe und die Beklagte möge sich an ihn halten.
17 Mit Widerspruchsbescheid vom 08.01.2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung
führte sie aus, sowohl der Kläger wie Dr. B.-J. hätten Erklärungen nach Maßgabe der Präambeln 31.3.1 und
36.3.1 EBM (Nr. 1) abgegeben. Aus den vom Kläger zur Mit-/Weiterbehandlung der Patienten ausgestellten
Überweisungsscheinen sei nicht ersichtlich, dass die Tätigkeit des Anästhesisten Dr. B.-J. auf bestimmte
Leistungen beschränkt worden sei; die postoperativen Überwachungskomplexe könnten aber sowohl vom
Operateur wie vom Anästhesisten erbracht werden. Entfalle die Garantiefunktion der
Abrechnungssammelerklärung wegen Unrichtigkeit, entfalle zugleich eine grundlegende Voraussetzung für
die Honorarfestsetzung.
18 Am 08.02.2013 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG). Er wiederholte sein bisheriges
Vorbringen. Dr. B.-J. sei seinerzeit Direktor der C. Klinik W. gewesen und mittlerweile insolvent. Dass er die
postoperative Überwachung seiner Patienten selbst durchgeführt habe, könne das Klinikpersonal bezeugen.
Er habe auch kein Interesse daran gehabt, diese Leistungen einem anderen Arzt zu überlassen. Die
Beklagte habe den Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt. Es sei nicht zulässig, das ihm zustehende
Honorar zurückzufordern weil Dr. B.-J. die von ihm, dem Kläger, erbrachte Leistung (ebenfalls) zu Unrecht
abgerechnet habe. Als Operateur stelle er dem Anästhesisten einen Überweisungsschein aus, auf dem dieser
die von ihm erbrachten Leistungen eintrage; diese Eintragungen könne er nicht überprüfen. Auf dem
Überweisungsschein für Dr. B.-J. habe er (auf der Vorderseite) nur die Anästhesie vermerkt, nicht aber die
postoperative Überwachung des Patienten, da er diese bei seinen Patienten ausschließlich selbst vornehme.
Die Beklagte hätte die Abrechnung des Dr. B.-J. anzweifeln müssen, weil die von ihm auf dem
Überweisungsschein eingetragenen GOPen mit dem Überweisungsauftrag nicht übereingestimmt hätten
und die postoperative Überwachung in der Regel immer vom behandelnden Arzt und Operateur
vorgenommen werde. Er sei nur für seine Abrechnungen bzw. seine Abrechnungssammelerklärungen und
nicht für die Abrechnungen und Abrechnungssammelerklärungen des Dr. B.-J. verantwortlich und er könne
auch rechtswidrige Abrechnungen dieses Arztes nicht verhindern. Er berufe sich außerdem auf Verjährung.
19 Die Beklagte trat der Klage unter Bezugnahme auf die Begründung der angefochtenen Bescheide entgegen.
Die postoperativen Überwachungsleistungen hätten sowohl der Kläger wie Dr. B.-J. abgerechnet, weshalb
eine unzulässige Doppelabrechnung vorliege. Für sie stelle sich der Sachverhalt daher so dar, dass jeweils
mehrere (leistungsberechtigte) Ärzte an der Leistungserbringung des postoperativen Behandlungskomplexes
beteiligt gewesen seien, weshalb Erklärungen nach Maßgabe der Präambeln 31.3.1 und 36.3.1 EBM (Nr. 1)
hätten abgegeben werden müssen. Auf den Abschluss der in den genannten EBM-Bestimmungen
vorgesehenen Abrechnungsvereinbarung der an der Leistungserbringung beteiligten Ärzte habe sie keinen
Einfluss. Der Kläger habe mit seinen Abrechnungssammelerklärungen bestätigt, dass nur er die in Rede
stehenden Leistungen abrechnen werde, was jedoch unrichtig gewesen sei. Er wäre verpflichtet gewesen,
die Doppelabrechnung im Vorfeld (durch Abschluss einer Abrechnungsvereinbarung mit Dr. B.-J.)
auszuschließen und er habe daher jedenfalls grob fahrlässig unrichtige Angaben in der
Abrechnungssammelerklärung gemacht und die Doppelabrechnung mit verursacht und zu verantworten.
