Urteil des LG Wiesbaden vom 13.09.2007

LG Wiesbaden: ordre public, öffentliche ordnung, schiedsverfahren, firma, rechtliches gehör, dispositives recht, schiedsspruch, wohnfläche, aufrechnung, verkehrswert

1
2
3
Gericht:
OLG Frankfurt 26.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
26 Sch 10/07
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 1059 Abs 1 Nr 2 ZPO, § 1059
Abs 2 Nr 2 ZPO
(Gerichtliche Aufhebung des Schiedsspruchs: Verletzung
des rechtlichen Gehörs durch das Schiedsgericht als
Aufhebungsgrund)
Tenor
Der von dem Schiedsgericht, bestehend aus dem Vorsitzenden Richter am
Oberlandesgericht … als Obmann und den Rechtsanwälten X und Y als
Schiedsrichter, am 15.12.2006 erlassene Schiedsspruch, durch den die
Antragsgegnerin verurteilt worden ist,
an den Antragsteller Euro 218.203,85 nebst jährlichen Zinsen hieraus in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 4. März 2005 zu zahlen,
ist vollstreckbar.
Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Der Beschluss ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
Die Antragsgegnerin vertreibt Wohnimmobilien, indem sie nach Erwerb eines
Gesamtobjektes Teileigentum schafft, Renovierungsarbeiten durchführt und
anschließend die Eigentumswohnungen veräußert. Alleingesellschafterin der
Antragsgegnerin ist Frau A. Der Antragsteller war seit Herbst 1999 Geschäftsführer
der Antraggegnerin. In seinem Anstellungsvertrag vom 01.10.1999 war in § 15
unter anderem geregelt, dass alle beiderseitigen Ansprüche aus dem
Dienstverhältnis und mit dem Dienstverhältnis in Verbindung stehenden
Ansprüche verfallen, wenn sie nicht innerhalb von zwei Monaten nach Fälligkeit
gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht worden sind.
Sofern die Gegenseite den Anspruch ablehnt oder sich nicht innerhalb von zwei
Wochen nach der Geltendmachung des Anspruchs erklärt, soll der Anspruch
verfallen, wenn er nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Ablehnung oder dem
Fristablauf geltend gemacht wird. Für Streitigkeiten aus dem Vertrag vereinbarten
die Parteien, sich einer freiwilligen Schiedsgerichtsvereinbarung zu unterwerfen.
Für den Verkauf des Objektes B der Antragsgegnerin hatte der Antragsteller im Juli
2002 die Vertriebsgesellschaft C GmbH eingeschaltet, der als Provision ein
Übererlös zustehen sollte, soweit der Kaufpreis 950 Euro pro m² Wohnfläche bzw.
5.000 Euro je Tiefgaragenstellplatz überschreitet. Im November 2002 setze der
Antragsteller diese Werte auf 850 Euro pro m² Wohnfläche bzw. 2.500 Euro je
Tiefgaragenstellplatz herab.
In der Wohnanlage D erwarb der Antragsteller mit notariellem Kaufvertrag vom
10.12.2001 von der Antragsgegnerin eine Penthousewohnung nebst Stellplatz,
wobei er zugleich als Vertreter der Antragsgegnerin handelte. Am 20.12.2001
beschloss die Alleingesellschafterin der Antragsgegnerin eine Herabsetzung des
Kaufpreises (Bl. 71 d. A.).
4
5
6
7
8
9
10
11
Im Jahre 2003 sprach die Antragsgegnerin gegenüber dem Antragsteller mehrere
Kündigungen des Anstellungsvertrages aus. Zur Feststellung der Unwirksamkeit
der Kündigungen und wegen restlicher Zahlungsansprüche erhob der Antragsteller
zunächst Klage beim Landgericht Wiesbaden. Die Antragsgegnerin erklärte in
diesem Rechtsstreit die Aufrechnung mit Gegenansprüchen. Das Landgericht
Wiesbaden erließ ein Teilurteil, auf die Berufung der Antragsgegnerin änderte das
Oberlandesgericht Frankfurt am Main durch Urteil vom 06.08.2004 die
landgerichtliche Entscheidung und wies die Klage im Hinblick auf die von der
Antragsgegnerin erhobene Schiedseinrede ab.
