Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 27.09.2002
LSG Bwb: verletzung der meldepflicht, besondere härte, arbeitslosenhilfe, ortsabwesenheit, wichtiger grund, meldung, verwaltungsakt, verfügung, erlass, arbeitsvermittlung
Landessozialgericht Baden-Württemberg
Urteil vom 27.09.2002 (rechtskräftig)
Sozialgericht Stuttgart S 12 AL 2010/01
Landessozialgericht Baden-Württemberg L 8 AL 855/02
Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 6. September 2001
abgeändert. Der Bescheid der Beklagten vom 14. Februar 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3.
April 2001 wird aufgehoben, soweit Die Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 9.
Februar bis 21. Februar 2001 aufgehoben wurde. Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe wegen des Eintritts einer
Säumniszeit.
Der im Jahr 19 geborene Kläger war bis 31.12.1994 als Technischer Zeichner beschäftigt. Ab dem 02.01.1995 bezog
er Arbeitslosengeld. Nach Erschöpfung dieses Anspruches bezog er ab 22.04.1996 Anschlussarbeitslosenhilfe,
zuletzt ab 01.01.2001 in Höhe von wöchentlich DM 249,06.
Am 05.02.2001 wurde der Kläger von einem Außendienstmitarbeiter des Arbeitsamts Stuttgart (AA), der ihn in seiner
Wohnung nicht angetroffen hatte, schriftlich aufgefordert, am 07.02.2001 um 08.00 Uhr beim AA vorzusprechen. Die
Meldeaufforderung erging, um "mit Ihnen über Ihre Leistungsangelegenheiten zu sprechen"; dies sei eine Aufforderung
nach § 309 SGB III. Sie enthielt eine Belehrung über die Folgen eines Meldeversäumnisses und eine
Rechtsmittelbelehrung.
Der Kläger kam der Aufforderung des AA ohne Nennung eines Grundes nicht nach. Am 07.02.2001 wurde daraufhin
eine weitere Meldeaufforderung für den 09.02.2001, 09.00 Uhr, beim Kläger in den Briefkasten eingeworfen. Dieser
Aufforderung kam der Kläger nach. Er teilte dem AA mit, er sei von Montag (05.02.2001) bis Donnerstag (08.02.2001)
bei seiner Freundin im S gewesen.
Mit Säumniszeitbescheid vom 14.02.2001 hob das AA die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom
08.02.2001 bis 21.02.2001 auf. Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 06.03.2001 Widerspruch. Er trug zur
Begründung vor, er sei am 07.02.2001 nicht anwesend gewesen, weshalb er dem Termin nicht habe nachkommen
können. Er sei an zwei Tagen nicht in Stuttgart gewesen (am 06.02. und 07.02.2001). Außerdem sei er
schwerbehindert. Eine Mitarbeiterin des Arbeitsamtes habe ihm gesagt, sie würde die Sache zurückziehen, d.h. ein
Meldeversäumnis würde nicht eintreten. Mit Widerspruchsbescheid der Widerspruchsstelle des AA vom 03.04.2001
wurde der Widerspruch des Klägers zurückgewiesen.
Hiergegen erhob der Kläger am 23.04.2001 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG). Er trug zur Begründung
ergänzend vor, er sei seit nahezu sieben Jahren arbeitslos. Sein Gesundheitszustand habe sich in dieser Zeit sehr
verschlechtert. Er sei schwerbehindert mit einem GdB von 70. Während der Zeit seiner Arbeitslosigkeit seien ihm
keine Rehabilitationsmaßnahmen bzw. Hilfen und Leistungen zur Eingliederung Behinderter angeboten worden. Ihm
sei vielmehr vom AA mehrmals gesagt worden, dass er in seinem Beruf nicht mehr unterkommen könne. Er frage
sich, wie es sein könne, dass nicht versucht worden sei, ihm eine Rehabilitation zu ermöglichen und ihm außerdem
keine Stellen angeboten worden seien, zumal er allen Meldepflichten nachgekommen sei. Er könne deshalb auch
nicht verstehen, wieso ein Mitarbeiter des Arbeitsamtes ihn persönlich habe aufsuchen wollen, genauso wenig wie die
Aufforderung, am 07.02.2001 zum AA zu kommen. Er fühle sich sehr unter Druck gesetzt. Aufgrund seines
schlechten Gesundheitszustandes habe er große Mühe damit klarzukommen. Der Kläger legte eine Kopie der
Meldeaufforderung vom 05.02.2001 vor.
