Urteil des LG Wuppertal vom 08.01.2008

LG Wuppertal: wirtschaftliche einheit, trennung der verfahren, zwangsverwaltung, vergütung, aufwand, zahl, besitz, beschlagnahme, firma, verwalter

Landgericht Wuppertal, 6 T 10 - 22/08
Datum:
08.01.2008
Gericht:
Landgericht Wuppertal
Spruchkörper:
6. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
6 T 10 - 22/08
Vorinstanz:
Amtsgericht Mettmann, 5 L 4 bis 16/07AG Mettmann
Sachgebiet:
Bürgerliches Recht
Tenor:
Die Rechtsmittel werden auf Kosten des Beteiligten zu 2.
zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
G r ü n d e :
1
Auf Antrag der Beteiligten zu 1. hat das Amtsgericht - Rechtspflegerin - mit Beschlüssen
vom 12. Februar 2007 wegen dinglicher Ansprüche der betreibenden Gläubigerin die
Zwangsverwaltung der im Eingang näher bezeichneten grundstücksgleichen Rechte
angeordnet und dabei den Beteiligten zu 3. zum Zwangsverwalter bestellt und ihn
ermächtigt, den Besitz des Objektes sich jeweils zu verschaffen. Die dreizehn
Wohnungs- und Teileigentumseinheiten gehören zu einer Wohnungseigentumsanlage.
Das Amtsgericht hat für jedes der betroffenen dreizehn grundstücksgleichen Rechte
jeweils ein gesondertes Verfahren eröffnet und den Zwangsverwalter mit Verfügung vom
12. Februar 2007 angewiesen, zu jeder Akte gesondert den Erstbericht einzureichen.
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Dem ist der Zwangsverwalter am 16. Februar 2007 nachgekommen. Er hat jeweils
mitgeteilt, das Objekt in Besitz genommen zu haben. Ferner hat er die genaue
Bezeichnung des Rechtes nach dem Aufteilungsplan und seiner Lage mitgeteilt, ferner
ermittelt, ob die jeweiligen Räume leer stehen oder ein Mieter vorhanden ist, die jeweils
ermittelten Mieter angeschrieben und sie angewiesen, Mietzinszahlungen an ihn zu
leisten. Hinsichtlich der nach seinen Ermittlungen angenommenen Stellung der Firma
E2 GmbH aus E als WEG-Verwalter hat er diese um die Vorlage des Wirtschaftsplanes
und die Bezifferung des jeweiligen monatlichen Hausgeldes gebeten. Ferner hat er
hinsichtlich der leer stehenden Objekte insoweit die Schlüssel angefordert. Für jedes
Objekt hat er zur Durchführung der Verwaltung ein separates Anderkonto angelegt.
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Mit Schreiben vom 20. Februar 2007 hat der Beteiligte zu 2. dem Beteiligten zu 3.
mitgeteilt, dass hinsichtlich der gesamten Wohnungseigentumsanlage xxstrasse , d. h.
aller Wohnungs- und Teileigentumsrechte, ein globaler Zwischenmietvertrag zwischen
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dem Beteiligten zu 2. und der Firma E2 GmbH aus E vom 19. Dezember 2003 existiert,
so dass lediglich die Forderungen aus dem Hauptmietverhältnis, nicht aber aus
bestehenden Untermietverhältnissen von der Beschlagnahme erfasst seien und den
Beteiligten zu 3. aufgefordert, ein weiteres Herantreten an die Untermieter zu
unterlassen.
Dies hat der Beteiligte zu 3. pflichtgemäß dem Vollstreckungsgericht mit Schreiben vom
26. Februar 2007 mitgeteilt und darauf hingewiesen, dass nach den Vereinbarungen
des Zwischenmietvertrages mit einer Mietzinszahlung erst nachschüssig zum Ende des
Jahres 2007 zu rechnen ist. Im Hinblick hierauf hat die Beteiligte zu 1. ihren Antrag auf
Anordnung der Zwangsverwaltung mit Schreiben vom 21. März 2007 zurückgenommen
und das Amtsgericht hat mit Beschlüssen vom 28. März 2007 alle Verfahren
infolgedessen aufgehoben.