Der Antragsteller erhob nunmehr Schiedsklage, mit der er zum einen die
Feststellung begehrte, dass das Dienstverhältnis zwischen den Parteien nicht
durch die außerordentlichen Kündigungen beendet worden sei, sondern bis zum
20.09.2003 fortbestanden habe. Ferner beantragte er, die Antragsgegnerin zur
Begleichung von Zahlungsansprüchen zu verurteilen.
Im Hinblick auf eigene Schadensersatzansprüche erklärte die Antragsgegnerin in
dem Schiedsverfahren die Aufrechnung bzw. erhob hilfsweise Widerklage auf
Zahlung. Die Antragsgegnerin leitete für sich Schadensersatzansprüche unter
anderem mit folgender Begründung her:
Durch die Herabsetzung der Abgabepreise für das Objekt B habe der Antragsteller
eine sittenwidrig überhöhte Maklerprovision vereinbart, wodurch ihr
(Antragsgegnerin) 239.651,13 Euro entgangen seien.
Das D-Penthouse habe der Antragsteller von ihr weit unter Marktwert erstanden.
Er hätte unaufgefordert auf den tatsächlichen Verkehrswert hinweisen müssen, da
er keine Vorzugskonditionen erhalten sollte. Ihr Schaden belaufe sich insoweit auf
128.100,00 Euro.
Bezüglich der erhobenen Gegenansprüche erklärte der Antragsteller
schriftsätzlich, dass er unter der innerprozessualen Bedingung einer Verurteilung
der Antragsgegnerin in Höhe von mehr als 200.000,00 Euro gewisse
weitergehende Gegenansprüche der Antragsgegnerin in Höhe von insgesamt
125.409,02 Euro anerkenne.
Nach Vernehmung des Zeugen Z1 erließ das Schiedsgericht am 15.12.2006 einen
Schiedsspruch. Mit diesem wies das Schiedsgericht den Feststellungsantrag des
Antragstellers zurück. Ferner verurteilt es die Antragsgegnerin zur Zahlung von
218.203,85 Euro nebst Zinsen und wies die Hilfswiderklage ab. Das Schiedsgericht
erachtete die Kündigung des Anstellungsvertrages vom 23.04.2003 für wirksam.
Es erkannte dem Antragsteller jedoch Zahlungsansprüche von insgesamt
343.612,87 Euro zu. Die Verfallsklausel in § 15.1 und 15.2 des
Anstellungsvertrages hielt das Schiedsgericht gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB für
unwirksam. Der Antragsteller sei als Geschäftsführer der Antragsgegnerin
Verbraucher. Die zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen bejahte das
Schiedsgericht nur zum Teil, insbesondere wies es die beiden oben erwähnten
Ersatzansprüche zurück: Ein Schadensersatzanspruch wegen der Vereinbarung
einer angeblich sittenwidrigen Maklerprovision für das Objekt B scheitere daran,
dass ein pflichtwidriges Handeln des Antragstellers nicht festzustellen sei. Die
Entscheidung des Antragstellers, den Abgabepreis für die Firma C auf 850 Euro pro
m² herabzusetzen, sei vertretbar und könne ihm nicht als verfehlt vorgeworfen
werden. Insbesondere habe der Antragsteller damit keine sittenwidrig überhöhte
Provision versprochen. Ein Schadensersatzanspruch der Antragsgegnerin in Höhe
von 128.100,00 Euro wegen der schuldhaften Verletzung von Nebenpflichten durch
den Antragsteller bei dem Erwerb der D Eigentumswohnung bestehe nicht. Die
Antragsgegnerin habe weder vorgetragen, dass sie den Antragsteller vor der
Zustimmung ihrer Alleingesellschafterin zum Kaufvertrag ausdrücklich nach dem
Verkehrswert der Wohnung gefragt, noch, dass sie ihm gegenüber erklärt habe, sie
wolle an ihn nur ohne Vorzugskonditionen veräußern. Eine Pflicht des
Antragstellers zur ungeforderten Information über diesen Punkt habe nicht
bestanden.