Die Beklagte trat unter Bezug auf die ergangenen Entscheidungen der Klage entgegen.
Mit Gerichtsbescheid vom 06.09.2001 wies das SG die Klage ab. Es stützte seine Entscheidung auf § 48 SGB X
i.V.m. §§ 330 Abs. 3, 198 Nr. 6 und 145 Abs. 1 SGB III. Das SG führte zur Begründung aus, es bestehe kein Zweifel
daran, dass die Meldeaufforderung zu einem zulässigen Zweck im Sinne des § 309 SGB III erfolgt sei. Die
Meldeaufforderung enthalte auch eine ausreichende Belehrung über die Folgen bei Nichterscheinen. Der Kläger habe
den Meldetermin am 07.02.2001 versäumt. Er könne sich nach der Rechtsprechung des BSG nicht mit Erfolg darauf
berufen, dass er die Meldeaufforderung wegen Ortsabwesenheit nicht habe zur Kenntnis nehmen können. Ein
wichtiger Grund für das Meldeversäumnis liege nicht vor. Die festgesetzte Säumniszeit stelle keine besondere Härte
für den Kläger dar. Soweit der Kläger vor Erlass des Bescheides vom 14.02.2001 nicht angehört worden sei, sei
dieser Mangel durch das Widerspruchsverfahren geheilt worden. Die Berufungssumme von 1.000,00 DM werde nicht
erreicht. Gründe für die Zulassung der Berufung seien nicht ersichtlich.
Am 28.09.2001 hat der Kläger gegen die Nichtzulassung der Berufung Beschwerde eingelegt, der vom SG nicht
abgeholfen worden ist. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde hat der erkennende Senat mit Beschluss vom 28.02.2002
(L 8 AL 4294/01 NZB) die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.
Der Kläger hat zur Begründung vorgetragen, entgegen der Auffassung der Beklagten sei die Meldeaufforderung aus
formellen Gründen rechtswidrig, da sie mit dem Zweck "Leistungsangelegenheiten" nicht hinreichend bestimmt sei.
Der Meldezweck sei anzugeben. Es liege keine ordnungsgemäße Meldeaufforderung vor, der er hätte nachkommen
müssen. Die Säumniszeit von zwei Wochen sei auch unverhältnismäßig. Er könne sich darauf berufen, dass er die
Meldeaufforderung wegen kurzfristiger Ortsabwesenheit vom 05.02.2001 bis 08.02.2001 nicht habe befolgen können.
Bei der Meldeaufforderung vom 05.02.2001 handele es sich um einen Willkürakt. Die tatsächlichen Verhältnisse
stünden in krassem Widerspruch zu den Ausführungen der Beklagten. Es sei zu fragen, warum es der Beklagten
sieben Jahre nicht gelungen sei, ihn auf einen neuen Arbeitsplatz zu vermitteln. Als Langzeitarbeitsloser sei er nicht
mehr vermittelbar.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 6. September 2001 und den Bescheid der Beklagten vom 14.
