Urteil des LG Wiesbaden vom 24.04.2009

LG Wiesbaden: einkaufszentrum, anpassung, mietzins, vorzeitige entlassung, mietvertrag, mietsache, aufrechnung, mietobjekt, betreiber, vollstreckung

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Gericht:
LG Wiesbaden 7.
Zivilkammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
7 O 116/08
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 313 BGB, § 535 BGB, § 536
BGB
(Gewerberaummiete: Geringere als die erwartete
Besucherfrequenz als Mangel einer Gewerbefläche in
einem Einkaufszentrum bzw. als Störung der
Geschäftsgrundlage)
Tenor
Das Vorbehaltsurteil des Gerichts vom 10.10.2008 – 7 O 116/08 – wird für
vorbehaltlos erklärt.
Die Beklagten haben die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung
abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von elf Zehnteln des jeweils zu
vollstreckenden Betrages, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit
in gleicher Höhe erbringt.
Tatbestand
Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Zahlung rückständigen Mietzinses in
Anspruch.
die Klägerin vermietet das in 6... W..., B...platz 3, belegene Einkaufszentrum. Die
Parteien schlossen unter dem 01.11.2006/10.11.2006 über eine in eben diesem
Einkaufszentrum belegene Gewerbefläche einen Mietvertrag, wegen dessen Inhalts
auf die Anlage K 1 zu dem Schriftsatz der klägerischen Prozeßbevollmächtigten
vom 14.05.2008 verwiesen wird. Den von ihnen nach diesem Mietvertrag
geschuldeten Mietzins zahlten die Beklagten nur bis September 2007 vollständig,
seitdem aber nur zum Teil oder aber überhaupt nicht. Wegen der Mietrückstände
wird auf die der Klageschrift als Anlage K 8 beigefügte Forderungsaufstellung
verwiesen. Der Mietzins betrug ursprünglich 3.937,12 EUR brutto. Entsprechend
der Mietvertraglichen Regelung erhöhte er sich zum 01.01.2008 auf 4.048,27 EUR
brutto und zum 01.04.2008 auf 4.084,00 EUR brutto. Mit Schreiben vom
24.01.2008 forderten die Beklagten von der Klägerin eine Anpassung des
Mietzinses. Die Klägerin, die bereits mit Schreiben vom 08.01.2008 eine
Reduzierung des Mietzinses abgelehnt hatte, ging auf dieses Ansinnen nicht ein.
Die Klägerin behauptet und ist der Auffassung, die Beklagten seien weder
berechtigt, den Mietzins zu mindern, noch befugt, eine Anpassung desselben zu
verlangen. Daß die Beklagten mit dem von ihnen betriebenen Ladengeschäft
bisher nicht die erhofften Umsätze getätigt hätten, stelle nichts dar, wofür sie, die
Klägerin, als Betreiberin des Einkaufszentrums verantwortlich gemacht werden
könnte. Tatsächlich oder vermeintlich hinter den Erwartungen zurückbleibende
Umsätze in dem Ladengeschäft der Beklagten oder in dem Einkaufszentrum
insgesamt stellten keinen Sachmangel dar, auf Grund dessen die Beklagten
berechtigt wären, den Mietzins zu mindern. Ob mit dem fraglichen Mietobjekt die
erhofften Umsätze getätigt werden könnten, falle in die Risikosphäre der Beklagten
als Mieter und Betreiber des fraglichen Ladengeschäfts. Daß das Ladenlokal in
einem Einkaufszentrum belegen sei, zwinge ohne das Hinzutreten besonderer
Umstände zu keiner anderen Sicht der Dinge. Diese lägen hier aber nicht vor.
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Umstände zu keiner anderen Sicht der Dinge. Diese lägen hier aber nicht vor.