Eine solche Unterrichtung wäre nur dann geboten gewesen, wenn die
Alleingesellschafterin der Antragsgegnerin zu diesem Punkt redlicherweise
Aufklärung oder Warnung hätte erwarten dürfen. Dies sei bei den gegebenen
Umständen nicht der Fall gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den
Schiedsspruch Bezug genommen (Bl. 3 – 26 d. A.).
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
Der Antragsteller begehrt die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs.
Er beantragt,
den von dem Schiedsgericht, bestehend aus dem Vorsitzenden, Herrn
Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht München ... sowie den Herren
Rechtsanwälten X und Y am 15. Dezember 2006 in Frankfurt am Main erlassenen
Schiedsspruch für vollstreckbar zu erklären.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag, den Schiedsspruch vom 15.12.2006 für vollstreckbar zu
erklären, unter Aufhebung des Schiedsspruches abzulehnen.
Mit ihrem am 16.05.2007 bei Gericht eingegangenen Antrag macht die
Antragsgegnerin unter anderem geltend, dass der Aufhebungsgrund der
Nichtgewährung des rechtlichen Gehörs als Unterfall des verfahrensrechtlichen
ordre public vorliege. Wegen der weiteren Einzelheiten ihres Vortrages wird auf den
Schriftsatz vom 16.05.2006 (Bl. 38 - 64 d. A.) verwiesen.
II.
Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs ist zulässig. Das
angerufene Oberlandesgericht ist gemäß §§ 1060, 1062 Abs. 1 Nr. 4 ZPO sachlich
und örtlich zuständig.
Der Antrag hat auch in der Sache Erfolg. Er ist insbesondere nicht unter
Aufhebung des Schiedsspruchs gemäß § 1060 Abs. 2 Satz 1 ZPO abzulehnen, weil
ein Aufhebungsgrund gemäß § 1059 Abs. 2 ZPO vorliegt. Aufhebungsgründe
gemäß § 1059 Abs. 2 Nr. 1 sind von vornherein nicht mehr zu berücksichtigen, da
die Drei-Monats-Frist seit Empfang des Schiedsspruchs (§ 1059 Abs. 3, 1060 Abs.
2 Satz 2 ZPO) von der Antragsgegnerin nicht eingehalten worden ist.
Die Antragsgegnerin begründet ihren Aufhebungsantrag deshalb auch in erster
Linie mit einem von Amts wegen zu berücksichtigenden Verstoß gegen die
öffentliche Ordnung (ordre public, § 1059 Abs. 2 Nr. 2 b ZPO). Die öffentliche
Ordnung ist zwar auch dann verletzt, wenn das Schiedsgericht seiner Verpflichtung
zur Gewährung rechtlichen Gehörs nicht nachkommt. Ein derartiger
Verfahrensverstoß durch Nichterhebung von angebotenen Beweisen liegt jedoch
nur dann vor, wenn die Rechtsanwendung durch das Schiedsgericht auf einer
Tatsache beruht, auf deren Beweis sich der Beweisantrag richtet. Die Beurteilung
der Entscheidungsrelevanz der unter Beweis gestellten Behauptung obliegt
allerdings dem Schiedsgericht. Das staatliche Gericht kann dessen Entscheidung
nur im Rahmen des materiell-rechtlichen ordre public nachprüfen, wobei der
Kontrolle durch das staatliche Gericht enge Grenzen gesteckt sind (BGH NJW 2002,
3031; Münch in Münchener Kommentar ZPO, 2. Aufl., § 1042 Rdn. 62). Für die
Einhaltung des ordre public kommt es lediglich darauf an, einen Missbrauch der
dem privaten Schiedsgericht zustehenden Rechtsprechungsbefugnisse zu
verhindern. Eine schlichte unrichtige Rechtsanwendung durch das Schiedsgericht
ist für sich allein kein Aufhebungsgrund. Insoweit gilt vielmehr das Verbot der
