Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 16.03.2007

LSG Baden-Württemberg: heizung, eigentumswohnung, erwerbsfähigkeit, nebenkosten, zuschuss, sozialhilfe, erlass, darlehensvertrag, rate, unterkunftskosten

LSG Baden-Württemberg Urteil vom 16.3.2007, L 8 AS 6504/06
Arbeitslosengeld II - Feststellung der Erwerbsfähigkeit - vorläufige Leistung bis zur Entscheidung der Einigungsstelle auch nach dem
31.7.2006 - Unterkunftskosten - Tilgungsrate für Eigentumswohnung - Abzug der Kosten für Warmwasseraufbereitung von den Heizkosten -
sozialgerichtliches Verfahren
Leitsätze
Bis zu einer zweifelsfreien Klärung der Erwerbsfähigkeit in dem in § 44a SGB II vorgesehenen Verfahren wird im Verhältnis zum Hilfebedürftigen
dessen Erwerbfähigkeit iSd § 8 SGB II fingiert, obwohl die Pflicht zur einstweiligen Leistungserbringung bis zu einer Entscheidung der
Einigungsstelle, wie dies in § 44a Satz 3 SGB II in der bis zum 31.07.2006 geltenden Fassung bestimmt war, durch den Wegfall dieser Bestimmung
infolge der Neuregelung durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.07.2006 (BGBl I Seite 1706) ab
01.08.2006 nicht mehr ausdrücklich im Gesetz enthalten ist. Andernfalls ginge die mit § 44a SGB II auch in der ab 01.08.2006 geltenden Fassung
bezweckte Verfahrenskonzentration weitgehend ins Leere (vgl zu § 44a SGB II in der bis zum 31.07.2006 geltenden Fassung BSG Urteil vom
07.11.2006 B 7b AS 10/06R).
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 1. Dezember 2006 wird zurückgewiesen.
Von den außergerichtlichen Kosten der Kläger in beiden Rechtszügen trägt die Beklagte ein Zehntel. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand
1
Die Kläger begehren höhere Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II).
2
Der 1946 geborene Kläger zu 1 lebt mit seiner am ... 1950 geborenen Ehefrau, der Klägerin zu 2, in einer beiden Eheleuten gehörenden 68 m²
großen 2-Zimmer-Wohnung in B.-B.. Sie müssen einschließlich einer Instandhaltungsrücklage monatliche Vorauszahlungen für Nebenkosten
(ohne Heizung) in Höhe von 119 EUR erbringen; wegen Einzelheiten wird insoweit auf den von ihnen der Beklagten vorgelegten Wirtschaftsplan
2006 der Hausverwaltung vom 03.02.2006 (Bl. 174 der Verwaltungsakten) Bezug genommen. Für Heizkosten müssen sie monatlich 79 EUR an
die Stadtwerke vorauszahlen. Zur Finanzierung der Wohnung nahmen die Eheleute im Jahre 1996 bei der D. Bank ein Hypothekendarlehen mit
einer Darlehenssumme vom 130.000 DM auf. Im Darlehensvertrag wurde eine so genannte annuitätische Tilgung vereinbart, d.h. die
Rückzahlung des Darlehens erfolgt in Höhe eines gleich bleibenden Betrages, der sich aus Zins- und Tilgungsleistungen zusammensetzt. Da
der Zins nur auf die rückläufige Restschuld zu zahlen ist, wird der Zinsanteil immer kleiner, der Tilgungsanteil entsprechend höher. Der
Rückzahlungsbetrag belief sich anfänglich auf 1.000 DM monatlich, er beträgt spätestens seit 01.01.2005 monatlich 400 EUR. Der Zinsanteil für
das zweite Halbjahr 2006 belief sich auf insgesamt 510 EUR.
3
Seit 01.01.2005 erhalten die Kläger Leistungen nach dem SGB II in unterschiedlicher Höhe, weil die Klägerin zu 2 aufgrund einer seit 01.04.1981
ausgeübten Beschäftigung über ein Einkommen verfügt, das bei der Bemessung der Leistungen bedarfsmindernd berücksichtigt wird, während
der Kläger zu 1 kein Erwerbseinkommen hat. In der Zeit von Januar bis Juli 2006 erhielt die Klägerin zu 2 monatlich netto 302,08 EUR
ausbezahlt und von August bis Oktober 2006 monatlich 298,22 EUR. Außer der Eigentumswohnung verfügen die Kläger über kein weiteres
Vermögen.