Mangels Einigung der beteiligten Ärzte habe sie die Doppelabrechnung bei beiden Ärzten berichtigen
müssen.
20 Mit Urteil vom 29.10.2014 hob das SG den Bescheid vom 26.02.2010 in der Fassung des wiederholenden
Bescheids vom 09.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.01.2013 betreffend die
Quartale 1/2006 bis 4/2006 auf. Im Übrigen wies es die Klage ab.
21 Zur Begründung führte das SG aus, hinsichtlich der Quartale 1/2007 bis 4/2008 verlangten die Präambeln
31.3.1 und 36.3.1 EBM (Nr. 1) unmissverständlich den Abschluss einer Abrechnungsvereinbarung, wenn an
der Erbringung von Leistungen nach Abschnitt 31.2 EBM mehrere Ärzte mitgewirkt hätten. Das sei hier der
Fall gewesen; an den belegärztlich erbrachten Operationsleistungen des Klägers nach Abschnitt 31.2 EBM
habe Dr. B.-J. als Anästhesist mitgewirkt. Die deswegen notwendige Abrechnungsvereinbarung sei nicht
abgeschlossen worden. Der Kläger habe in den Abrechnungssammelerklärungen der Quartale 1/2007 bis
4/2008 jeweils erklärt, dass nur er allein diejenigen Leistungen abrechne, für die beim Zusammenwirken
mehrerer Ärzte eine Erklärung oder Vereinbarung über die alleinige Abrechnung (durch einen Arzt)
vorgesehen sei. Da es an einer Abrechnungsvereinbarung mit Dr. B.-J. gefehlt habe, seien die
Abrechnungssammelerklärungen insoweit unrichtig gewesen. Die Beklagte sei daher unabhängig davon,
wer die Leistungen der postoperativen Überwachung erbracht habe, zur sachlich-rechnerischen
Honorarberichtigung befugt gewesen. Sollte Dr. B.-J. den Abschluss einer Abrechnungsvereinbarung
verweigert haben, hätte der Kläger zur Wahrung der Richtigkeit seiner Abrechnungssammelerklärungen
hierauf hinweisen müssen. In den Quartalen 1/2006 bis 4/2006 habe das Formular der
Abrechnungssammelerklärung (unter Nr. 6) einen von den genannten EBM-Bestimmungen abweichenden
Wortlaut gehabt. Die Erklärung erfasse danach nur die Mitwirkung mehrerer Ärzte an der Erbringung von
Leistungen der postoperativen Überwachung und postoperativen Behandlung, nicht aber an der Erbringung
von Leistungen des Abschnitts 31.2 EBM, also an der Erbringung ambulanter Operationen. Da der Kläger die
postoperative Überwachung seiner Patienten allein vorgenommen habe, habe er in den
Abrechnungssammelerklärungen der Quartale 1/2006 bis 4/2006 insoweit - bezogen auf den Wortlaut der
Nr. 6 des Erklärungsformulars - keine unrichtigen Angaben gemacht. Die Funktionsfähigkeit des Systems der
gesetzlichen Krankenversicherung hänge freilich davon ab, dass die Kassenärztliche Vereinigung und die
Krankenkassen auf die ordnungsgemäße Leistungserbringung und die peinlich genaue Abrechnung der
Leistungen vertrauen könnten. Deshalb beziehe sich die Garantiefunktion der
Abrechnungssammelerklärung nicht nur auf die im Erklärungsformular aufgeführten Tatbestände. Die
Abrechnungssammelerklärung sei vielmehr als generelle Zusicherung einer den Vorgaben (insbesondere) des
EBM entsprechenden Abrechnung zu verstehen. Dagegen habe der Kläger verstoßen, da er - entgegen den
Bestimmungen der Präambeln 31.3.1 und 36.3.1 EBM (Nr. 1) - eine Abrechnungsvereinbarung mit Dr. B.-J.