révision au fond (BGH NJW 1992, 2299, 2300; Zöller/Geimer, ZPO, 26. Auflage, §
1042 Rn. 11; § 1059 Rn. 74; Kröll NJW 2005, 192, 197). Dies widerspricht nicht der
zur öffentlichen Ordnung vertretenen Auffassung, dass deren Einhaltung vom
staatlichen Gericht ohne Bindung an die Rechtsauffassung und die
Tatsachenfeststellung des Schiedsgerichts zu überprüfen ist (z. B. BGH WM 1972,
308, 310; Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Aufl., Kap. 24 Rdn. 46). Die
Bindung entfällt nur, soweit es um die Einhaltung des materiell-rechtlichen ordre
public geht. Steht dagegen in Frage, ob das Schiedsgericht das
Verfahrensgrundrecht auf rechtliches Gehör verletzt hat, verbleibt es bei der
autonomen Entscheidungsbefugnis des Schiedsgerichts darüber, ob eine Tatsache
überhaupt entscheidungsrelevant ist. Nur diese Entscheidung unterliegt wiederum
der freien Beurteilung auf ihre Unvereinbarkeit mit dem ordre public. Für den
Streitfall ergibt sich daraus Folgendes:
Geschäftsführer kein Verbraucher
Das Schiedsgericht hat den Antragsteller als Verbraucher nach § 13 BGB
angesehen und deshalb bei der Prüfung der Wirksamkeit der Verfallsklausel § 310
Abs. 3 Nr. 2 BGB angewendet. Insoweit liegt ein Verstoß gegen den ordre public
23
24
25
Abs. 3 Nr. 2 BGB angewendet. Insoweit liegt ein Verstoß gegen den ordre public
nicht vor. Die Rechtsauffassung des Schiedsgerichts kann vom staatlichen Gericht
– wie erwähnt – nur in engen Grenzen nachgeprüft werden. Der materiell-rechtliche
ordre public beschränkt sich auf die Einhaltung von Normen, die die Grundlagen
des deutschen staatlichen und wirtschaftlichen Lebens in zwingender, dem
Parteibelieben entzogener Weise regeln und nicht nur auf bloßen
Zweckmäßigkeitserwägungen beruhen. Im Streitfall verletzt die Auffassung des
Schiedsgerichts weder elementare Gerechtigkeitsvorstellungen noch Grundrechte
der Antragsgegnerin. Auch wenn das Schiedsgericht von der Auffassung des
Oberlandesgerichts Frankfurt am Main im Vorprozess abweicht, hat es sich
eingehend mit der Rechtsfrage befasst (Seite 13 des Schiedsspruchs). Weder die
Argumentation noch das Ergebnis des Schiedsgerichts können als ordre public-
widrig angesehen werden.
Schadensersatzanspruch wegen Vereinbarung der Mehrerlösprovision
Der Antragsteller hatte durch Vertriebsvereinbarung mit der Firma C GmbH als
Maklerin vom 16./17.07.2002 einen Abgabepreis von 950 Euro je m² Wohnfläche
bzw. 5.000 Euro je Tiefgaragenplatz vereinbart. Die überschreitenden Beträge
sollten im vollen Umfang der Firma C zustehen. Durch Nachtragsvereinbarung
vom 26.11.2002 verringerte der Antragsteller die Abgabepreise auf 850 Euro je m²
Wohnfläche bzw. 2.500 Euro je Tiefgaragenplatz. Nach dem Vortrag der
Antragsgegnerin im Schiedsverfahren hatte dies zur Folge, dass durch die
Übererlösklausel der Maklerin mit dem Verkauf von neun Wohnungen Provisionen
zwischen 29,62 % und 39,50 % zufielen, während die marktübliche Maklerprovision
für die Vermittlung von Wohnungseigentum in B 3,48 % (brutto) des Kaufpreises
betragen habe. Nach der Behauptung der Antragsgegnerin wäre zur
Kostendeckung wenigstens ein Quadratmeterpreis von 1.000 Euro erforderlich
gewesen.
