Urteil des LG Wuppertal vom 19.12.2002

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Landgericht Wuppertal, 12 O 69/02
Datum:
19.12.2002
Gericht:
Landgericht Wuppertal
Spruchkörper:
2. Kammer für Handelssachen
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
12 O 69/02
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist wegen der Entscheidung über die Kosten vor-läufig
vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch
Sicherheitsleistung in Höhe von 1.350,-- EUR abwenden, wenn nicht die
Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet. Die
Sicherheit kann jeweils auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft
einer im Bundesgebiet ansässigen Bank oder Sparkasse erbracht
werden.
Tatbestand
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Die Klägerin betreibt eine Spedition. Sie stand in Geschäftsverbindung zu einer Firma U
und M GmbH mit Sitz in X.
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Unter dem 30.04.2002 wies die Klägerin im Wege des Online-Banking die C2 Bank in J
an, den Betrag von 15.562,87 EUR auf das bei der Beklagten geführte Konto mit der
Nummer A und dem Namen "B" zu zahlen. Mit dieser Überweisung wollte sie nach ihrer
Darstellung eine offene Forderung der Firma U und M GmbH begleichen. Diese verfügt
jedoch nicht über ein Konto bei der Beklagten. Die im Überweisungsauftrag
angegebene Kontonummer betraf das Konto einer Firma D Gesellschaft für Handel-,
Vermietung- und Transport mbH mit Sitz in L2. Geschäftsführerin dieses Unternehmens
ist Frau L, die Ehefrau des Geschäftsführers der Firma U und M GmbH L2. Dieser führte
seinerseits als Einzelkaufmann ein Konto bei der Beklagten mit der Nummer A2 und der
Bezeichnung "U". Nachdem er mit seinem Transportgeschäft in Not geraten war, hatte
seine Ehefrau am 13.04.2001 die U und M GmbH gegründet, zu deren Geschäftsführer
ihr Ehemann berufen wurde.
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Die Beklagte verbuchte den seitens der Klägerin überwiesenen Betrag von 15.562,87
EUR auf das im Debet stehende Konto des Einzelkaufmanns L2. Hierauf wurde die
Klägerin nach ihrer Darstellung aufmerksam, nachdem sie in der ersten Maiwoche 2002
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eine Mahnung der U und M GmbH erreicht hatte. Die Beklagte verweigerte die
Rückzahlung des Geldes.
Die Klägerin beantragt,
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die Beklagte zur Zahlung von 15.562,87 EUR nebst 8 % Zinsen über dem
Basiszinssatz seit dem 17. Mai 2002 zu verurteilen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie vertritt die Auffassung, daß sie den überwiesenen Betrag richtig verbucht habe und
die Klägerin sich den durch die falsche Empfängerangabe entstandenen Irrtum selbst
zurechnen lassen müsse.
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Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der
gewechselten Schriftsätze und deren Anlagen sowie auf die gerichtliche
Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe
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Die Klage ist unbegründet.
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I.
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Die Klägerin kann die Beklagte aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt auf Rückzahlung
des nach ihrer Darstellung unrichtig verbuchten Überweisungsbetrags in Anspruch
nehmen.
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1.
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Ein Anspruch auf Herausgabe des Geldes gemäß §§ 667, 675 BGB kommt schon
deswegen nicht in Betracht, weil ein entgeltlicher Geschäftsbesorgungsvertrag wohl
zwischen der Klägerin und der C2 Bank in J, nicht aber zwischen den Parteien des
Rechtsstreits zustandegekommen ist.
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2.
17
Aber auch ein Herausgabeanspruch aus dem zwischen der C2 Bank in J und der
Beklagten geschlossenen Geschäftsbesorungsvertrag mit Schutzwirkung zugunsten der
Klägerin (zur Rechtsnatur dieses Vertrags vgl. Schwintowski/Schäfer, Bankrecht, S. 272,
Rdnr. 112) ist nicht gegeben, weil nicht ersichtlich ist, daß sich die Beklagte
weisungswidrig verhalten hätte.