nicht abgeschlossen habe. Die Beklagte habe die Honorarrückforderung daher grundsätzlich auch für die
Quartale 1/2006 bis 4/2006 verfügen dürfen. Für diese Quartale komme dem Kläger aber (über die in der
Rechtsprechung des Bundesozialgerichts - Urteil vom 28.08.2013, - B 6 KA 17/13 R -, in juris -
anerkannten Fallgestaltungen hinaus) Vertrauensschutz zu, weil der von den einschlägigen EBM-
Bestimmungen abweichende Wortlaut der Nr. 6 des Formulars für die Abrechnungssammelerklärung den
Anschein erweckt habe, eine Abrechnungsvereinbarung sei nur dann notwendig, wenn - was hier nicht der
Fall gewesen sei - mehrere Ärzte an der postoperativen Überwachung und postoperativen Behandlung des
Patienten mitgewirkt hätten. Die Beklagte könne sich daher auf das Fehlen der Abrechnungsvereinbarung
insoweit nicht berufen. Dass der Kläger die in Rede stehenden Leistungen erbracht habe, werde nicht
bezweifelt. Für die Quartale 1/2007 bis 4/2008 komme Vertrauensschutz aber nicht in Betracht. Dafür gebe
es in den - jetzt zutreffend abgefassten - Erklärungsformularen für die Abrechnungssammelerklärung keine
Grundlage mehr. Der Vertrauensschutz für die Quartale 1/2006 bis 4/2006 wirke auch nicht fort. Die
Vierjahresfrist für die nachgehende sachlich-rechnerische Berichtigung sei gewahrt.
22 Gegen das ihm am 20.11.2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 04.12.2014 Berufung eingelegt. Die
Beklagte, der das Urteil am 21.11.2014 zugestellt wurde, hat Berufung nicht eingelegt.
23 Der Kläger trägt vor, er habe gegen die Bestimmungen in den Präambeln 31.3.1 und 36.3.1 EBM (Nr. 1)
nicht verstoßen. Eine Abrechnungsvereinbarung mit Dr. B.-J. habe er nicht abgeschlossen; dieser sei zum
(rückwirkenden) Abschluss einer solchen Vereinbarung auch nicht bereit. Die genannten EBM-
Bestimmungen sähen aber keine konkrete Verhaltenspflicht des die Leistung korrekt erbringenden Arztes
vor. Er habe daher auch nicht darauf hinweisen müssen, dass eine Abrechnungsvereinbarung nicht vorliege.
Den Abschluss einer solchen Vereinbarung (mit dem rechtswidrig abrechnenden Dr. B.-J.) könne er nicht
erzwingen. Die Beklagte hätte vor der Honorarrückforderung um Aufklärung des Sachverhalts nachsuchen
können. Die Risiken der Doppelabrechnung dürften nicht zu Lasten des rechtmäßig abrechnenden Arztes
gehen.
24 Der Kläger beantragt,
25 das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 29.10.2014 abzuändern und die Bescheide der Beklagten vom
26.02.2010 und 09.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.01.2013 in vollem Umfang
aufzuheben.
26 Die Beklagte beantragt,
27 die Berufung zurückzuweisen.
28 Sie hält das angefochtene Urteil - soweit die Klage abgewiesen worden ist - für zutreffend.
29 Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren
Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des SG und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
30 Die Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft.
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist die mit den angefochtenen Bescheiden verfügte
Honorarrückforderung für die Quartale 1/2007 bis 4/2008. Insoweit hat das SG die Klage abgewiesen.
Soweit es der Klage stattgegeben und die angefochtenen Bescheide - hinsichtlich der Honorarrückforderung
für die Quartale 1/2006 bis 4/2006 - aufgehoben hat, ist Berufung von der Beklagten nicht eingelegt
worden; hierüber hat der Senat nicht zu befinden. Der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG
(750 EUR) ist bei einem im Berufungsverfahren noch streitigen Kürzungsbetrag von 1.509,70 EUR
überschritten. Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt worden und daher auch im Übrigen zulässig
(§ 151 SGG). Sie ist jedoch nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind hinsichtlich der für die
Quartale 1/2007 bis 4/2008 verfügten Honorarrückforderung rechtmäßig. Der Senat teilt insoweit die
Rechtsauffassung des SG und macht sich die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils - soweit sie
sich auf die Abweisung der Klage beziehen - zu eigen (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist anzumerken:
31 Rechtsgrundlage für die sachlich-rechnerische Berichtigung von Vertragsarztabrechnungen bzw. die
Aufhebung bereits ergangener Honorarbescheide und die Rückforderung von Vertragsarzthonorar ist § 106a
Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) i.V.m. § 50 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X);
ergänzende Regelungen enthalten bzw. enthielten (bis zum 30.09.2013) zu dem für die Rückforderung
maßgeblichen Zeitpunkt § 45 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) und § 34 Bundesmantelvertrag
Ärzte/Ersatzkassen (EKV-Ä).
