Urteil des LG Wiesbaden vom 29.07.2008

LG Wiesbaden: wichtiger grund, treu und glauben, wiederkehrende leistung, ordentliche kündigung, allgemeine geschäftsbedingungen, fernwärme, anpassung, verwaltungskosten, heizungsanlage, liegenschaft

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Gericht:
LG Wiesbaden 1.
Zivilkammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
1 O 306/07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 138 Abs 1 BGB, § 307 BGB, §
314 BGB, § 537 Abs 1 BGB, §
3 S 3 AVBFernwärmeV
Wärmelieferungsvertrag: Recht des Kunden zur Nutzung
regenerativer Energiequellen
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch
Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren
Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in
Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Der Kläger als Kunde begehrt von der Beklagten als Energieversorger die
Anpassung eines Wärmeversorgungsvertrags.
Die Liegenschaft des Klägers ... wurde in den Jahren 2003/2004 von einem
Bauträger errichtet. Der Bauträger schloss mit der Beklagten einen
Erschließungsvertrag, der zum Inhalt hatte, dass die Beklagte in die von dem
Bauträger errichteten Häuser Wärmelieferungsanschlüsse von einer
Wärmeerzeugungsanlage der Beklagten legen sollte und die Käufer sodann mit
der Beklagten Wärmelieferungsverträge schließen sollten. Dieser
Wärmelieferungsvertrag für jede Liegenschaft wurde zum Gegenstand jedes
einzelnen Grundstückskaufvertrags/Bauträgervertrags mit den Erwerbern
gemacht. Im jeweiligen Grundbuch wurde zugunsten der Beklagten eine
Grunddienstbarkeit zum Verlegen und Betreiben der
Wärmeversorgungseinrichtungen eingetragen.
Die Beklagte errichtete in dem betreffenden Wohngebiet eine
Wärmeerzeugungsanlage. Von dieser Wärmeerzeugungsanlage verlegte sie
Leitungen zu und auf den jeweiligen Grundstücken bis in die Häuser, in denen eine
Wärmeübergabestation errichtet und Wärmemengenmesseinrichtungen installiert
wurde. Für die Wärme verlangt die Beklagte ein Entgelt, das sich aus einem
Monatsgrundpreis, einem Monatsmesspreis und einem Arbeitspreis
zusammensetzt. Der Arbeitspreis wird für die tatsächlich verbrauchte
Wärmemenge verlangt. Der Monatsmesspreis wird für Zählermiete,
Messdatenerfassung, Erneuerung der Zähler und Beseitigung von Störungen
verlangt. Der Monatsgrundpreis deckt Zurverfügungstellung, Betrieb der
Wärmeerzeugungsanlage, Rohrleitungen, Hausübergabestation, Betriebskosten
und Abschreibungskosten ab.
Der Kläger schloss mit der Beklagten im Zuge des Erwerbs der Liegenschaft am
13. Februar 2004 einen Wärmelieferungsvertrag, auf dessen Inhalt Bezug
genommen wird (Blatt 5 - 8 der Akten). Gemäß Ziffer 10.1 des Vertrags gilt
Folgendes:
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Nach Ziffer 2 des Vertrags besteht folgende Abnahmeverpflichtung:
Für die Kosten gilt gemäß Ziffer 5.2 des Vertrags Folgendes:
Die Kosten des Klägers für Monatsgrund- und Monatsmesspreise zuzüglich
Mehrwertsteuer liegen pro Jahr bei rund 900 Euro.
Der Kläger beabsichtigte, seinen zukünftigen Wärmebedarf aus regenerativen
Energiequellen zu decken. Er teilte dies der Beklagten am 15. Februar 2007
telefonisch mit und bat darum, ihn aus dem Vertrag zu entlassen. Die Beklagte
lehnte dies mit Schreiben vom 30. April 2007 und vom 11. Juni 2007 ab. Sie berief
sich auf Ziffer 5.2 des Vertrags, welche lautet:
Der Kläger ist der Ansicht, Ziffer 5.2 des Vertrags sei unwirksam, weil ein Wechsel
zu regenerativen Energiequellen verhindert werde. Der Kläger meint, dass er an
den Wärmelieferungsvertrag geknebelt werde, weil er im Falle eines Wechsels
doppelt zahlen müsse. Er ist außerdem der Ansicht, dass § 3 der Verordnung über
Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme (AVBFernwärmeV)
ihm einen Anspruch auf Vertragsanpassung wie beantragt gebe. § 3
AVBFernwärmeV – – lautet wie folgt:
Der Kläger beantragt,
festzustellen, dass die Rechte und Pflichten der Parteien aus dem
Wärmelieferungsvertrag vom 13. Februar 2004 ab dem Zeitpunkt ruhen, zu
welchem der Kläger seinen Wärmebedarf aus regenerativen Energiequellen deckt.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht, der Kläger habe Investitionen gespart, weil er keine
Heizungsanlage habe anschaffen müssen. Hingegen wäre die Beklagte, die die
Investitionen getätigt habe, benachteiligt, wenn sich der Kläger nach freien
Stücken frühzeitig aus dem Vertrag lösen könnte. Ohne langfristige
Abnahmebindung hätte sie die entsprechenden Investitionen nicht getätigt.