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a)Allerdings ist unstreitig, daß die Beklagte den streitgegenständlichen Betrag dem
Konto des Einzelkaufmanns L2 gutgeschrieben hat, obwohl die auf dem
Überweisungsträger angegebene Kontonummer nicht diesem gehörte. Nach ständiger
und gefestigter Rechtsprechung ist jedoch im beleggebundenen Überweisungsverkehr
bei Divergenzen zwischen dem Namen des Empfängers und dem angegebenen Konto
die Empfängerbezeichnung maßgebend, weil der Name eine wesentlich sicherere
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Individualisierung erlaubt, als es bei einer Kontonummer der Fall ist (vgl. BGH, NJW
1991, 3208, 3209 m.w.N.). Die Kontonummer dient im beleggebundenen
Zahlungsverkehr nämlich nur der Geschäftserleichterung für die Bank, nicht aber der
abschließenden Adressierung der Überweisung (vgl. Claussen, Bank- und Börsenrecht,
2. Aufl. 2000,
§ 5, Rdnr. 37, S. 136 m.w.N.). Tatsächlich existierte auch unter dem auf dem
Überweisungsauftrag angegebenen Namen "B" ein Konto bei der Beklagten. Daß auf
dem Überweisungsträger nicht "L2", sondern "B" angegeben war, rechtfertigt eine
andere Beurteilung nicht, weil unstreitig ist, daß Herr L im Rechtsverkehr stets unter
dieser Bezeichnung aufgetreten ist. Daß die Klägerin bei Erteilung des Auftrags eine
falsche Empfängerbezeichnung gewählt und darüber hinaus sogar noch einen weiteren
Fehler begangen, nämlich eine unrichtige Kontonummer angegeben hat, fällt allein in
ihren Verantwortungsbereich. Mithin konnte und durfte die Beklagte davon ausgehen,
daß mit der auf den Namen "B" lautenden Überweisung eben jener Herr L als
Kontoinhaber und berechtigter Empfänger gemeint war.
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b)
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Demgegenüber kann sich die Klägerin auch nicht mit Erfolg darauf berufen, daß die
Beklagte mit der vorgenommenen Verbuchung gegen Treu und Glauben verstoßen
habe, weil ihr bekannt gewesen sei, daß die Geschäftstätigkeit des Einzelkaufmanns L
bereits Ende 2000 eingestellt worden sei, und sie daher die Gelegenheit genutzt habe,
unter großzügiger Auslegung des Namens L die Gutschrift auf dessen Konto
vorzunehmen, um den Minussaldo entsprechend zurückzuführen. Dieser Einwand ist ihr
schon deshalb verwehrt, weil sie infolge der von ihr verschuldeten Divergenz zwischen
dem Namen des Empfängers und der angegebenen Kontonummer der neugegründeten
U und M GmbH den Eindruck vermittelt hat, daß sie für die Einzelfirma L bestimmte
Beträge dem Zugriff der Gläubiger dadurch habe entziehen wollen, daß sie sie dem
Konto der von der Ehefrau L neugegründeten Gesellschaft zukommen lassen wollte. Im
übrigen folgt aus dem Umstand, daß das Einzelunternehmen L seine Geschäftstätigkeit
im Zeitpunkt der hier in Rede stehenden Überweisung bereits eingestellt gehabt haben
mag, keineswegs zwingend, daß der Überweisungsauftrag nichts mit der
Geschäftstätigkeit zu tun haben konnte, wie die Klägerin mutmaßt (vgl. S. 2 unten ihres
Schriftsatzes vom 28.10.2002, Bl. 63 d.A.). Es ist auch nicht Aufgabe der
Empfängerbank, bei eingehenden Überweisungsaufträgen den Grund der Überweisung
und die Empfangsberechtigung des als Empfänger Bezeichneten zu prüfen.
22
3.
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Endlich steht der Klägerin gegen die Beklagte auch nicht ein Anspruch aus
ungerechtfertigter Bereicherung gemäß § 812 BGB zu, weil das Geld dem Konto des
Herrn L gutgeschrieben worden ist und mithin er der Empfänger der Leistung der
Klägerin war. Daß durch das so erlangte Geld automatisch das im Minus stehende
Konto teilweise zurückgeführt worden ist, geschah ausschließlich auf Grund des
zwischen Herrn L und der Beklagten bestehenden Schuldverhältnisses und führt nicht
dazu, daß die Beklagte etwas auf Kosten der Klägerin erlangt hätte.
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4.
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Nach alledem bleibt der Klage der Erfolg versagt.
26
II.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit, die Abwendungsbefugnis und
die Sicherheitsleistung beruht auf den
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§§ 708 Nr. 11, 711, 108 ZPO.
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Streitwert: 15.562,87 EUR.
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