Insbesondere treffe nicht zu, daß sie, die Klägerin, die Beklagten aus Anlaß der
Vertragsverhandlungen getäuscht habe. Wenn im Vorfeld des Vertragsschlusses
von bestimmten Besucherzahlen die Rede gewesen sei, so nicht etwa im Sinne
einer Garantie, sondern einer Erwartung, die auch von ihr, der Klägerin, gehegt
worden sei. Ob die Beklagten ihrer Kalkulation bestimmte Besucherzahlen
zugrunde gelegt hätten, sei ihr, der Klägerin, nicht bekannt. Auch treffe nicht zu,
daß von ihr, der Klägerin, angeblich zugesagte Besucherzahlen mit der Höhe des
Mietzinses korrespondierten. Die Beklagten interpretierten insoweit den
Mietvertrag unzutreffend. Aus diesem ergebe sich unmißverständlich, daß eine
umsatzabhängige Miete nur für den Fall des Erreichens beziehungsweise
Überschreitens eines bestimmten Umsatzes fällig werde. Um die Zahlung einer
umsatzabhängigen Miete gehe es hier aber nicht. Die umsatzunabhängige Miete
schuldeten die Beklagten in jedem Fall. Dieser Forderung könnten die Beklagten
den Einwand der vermeintlichen Mangelhaftigkeit der Mietsache schon deshalb
nicht entgegensetzen, weil die enttäuschten Umsatzerwartungen der Beklagten
keinen Mangel darstellten. Wegen der von den Beklagten geforderten Anpassung
des Mietzinses gelte nichts anderes. Diese könnten die Beklagten neben der von
ihnen geltend gemachten Mietminderung ohnehin nicht verlangen. Auch hätten
die Beklagten es versäumt, die Anpassung des Mietzinses, welche sie, die
Klägerin, bereits unter dem 08.01.2008 abgelehnt habe, gegebenenfalls gerichtlich
geltend zu machen. Den Mietzins einseitig neu festzulegen, seien die Beklagten
indes nicht befugt. Auch hätten die Beklagten bislang keine zur Aufrechnung
geeignete Schadensersatzforderung oder sonstigen Zahlungsanspruch ihr, der
Klägerin, gegenüber geltend gemacht, mit welchen sie, die Beklagten, nunmehr
erfolgreich die Aufrechnung gegen die streitbefangene Mietzinsforderung erklären
könnten.
Das Gericht hat mit Vorbehaltsurteil vom 10.10.2008 die Beklagten als
Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 30.876,17 EUR nebst bis zum
14.08.2008 aufgelaufener Zinsen in Höhe von 1.558,27 EUR zuzüglich Zinsen in
Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 30.876,17 EUR seit
dem 15.08.2008 sowie vorgerichtlich entstandener Anwaltskosten in Höhe von
703,80 EUR und Mahnkosten in Höhe von 11,00 EUR zu zahlen, und im übrigen
festgestellt, daß der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt sei.
Die Klägerin beantragt im Nachverfahren nunmehr,
das Vorbehaltsurteil des Gerichts vom 10.10.2008 aufrechtzuerhalten.
Die Beklagten beantragen,
das Vorbehaltsurteil des Gerichts vom 10.10.2008 aufzuheben und die Klage
insgesamt abzuweisen.
Sie behaupten und sind der Auffassung, sie, die Beklagten, seien bei
Vertragsschluß getäuscht worden, indem ihnen für das Einkaufszentrum, in
welchem die Mietsache belegen sei, Besucherzahlen von 15.000 und mehr je Tag
vorgespiegelt worden seien. In Wahrheit seien es je Tag 3.000 und weniger. Die
Tendenz sei fallend. Damit das Mietobjekt kostendeckend betrieben werden könne,
sei ein Umsatz von mehr als 32.000 EUR je Monat vonnöten. Tatsächlich seien es
aber monatlich weniger als 3.000 EUR. Dementsprechend stehe ihnen, den
Beklagten, ein Anspruch auf Vertragsanpassung beziehungsweise auf
Vertragsauflösung zu. Als bundes- und europaweit agierender Betreiber von
Einkaufszentren habe die Klägerin wissen müssen, daß Umsatzzahlen, die einen
rentablen Betrieb eines Ladenlokals in dem streitgegenständlichen
Einkaufszentrum ermöglichten, an dem fraglichen Standort in Wahrheit nicht zu
erzielen seien. Da der Mietzins nach dem streitgegenständlichen Vertrag eine
umsatzabhängige Komponente beinhalte, weil sie, die Beklagten, zur monatlichen
Meldung der Umsatzzahlen verpflichtet seien, sei die Klägerin an dem Risiko der
hinter den erwarteten Umsätzen zurückbleibenden Umsätzen zu beteiligen. Sie,
die Beklagten, könnten entweder eine Reduktion des Mietzinses oder eine
vorzeitige Entlassung aus dem Mietvertrag verlangen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten
Schriftsätze und die zugehörigen Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Das Vorbehaltsurteil des Gerichts vom 10.10.2008 war für vorbehaltlos zu erklären
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Das Vorbehaltsurteil des Gerichts vom 10.10.2008 war für vorbehaltlos zu erklären
(§§ 600, 302 ZPO), weil das Gericht die Beklagten darin mit Recht als
Gesamtschuldner verurteilt hat, an die Klägerin 30.876,17 EUR nebst bis zum
14.08.2008 aufgelaufener Zinsen in Höhe von 1.558,27 EUR zuzüglich Zinsen in
Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 30.876,17 EUR seit
dem 15.08.2008 sowie vorgerichtlich entstandener Anwaltskosten in Höhe von
703,80 EUR und Mahnkosten in Höhe von 11,00 EUR zu zahlen. Erhebliche
Einwendungen gegen die Mietzinsforderung der Klägerin konnten die Beklagten
auch im Nachverfahren nicht dartun.