32 Gem. § 106a Abs. 1 SGB V prüfen die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Krankenkassen die
Rechtmäßigkeit und Plausibilität der Abrechnungen in der vertragsärztlichen Versorgung. Die
Kassenärztliche Vereinigung stellt die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der
Vertragsärzte fest; dazu gehört auch die arztbezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität und die
Prüfung der abgerechneten Sachkosten (§ 106a Abs. 2 Satz 1 SGB V). Nach den für den hier maßgeblichen
Zeitraum im Wesentlichen gleichlautenden Vorschriften in § 45 Abs. 1 und 2 BMV-Ä und § 34 EKV-Ä (bis
30.09.2013) obliegt der Kassenärztlichen Vereinigung die Prüfung der von den Vertragsärzten vorgelegten
Abrechnungen ihrer vertragsärztlichen Leistungen hinsichtlich der sachlich-rechnerischen Richtigkeit. Das
gilt insbesondere für die Anwendung des Regelwerks. Die Kassenärztliche Vereinigung berichtigt die
Honorarforderung des Vertragsarztes bei Fehlern hinsichtlich der sachlich-rechnerischen Richtigkeit (§ 45
Abs. 1 und 2 Satz 1 BMV-Ä bzw. § 34 Abs. 4 EKV-Ä).
33 Die sachlich-rechnerische Berichtigung kann sowohl vor wie nach Erlass des Honorarbescheids erfolgen. Die
Berichtigung bereits erlassener Honorarbescheide (nachgehende Richtigstellung) stellt im Umfang der
vorgenommenen Korrekturen zugleich eine teilweise Rücknahme des Honorarbescheids dar und bewirkt,
dass überzahltes Honorar gem. § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X zurückzuzahlen ist. Das Recht (und die Pflicht) der
Kassenärztlichen Vereinigung zur Berichtigung bereits erlassener Honorarbescheide (nachgehende
Richtigstellung) unterliegt nicht der Verjährung. Allerdings gilt für die nachgehende Richtigstellung eine (an
das Verjährungsrecht angelehnte) Ausschlussfrist von 4 Jahren (vgl. etwa BSG, Urteil vom 05.05.2010, - B 6
KA 5/09 R - m. w. N., in juris). Vertrauensschutz kann der Vertragsarzt gegen die nachgehende
Richtigstellung von Honorarbescheiden regelmäßig nicht einwenden. Besonderer Vertrauensschutz gem. §
45 SGB X ist für den Anwendungsbereich der §§ 106a SGB V, 45 BMV-Ä, 34 Abs. 4 EKV-Ä ausgeschlossen,
da diese Bestimmungen als Sonderregelungen i.S.d. § 37 Satz 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) das
allgemeine Sozialverwaltungsrecht verdrängen (vgl. etwa BSG, Urteil vom 14.12.2005, - B 6 KA 17/05 R -;
auch Urteil vom 23.06.2010, - B 6 KA 12/09 R -, alle in juris). Nur außerhalb des Anwendungsbereichs der
Berichtigungsvorschriften kommt Vertrauensschutz gem. § 45 SGB X in Betracht. Das ist nach der
Rechtsprechung des BSG der Fall, wenn die Ausschlussfrist für nachgehende Richtigstellungen von 4 Jahren
abgelaufen oder die Befugnis zur nachgehenden Richtigstellung „verbraucht“ ist, etwa, indem die
Kassenärztliche Vereinigung die Honorarforderung in einem der Honorarverteilung nachfolgenden Verfahren
auf ihre sachlich-rechnerische Richtigkeit überprüft und vorbehaltlos bestätigt hat. Dann wird die jedem
Honorarbescheid innewohnende Vorläufigkeit im Verhältnis zum Vertragsarzt aufgehoben, und die
Kassenärztliche Vereinigung kann einen Honorarbescheid wegen anfänglicher Fehlerhaftigkeit nur noch