4
Für die Zeit vom 01.01.2006 bis zum 28.02.2006 erhielten die Kläger monatliche Leistungen in Höhe von 758,42 EUR (Bescheid vom
13.12.2005) und für die Zeit vom 01.03.2006 bis zum 31.05.2006 betrugen die monatlichen Leistungen 747,28 EUR (Bescheid vom 15.02.2006).
Dabei anerkannte die Beklagte als Kosten der Unterkunft die tatsächlich von den Klägern zu zahlenden monatlichen Vorauszahlungen für (kalte)
Nebenkosten in Höhe von monatlich 116 EUR (bis einschließlich Februar 2006) bzw. 119 EUR (ab März 2006) und Heizung. Lediglich von den
Vorauszahlungen für die Heizung zog sie einen Betrag von monatlich 8,90 EUR für die Zubereitung von Warmwasser ab, weil es sich dabei um
Kosten handele, die bereits im Regelsatz enthalten seien und daher nicht mehr gesondert ersetzt werden müssten. Die von der Beklagten
erstatteten Vorauszahlungen beliefen sich daher auf monatlich 59,10 EUR (bis Februar 2006) bzw. 70,10 EUR (ab März 2006). Die gegen diese
Bescheide eingelegten Widersprüche wurden von der Widerspruchsstelle der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 11.04.2006 als
unbegründet zurückgewiesen.
5
Nachdem das Sozialgericht Karlsruhe (SG) die Beklagte mit Beschluss vom 19.04.2006 (S 13 AS 633/06 ER) im Wege der einstweiligen
Anordnung verpflichtet hatte, den Klägern ab 01.01.2006 vorläufig - bis zur Entscheidung in der Hauptsache - weiterhin auch die Tilgungsraten
für die Eigentumswohnung darlehensweise zu zahlen, ab 01.06.2006 allerdings gegen dingliche Sicherung, erließ die Beklagte den Bescheid
vom 26.04.2006, mit dem sie der im Beschluss des SG ausgesprochenen Verpflichtung nachkam. Sie bewilligte nunmehr für die Zeit vom
01.01.2006 bis 28.02.2006 Leistungen in Höhe von monatlich 1035,50 EUR und für die Zeit vom 01.03.2006 bis 30.06.2006 in Höhe von
1049,50 EUR. In der Begründung ihrer Entscheidung führte sie aus, die Gewährung der Tilgungsanteile für die Wohnung der Kläger erfolge als
Darlehen nach § 23 SGB II. Die Gewährung erfolge durch Aufstockung der bisher als Schuldzins gekennzeichneten, anerkannten und gewährten
Beträge bis zur monatlichen von den Klägern zu zahlenden Rate von 400 EUR. Die genaue Bestimmung der Zins- und Tilgungsanteile könne zur
Zeit noch nicht erfolgen. Die Kläger wurden deshalb um Vorlage weiterer Unterlagen gebeten. Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde mit
Widerspruchsbescheid vom 21.06.2006 als unbegründet zurückgewiesen. In dem Widerspruchsbescheid wies die Beklagte darauf hin, dass die
Kläger durch den Umstand, dass eine genaue Aufteilung der Zins- und Tilgungsleitungen erst im Nachhinein erfolgen könne, keinerlei Nachteile
hätten, da sie den Klägern die von diesen an die Bank zu zahlende Rate von monatlich 400 EUR, in der Zins- und Tilgungsleistungen
zusammengefasst seien, ausbezahlt habe.
6
Mit Bescheid vom 16.06.2006 setzte die Beklagte die monatlichen Leistungen für die Zeit vom 01.06.2006 bis 30.11.2006 auf 747,28 EUR fest.
