Urteil des LG Wuppertal vom 29.12.2005

LG Wuppertal: vergütung, tod, beendigung, drucksache, pauschalierung, abrundung, gefahr, daten, abrechnung, heim

Landgericht Wuppertal, 6 T 802/05
Datum:
29.12.2005
Gericht:
Landgericht Wuppertal
Spruchkörper:
6. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
6 T 802/05
Vorinstanz:
Amtsgericht Mettmann, 40 XVII B 5585
Sachgebiet:
Bürgerliches Recht
Tenor:
Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.
Die sofortige weitere Beschwerde wird zugelassen.
G r ü n d e :
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Durch Beschluß vom 27. April 2005 wurde die Beteiligte zu 1. als Mitarbeiterin des
Beteiligten zu 2. zur Betreuerin der Betroffenen bestellt. Die Betroffene verstarb am
2. September 2005.
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Mit Schrift vom 20. Oktober 2005 beantragte der Beteiligte zu 2. die Festsetzung von
Vergütung für den Zeitraum vom 1. Juli bis 30. September 2005 in Höhe von 594,00 €.
Er vertritt die Ansicht, daß für den vollen September die (pauschale) Vergütung
festzusetzen sei. Nach dem Tod der Betroffenen seien noch zahlreiche Tätigkeiten
ausgeführt worden, wie etwa die Erstellung des Schlußberichtes, die Vorbereitungen
zur Übergabe des Vermögens der Betroffenen, die Entlastung durch den Erben und die
Teilnahme an der Beerdigung.
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Durch die angefochtene Entscheidung, auf die verwiesen wird, hat die Rechtspflegerin
des Amtsgerichts dem Beteiligten zu 2. für die Tätigkeit der Beteiligten zu 1. im Zeitraum
vom 1. Juli bis 30. September 2005 eine Vergütung in Höhe von 422,40 € gegen den
Nachlaß der Betroffenen festgesetzt. Zurückgewiesen hat sie Vergütungsansprüche für
den Zeitraum vom 3. bis 30. September 2005, da die Betreuung durch den Tod der
Betroffenen am 2. September 2005 beendet worden sei.
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Gegen diese Entscheidung wendet sich der Beteiligte zu 2. mit seinem Rechtsmittel, mit
dem er geltend macht, ihm stehe eine pauschale Vergütung in Höhe von 189,20 € für
den Zeitraum vom "03.09.2005 bis 31.09.2005" zu.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der Akten
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der Akten
Bezug genommen.
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Das gemäß §§ 11 Abs. 1 RPflG, 56 g Abs. 5, 22, 19 ff. FGG als sofortige Beschwerde
zulässige Rechtsmittel des Beteiligten zu 2. bleibt in der Sache ohne Erfolg.
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Zu Recht hat das Amtsgericht eine Vergütung nur für den Zeitraum vom 1. Juli bis
2. September 2005 festgesetzt. Denn mit dem Tode der Betreuten endete die Betreuung.
Grundsätzlich kann der Betreuer die Vergütung gemäß §§ 4 ff. VBVG aber nur bis zum
Tode des Betroffenen geltend machen (vgl. Zimmermann, FamRZ 2005, S. 951). Denn
nach den neuen Vergütungsregelungen des VBVG steht die dem Betreuer zu
gewährende Vergütung in keinem Zusammenhang mit den vom Betreuer erbrachten
Betreuungsleistungen. Der Betreuer erhält seine pauschale Vergütung vielmehr
unabhängig davon, ob und in welchem Umfang er tatsächlich Betreuungsleistungen
erbringt. Danach ist der Vergütungsanspruch nach dem VBVG allein daran geknüpft, ob
die Betreuung besteht, so daß konsequenterweise die Beendigung der Betreuung dazu
führt, daß der Betreuer ab diesem Zeitpunkt keinen Vergütungsanspruch mehr geltend
machen kann. Dies ergibt sich auch aus der Gesetzesbegründung (BT-Drucksache
15/2494, S. 33 f.), in der es zu § 1908 l Abs. 3 BGB-E (= § 5 Abs. 4 VBVG) heißt:
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§ 1908 l Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1 BGB-E enthält die notwendige Regelung für die
Fälle, in denen vor Ablauf eines vollen Monats im Sinne der Absätze 1 und 2 eine
Veränderung eintritt, die dazu führt, daß der Betreuer gar keine Vergütung mehr
nach den Absätzen 1 oder 2 erhält oder statt der Stundenansätze des Absatzes 1
diejenigen des Absatzes 2 maßgebend werden oder umgekehrt. Erfasst sind also
zum einen die Fälle der Beendigung der Betreuung (etwa durch Aufhebung des
Bestellungsbeschlusses wegen Wegfalls der Betreuungsbedürftigkeit oder durch
den Tod des Betroffenen) und des Wechsels in der Person des Betreuers (...).