unter den Voraussetzungen des § 45 SGB X zurücknehmen (vgl. BSG, Beschluss vom 03.02.2010, - B 6 KA
22/09 B -; auch Urteil vom 14.12.2005, - B 6 KA 17/05 R -; Urteil vom 08.12.2006, - B 6 KA 12/05 R -, alle in
juris). Allgemeiner (rechtsstaatlicher) Vertrauensschutz ist sowohl innerhalb wie außerhalb des
Anwendungsbereichs der Berichtigungsvorschriften in (seltenen) Ausnahmefällen möglich. Ein solcher
Ausnahmefall kann etwa angenommen werden wenn die Kassenärztliche Vereinigung bei Erlass des
Honorarbescheids auf ihr bekannte Ungewissheiten hinsichtlich der Grundlagen der Honorarverteilung nicht
hingewiesen und dadurch schützenswertes Vertrauen bei den Vertragsärzten hervorgerufen hat, oder wenn
die Fehlerhaftigkeit des Honorarbescheids aus Umständen herrührt, die die besonderen
Funktionsbedingungen des Systems vertragsärztlicher Honorierung nicht konkret berühren (dazu BSG,
Urteil vom 28.08.2013, - B 6 KA 43/12 R -, in juris).
34 Die (nachgehende) sachlich-rechnerische Berichtigung von Honorarabrechnungen setzt ein Verschulden des
Vertragsarztes grundsätzlich nicht voraus. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Kassenärztliche
Vereinigung den gesamten Honorarbescheid für ein Quartal allein wegen der Unrichtigkeit der
Abrechnungssammelerklärung aufhebt. Diese Rechtsfolge setzt voraus, dass unrichtige Angaben in den
Behandlungsausweisen zumindest grob fahrlässig erfolgt sind (BSG, Urteil vom 22.03.2006, - B 6 KA 76/04
R -, in juris).
35 Die angefochtenen Bescheide (Kürzungsbescheide vom 26.02.2010/09.03.2012; Widerspruchsbescheid vom
08.01.2013) haben - soweit sie Streitgegenstand des Berufungsverfahrens sind - die nachgehende sachlich-
rechnerische Berichtigung des vom Kläger in den Quartalen 1/2007 bis 4/2008 abgerechneten
Vertragsarzthonorars zum Gegenstand. Die - als K. V. hierfür zuständige - Beklagte hat die Abrechnung von
Leistungen des postoperativen Überwachungskomplexes (GOPen 31502 ff.; 36502 ff. EBM) wegen
fehlerhafter Anwendung des Regelwerks (des EBM) berichtigt, die für die genannten Quartale ergangenen
Honorarbescheide in Höhe des Berichtigungs- bzw. Kürzungsbetrags teilweise aufgehoben und das zuviel
gezahlte Honorar zurückgefordert. Sie hat die für nachgehende Berichtigungen geltende Vierjahresfrist
beachtet und in der Sache zu Recht angenommen, dass der Kläger die in den genannten Quartalen
erbrachten Leistungen des postoperativen Überwachungskomplexes fehlerhaft - unter Verstoß gegen die
Abrechnungsbestimmungen in den Präambeln 31.3.1 und 36.3.1 EBM (Nr. 1) - abgerechnet hat. Ob dem
Kläger deswegen Verschulden zur Last fällt, ist unerheblich, da die Honorarbescheide nicht allein wegen
Unrichtigkeit der Abrechnungssammelerklärungen insgesamt, sondern wegen Verstoßes gegen die
genannten Abrechnungsbestimmungen - unter Belassung des Vertragsarzthonorars im Übrigen - nur
teilweise aufgehoben worden sind; es kann deshalb offen bleiben, ob der Kläger grob fahrlässig gehandelt
hat, weil ihm das Fehlen der zur EBM-konformen Abrechnung hier notwendigen Abrechnungsvereinbarung
(dazu sogleich) hat bewusst sein müssen. Auch für besonderen Vertrauensschutz ist nichts ersichtlich.