Tilgungsleistungen für das Darlehen waren in diesem Betrag nicht (mehr) enthalten, weil die Kläger den von der Beklagten angebotenen
Darlehensvertrag nicht abgeschlossen haben und auch eine dingliche Sicherung für ein Darlehen nicht zustande gekommen ist. Sie zahlte den
Klägern aber Zinsen in Höhe von monatlich 97,78 EUR für die Zeit vom 01.06.2006 bis zum 30.11.2006; im Übrigen zahlte sie Nebenkosten (119
EUR) und Kosten für die Heizung (70,10 EUR) im selben Umfang wie in der Zeit bis zum 30.06.2006. Der Widerspruch der Kläger gegen diesen
Bescheid wurde mit Widerspruchsbescheid vom 01.08.2006 als unbegründet zurückgewiesen. Zusätzlich erhielten die Kläger nach Vorlage der
Endabrechnung der Hausverwaltung für ihre Eigentumswohnung vom 03.02.2006 (Bl. 354 der Verwaltungsakten) mit einem Bescheid vom
02.08.2006 einen einmaligen Zuschuss in Höhe von 263,04 EUR. Damit wurde ein noch offener Betrag für Nebenkosten aus dem Jahre 2005
vollständig übernommen.
7
Mit Bescheid vom 18.10.2006 wurde die monatliche Leistung für die Zeit vom 01.08.2006 bis 30.09.2006 auf 751,52 EUR und für die Zeit vom
01.10.2006 bis 30.11.2006 auf 750,52 EUR festgesetzt. Durch die Anrechnung des geänderten Nettoeinkommens der Klägerin zu 2 ergab sich
eine Nachzahlung von 12,72 EUR.
8
Da die Klägerin zu 2 einer Meldeaufforderung (Einladung) zum 17.08.2006 und 25.08.2006 nicht nachgekommen war, wurde sie von der
Beklagten im Schreiben vom 01.09.2006 darauf hingewiesen, dass beabsichtigt sei, das „Arbeitslosengeld II in einer weiteren Stufe um 10
Prozent“ der nach § 20 SGB II maßgeblichen Regelleistung für die Dauer von 3 Monaten abzusenken. Gleichzeitig wurde sie zu einem weiteren
Termin am 11.09.2006 eingeladen und auf die Rechtsfolgen, die eintreten, wenn sie auch diesen Termin ohne wichtigen Grund versäumt,
hingewiesen. Als Grund für die Einladung wurde angegeben, man wolle mit ihr über ihr Bewerberangebot bzw. ihre berufliche Situation
sprechen. Auch zu dem Termin am 11.09.2006 erschien die Klägerin zu 2 nicht. Mit Bescheid vom 20.09.2006 und Widerspruchsbescheid vom
15.11.2006 senkte die Beklagte die der Klägerin zu 2 gewährte Regelleistung von 311,00 EUR um 31,00 EUR gemäß § 31 Abs. 2 SGB II ab mit
der Begründung, die Klägerin zu 2 sei, ohne einen wichtigen Grund genannt zu haben, einer Einladung zur Vorsprache am 11.09.2006 nicht
gefolgt. Der Bescheid vom 20.09.2006 führte als Adressaten den Kläger zu 1 auf, der Widerspruchsbescheid vom 15.11.2006 war an beide
Kläger adressiert.
9
Mit Bescheid vom 21.11.2006 setzte die Antragsgegnerin die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts auf monatlich 643,84 EUR für die
Zeit vom 01.12. bis 31.12.2006 und auf monatlich 738,74 EUR für die Zeit vom 01.01. bis 31.05.2007 fest. Bei der Bemessung der Leistung
berücksichtigte sie, dass sie den Klägern für die Zeit vom 01.06. bis 30.11.2006 bereits einen Zinsanteil in Höhe von 488,90 EUR ausbezahlt
hatte. Sie gewährte daher für den Monat Dezember 2006 nur noch einen restlichen Anteil von 21,10 EUR (510 EUR – 488,90 EUR). Bei der
Berechnung der Leistungen für die Zeit ab Januar 2007 ging sie von einem monatlichen Zinsanteil von 85 EUR aus. Außerdem verminderte sie
den für den Monat Dezember 2006 zustehenden Betrag um den mit Bescheid vom 20.09.2006 festgesetzten Absenkungsbetrag von 31 EUR.