Ein zur Minderung des Mietzinses berechtigender Mangel der Mietsache liegt
ersichtlich nicht vor (§§ 536 ff. BGB). Die Beklagten sind lediglich Mieter des von
ihnen innegehaltenen Ladenlokals. Daß dieses selbst einen zur Mietminderung
berechtigenden Mangel aufweisen würde, ist weder vorgetragen noch anderweit
ersichtlich. Zur Rechtfertigung der von ihnen seit geraumer Zeit vorgenommenen
Mietkürzung berufen die Beklagten sich vergeblich auf tatsächlich oder
vermeintlich hinter den Erwartungen zurückbleibende Besucherzahlen. Es kann
dahinstehen, ob die Klägerin und im Anschluß an diese auch die Beklagten im
Vorfeld der Eröffnung des hier interessierenden Einkaufszentrums, wie von den
Beklagten behauptet und von der Klägerin in Abrede gestellt, von Besucherzahlen
je Öffnungstag des Einkaufszentrums von 15.000 und mehr ausgegangen sind.
Selbst wenn dies zuträfe, begründeten 3.000 Besucher je Öffnungstag und weniger
keinen Mangel im Sinne des Gewährleistungsrechts des Mietrechts. Letzteres
deshalb nicht, weil die Eignung des von den Beklagten angemieteten Ladenlokals
zum vertragsgemäßem Gebrauch durch die hinter den Erwartungen
zurückbleibenden Besucherzahlen allenfalls mittelbar tangiert wird, was
anerkanntermaßen keinen beachtlichen Mangel im Sinne der §§ 536 ff. BGB
begründet (vgl. BGH, Urteil vom 21.09.2005 – XII ZR 66/03; BGH, Urteil vom
16.02.2000 – XII ZR 279/97; LG Wiesbaden, Urteil vom 22.08.2008 – 7 O 123/08).
Wegen der von den Beklagten behaupteten fehlerhaften Centerführung durch das
Management der Klägerin, wegen der betriebswirtschaftlich tatsächlich oder
vermeintlich als unglücklich zu bezeichnenden Struktur der einzelnen in dem
streitgegenständlichen Einkaufszentrum vertretenen Branchen, wegen der
tatsächlich oder vermeintlich ausgebliebenen oder aber nur unzureichenden
Werbemaßnahmen, wegen der für das gesamte Einkaufszentrum tatsächlich oder
vermeintlich ungünstigen beziehungsweise ungeschickten Besucherführung und
schließlich wegen der tatsächlich oder vermeintlich unbefriedigenden
Tiefgaragensituation gilt nichts anderes. Als allenfalls mittelbare Umstände sind
die vorgenanten nicht dazu geeignet, einen zur Minderung des Mietzinses
berechtigenden Mietmangel zu begründen. Insofern gelten die vorstehenden
Ausführungen zu den hinter den Erwartungen tatsächlich oder vermeintlich
zurückbleibenden Besucherzahlen entsprechend. Zur Vermeidung von
Wiederholungen wird auf eben diese verwiesen.