Fehler hinsichtlich der Berechnung des Kürzungsbetrags im Einzelnen sind nicht erkennbar und auch nicht
geltend gemacht. Die Beteiligten streiten vielmehr (allein) über die Auslegung und Anwendung des
Regelwerks des EBM, hier der Präambeln 31.3.1 und 36.3.1 EBM (zur Auslegung vertragsärztlicher
Vergütungsbestimmungen nur etwa Senatsurteil vom 24.02.2016, - L 5 KA 5799/11 -, in juris, m.N. zur
Rechtsprechung des BSG; vgl. auch BSG, Urteil vom 16.12.2015, - B 6 KA 39/15 R -, in juris).
36 Die EBM-konforme Abrechnung von Leistungen des postoperativen Überwachungskomplexes (Abschnitte
31.3 bzw. 36.3 EBM) setzt neben der Erfüllung des (konkreten) Leistungsinhaltes der jeweiligen GOP
außerdem die Einhaltung der (allgemeinen) Abrechnungsbestimmungen in den Präambeln 31.3.1 und 36.3.1
EBM voraus. Nach Nr. 1 der Präambeln 31.3.1 und 36.3.1 EBM muss der Arzt bei der Abrechnung von
Leistungen des postoperativen Überwachungskomplexes nach einer ambulanten oder belegärztlichen
Operation, an der (wie regelmäßig) mehrere Ärzte (typischerweise Operateur und Anästhesist) mitgewirkt
haben, in einer der Quartalsabrechnung beizufügenden und von ihm unterzeichneten Erklärung bestätigen,
dass er mit den anderen Ärzten (als Operateur etwa mit dem Anästhesisten) eine Vereinbarung darüber
getroffen hat, wonach nur er allein die Leistungen des postoperativen Überwachungskomplexes abrechnet.
Entsprechendes gilt, wenn an der postoperativen Überwachung selbst mehrere Ärzte mitgewirkt haben.
Diese Regelung enthält eine Ausnahme vom Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung. Im
Außenverhältnis zur Kassenärztlichen Vereinigung wird erlaubt, dass ein an der ambulanten oder
belegärztlichen Operation bzw. der postoperativen Überwachung mitwirkender Arzt Leistungen des
postoperativen Überwachungskomplexes abrechnet, die ein anderer Arzt erbracht hat. Im Innenverhältnis
der Ärzte zueinander wird - mit dem explizit vorgeschriebenen Inhalt der Erklärung implizit - verlangt, dass
die Ärzte eine Abrechnungsvereinbarung abschließen, nach der nur der abrechnende Arzt allein die jeweilige
Leistung des operativen Überwachungskomplexes abrechnet (obligatorischer Inhalt der
Abrechnungsvereinbarung); außerdem können die Ärzte in der Abrechnungsvereinbarung einen Ausgleich,
etwa eine Ausgleichszahlung, verabreden (fakultativer Inhalt der Abrechnungsvereinbarung). Mit dem
Erfordernis der ärztlichen Abrechnungsvereinbarung will der EBM sicherstellen, dass die Leistungen des
postoperativen Überwachungskomplexes, die nach Nr. 3 der Präambeln 31.3.1 und 36.3.1 EBM nur einmalig
(im unmittelbaren Anschluss an ambulant bzw. belegärztlich erbrachte Operationsleistungen) abrechenbar
sind, im Außenverhältnis gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung nicht von jedem an der Operation
bzw. der postoperativen Überwachung teilnehmenden und (dem Grunde nach) abrechnungsbefugten Arzt
und damit mehrfach abgerechnet werden. Hierfür nimmt der EBM die Ärzte in die Pflicht und erlegt ihnen
die Verantwortung für die Vermeidung von Doppelabrechnungen auf; dagegen ist aus Rechtsgründen nichts
einzuwenden. Der EBM geht von dem Regelfall aus, dass die Abrechnungsvereinbarung zustande kommt.