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Durch die angefochtenen Entscheidungen, auf die im übrigen verwiesen wird, hat das
Amtsgericht - Rechtspflegerin - jeweils in allen dreizehn Verfahren auf Antrag des
Beteiligten zu 3. eine Vergütung in Höhe von 785,40 EUR festgesetzt, bestehend aus
der Mindestvergütung nach § 20 Abs. 1 ZwVwV, eine Auslagenpauschale von 60,00
EUR nach § 21 Abs. 2 ZwVwV zuzüglich der Mehrwertsteuer in Höhe von 19 % nach §
17 Abs. 2 ZwVwV.
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Gegen diese ihm am 22. Mai 2007 zugestellten Entscheidungen hat der Beteiligte zu 2.
Rechtsmittel eingelegt.
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Er macht unter Berufung auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes geltend, die
Mindestvergütung könne im vorliegenden Fall nur einmal, nicht dreizehn Mal für jedes
der dreizehn zwangsverwalteten Wohnungs- bzw. Teileigentumsrechte festgesetzt
werden. Denn im vorliegenden Fall seien alle Rechte wie ein einziges Wirtschaftsgut zu
einem Gesamtmietzins von nachschüssig 95.000,00 EUR vermietet, ohne dass auf die
einzelnen Eigentumsrechte bezogene Mietanteile ausgewiesen seien. Liege eine
solche wirtschaftliche Einheit vor, falle auch die Mindestvergütung nur einmal an.
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Das Amtsgericht - Rechtspflegerin - hat den Rechtsmitteln nicht abgeholfen und die
Akten der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.
9
Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird verwiesen auf den Inhalt der
Akten.
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Die Rechtsmittel sind nach Vorlage der Akten an die Kammer zulässig als sofortige
Beschwerden gemäß §§ 11 RpflG, 567, 793 ZPO. Sie bleiben jedoch in der Sache ohne
Erfolg.
11
Zu Recht hat das Amtsgericht im Wege der Festsetzung nach §§ 153 Abs. 1 ZVG,
22 ZwVwV vorliegend die Mindestvergütung, deren Ansatz selbst nicht angegriffen wird,
für jedes der betroffenen Rechte, insgesamt also dreizehn Mal, und nicht nur einmal
festgesetzt.
12
Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs rechtfertigt keine abweichende
Entscheidung.
13
Nach mittlerweile gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH, Rpfleger
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2005, 99 f.; Rpfleger 2006, 151 ff.; ZMR 2007, 792 f.) fällt für den Fall, dass Gegenstand
des Zwangsverwaltungsverfahrens mehrere Grundstücke oder grundstücksgleiche
Rechte sind, die diesen nach § 23 ZwVwV vergütungsrechtlich gleichstehen, die
Mindestvergütung nach § 20 Abs. 1 ZwVwV für jeden in Besitz genommenen
Vollstreckungsgegenstand gesondert an. Etwas anderes gelte nur dann, wenn die
Grundstücke oder grundstücksgleichen Rechte eine wirtschaftliche Einheit bilden, was
der Fall ist, wenn sie wie ein einziges Wirtschaftsgut vermietet oder verpachtet sind,
ohne auf die Einzelgrundstücke oder -rechte bezogene Miet- oder Pachtanteile
auszuweisen, was insbesondere im Fall des Bestehens eines einheitlichen Miet- oder
Pachtvertrages für alle betroffenen Rechte etwa mit einem gewerblichen
Zwischenvermieter der Fall ist.
Der letztgenannte Ausnahmefall ist zwar nach dem vom Beteiligten zu 3. vorgelegten
Mietvertrag aus dem Jahre 2003 gegeben, rechtfertigt gleichwohl im vorliegenden Falle
nicht die Zurückführung der Festsetzung der Mindestvergütung auf eine einmalige
Bewilligung. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
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In seinen Entscheidungen vom 05.11.2004 (Rpfleger 2005, 99 f.) und vom 24.