Ohne Erfolg rügt die Antragsgegnerin, dass das Schiedsgericht ihren Vortrag
übergangen und nicht beachtet habe. Das Schiedsgericht hält die Entscheidung
des Antragstellers, den Abgabepreis auf 850 Euro je m² Wohnfläche
herabzusetzen, für nicht vorwerfbar, wobei es als maßgeblich ansieht, dass die der
Firma C versprochene Provision nicht sittenwidrig überhöht gewesen sei. Dabei
stellt es darauf ab, dass der Vertrieb der Wohnungen nicht "an normaler
Maklertätigkeit und den dort üblichen Provisionen" zu messen sei. Dies wiederum
leitet das Schiedsgericht daraus her, dass beim Verkauf von Wohnungen in einem
Objekt, das als bebautes Grundstück erworben und das nach einer Sanierung in
Eigentumswohnungen aufgeteilt worden ist, ein deutlich höherer Aufwand
erforderlich sei. Ferner sei die Höhe der Maklerprovision bei Vertragsschluss nicht
absehbar und Verdienst des Maklers gewesen (Seite 19 des Schiedsspruchs). Das
Schiedsgericht nimmt daher Bezug auf "normale Maklertätigkeit und die dort
üblichen Provisionen", meint aber, dass gleichwohl der Antragsteller keine
sittenwidrig überhöhte Provision versprochen habe. Das Schiedsgericht unterstellt
damit zu Gunsten der Antragsgegnerin, dass die marktübliche Maklerprovision bei
3,48 % (brutto) des Kaufpreises lag und die Firma C in den neun Verkaufsfällen die
von der Antragsgegnerin behaupteten Provisionshöhen erzielte. Für die
Rechtsanwendung durch das Schiedsgericht kam es dagegen nicht darauf an,
dass der Abgabepreis von 850 Euro pro m² Wohnfläche weit unter dem Marktpreis
gelegen habe. Daher kann ein Verstoß gegen den verfahrensrechtlichen ordre
public nicht darin gesehen werden, dass das Schiedsgericht die von der
Antragsgegnerin hierzu angebotenen Beweise (Einholung eines
Sachverständigengutachtens zur Höhe der marküblichen Maklerprovisionen, zur
Höhe der tatsächlich erzielten Quadratmeterpreise und zu dem zur
Kostendeckung erforderlichen Mindest-Quadratmeter-Preis) nicht erhoben hat.
Diese von der Antragsgegnerin unter Beweis gestellten Tatsachen waren für das
Schiedsgericht nicht entscheidungsrelevant. Das Gleiche gilt für den unter
Sachverständigenbeweis gestellten Vortrag der Antragsgegnerin, die nur lokal
ausgerichtete Maklertätigkeit des Firma C sei nur von einfacher Art gewesen, die
keine besondere fachlichen oder praktischen Kenntnisse erfordert habe; weder sei
deren Verkaufstätigkeit ein Strukturvertrieb gewesen, noch habe sie unter
besonderem Zeitdruck gestanden oder mit außerordentlichem sachlichem
Aufwand bzw. Personaleinsatz verbunden gewesen (Bl. 50 d. A.). Das
Schiedsgericht hält demgegenüber den erforderlichen Aufwand der Firma C
deshalb für deutlich erhöht (gegenüber "normaler Maklertätigkeit"), weil die zu
verkaufenden Wohnungen zu einem als bebautes Grundstück und sanierten Objekt
gehörten. Daher stützt das Schiedsgericht die Einstufung der der Firma C
übertragenen Tätigkeit nicht auf die von der Antragsgegnerin vorgebrachten
26
27
28
29
30
31
32
33
34
übertragenen Tätigkeit nicht auf die von der Antragsgegnerin vorgebrachten
Umstände, so dass es auf deren Beweis nicht ankam.
Die rechtlichen Erwägungen, mit denen das Schiedsgericht eine Verletzung der
Pflichten des Antragstellers aus dem Anstellungsvertrag verneint hat, unterliegen
– wie oben ausgeführt — nur in engem Rahmen der Nachprüfung durch das
staatliche Gericht. Dispositives Recht, das der vertraglichen Regelung durch die
Parteien unterfällt, gehört von vornherein nicht zum ordre public (Zöller/Geimer §
1059 Rn. 74). Die öffentliche Ordnung ist deshalb nicht berührt, soweit es darum
geht, welche vertraglichen Pflichten der Antragsteller gegenüber der
Antragsgegnerin hatte und welcher Sorgfaltsmaßstab nach dem
Geschäftsführervertrag anzuwenden ist. Die Antragsgegnerin muss es deshalb
hinnehmen, wenn das Schiedsgericht eine sittenwidrige Überhöhung der
Maklerprovision aus dem im Schiedsspruch angeführten Gründen verneint und
deshalb ein pflichtwidriges Handeln des Antragstellers nicht feststellt.