Der Arzt, der die Leistungen des postoperativen Überwachungskomplexes vereinbarungskonform abrechnet
und die in den Präambeln 31.3.1 und 36.3.1 EBM (Nr. 1) vorgeschriebene Erklärung in der
Abrechnungssammelerklärung - inhaltlich zutreffend - abgibt, rechnet EBM-konform ab und hat gegenüber
der Kassenärztlichen Vereinigung Anspruch auf Festsetzung des Honorars für die (von ihm oder dem
anderen Arzt) erbrachte Leistung des postoperativen Überwachungskomplexes. Dabei bleibt es auch dann,
wenn sich der andere Arzt nicht an die Abrechnungsvereinbarung hält und die gleiche Leistung gegenüber
der Kassenärztlichen Vereinigung abredewidrig ebenfalls abrechnet und die in den Präambeln 31.3.1 und
36.3.1 EBM (Nr. 1) vorgeschriebene Erklärung - inhaltlich unzutreffend - abgibt. Kommt eine
Abrechnungsvereinbarung mit dem vorstehend als obligatorisch bezeichneten Inhalt (aus welchen Gründen
auch immer) nicht zustande, könnten die Leistungen des postoperativen Überwachungskomplexes bei strikt
wortlautbezogener Anwendung der unter Nr. 1 der Präambeln 31.3.1 und 36.3.1 EBM festgelegten
Abrechnungsbestimmung an sich (gar) nicht abgerechnet werden. Damit wäre der Regelungsgehalt der
Vorschrift freilich überspannt, zumal die Abrechnungsvereinbarung lediglich implizit vorgeschrieben ist und
nur Doppelabrechnungen verhindert werden sollen. Tatsächlich erbrachte Leistungen des postoperativen
Überwachungskomplexes können daher auch bei im Innenverhältnis der Ärzte fehlender
Abrechnungsvereinbarung im Außenverhältnis gegenüber der KV abgerechnet werden. Im Hinblick darauf,
dass der EBM die Ärzte mit dem Erfordernis der Abrechnungsvereinbarung - rechtlich unbedenklich - zur
Vermeidung von Doppelabrechnungen in die Pflicht nimmt, darf der abrechnende Arzt dann freilich nicht
(wahrheitswidrig) erklären, eine Abrechnungsvereinbarung mit dem nach Maßgabe der Präambeln 31.3.1
und 36.3.1 EBM (Nr. 1) obligatorischen Inhalt abgeschlossen zu haben. Er muss, will er EBM-konform
abrechnen, einen entsprechenden Erklärungstext des Formulars der Abrechnungssammelerklärung streichen
und/oder darauf hinweisen, dass eine Abrechnungsvereinbarung nicht abgeschlossen worden ist. Es ist dann
Sache der Kassenärztlichen Vereinigung, in (Sonder-)Fällen dieser Art Vorsorge gegen Doppelabrechnungen
zu treffen.
37 Davon ausgehend hat der Kläger die in den Quartalen 1/2007 bis 4/2008 erbrachten Leistungen des
postoperativen Überwachungskomplexes nicht EBM-konform abgerechnet, vielmehr gegen die
Abrechnungsbestimmungen in den Präambeln 31.3.1 und 36.3.1 EBM (Nr. 1) verstoßen. Er hat mit Dr. B.-J.
gemeinsam operiert, eine Abrechnungsvereinbarung mit dem in den genannten Abrechnungsbestimmungen
vorgesehenen (obligatorischen) Inhalt jedoch unstreitig nicht abgeschlossen und insoweit unter Nr. 9 der
Abrechnungssammelerklärungen eine der Sache nach unrichtige Erklärung abgegeben. Damit hat der Kläger
das für die Vergütung der in Rede stehenden Leistungen geltende Regelwerk (des EBM) verletzt, weshalb
die Beklagte die Honorarfestsetzung insoweit zu Recht im Wege sachlich-rechnerischer Berichtigung
aufgehoben hat. Dass offenbar auch Dr. B.-J. in gleicher Weise fehlerhaft abgerechnet hat, ist unerheblich.
Als Folge der den Ärzten durch die Abrechnungsbestimmungen in den Präambeln 31.3.1 und 36.3.1 EBM (Nr.
1) auferlegten Verantwortung für die Vermeidung von Doppelabrechnungen kann es in Sonderfällen der
vorliegenden Art dazu kommen, dass eine tatsächlich erbrachte Leistung, die von keinem Arzt EBM-konform
abgerechnet wird, unvergütet bleibt.
38 Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2
Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
39 Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
40 Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz (GKG).