Die Beklagten berufen sich zur Begründung für die von ihnen vorgenommene
Mietkürzung aber auch vergeblich auf § 313 BGB. Die Beklagten verkennen
bereits, daß für die von ihnen geforderte Vertragsanpassung neben der von ihnen,
den Beklagten, ebenfalls geltend gemachten Mangelhaftigkeit der Mietsache kein
Raum ist (vgl. BGH, Urteil vom 21.02.2008 – XII ZR 200/07). Daß ein Mietmangel
vorliegend, wie dargetan, zu verneinen ist, ändert nichts an der Unanwendbarkeit
des § 313 BGB neben dem von den Beklagten ebenfalls für einschlägig gehaltenen
Gewährleistungsrecht des Mietrechts (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 01.10.1970
– 13 U 76/70). Selbst wenn man insoweit anderer Ansicht sein wollte, bliebe zu
konstatieren, daß die Klägerin das Verwendungs- und Gewinnerzielungsrisiko der
Beklagten vorliegend ersichtlich nicht, auch nicht teilweise, vertraglich
übernommen hat. Der gegenteiligen Auffassung der Beklagten vermag sich das
erkennende Gericht nicht anzuschließen. Selbst wenn im Vorfeld des hier
interessierenden Vertragsschlusses auf seiten der Klägerin von Besucherzahlen in
der beklagtenseits behaupteten Größenordnung die Rede gewesen sein sollte,
bedeutet dies nicht, daß die Klägerin insoweit eine sie, die Klägerin,
rechtsgeschäftlich bindende Garantie übernehmen wollte, mit der Folge, daß
entgegen der vertragstypischen Risikoverteilung nicht der Mieter, sondern der
Vermieter, hier also die Klägerin, das Verwendungs- und Gewinnerzielungsrisiko zu
tragen hat. In der bloßen Äußerung einer Erwartung im Vorfeld des
Vertragsschlusses liegt ohne das Hinzutreten weiterer Umstände regelmäßig
keine rechtsgeschäftlich bindende Garantieerklärung. So liegt der Fall auch hier.
Daß die Klägerin im Vorfeld des Vertragsschlusses sich weitaus höhere
Besucherzahlen erhofft haben mag als die gegenwärtig tatsächlich zu
verzeichnenden, ist nicht weiter verwunderlich. Da höhere Besucherzahlen
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verzeichnenden, ist nicht weiter verwunderlich. Da höhere Besucherzahlen
regelmäßig höhere Umsätze bedeuten, die Klägerin aber oberhalb einer
bestimmten Umsatzgrenze nicht nur die Grundmiete, sondern eine höhere,
umsatzabhängige Miete verlangen könnte, ist es nur verständlich, wenn auch die
Klägerin die Erwartung hegte, in dem hier interessierenden Einkaufszentrum würde
von Anfang an oder aber zumindest sehr bald nach der Eröffnung auf Grund einer
regen Besucherfrequenz ein bedeutender Umsatz erzielt werden können. Ist aber
das Ausbleiben der von beiden Vertragsparteien erhofften Besucherströme den
obigen Ausführungen zufolge auch beiden Vertragsparteien nachteilig, so ist für
die von den Beklagten propagierte These von einer Verlagerung des Verwendungs-
und Gewinnerzielungsrisikos entgegen dem Vertragstyp von den Beklagten auf die
Klägerin kein Raum (vgl. OLG Frankfurt am Main, Beschluß vom 07.01.2009 – 2 U
239/08). Hieran vermag auch der Hinweis der Beklagten auf die der Klägerin nach
dem Mietvertrag gegebenenfalls zustehende umsatzabhängige Miete nichts zu
ändern. Die Beklagten lassen außer acht, daß die umsatzabhängige Miete von
ihnen als Mietern nur oberhalb eines bestimmten Mindestumsatzes gefordert
werden kann; wird dieser nicht erreicht, so verbleibt es bei der Verpflichtung zur
Zahlung der vertraglich vereinbarten Grundmiete, und zwar ohne Rücksicht auf
den Umsatz. Daß die Beklagten aber auch wegen der Grundmiete eine Anpassung
des Mietzinses im Sinne einer Reduzierung verlangen könnten, kann dem Vertrag
in dessen Gesamtheit nicht entnommen werden. Die umsatzabhängige Miete hat
nach der insoweit unmißverständlichen vertraglichen Regelung die Erzielung oder
gar Überschreitung eines Mindestumsatzes zur Voraussetzung. Wird dieser nicht
erreicht, so verbleibt es bei der vertraglich festgelegten Grundmiete, unter deren
Betrag der Mietzins – entgegen der Einschätzung der Beklagten – aber nicht
sinken kann. Auch nicht im Wege einer Vertragsanpassung. Wollte man insoweit
anderer Ansicht sein, so bürdete man der Klägerin als Vermieterin zusätzlich zu
dem sie ohnehin treffenden Vermietungsrisiko auch noch das grundsätzlich von
den Beklagten als Mietern zu tragende Verwendungs- und Gewinnerzielungsrisiko
auf (vgl. OLG Frankfurt am Main, Beschluß vom 07.01.2009 – 2 U 239/08). Die
Beklagten bleiben jeden Vortrag dazu schuldig, woraus ihrer Ansicht nach sich eine
derart einseitig zu Lasten der Klägerin gehende Verteilung der in einem
Mietverhältnis typischerweise auftretenden Risiken rechtfertigen können soll.