Den von den Antragstellern, vertreten durch ihren Sohn, eingelegten Widerspruch gegen diesen Bescheid wies die Widerspruchsstelle der
Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 20.12.2006 als unbegründet zurück.
10 Am 02.05.2006 haben die Kläger, vertreten durch ihren Sohn, Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. In der Klageschrift haben die
Kläger zum Ausdruck gebracht, dass sie der Meinung sind, einen Anspruch auf Übernahme der Tilgungsleistungen nicht nur als Darlehen,
sondern als Zuschuss zu haben. Als Anlage zur Klageschrift haben sie den Widerspruchsbescheid vom 11.04.2006 vorgelegt. Am 04.08.2006
haben die Kläger auch den Widerspruchsbescheid vom 01.08.2006 vorgelegt. Auf Nachfrage des SG haben die Kläger mit Schreiben vom
10.11.2006 mitgeteilt, sie möchten eine Umwandlung der seit 2003 als Darlehen ausgezahlten Tilgung in einen verlorenen Zuschuss, die
Fortführung der Tilgungskostenübernahme ab dem 01.04.2006 in der Form des verlorenen Zuschusses und die vollständige Auszahlung der im
Eilverfahren zugebilligten Tilgungskosten für die Monate Januar bis Mai 2006. Mit Gerichtsbescheid vom 01.12.2006 hat das SG die Bescheide
der Beklagten vom 13.12.2005, 31.01.2006 und 15.02.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.04.2006 abgeändert und die
Beklagte verurteilt, den Klägern ab 01.01.2006 weiterhin auch die Tilgungsraten für ihre Eigentumswohnung darlehensweise zu zahlen, ab dem
01.06.2006 gegen dingliche Sicherung. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
11 Am 28.12.2006 haben die Kläger Berufung eingelegt. Sie halten an ihrem Vorbringen im Klageverfahren fest.
12 Die Kläger beantragen sinngemäß,
13
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 1. Dezember 2006 sowie die Bescheide der Beklagten vom 13. Dezember
2005 und 15. Februar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. April 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 16.
Juni 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. August 2006 und den Bescheid vom 18.10.2006 abzuändern und die
Beklagte zu verurteilen, für die Zeit vom 1. Januar 2006 bis zum 30. November 2006 auch die Tilgungsraten für das bei der Dresdner
aufgenommene Hypothekendarlehen zu zahlen.
14 Die Beklagte beantragt,
15
die Berufung der Kläger zurückzuweisen.
16 Die Beklagte hält die Entscheidung des SG für zutreffend.
17 In der mündlichen Verhandlung am 16.03.2007 hat die Beklagte den Absenkungsbescheid vom 20.09.2006 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 22.12.2006 zurückgenommen.
18 Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz
sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
19 Die gemäß den §§ 143ff Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Berufung der Kläger ist nicht begründet. Der Bescheid vom
20.09.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.11.2006, mit dem die Beklagte die der Klägerin zu 2 gewährte Regelleistung von
311,00 EUR um 31,00 EUR gemäß § 31 Abs. 2 SGB II mit der Begründung absenkte, die Antragstellerin zu 2 sei, ohne einen wichtigen Grund
genannt zu haben, einer Einladung zur Vorsprache am 11.09.2006 nicht gefolgt, ist nicht (mehr) Streitgegenstand, da sich der Rechtsstreit
insoweit durch die Aufhebung dieses Bescheides erledigt hat.
20 Streitgegenstand des Berufungsverfahrens sind die Bescheide der Beklagten vom 13.12.2005 und 15.02.2006 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 11.04.2006 sowie der Bescheid der Beklagten vom 16.06.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
01.08.2006 und der Bescheid vom 18.10.2006. Allerdings sind der Bescheid vom 16.06.2006 und der Widerspruchsbescheid vom 01.08.2006
entgegen der Rechtsauffassung des SG nicht gemäß § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden. Eine direkte Anwendung dieser
Bestimmung scheidet aus, weil diese Bescheide die früheren, den Zeitraum vom 01.01.2006 bis 30.06.2006 betreffenden Bescheide, nicht
abändern, sondern die Leistungen für einen anderen Bewilligungszeitraum regeln.