Schadensersatzanspruch im Zusammenhang mit Erwerb der
Penthousewohnung in …
Der Antragsteller kaufte von der Antragsgegnerin am 10.12.2001 die
Penthousewohnung Nr. … im …. Obergeschoss des Objekts …-Straße … in … für
234.455,12 DM (=119.875,00 Euro). Mit Schreiben vom 12.12.2001 teilte die
Alleingesellschafterin der Antragsgegnerin zu einer Wohneinheit …, …-Straße … in
… mit, dass sie mit dem Verkauf der Wohnung an den Antragsteller zum
genannten Preis einverstanden sei (Bl. 58 d. A.).
Am 20.10.2001 beschloss die Alleingesellschafterin der Antragsgegnerin eine
Herabsetzung des Kaufpreises. Am 11.06.2003 verkaufte der Antragsteller die
Wohnung für 280.000,00 Euro
Das Schiedsgericht hat den zur Aufrechnung gestellten Schadensersatzanspruch
der Antragsgegnerin in Höhe von 128.100,00 Euro verneint. Eine schuldhafte
Verletzung von Nebenpflichten durch den Antragsteller liege nicht vor. Der
Antragsteller habe die Alleingesellschafterin über den Verkehrswert der Wohnung
nicht unaufgefordert aufklären müssen. Er habe davon ausgehen können, dass die
Alleingesellschafterin über die üblichen Preise zumindest der Größenordnung nach
informiert gewesen sei, insbesondere bevor so weit reichende Beschlüsse wie der
vom 20.12.2001 gefasst wurden. Im Übrigen habe der Antragsteller das Schreiben
vom 12.12.2001 dahin verstehen müssen, dass die Verkäuferin an ihn gerade
nicht unbedingt zum Verkehrswert habe veräußern wollen. Auf jeden Fall seien
Schadenersatzansprüche der Beklagten verfallen, ein vorsätzliches Handeln des
Klägers sei nicht erkennbar (Seiten 23/24 des Schiedsspruchs).
Das Schiedsgericht geht dabei zu Gunsten der Antragsgegnerin davon aus, dass
der tatsächliche Verkehrswert der Eigentumswohnung jedenfalls um 128.100,00
Euro über dem Verkaufpreis gelegen habe. Die Zurückweisung der Aufrechnung
beruht darauf, dass der Antragsteller davon habe ausgehen können, der
Alleingesellschafterin seien die üblichen Preise zumindest der Größenordnung
nach bekannt. Dass die Alleingesellschafterin die Preise tatsächlich nicht kannte,
wie von der Antragsgegnerin im Schiedsverfahren behauptet und unter Beweis
gestellt worden war, ist für diese Bewertung nicht maßgeblich. Der rechtlichen
Bewertung durch das Schiedsgericht hätte nur entgegengestanden, wenn die
Antragsgegnerin behauptet hätte, der Kläger habe gewusst, dass die
Alleingesellschafterin die üblichen Preise nicht gekannt habe.
Soweit die Antragsgegnerin ferner anführt, der Antragsteller habe durch die
Beurkundung eines höheren Kaufpreises (397.900,-- DM = 203.443,03 EURO) das
gesetzliche Mietervorkaufsrecht (§ 570b BGB a. F., § 577 BGB n. F.) umgangen,
brauchte das Schiedsgericht darauf nicht einzugehen. Die Antragsgegnerin hatte
nicht vorgetragen, inwiefern dieser Umstand den Verkehrswert der
Eigentumswohnung beeinflusst hatte. Ebenso wenig war ein Schaden der
Antragsgegnerin aufgrund dieser Umgehung Gegenstand des Schiedsverfahrens.
Dass sich das Schreiben vom 12.12.2001 sowie der Gesellschafterbeschluss vom
20.12.2001 auf eine Wohneinheit Nr. 282 bezogen, brauchte das Schiedsgericht zu
keiner anderen Entscheidung zu veranlassen. In beiden Urkunden ging es
jedenfalls um die vom Kläger gekaufte Wohnung, so dass es sich um eine
unbeachtliche falsa demonstratio handelte.