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(...)
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Wird etwa am 10. April für einen in einem Heim im Sinne des Absatzes 2 lebenden
Betroffenen wirksam ein Betreuer bestellt und stirbt der Betroffene am 2. November,
endet der volle Monat mit Ablauf des 10. Novembers. Der Betreuer erhält dann für
den Zeitraum 11. Oktober bis 2. November (= 22 Tage) 22/31 der nach Absatz 2
anzusetzenden 3 Stunden (da bereits der siebte Monat der Betreuung läuft), also
2,2 Stunden (gerundeter Wert von 2,2129 Stunden) vergütet (...)
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Diese Abrechnung pro rata temporis gewährleistet eine größtmögliche
Vergütungsgerechtigkeit und bildet die für die Gewährung und Bemessung der
pauschalen Stundenansätze möglichst genau ab, ist aber gleichzeitig praktikabel.
Ihr ist deshalb der Vorzug gegenüber anderen Möglichkeiten wie der Auf- oder
Abrundung auf volle Monate zu geben, die eine zu grobe Vereinfachung und im
Ergebnis auch eine zu starke Abweichung von den sich aus den Daten des ISG
ergebenden Werten bedeuten würde.
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Nach dieser Begründung geht der Gesetzgeber davon aus, daß die Betreuung durch
den Tod des Betroffenen endet und dem Betreuer die Vergütung nur bis zu dem Tage
der Beendigung der Betreuung zusteht.
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Zudem würde es dem Ziel des Gesetzgebers, durch die Pauschalierung der
Stundensätze eine Vereinfachung der Vergütungsberechnung zu bewirken,
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widersprechen, wenn auch für Tätigkeiten nach dem Tode des Betroffenen Vergütung
geltend gemacht werden könnte. Es müßte nämlich im Einzelfall festgestellt werden, in
welchem Zeitraum noch "Betreuungsleistungen" nach dem Tode des Betroffenen
erbracht worden sind. Zudem bestünde die Gefahr des Mißbrauchs; so könnten Betreuer
versucht werden, die nach dem Tode des Betroffenen noch zu erbringenden
"Betreuungslei-stungen" möglichst spät durchzuführen, um möglichst lange die
Pauschalvergütung zu erhalten.
Schließlich ist zu berücksichtigen, daß das im VBVG geregelte Vergütungssystem auf
der Auswertung einer repräsentativen Auswahl von 1808 Betreuungsakten beruht (vgl.
BT-Drucksache 15/2494, S. 32). Danach ist aber davon auszugehen, daß Tätigkeiten für
die Abwicklung der Betreuung nach dem Tode des Betroffenen bei der Pauschalierung
der Stundensätze berücksichtigt worden sind und somit von vornherein kein Anlaß
besteht, über den Tod des Betroffenen hinaus eine Vergütung festzusetzen.
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Danach war das Rechtsmittel zurückzuweisen.
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Die sofortige weitere Beschwerde war zuzulassen, da Fragen von grundsätzlicher
Bedeutung zur Entscheidung anstanden, § 56 g Abs. 5 FGG.
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Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind von dem Beteiligten zu 2. zu tragen (§ 131
Abs. 1 KostO).
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Wert des Beschwerdegegenstands: 189,20 €.
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