21 Eine analoge Anwendung des § 96 SGG ist bei Klagen auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II regelmäßig nicht möglich (BSG Urteile
vom 07.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - und B 7b AS 14/06 R). Es fehlt in diesen Verfahren bereits an der für eine Analogie erforderlichen
Regelungslücke. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) konnte der Anspruch auf Leistungen der
Sozialhilfe grundsätzlich nur in dem zeitlichen Umfang in zulässiger Weise zum Gegenstand der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle gemacht
werden, in dem der Träger der Sozialhilfe den Hilfefall geregelt hat. Das war regelmäßig der Zeitraum bis zur letzten Verwaltungsentscheidung,
also bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides (vgl. BVerwGE 25, 307 (308 f.); 39, 261 (264 ff.)), und galt grundsätzlich auch für
(wiederkehrende) Leistungen der Eingliederungshilfe (siehe Urteile vom 16. Januar 1986 - BVerwG 5 C 36.84 - (Buchholz 436.0 § 39 BSHG Nr.
5) und vom 30. April 1992 - BVerwG 5 C 1.88 - (Buchholz 436.0 § 40 BSHG Nr. 12). Aus dieser zeitlichen Begrenzung des sozialhilferechtlichen
Streitgegenstandes folgte, dass für die gerichtliche Überprüfung ablehnender Leistungsbescheide in der Regel die Sach- und Rechtslage im
Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung maßgeblich ist (siehe etwa BVerwGE 90, 160 (162); 96, 152 (154); st. Rspr.). Diese zeitliche
Fixierung galt jedoch nicht uneingeschränkt. Eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass der Gegenstand der gerichtlichen Nachprüfung durch die
Zeit bis zum Erlass des letzten Behördenbescheides begrenzt ist, besteht nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dann, wenn
die Behörde den Hilfefall für einen längeren Zeitraum geregelt hat (vgl. BVerwGE 39, 261 (265); 89, 81 (85); siehe ferner Urteile vom 16. Januar
1986 und 30. April 1992 a.a.O. S. 11 f. und S. 4 f.). Dies trifft vorliegend für den Zeitraum vom 01.01.2006 bis 30.06.2006 zu, weil die Beklagte mit
den Bescheiden vom 13.12.2005 und 15.02.2006 über diesen Zeitraum entschieden hat. Diese zum Sozialhilferecht ergangene Rechtsprechung
des BVerwG ist auf Ansprüche nach § 20 SGB II zu übertragen. Die Einbeziehung des Zeitraums bis zum 30.06.2006 ist folglich nur deshalb
möglich, weil die Beklagte selbst hierüber eine Entscheidung getroffen hat. Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber mit der Regelung in § 41 Abs. 1
Sätze 4 und 5 SGB II deutlich gemacht hat, dass der Bewilligungszeitraum im Regelfall 6 Monate und unter bestimmten Voraussetzungen 12
Monate betragen kann. Die Festlegung von Bewilligungszeiträumen, an die die Verwaltung und die Gerichte gebunden sind, führt auch zu einer
Begrenzung des Streitgegenstandes. Für eine analoge Anwendung des § 96 SGG auf nachfolgende Bewilligungszeiträume ist von vornherein
kein Raum. Im Übrigen ist im Hinblick auf die sich häufig wechselnden Bedarfssituationen eine Einbeziehung weiterer Bescheide alles andere
als prozessökonomisch.
22 Der Bescheid der Beklagten vom 16.06.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.08.2006 ist aber deshalb Gegenstand des
erstinstanzlichen Verfahrens geworden, weil der Kläger seine Klage durch Einreichung des Widerspruchsbescheides konkludent erweitert hat
und das SG über diesen Bescheid mit entschieden hat. Da der Bescheid vom 18.10.2006 den Bescheid vom 16.06.2006 für den Zeitraum von
August bis November 2006 ersetzt hat, ist dieser Bescheid gemäß § 96 SGG Gegenstand des (durch die Klageänderung geänderten)
Klageverfahrens geworden. Zwar hat das SG diesen Bescheid übergangen, doch betrachtet es der Senat im vorliegenden Fall als zulässig,
dennoch im Berufungsverfahren über diesen Bescheid mit zu entscheiden. Gegenstand des Klageverfahrens gemäß § 96 SGG war auch der
Bescheid vom 20.09.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.11.2006, mit dem die der Klägerin zu 2 zustehende monatliche
Leistung für die Zeit von Oktober 2006 bis Dezember 2006 um 31 EUR abgesenkt wurde, weil auch mit dieser Entscheidung der Bescheid vom
16.06.2006 für die Zeit ab 01.10.2006 abgeändert worden ist.
