Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 10.10.2006
LSG Bwb: abgabe von hilfsmitteln, zukunft, unternehmen, verfügung, erlass, gewinnchancen, physiotherapeut, geschäftsbetrieb, rechtsschutz, leistungserbringer
Landessozialgericht Baden-Württemberg
Beschluss vom 10.10.2006 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Stuttgart S 10 KR 176/06 ER
Landessozialgericht Baden-Württemberg L 5 KR 897/06 W-A
Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens L 5 KR 890/06 ER-B wird endgültig auf 29.265 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Die endgültige Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. §§ 52 Abs. 1, 47 GKG.
Die Festsetzung des vorläufigen Streitwerts (Beschluss vom 16.3.2006) wird geändert. Die hierfür maßgebliche 6-
Monatsfrist (§ 63 Abs. 3 Satz 2 GKG) ist noch nicht verstrichen; der Senatsbeschluss vom 20.4.2006 (L 5 KR 890/06
ER-B) wurde der Beschwerdeführerin am 27.4.2006 zugestellt.
Gem. §§ 52 Abs. 1, 47 GKG bestimmt sich der Streitwert in Verfahren der Sozialgerichtsbarkeit nach den Anträgen
des Rechtsmittelklägers/Beschwerdeführers. Es ist also auf das wirtschaftliche Interesse an der angestrebten
Entscheidung und ihren Auswirkungen abzustellen. Erstrecken sich die Auswirkungen auf eine längere Zeit, ist dies
gebührend zu berücksichtigen (BSG SozR 3-1500 § 193 Nr. 6; SozR 3-1930 § 8 Nr. 1 jeweils noch zur alten
Rechtslage bei entsprechender Anwendung des § 13 GKG).
Die Bedeutung der Sache liegt für die Beschwerdeführerin nach deren Vorbringen darin, dass durch den
bevorstehenden - mit dem Begehren nach vorbeugendem bzw. vorläufigem Rechtsschutz bekämpften - Widerruf der
Zulassung zur Abgabe von Hilfsmitteln (§ 126 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch, SGB V) ihr Geschäftsbetrieb
weitestgehend zum Erliegen käme; sie müsste - so die Beschwerdeführerin - dann in naher Zukunft ihre Mitarbeiter
entlassen und die Existenz ihres Unternehmens wäre ernsthaft bedroht. Die geltend gemachten Auswirkungen der (im
Vorfeld) bekämpften Entscheidung der Beschwerdegegnerin gehen damit weit über den durch die Abgabe von
Hilfsmitteln an Mitglieder der Beschwerdegegnerin erzielbaren Gewinn hinaus (vgl. zur Zulassung nichtärztlicher
Leistungserbringer - hier Physiotherapeut - BSG, Beschl. v. 10.11.2005, - B 3 KR 36/05 B -). Wie der Gesetzgeber
entgangene Gewinnchancen von Firmen bewertet, lässt sich § 50 Abs. 2 GKG entnehmen. Danach beträgt der
Streitwert 5% der Bruttoauftragssumme, wenn ein Unternehmen bei der Vergabe eines Auftrags nicht zum Zuge
kommt und dagegen gerichtliche Schritte unternimmt. Diesen Ansatz übernimmt der Senat. Er vermeidet aufwändige
Ermittlungen zur (manchmal durch einmalige Faktoren bestimmten) Höhe des Gewinns (Senatsbeschluss vom
9.1.2006, - L 5 KR 2412/05 W-A -); die Beteiligten sind auf die Senatsrechtsprechung hingewiesen worden (Verfügung
vom 28.8.2006).
Die Beschwerdeführerin hat den Jahresumsatz 2005 mit 390.200 EUR angegeben (Schriftsatz vom 6.10.2006), 5%
hiervon sind 19.510 EUR. Bei der Würdigung der Bedeutung der Sache für die Beschwerdeführerin darf nicht
unbeachtet bleiben, dass die Auswirkungen des Rechtsstreits sich über längere Zeit erstrecken, nachdem die
Beschwerdeführerin sich infolge der (bevorstehenden) Widerrufsentscheidung der Beschwerdegegnerin in ihrer
Existenz bedroht sieht. Bei weit in die Zukunft hineinragenden Genehmigungen setzt der Senat entsprechend der
neueren Rechtsprechung des BSG (Urt. v. 01.09.2005,- B 6 KA 41/04 R sowie Beschluss vom 10.11.2005, a. a. O.)
allgemein einen 3-Jahres-Zeitraum an. In auf den Erlass einer einstweiligen Anordnung (§ 86b Abs. 2 SGG)
gerichteten Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist im Hinblick auf die Empfehlungen des auf der Konferenz der
Präsidentinnen und Präsidenten der Landessozialgerichte vom 16.5.2006 beschlossenen Streitwertkatalogs für die
Sozialgerichtsbarkeit regelmäßig die Hälfte des Gegenstandswertes des Hauptsacheverfahrens maßgeblich (vgl. auch
dazu den Beschluss vom 9.1.2006, a. a. O.).
Aus alledem ergibt sich hier ein Betrag in Höhe von 29.265 EUR (5% des Jahresumsatzes von 390.200 EUR
multipliziert mit dem Faktor 3, hiervon die Hälfte), sodass der endgültige Streitwert in dieser Höhe festzusetzen ist.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).