November 2005 (Rpfleger 2006, 151 ff.) hat der Bundesgerichtshof zur Frage der
Festsetzung der Vergütung im Falle mehrerer betroffener Grundstücke oder
grundstücksgleicher Rechte ausgeführt, dass die Frage einer einmaligen oder
mehrfachen Festsetzung der Gebühr zunächst nicht abhängen kann von der allein unter
verfahrensökonomischen Gesichtspunkten zu treffenden Entscheidung des
Vollstreckungsgerichtes, ob die beantragte Zwangsverwaltung bei mehreren
Grundstücken oder Rechten in einem einheitlichen oder in mehreren getrennten
Verfahren zu betreiben ist. Vielmehr ist insofern auf den Inhalt der Aufgabe abzustellen,
wobei der Aufwand inhaltlich von der Zahl der Grundstücke abhängt, die der Verwalter
zu verwalten hat. Dabei spiele die Zusammenfassung oder Trennung der Verfahren
keine Rolle. Maßgebend sei insofern die Zahl der betroffenen Rechte, da insoweit für
jedes der betroffenen Grundstücke die Inbesitznahme einzeln zu erfolgen habe und in
einem jeweils gesonderten Bericht zu dokumentieren sei, wobei die rechtlichen
Verhältnisse einzeln zu beschreiben seien. Deshalb sei es sachgerecht, wenn die
Vergütung für jedes Grundstück oder grundstücksgleiche Recht gesondert anfalle. Der
so aufzustellende maßgebende Teilberechnungsgrundsatz sei Ausdruck des
Gedankens, dass die Vergütung letztlich für jedes Wirtschaftsgut, welches Miet- oder
Pachteinnahmen erbringt und in dieser Eigenschaft der Zwangsverwaltung unterliege,
einheitlich und gesondert berechnet werden solle. Denn der Aufwand des
Zwangsverwalters erhöhe sich abstrakt typisierend mit der Zahl der Wirtschaftsgüter
oder Wirtschaftseinheiten, mit denen sich seine Geschäftsführung zu befassen habe.
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Allein aus diesen Grundsätzen lasse sich - im Umkehrschluss - der nicht ausdrücklich
aufgestellte Grundsatz ableiten, dass mehrere Grundstücke, die wie ein einziges
Wirtschaftsgut vermietet oder verpachtet sind, ohne auf die Einzelgrundstücke bezogene
Miet- oder Pachtanteile auszuweisen, für die Berechnung der
Zwangsverwaltervergütung einheitlich zu betrachten seien. Dabei lag in dem vom
Bundesgerichtshof am 5. November 2004 entschiedenen Fall zugrunde, dass der
Zwangsverwalter selbst mehrere Grundstücke in der vorgenannten Weise einheitlich
verpachtet hatte und die Zwangsverwaltung auf dieser einheitlichen Grundlage führte.
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Mit dem letztgenannten - entschiedenen - Fall ist der vorgenannte nicht vergleichbar.
Denn dem Beteiligten zu 3. war im vorliegenden Falle zum Zeitpunkt der
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Beschlagnahme, der Inbesitznahme, der ersten eingeleiteten Maßnahmen bis zum
Erhalt des Schreibens des Beteiligten zu 2. vom 20. Februar 2007 nicht bekannt, dass
ein einheitlicher Zwischenmietvertrag bestand. Dies konnte und musste ihm auch nicht
bekannt sein. Die einzelnen Maßnahmen und auch die jeweiligen Berichte erfolgten
daher - auch entsprechend der Anforderung des Vollstreckungsgerichtes - jeweils
gesondert. Damit fehlt es aber an der in der Entscheidung des Bundesgerichtshofes
vom 5. November 2004 vorausgesetzten Besonderheit, dass infolge einer bekannten
Vermietung oder Verpachtung mehrerer grundstücksgleicher Rechte wie ein einziges
Wirtschaftsgut sich abstrakt typisierend der Aufwand des Zwangsverwalters wegen nur
einer vorliegenden Wirtschaftseinheit ermäßigt habe.
Danach war zu erkennen wie geschehen mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO.
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Da es bisher an einer Entscheidung bezüglich der Vergütung für den Fall eines erst
nachträglichen Bekanntwerdens des Vorliegens einer Wirtschaftseinheit bei mehreren
betroffenen Grundstücken oder grundstücksgleichen Rechten im Rahmen der
Zwangsverwaltung fehlt, hat die Kammer die Rechtsbeschwerde nach Maßgabe des §
574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 1 ZPO zugelassen.
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Wert des Beschwerdegegenstandes: 9.424,80 EUR.
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