Urteil des LG Zweibrücken vom 02.11.1999

LG Zweibrücken: fristlose kündigung, rechtsgrundlage, mietrecht, erfüllungsinteresse, rücktritt, kumulation, vollzug, beendigung, quelle, wahlrecht

BGB-Mietrecht
LG
Zweibrücken
02.11.1999
3 S 119/99
Kündigungsfolgeschaden;
Auszugsweiser Text : Es ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung und in der Literatur anerkannt, daß
der aus einer berechtigten außerordentlichen Kündigung nach § 554 a BGB entstandene
Kündigungsfolgeschaden zu ersetzen ist (vgl. BGHZ 82, 121 (129 f); BGHZ 95, S. 39 (43 f). Umstritten ist
nur, auf welcher Anspruchsgrundlage dieser Schadensersatzanspruch beruht. Nach Auffassung des BGH
stellt dies einen auf das Erfüllungsinteresse gerichteten Ersatzanspruch eigener Art dar (vgl. BGH NJW
1984, S. 2687). Ein Teil der Literatur und Rechtsprechung stützen diesen Schadensersatzanspruch auf
eine positive Forderungsverletzung (vgl. OLG Frankfurt WM 1992, S. 436; Palandt/Putzo, Kom.z.BGB, 58.
Aufl., § 554 Rdnr. 4). Andere Befürworter der Ersatzpflicht gehen von einer analogen Anwendung des §
628 Abs. 2 BGB aus (vgl. Staudinger/ Emmerich, Kom.z.BGB, 12. Aufl., § 554 Rdnr. 8), während ein
weiterer Teil der Rechtsprechung eine Haftung aus dem Gesichtspunkt des Verzuges gemäß § 286 Abs. 1
BGB herleiten will (vgl. OLG Düsseldorf NJW RR 1991, S. 1353 f). Die Bedenken, dieses Ergebnis
widerspreche dem System der gesetzlichen Regelung über gegenseitige Verträge, werden von der
Kammer nicht geteilt. Weder aus der Gesetzessystematik noch aus der Entstehungsgeschichte sowie aus
dem Sinn und Zweck der mietrechtlichen Kündigungsvorschriften ergibt sich, daß der auf das
Erfüllungsinteresse gerichtete Schadenersatzanspruch durch die Ausübung des Kündigungsrechts
ausgeschlossen ist. Die Kündigung entzieht einem Ersatzanspruch, dessen Haftungstatbestand bereits
durch das die fristlose Kündigung veranlassende vertragswidrige Verhalten des Mieters, hier des
Zahlungsverzugs des Beklagten, in der Zeit des noch bestehenden Vertrages verwirklicht worden ist, nicht
die Rechtsgrundlage. Es ist auch nicht einsehbar, warum das vertragswidrige Verhalten über den
Zeitpunkt des Vertragsendes hinaus keine Rechtswirkung entfalten sollte. Zwar ist für die §§ 325, 326 BGB
kennzeichnend, daß dem Gläubiger lediglich ein Wahlrecht zwischen Schadenersatz wegen
Nichterfüllung und Rücktritt gegeben wird und eine Kumulation beider Rechtsfolgen gerade nicht eintreten
soll. Es ist auch richtig, daß im Mietrecht die Möglichkeit einer außerordentlichen Kündigung nach § 554
BGB dem Rücktritt wegen Verzuges mit einer Hauptleistungspflicht entspricht und § 326 BGB für seinen
Anwendungsfall verdrängt. Jedoch lassen sich die in § 326 BGB normierten Grundsätze nicht
uneingeschränkt auf das Mietvertragsrecht übertragen. Die §§ 320 ff BGB sind nämlich in erster Linie auf
gegenseitig verpflichtende Schuldverhältnisse zugeschnitten, die einen einmaligen Leistungsaustausch
zum Inhalt haben. Auf in Vollzug gesetzte Dauerschuldverhältnisse passen sie nicht ohne weiteres. Dies
kommt besonders darin zum Ausdruck, daß bei Dauerschuldverhältnissen anerkanntermaßen an die
Stelle des Rücktritts eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund tritt. Im übrigen enthalten die §§ 325,
326 BGB keine für die gesamte Zivilrechtsordnung verbindliche Rechtsgrundlage. Davon kennt das BGB
auch Ausnahmen, wie z. B. § 628 Abs. 2 BGB. § 557 Abs. 1 Satz 2 BGB läßt im übrigen ausdrücklich auch
nach einer u. U. durch eine Kündigung bedingten Beendigung des Mietvertrages eine weitergehende
Schadenersatzpflicht des Mieters zu.