Februar 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. April 2001 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Sie hat zur Begründung vorgetragen, die Meldeaufforderung sei rechtmäßig. Die Meldeaufforderung mit dem Zweck
"Leistungsangelegenheit" sei hinreichend bestimmt. Der Zweck der Meldeaufforderung gehe über die im Gesetz
genannten Meldezwecke hinaus. Sie diene auch der Prüfung des Vorliegens der Verfügbarkeit und sei insoweit auch
Selbstzweck zur Verhinderung von Leistungsmissbrauch. Es sei davon auszugehen, dass die Meldung
(stillschweigend) auch der Prüfung der Verfügbarkeit diene. Die Verletzung der Meldepflicht dokumentiere, dass der
Arbeitslose der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung stehe. Die Bestimmtheit der Aufforderung erfordere es nach
Wissing u.a. (SGB III Rdnr. 18 zu § 309) nicht, in der Meldeaufforderung die Rechtgrundlage und den Meldezweck
anzugeben. Der Kläger sei seit nahezu sieben Jahren arbeitslos. Die Meldeaufforderung sei zu einem zulässigen
Zweck erfolgt. Der Kläger könne sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass er die Meldeaufforderung wegen
Ortsabwesenheit nicht habe zur Kenntnis nehmen können. Ein Willkürakt liege nicht vor. Der Eintritt der Säumniszeit
sei auch nicht unverhältnismäßig. Eine besondere Härte liege nicht vor. Hinsichtlich des Urteils des BSG vom
25.04.1996 (11 RAr 81/95) handele es sich um eine Einzelfallentscheidung, aus der nicht abzuleiten sei, dass jeder
Fall, in dem der eingetretene Schaden zeitlich unterhalb der Zweiwochengrenze liege, zu einer Herabsetzung der
Säumniszeit führe. Es sei besonders zu berücksichtigen, dass die Meldepflicht und die Säumniszeit der Förderung
der Arbeitsvermittlung sowie der Verhinderung von Leistungsmissbrauch und damit der Sicherung der Funktions- und
Leistungsfähigkeit der Arbeitslosenversicherung diene. Besondere Bedeutung komme dabei dem Selbstzweck der
allgemeinen Meldepflicht zu.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen Einzelheiten wird auf die Senatsakten des vorliegenden Verfahrens und des Verfahrens L 8 AL 4294/01 NZB,
zwei Band Akten des SG sowie ein Band Akten des AA verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die vom Senat zugelassene und auch sonst zulässige Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis
mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist überwiegend begründet, im Übrigen jedoch nicht
begründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 14.02.2001 ist rechtswidrig, soweit die Bewilligung von
Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 09.02.2001 bis 21.02.2001 aufgehoben wurde, da eine Säumniszeit nicht eingetreten
ist. Der Bescheid war daher unter Abänderung des Gerichtsbescheids des SG vom 06.09.2001 insoweit aufzuheben.
Im Übrigen ist die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für den 08.02.2001 jedoch rechtmäßig, da der
Kläger an diesem Tag wegen Ortsabwesenheit der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung gestanden hat, so dass ihm
an diesem Tag kein Anspruch auf Arbeitslosenhilfe zusteht. Insoweit war die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Der angefochtene Säumniszeitbescheid selbst ist allerdings nicht formell rechtswidrig. Insbesondere liegt kein
Verstoß gegen § 24 SGB X (Anhörungspflicht) vor. Selbst wenn von einer unterbliebenen Anhörung des Klägers vor
Erlass des Säumnis- und Aufhebungsbescheides vom 14.02.2001 ausgegangen würde, wäre dieser Fehler nicht
rechtserheblich. Denn der Kläger konnte aus der Begründung dieses Bescheides entnehmen, von welchen rechtlichen
und tatsächlichen Voraussetzungen die Beklagte ausgeht, und war somit in der Lage, sich angemessen im
Widerspruchsverfahren zu äußern. Damit war ein eventueller Anhörungsfehler noch rechtzeitig, nämlich noch im
Widerspruchsverfahren, geheilt worden (§ 41 Abs. 2 SGB X). Der Bescheid vom 14.02.2001 ist jedoch mit Ausnahme
des 08.02.2001 materiell rechtswidrig, da die Meldeaufforderung des AA vom 05.02.2001 zum 07.02.2001 nicht
ordnungsgemäß ergangen ist, weshalb der Kläger dieser Meldeaufforderung nicht nachzukommen brauchte, so dass
eine Verletzung der Meldepflicht durch den Kläger nicht vorliegt und eine Säumniszeit nicht eingetreten ist.