Ebenso wie es der Klägerin bei namhaften Leerständen in dem hier
interessierenden Einkaufszentrum verwehrt wäre, von den Mietern mit Rücksicht
eben hierauf, zwecks Kompensation der Leerstände eine erhöhten Mietzins je
Quadratmeter zu fordern, ebenso ist es den Beklagten verwehrt, hinter ihren
Erwartungen zurückbleibende Umsätze und die daraus resultierenden Verluste
über eine Reduktion des Mietzinses nunmehr auf die Klägerin als Vermieterin
abzuwälzen. Das Verwendungs- und Gewinnerzielungsrisiko trifft innerhalb eines
Mietvertrages vertragstypischerweise den Mieter. Das sind hier die Beklagten.
Selbst wenn man – entgegen den obigen Ausführungen – zu Gunsten der
Beklagten einmal unterstellt, daß unter Berücksichtigung aller Umstände des
Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, den
Beklagten das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden
kann (§ 313 Abs. 1 BGB), gelangt man nicht zu dem Ergebnis, daß die Beklagten
dieserhalb zur Kürzung des von ihnen nach dem Mietvertrag geschuldeten
Mietzinses gleichsam kraft einseitiger Erklärung befugt wären. Das Gegenteil ist
der Fall. Die Beklagten verkennen, daß nach der gesetzlichen Normierung der
ehedem nur gewohnheitsrechtlich anerkannten Regeln über die Störung
beziehungsweise über den Wegfall der Geschäftsgrundlage bei Vorliegen der
Voraussetzungen für eine Störung beziehungsweise für einen Wegfall der
Geschäftsgrundlage die Anpassung des Vertrages nicht etwa kraft Gesetzes oder
kraft einseitiger Erklärung des die Anpassung begehrenden Vertragspartners
eintritt. Nach dem insoweit unmißverständlichen Wortlaut des § 313 Abs. 1 BGB
kann bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen lediglich Anpassung des
Vertrages verlangt werden (vgl. Grüneberg, in: Palandt, BGB, 68. Aufl., § 313, Rdnr.
41. Den Beklagten ist zwar zuzugestehen, daß sie mit Schreiben vom 24.01.2008
von der Klägerin eine Anpassung des Mietzinses gefordert hatten. Ebenfalls außer
Streit steht aber, daß die Klägerin bereits unter dem 08.01.2008 den Beklagten
mitgeteilt hatte, daß eine Reduzierung des Mietzinses nicht in Betracht komme,
weshalb die Beklagten sich denn auch schwerlich darauf berufen können,
spätestens seit Februar 2008 lediglich einen reduzierten Mietzins in der von ihnen
vorgestellten Weise zu schulden. Letzteres trifft deshalb nicht zu, weil die
Beklagten mit ihrem Verlangen auf Anpassung des Vertrages gerade nicht
durchdringen konnten. Ob die Beklagten mit Rücksicht hierauf berechtigt waren
beziehungsweise nach wie vor sind, den streitgegenständlichen Vertrag zu
kündigen, bedarf hier keiner Erörterung. Eine Kündigung unter Berufung auf § 313
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kündigen, bedarf hier keiner Erörterung. Eine Kündigung unter Berufung auf § 313
Abs. 3 Satz 2 BGB ist von den Beklagten, soweit ersichtlich, bislang nicht
ausgesprochen worden.
Die Beklagten halten dem Mietzinszahlungsanspruch der Klägerin auch vergeblich
entgegen, daß die Klägerin, indem sie auf der Erfüllung der Mietrückstände
beharre, etwas fordere, was sie sogleich wieder zurückerstatten müßte. Es ist zum
einen weder vorgetragen noch anderweit ersichtlich, daß die Beklagten der
Klägerin der von dieser aus Anlaß der Vertragsverhandlungen angeblich
begangenen Täuschung wegen eine bezifferte Schadensersatzforderung mitgeteilt
hätten, mit Rücksicht auf welche sie nunmehr der Klägerin zumindest die Einrede
der Aufrechenbarkeit entgegenhalten könnten. Zum anderen steht einer
Aufrechnung der Beklagten mit einer ihnen tatsächlich oder vermeintlich
zustehenden Schadensersatzforderung die mietvertragliche Regelung entgegen,
wonach der Mieter gegen eine Forderung des Vermieters aus dem Vertrag nur mit
einer unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Forderung aufrechnen kann.
an einer solchen fehlt es hier.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 5, 711
ZPO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.