Überdies habe der Kläger jedenfalls insofern noch einen Nutzen aus der Anlage
der Beklagten, als er jederzeit wieder auf diese zurückgreifen könne, etwa wenn
regenerative Energiequellen versagten oder zu teuer würden.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, insbesondere das Feststellungsinteresse gem. § 256 Abs. 1
ZPO ist gegeben, da die Beklagte den vom Kläger behaupteten Anspruch,
Monatsgrund- und Monatsmesspreise nicht mehr bezahlen zu müssen, ernsthaft
bestreitet.
Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Rechte
und Pflichten aus dem mit der Beklagten abgeschlossenen
Wärmelieferungsvertrag vom 13. Februar 2004 ruhen, sobald er seinen
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Wärmelieferungsvertrag vom 13. Februar 2004 ruhen, sobald er seinen
Wärmebedarf aus regenerativen Energiequellen deckt. Vielmehr bleibt er
verpflichtet, den Monatsgrundpreis und die Monatsmesspreise bis zum regulären
Ende des Vertrags zu zahlen.
Der Wärmelieferungsvertrag unterscheidet zwischen der Abnahmeverpflichtung
nach Ziffer 2 einerseits und den Preisen nach Ziffer 5 andererseits. Der Kläger hat
gemäß Ziffer 2 das Recht, wie gewünscht, seinen Wärmebedarf aus regenerativen
Energiequellen zu decken. Gemäß Ziffer 2 Satz 1 des Vertrags ist der Kunde zwar
verpflichtet, seinen Wärmebedarf während der Vertragsdauer ausschließlich aus
den Wärmelieferungen der Beklagten zu decken. Ziffer 2 Satz 2 sieht hiervon
jedoch eine Ausnahme vor. Danach besteht die Abnahmeverpflichtung nach Satz
2 dann nicht, wenn der Wärmebedarf aus regenerativen Energiequellen gedeckt
werden soll. Welche Kostenfolge ein solcher Wechsel zu einer regenerativen
Energiequelle hat, ergibt sich aus Ziffer 5. Nach Ziffer 5.2 bleibt der Kläger, auch
wenn er ausschließlich regenerative Energiequellen nutzt und die Wärmeenergie
der Beklagten deshalb nicht mehr benötigt, verpflichtet, weiterhin den
Monatsgrundpreis und die Monatsmesspreise zu zahlen, denn diese sind
unabhängig vom tatsächlichen Wärmebezug zu entrichten.
Der Kläger hat aus Ziffer 8.2 des Wärmelieferungsvertrags keinen Anspruch auf
Vertragsanpassung dahingehend, wegen der Wärmebedarfsdeckung durch
regenerative Energiequellen den Monatsgrundpreis und die Monatsmesspreise
nicht mehr an die Beklagte zahlen zu müssen. Gemäß Ziffer 8.2 hat eine
Vertragsanpassung zu erfolgen, wenn sich während der Vertragslaufzeit die
allgemeinen wirtschaftlichen oder technischen Verhältnisse so wesentlich
verändern, dass Leistung und Gegenleistung nicht mehr im angemessenen
Verhältnis stehen. Das ist hier nicht der Fall. Es haben sich weder die allgemeinen
wirtschaftlichen noch die technischen Verhältnisse geändert, sondern der Kläger
hat den Entschluss gefasst, andere Energieformen nutzen zu wollen.
Auch aus Ziffer 8.1 des Wärmelieferungsvertrags in Verbindung mit § 3
AVBFernwärmeV folgt kein Anspruch des Klägers auf Anpassung des Vertrags bzw.
Ruhen der Rechte und Pflichten aus dem Vertrag dahingehend, Monatsgrundpreis
und Monatsmesspreise bei ausschließlicher Nutzung regenerativer Energiequellen
nicht mehr zahlen zu müssen. Dies ergibt die Auslegung des § 3 AVBFernwärmeV.