Rechtsgrundlage für die Aufhebung der erfolgten Bewilligung von Arbeitslosenhilfe ist § 48 Abs. 1 Zehntes Buch
Sozialgesetzbuch (SGB X) i.V.m. § 330 Abs. 3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Nach § 48 Abs. 1 SGB X ist
ein Verwaltungsakt aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines
Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Diese Voraussetzungen
sind beim Kläger mit Ausnahme des 08.02.2001 nicht erfüllt. Nach § 145 Abs. 1 i.V.m. § 198 SGB III ruht der
Anspruch auf Arbeitslosengeld während einer Säumniszeit von zwei Wochen, wenn der Arbeitslose einer Aufforderung
des Arbeitsamtes, sich zu melden oder zu einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin zu
erscheinen (allgemeine Meldepflicht) trotz Belehrung über die Rechtsfolgen ohne wichtigen Grund nicht nachkommt;
die Säumniszeit beginnt mit dem Tag nach dem Meldeversäumnis. Voraussetzung für den Eintritt einer Säumniszeit
ist danach - u.a. - eine rechtmäßige und ordnungsgemäße Meldeaufforderung. Dies setzt voraus, dass sie der
Verwirklichung eines der in § 309 Abs. 2 SGB III abschließend aufgezählten Zwecke dient (Niesel, SGB III, 2. Aufl., §
145 Rdnr. 5 und § 309 Rdnr. 11). Weiter ist erforderlich, dass die Aufforderung Ort und Zeit der Meldung exakt
benennt und dass, entgegen der Auffassung der Beklagten, der Meldezweck wenigstens stichwortartig mitgeteilt wird
(so auch Winkler in Gagel, SGB III, § 145 Rdnr. 19 und § 309 Rdnr. 19; ebenso Follmann in
Wissing/Mutschler/Bartz/Schmidt - De-Caluwe, SGB III, § 9 Rdnr. 20.) Diesen Anforderungen wird die
Meldeaufforderung des AA vom 05.02.2001 zum 07.02.2001 nicht gerecht. Zwar ist der Beklagten und dem SG im
angefochtenen Gerichtsbescheid vom 06.09.2001 darin zu folgen, dass die Meldeaufforderung zum 07.02.2001 dem
Kläger wirksam bekannt gegeben worden ist, dass dem insbesondere seine Ortsabwesenheit nicht entgegensteht,
dass sie weiter zu einem zulässigen Zweck (§ 309 Abs. 2 Nr. 5 SGB III) erfolgen konnte, wobei sich der Kläger nicht
mit Erfolg darauf berufen kann, dass er die Meldeaufforderung wegen Ortsabwesenheit nicht zur Kenntnis habe
nehmen können, wie das SG in den Entscheidungsgründen insoweit zutreffend ausgeführt hat. Diesen Ausführungen
schließt sich der Senat insoweit an. Die Meldeaufforderung zum 07.02.2001 ist jedoch - entgegen der Ansicht der
Beklagten - deswegen nicht ordnungsgemäß erfolgt, weil dem Kläger darin der Zweck der Meldeaufforderung nicht
hinreichend mitgeteilt worden ist. Zwar schreibt weder § 145 SGB III noch § 309 SGB III ausdrücklich vor, dass der
Meldezweck bei der Meldeaufforderung zu benennen ist. Dies besagt jedoch nicht, dass die Nennung des
Meldezwecks für eine ordnungsgemäße Meldeaufforderung nicht erforderlich ist. Das Erfordernis, den Meldezweck zu
benennen, ergäbe sich aus § 35 SGB X, wenn die Meldeaufforderung als schriftlicher Verwaltungsakt zu qualifizieren
wäre. Nach § 35 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein schriftlicher oder schriftlich bestätigter Verwaltungsakt schriftlich zu
begründen. Die Meldeaufforderung des AA zum 07.02.2001 ist in der Form eines schriftlichen Verwaltungsaktes
ergangen, was darauf schließen lässt, dass die Beklagte selbst davon ausgeht, dass es sich bei einer
Meldeaufforderung um einen Verwaltungsakt handelt. Dann hätte in der Meldeaufforderung zum 07.02.2001 auch der
Meldezweck konkret genannt werden müssen, um dem Begründungserfordernis des § 35 SGB X zu genügen. Ob eine
Meldeaufforderung als Verwaltungsakt zu qualifizieren ist (bejahend LSG München vom 13.08.1996 - L 10 AL 73/96,
Winkler in Gagel, SGB III, § 309 Rdnr. 20; Düe in Niesel, SGB III, 2. Aufl., § 309 Rdnr. 7; Follmann in
Wissing/Mutschler/Bartz/Schmidt - De-Caluwe, SGB III, § 309 Rdnr. 13; offengelassen von BSG SozR 4100 § 132 Nr.