Im Übrigen ist der Schadenersatzanspruch nach dem Schiedsspruch gemäß § 15
34
35
36
37
38
39
40
41
Im Übrigen ist der Schadenersatzanspruch nach dem Schiedsspruch gemäß § 15
Nr. 1 und 2 des Anstellungsvertrages verfallen. Ein Ausschluss des Verfalls gemäß
§ 276 Abs. 3 BGB hat das Schiedsgericht verneint, da der Antragsteller nicht
vorsätzlich gehandelt habe. Auch insoweit hat das Schiedsgericht
Tatsachenvortrag der Antragsgegnerin im Schiedsverfahren nicht übergangen. Die
Antragsgegnerin hat zwar ausgeführt, der Antragsteller habe ihre
Alleingesellschafterin über den marktüblichen Wert getäuscht und vorsätzlich
geschädigt (Bl. 55 d. A.). Dazu wäre aber die Kenntnis des Antragstellers
erforderlich gewesen, dass die Alleingesellschafterin den marktüblichen
Quadratmeterpreis der Größenordnung nach nicht gekannt hat. Wie bereits
ausgeführt, hat die Antragsgegnerin dies im Schiedsverfahren jedoch nicht
vorgetragen. Sie hat allerdings behauptet, der Antragsteller habe die
Alleingesellschafterin zum Beschlusszeitpunkt am 20.12.2001 darüber getäuscht,
dass nachträglich Mängel bekannt geworden seien, obwohl er gewusst habe, dass
Mängel der Kaufsache nicht bestünden und im Übrigen ein umfassender
Gewährleistungsausschluss im Kaufvertrag beurkundet worden sei (Bl. 59/60 d. A.).
Ein Schwachpunkt des Schiedsspruchs mag darin liegen, dass er dazu keinerlei
Ausführungen macht. Dies bleibt aber ohne Folgen, da die Antragsgegnerin im
Schiedsverfahren für diesen Vortrag auch keinen Beweis angeboten hatte.
Bedingtes Anerkenntnis
Der Antragsteller erklärte im Schiedsverfahren, dass er vier zur Aufrechnung
gestellte Gegenansprüche der Antragsgegnerin anerkenne, wenn das
Schiedsgericht ihm mehr als 200.000,00 Euro zuspricht. Die Antragsgegnerin
meint, dass dies ein unzulässiger "deal" gewesen sei (Bl. 61/62 d. A.). Auch darin
ist ein Verstoß gegen den ordre public jedoch nicht zu sehen. Das Anerkenntnis
selbst, durch das der Antragsteller die Gegenansprüche unstreitig gestellt hat,
wirkte sich im Schiedsverfahren lediglich zu Gunsten der Antragsgegnerin aus.
Dass sich das Schiedsgericht dadurch bei seiner Entscheidung über die
verbleibenden Tatsachen- und Rechtsfragen habe beeinflussen lassen, ist nicht
ersichtlich.
Unterlassene Protokollierung der Vernehmung des Zeugen Z1
Selbst wenn das Schiedsgericht die Aussage des Zeugen hätte protokollieren
müssen, wäre jedenfalls ein Verstoß nicht ausreichend, um eine Verletzung der
öffentlichen Ordnung zu bejahen. Elementare Verfahrensrechte der
Antragsgegnerin sind durch das Unterbleiben der Protokollierung nicht verletzt
worden. Abgesehen davon wäre die Antragsgegnerin bezüglich eines etwaigen, in
der unterbliebenen Protokollierung liegenden Verfahrensmangels präkludiert.
Verstöße gegen den verfahrensrechtlichen ordre public sind als Aufhebungsgründe
nicht zu berücksichtigen, wenn sie gemäß § 1042 ZPO bereits im Schiedsverfahren
hätten gerügt werden können. Die Beseitigung des Verfahrensmangels muss
zunächst im Schiedsverfahren versucht werden (Zöller/Geimer, § 1059 Rdn. 45a).
Das hat die Antragsgegnerin versäumt.
Da der Antrag auf Vollstreckbarerklärung Erfolg hat, hat die Antragsgegnerin die
Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 91 ZPO).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 1064 Abs.
2 ZPO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.