Während des Laufs eines Vertragsverhältnisses kann nach dem Wortlaut des § 3
Satz 3 AVBFernwärmeV eine Vertragsanpassung bei Einsatz regenerativer
Energien gefordert werden. Vor diesem Hintergrund ist auch die amtliche
Überschrift des § 3 AVBFernwärmeV "Bedarfsdeckung" zu verstehen. Die Vorschrift
will dem Kunden eines Fernwärmeenergieversorgers in gewissen Grenzen die
Möglichkeit einräumen, die Abnahmeverpflichtung an seinem persönlichen Bedarf
auszurichten. Die hier interessierende Möglichkeit, den persönlichen Bedarf aus
regenerativen Energien zu decken, hat die Beklagte in Ziffer 2 ihres Vertrags
vorgesehen. Sie geht dabei sogar über die Voraussetzungen des § 3
AVBFernwärmeV hinaus, da Ziffer 2 Satz 2 des Wärmelieferungsvertrags keine
Einschränkungen enthält und deshalb so zu verstehen ist, dass die
Wärmebedarfsdeckung vollständig aus regenerativen Energien erfolgen darf. § 3
Satz 3 AVBFernwärmeV verlangt demgegenüber lediglich, dass der Kunde
berechtigt sein muss, den Wärmebedarf "unter" Nutzung regenerativer
Energiequellen zu decken. Da es lediglich heißt "unter Nutzung" und nicht "durch
Nutzung regenerativer Energiequellen", ist nach dem Wortlaut der
AVBFernwärmeV davon auszugehen, dass die regenerative Energiequelle nur
neben die Fernwärme treten soll, der Kunde aber keinen Anspruch darauf hat, sich
während des laufenden Vertrags ausschließlich aus regenerativen Energiequellen
zu versorgen. Zwar ist der Kunde gemäß § 3 Satz 3 AVBFernwärmeV berechtigt,
"Vertragsanpassung" zu verlangen, diesem Wortlaut lässt sich jedoch nicht
entnehmen, dass oder inwiefern sich die Anpassung auch auf die
zugrundeliegenden Kosten der Fernwärmeversorgung auswirkt. Da die Vorschrift
lediglich die "Bedarfsdeckung" betrifft, spricht der reine Wortlaut dafür, dass die
Vertragsanpassung nur die Anpassung des Nutzungsumfangs an den Bedarf des
Kunden betrifft. Weitergehende Anhaltspunkte für die Auslegung des Begriffs der
"Vertragsanpassung" im Hinblick auf die Kostenfolge lassen sich der
AVBFernwärmeV nicht entnehmen.
Der zwischen den Parteien bestehende Wärmelieferungsvertrag hält der
Inhaltskontrolle gemäß § 307 BGB stand. Voraussetzung dafür ist, dass es sich bei
dem Vertragswerk um allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 305 BGB
handelt, die Vertragsbestandteil geworden sind. Das ist der Fall, denn es handelt
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handelt, die Vertragsbestandteil geworden sind. Das ist der Fall, denn es handelt
sich bei dem Wärmelieferungsvertrag um für eine Vielzahl von Verträgen
vorformulierte Regelungen, die auf Wunsch der Beklagten, die die Regelungen
entworfen hat, Vertragsinhalt geworden sind und von denen der Kläger bei
Abschluss des Vertrags Kenntnis nehmen konnte und sie akzeptiert hat, was seine
Unterschrift unter dem Vertrag belegt. Da besondere Klauselverbote nach §§ 308,
309 BGB nicht betroffen sind, ist gemäß § 307 BGB entscheidend, ob der
Wärmelieferungsvertrag Bestimmungen enthält, die den Kläger entgegen den
Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Gemäß § 307 Abs.
2 Ziffer 1 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen,
wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen
Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. § 3 AVBFernwärmeV
bietet insofern keine Anhaltspunkte, ebenso fehlt es an einer gesetzlichen
Regelung zu dem Verhältnis von Leistung und Gegenleistung bzw. zu deren
Veränderung. Auch ohne solche Maßstäbe ist jedoch der Kläger dadurch, dass er
bei einem ihm möglichen Wechsel zu regenerativen Energiequellen weiterhin die
Bereitstellungs- und Verwaltungskosten in Form des Monatsgrund- und der
Monatsmesspreise tragen muss, nicht unangemessen benachteiligt. Es kommt
insofern auf eine Bewertung und Abwägung der beiderseitigen Interessen und
Risikosphären an. Unangemessen ist die Benachteiligung dann, wenn der
Verwender mit der Klausel einseitig seine eigenen Interessen verfolgt und keine
hinreichende Rücksicht auf diejenigen seines Vertragspartners nimmt. Auf Seiten
des Klägers ist zu berücksichtigen, dass es für ihn als Verbraucher allein von
Interesse ist, nur dann für die Energie und deren Verfügbarkeit überhaupt etwas
bezahlen zu müssen, wenn er diese tatsächlich nutzt. Er erleidet somit einen