4 und vom 08.12.1987 - 7 RAr 4/86; eher zweifelnd, jedoch den Regelungscharakter bejahend, BSG SozR 4100 § 132
AFG Nr. 1) kann vorliegend offen bleiben. Denn jedenfalls konnte die Benennung des Meldezwecks im Hinblick auf
die dem Kläger erteilte Rechtsfolgenbelehrung, die gemäß § 145 Abs. 1 SGB III ebenfalls Voraussetzung für den
Eintritt einer Säumniszeit ist, nicht unterbleiben. Die Rechtsfolgenbelehrung muss für den Arbeitslosen klar
verständlich sein. Sie darf den Adressaten einer Meldeaufforderung nicht im Zweifel darüber lassen, welche Folgen
sein Nichterscheinen unter welchen Umständen nach sich zieht (BSG, Urteil vom 20.03.1980 - 7 RAr 21/79 -). Sinn
der Rechtsfolgenbelehrung ist es, den Betroffenen in die Lage zu versetzen, sich in Kenntnis aller Umstände
selbstverantwortlich zu entscheiden (vgl. Winkler in Gagel, SGB III, § 145 Rdnr. 21). Dem wird die in der
Meldeaufforderung zum 07.02.2001 dem Kläger erteilte Rechtsfolgenbelehrung aber nur dann gerecht, wenn der
Zweck der Meldeaufforderung hinreichend mitgeteilt wird. Dementsprechend sehen auch die
Durchführungsanweisungen der Beklagten zu § 145 SGB III (vgl. z.B. Anlage 3) vor, dass bei der individuellen
Einladung zur ersten Meldung der Zweck der Meldung benannt wird. Diesen Anforderungen wird der dem Kläger in der
Meldeaufforderung zum 07.02.2001 genannte Meldezweck "ich möchte mit Ihnen über Ihre Leistungsangelegenheiten
sprechen" nicht gerecht. Damit bleibt für den Kläger völlig offen, welchem konkreten Meldezweck des § 309 Abs. 2
Nrn. 1 bis 5 SGB III die Einladung dient. Dem Kläger wird auch die Möglichkeit genommen, zweifelsfrei und
selbstverantwortlich darüber zu entscheiden, ob er der Einladung Folge leisten will, wie auch, zu beurteilen, ob für ein
Nichterscheinen wichtige Gründe vorliegen. Im Übrigen wird der Betreffende durch die Mitteilung des konkreten
Meldezwecks in die Lage versetzt, sich auf seine Vorsprache einzustellen, was der Funktions- und Leistungsfähigkeit
der Arbeitslosenversicherung durchaus förderlich sein kann, was aus der Sicht der Beklagten hinsichtlich der
Meldepflicht und der Säumniszeit besonders zu berücksichtigen ist. Die von der Beklagten vorgebrachten
Einwendungen rechtfertigen keine andere Beurteilung. Selbst wenn mit der Beklagten davon ausgegangen würde, der
Zweck der Meldepflicht diene über die in § 309 Abs. 2 SGB III genannten Meldezwecke hinaus regelmäßig auch der
Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen für den Leistungsbezug im Sinne der Verfügbarkeit, sie sei damit auch
Selbstzweck zur Verhinderung von Leistungsmissbrauch und es sei davon auszugehen, dass die Meldung regelmäßig
(stillschweigend) auch der Prüfung der Verfügbarkeit des Arbeitslosen diene, so ändert dies nichts daran, dass bei
einer Meldeaufforderung aus den genannten Gründen der konkrete Zweck der Meldung mit der Meldeaufforderung zu