23 Nicht (zulässiger) Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 21.11.2006. Mit diesem Bescheid und dem
hierzu ergangenen Widerspruchsbescheid vom 20.12.2006 hat die Beklagte Leistungen für die Zeit von Dezember 2006 bis Mai 2007 bewilligt.
Diese Bescheide haben insbesondere auch den Bescheid vom 20.09.2006 nicht abgeändert, sondern die darin festgesetzte Absenkung der
Leistung lediglich übernommen.
24 Beteiligte des Klage- und Berufungsverfahrens sind der Kläger zu 1 und die Klägerin zu 2. Sie bilden gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 1 und 2 SGB II eine
Bedarfsgemeinschaft. Nur die Kläger – und nicht die Bedarfsgemeinschaft – sind berechtigt (aktiv legitimiert), Ansprüche auf höhere Leistungen
nach dem SGB II für sich geltend zu machen. Denn diese Ansprüche stehen nicht der Bedarfsgemeinschaft zu, sondern nur den einzelnen
Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft (BSG Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 8/06 R). Der Sohn der Kläger, der Klage erhoben und Berufung
eingelegt hat, konnte in vermuteter Vertretung (§ 73 Abs. 2 SGG) für beide Elternteile handeln. Richtige Beklagte ist die für die Kläger örtlich
zuständige Arbeitsgemeinschaft, deren Beteiligtenfähigkeit im sozialgerichtlichen Verfahren inzwischen anerkannt ist (BSG aaO).
25 Leistungen nach dem SGB II erhalten Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben,
erwerbsfähig sowie hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Erwerbsfähig ist, wer
nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes
mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 8 Abs. 1 SGB II). Diese Voraussetzungen sind beiden Klägern als erfüllt zu betrachten. Da
die Kläger höhere Leistungen nach dem SG II begehren und nicht Leistungen nach dem SGB XII geltend machen, kann nicht unterstellt werden,
dass sie selbst sich als nicht erwerbsfähig im Sinne des SGB II betrachten, weil dies dazu führen würde, dass ihnen gar keine Leistungen
zustehen. Die Beklagte wiederum hat die Erwerbsfähigkeit der Kläger ebenfalls nicht in Abrede gestellt. Im Hinblick auf die Regelung in § 44a
SGB II ist der Senat ohnehin der Ansicht, dass bis zu einer zweifelsfreien Klärung der Erwerbsfähigkeit in dem in § 44a SGB II vorgesehenen
Verfahren im Verhältnis zum Hilfebedürftigen dessen Erwerbfähigkeit iSd § 8 SGB II fingiert werden müsste, obwohl die Pflicht zur einstweiligen
Leistungserbringung bis zu einer Entscheidung der Einigungsstelle, wie dies in § 44a Satz 3 SGB II in der bis zum 31.07.2006 geltenden
Fassung bestimmt war, durch den Wegfall dieser Bestimmung infolge der Neuregelung durch das Gesetz zur Fortentwicklung der
Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.07.2006 (BGBl I Seite 1706) ab 01.08.2006 nicht mehr ausdrücklich im Gesetz enthalten ist.
Andernfalls ginge die mit § 44a SGB II auch in der ab 01.08.2006 geltenden Fassung bezweckte Verfahrenskonzentration weitgehend ins Leere
(vgl zu § 44a SGB II in der bis zum 31.07.2006 geltenden Fassung BSG Urteil vom 07.11.2006 B 7b AS 10/06R).