nennen ist. Soweit sich die Beklagte zur Begründung ihrer abweichenden Auffassung weiter auf den Kommentar
Wissing/Mutschler/Bartz/Schmidt - De-Caluwe (SGB III, § 319 Rdnr. 18) bezieht, übersieht die Beklagte, dass auch in
diesem Kommentar (§ 309 Rdnr. 20) die Auffassung vertreten wird, dass in der Aufforderung zumindest die
Meldezwecke anzugeben sind, eine pauschale Aufzählung der Zwecke reiche nicht aus. Darauf, ob der Eintritt der
Säumniszeit von zwei Wochen verhältnismäßig ist oder ob eine besondere Härte gemäß § 145 Abs. 3 SGB III
vorliegt, mit der Folge, dass sich die Säumniszeit von zwei Wochen auf eine Woche verringert, kommt es nicht an, da
eine Säumniszeit aus den dargestellten Gründen nicht eingetreten ist. Im Übrigen ist die Berufung des Klägers jedoch
nicht begründet. Das AA hat die dem Kläger bewilligte Arbeitslosenhilfe für den 08.02.2001 zu Recht aufgehoben.
Denn dem Kläger stand für diesen Tag Arbeitslosenhilfe nicht zu. Nach § 198 i.V.m. §§ 117 Abs. 1 Nr. 1, 118 Abs. 1
Nr. 2 und § 119 Abs. 1 Nr. 2 SGB III hat Anspruch auf Arbeitslosenhilfe nur, wer den Vermittlungsbemühungen des
Arbeitsamtes zur Verfügung steht (Verfügbarkeit). Diese Voraussetzungen hat der Kläger am 08.02.2001 nicht erfüllt.
Denn er war an diesem Tag unstreitig ortsabwesend, wie er insbesondere am 09.02.2001 gegenüber dem AA erklärt
hat. Danach befand sich der Kläger in der Zeit vom 05.02.2001 bis 08.02.2001 bei einer Freundin im Saarland, ohne
dies dem AA zuvor mitgeteilt zu haben. Damit war er für das AA am 08.02.2001 nicht verfügbar. Anhaltspunkte, die
dafür sprechen könnten, dass die Verfügbarkeit des Klägers auch über den 08.02.2001 hinaus nicht gegeben war,
fehlen. Vielmehr ist der Kläger der zweiten Meldeaufforderung des AA zum 09.02.2001 nachgekommen, so dass nicht
davon ausgegangen werden kann, dass der Kläger nach dem 08.02.2001 den Vermittlungsbemühungen des
Arbeitsamtes weiterhin nicht zur Verfügung gestanden hat. Dies wird von der Beklagten auch nicht behauptet. Die
rückwirkende Aufhebung der Leistungsbewilligung ist durch § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 4 SGB X gedeckt. Der
Kläger war verpflichtet, dem AA seine Ortsabwesenheit mitzuteilen, worüber er vom AA am 05.05.2000 und
30.05.2000 auch belehrt worden ist. Dieser Pflicht ist er unstreitig nicht nachgekommen. Unabhängig davon musste
dem Kläger damit auch ohne weiteres bekannt sein, dass ihm eine Anspruch auf Arbeitslosenhilfe für die Zeit seiner -
jedenfalls dem AA nicht mitgeteilten - Ortsabwesenheit nicht zusteht. Nach alledem war wie ausgesprochen zu
entscheiden.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG. Die Revision wird im Hinblick auf die grundsätzliche Bedeutung
der für die Entscheidung relevanten Rechtsfragen zugelassen.