26 Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft
lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit oder aus dem zu
berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen, sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen
oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält (§ 9 Abs. 1 SGB II). Erwerbsfähige Hilfebedürftige erhalten als Arbeitslosengeld II (Alg II) u.a.
Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung (§ 19 Satz 1 Nr. 1 SGB II in
der bis zum 31.07.2006 geltenden Fassung bzw. § 19 Satz 1 SGB II in der ab 01.08.2006 geltenden Fassung). Leistungen für Unterkunft und
Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II).
27 Höhere Unterkunftskosten stehen den Klägern nicht zu. Dabei ist im vorliegenden Verfahren nur streitig, ob die Beklagte verpflichtet ist, den
Klägern Tilgungsraten für die Abzahlung ihrer Eigentumswohnung zuzubilligen. Dies ist nicht der Fall. Denn die Tilgungsraten dienen der
Vermögensbildung und es ist mit dem Zweck der steuerfinanzierten Leistungen zur Grundsicherung nicht vereinbar, den Vermögensaufbau der
Hilfeempfänger zu finanzieren. (BSG aaO; vgl. zur Sozialhilfe nach dem Recht des Bundessozialhilfegesetzes bereits BVerwG Urteil vom
10.09.1992 – 5 C 25/88 – ZfSH/SGB 1993, 586). Ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen von diesem Grundsatz Ausnahmen zu machen
sind, kann offen bleiben. Im Fall der Kläger kommt eine Abweichung von dem Grundsatz, dass Tilgungskosten nicht zu übernehmen sind, nicht in
Betracht. Die Klägern haben nach dem Beschluss des SG vom 19.04.2006 und dem Gerichtsbescheid vom 01.12.2006 die Möglichkeit erhalten,
die Tilgungskosten als Darlehen zu erhalten. Von dieser Möglichkeit haben sie keinen Gebrauch gemacht. Auch haben sie nicht ausreichend
dargetan, dass eine Änderung der Darlehensvereinbarung (z. B. Verringerung der Tilgungsleistung) mit der Bank nicht möglich ist. Den
Zinsanteil für das von den Klägern aufgenommene Darlehen hat die Beklagte im streitigen Zeitraum auf der Grundlage der von der Bank erteilten
Auskünfte in der tatsächlich angefallenen Höhe übernommen.
28 Höhere Kosten für die Heizung stehen den Klägern ebenfalls nicht zu. Die geltend gemachten Kosten wurden von der Beklagten ausdrücklich als
angemessen bezeichnet und in voller Höhe übernommen (vgl. Widerspruchsbescheid vom 01.08.2006). Abgezogen wurden lediglich ein Betrag
von 8,90 EUR für die Zubereitung von Warmwasser. Dies ist nicht zu beanstanden, da die Kosten für die Warmwasserzubereitung zum
hauswirtschaftlichen Bedarf rechnen und in der Regelleistung bereits enthalten sind (LSG Baden-Württemberg Urteil vom 30.08.2005 - L 12 AS
2023/05). Die Höhe der Kaltnebenkosten wurden dem von den Klägern vorgelegten Wirtschaftsplan 2006 der Hausverwaltung entnommen; sie
werden ebenfalls in der angefallenen Höhe erstattet.
29 Soweit die Kläger sich im Verwaltungsverfahren bzw. Vorverfahren ursprünglich auch gegen die Berechnung der Freibeträge in Bezug auf das
von der Klägerin zu 2 erzielte Einkommen wandten, betraf dies nur die Anrechnung des Einkommens für die Zeit vor dem 01.01.2006, wie die
Kläger im Schreiben vom 23.02.2006 (Bl. 216 der Verwaltungsakten) ausdrücklich erklärten. Damit sind nur die Kosten der Unterkunft und
Heizung Streitgegenstand, nicht die Höhe der Regelleistung. Eine derartige Aufspaltung des Streitgegenstands ist zulässig (BSG 07.11.06 - B 7
B AS 8/06 - R). Auch die Absenkung der Regelleistung nach § 31 SGB II ist zu trennen von der Frage der Bemessung der Regelleistung im
Übrigen. Es handelt sich auch insoweit um eine eigenständige Regelung, die durch einen geänderten Bescheid verfügt werden muss.
30 Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
31 Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.