Nachteil, wenn er die Fernwärme der Beklagten nicht mehr in Anspruch nimmt,
zugleich jedoch weiterhin mit den Bereitstellungs- und Verwaltungskosten belastet
wird. Dieser Nachteil ist jedoch nicht unangemessen. Auf Seiten der Beklagten ist
zu berücksichtigten, dass diese die Investitionskosten für die komplette
Einrichtung der Fernwärmeversorgung bis in die jeweiligen Häuser getragen hat. Im
Interesse der Beklagten ist es daher, dass die Nutzer sich, jedenfalls für einen
gewissen Zeitraum – hier 10 Jahre – verpflichten, die Leistungen der Beklagten zu
beziehen und dafür entsprechend zu bezahlen, damit sich die Investitionskosten
der Beklagten rentieren. Insofern ist dem Kläger entgegenzuhalten, dass er sich
bewusst für 10 Jahre an die Beklagte als Energielieferantin gebunden hat. Zugleich
blieb es ihm, wie allen übrigen Nutzern, erspart, selbst Kosten für eine
Heizungsanlage im Haus aufwenden zu müssen, so dass eine Aufteilung der
Kosten zwischen den Parteien je nach Risikosphäre einen angemessenen
Ausgleich darstellt:
Dem Kläger kommt in der Vertragskonstellation zugute, dass er trotz der
10jährigen Bindung nicht verpflichtet ist, die Energie der Beklagten tatsächlich
abzunehmen, wenn er stattdessen regenerative Energien nutzen will. Es findet
dann eine automatische Anpassung von Leistung und Gegenleistung statt, weil der
Kläger mangels tatsächlicher Wärmeabnahme auch keinen Arbeitspreis mehr zu
entrichten hat. Dass er aber weiterhin für das Vorhandensein und die potentielle
Nutzbarkeit der Anlage den Monatsgrundpreis und die Monatsmesspreise tragen
muss, entspricht einem in § 537 Abs. 1 BGB niedergelegten Grundgedanken der
Rechtsordnung, nach welchem es in der Risikosphäre des Mieters liegt, ob er
während der Laufzeit des Vertrags überhaupt ein subjektives Interesse an der
Nutzung der Mietsache hat. Der Wegfall des Interesses befreit ihn nicht von der
Entrichtung des Mietzinses. Dies ist mit der streitgegenständlichen Sachlage
vergleichbar. Übergabestation und Warmwasserspeicher einschließlich Zubehör
und alle sonstigen für die Wärmeversorgung erforderlichen Anlagenteile stehen im
Eigentum der Beklagten. Sie stehen den Haus- und Wohnungseigentümern wie
Mietern zur Nutzung der Fernwärme zur Verfügung. Diese haben sich für 10 Jahre
auf die Wärmeversorgung durch die Beklagte eingelassen. Wenn sie das Interesse
an der Nutzung verlieren, liegt dies in ihrem Risiko und befreit sie nicht von den
Vorhalte- und Verwaltungskosten. Immerhin können die Nutzer auf regenerative
Energiequellen umsteigen, wodurch dann mangels Nutzung der Arbeitspreis nicht
mehr anfällt. Dies hingegen geht zu Lasten der Beklagten, da diese auf die
erwarteten Gewinne aus nicht abgenommener Fernwärme verzichten muss.
Dieses Risiko muss sie jedoch wegen der Vorgaben des § 3 Satz 3
AVBFernwärmeV hinnehmen.
Von der Sache her vergleichbar ist die Situation beim Abschluss von
Mobilfunkverträgen, bei denen der Kunde zugleich ohne weitere oder jedenfalls ins
Gewicht fallende Mehrkosten ein Mobiltelefon erhält. Der Kunde muss sich in der
Regel für zwei Jahre verpflichten und monatlich einen bestimmten Grundpreis
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Regel für zwei Jahre verpflichten und monatlich einen bestimmten Grundpreis
zahlen. Aufgrund dieser Verpflichtung ist es dem Anbieter möglich, dem Kunden
das Telefon kostenlos oder gegen einen verhältnismäßig geringen Aufpreis zur
Verfügung zu stellen. Die Verpflichtung, während der Vertragsdauer den
Grundpreis (entspr. Monatsgrund- und Monatsmesspreis) zu entrichten, bleibt
auch dann bestehen, wenn sich der Kunde während der Laufzeit einem anderen
Mobilfunkanbieter zuwendet und künftig nur noch über dessen Netz kommuniziert.
Dadurch fallen bei dem ursprünglichen Vertragspartner keine Gesprächskosten
(entspr. Arbeitspreis) mehr an.
Überdies wäre es dem Kläger finanziell nicht anders ergangen, wenn er sich
zunächst für die Anschaffung einer Heizungsanlage entschieden und
entsprechende Kosten aufgewendet hätte, wenige Jahre später aber auf
regenerative Energiequellen umgestiegen wäre. Der Unterschied läge allein darin,
dass der Anschaffungspreis für die Heizungsanlage mit einem Mal angefallen wäre
und nicht wie gegenüber der Beklagten durch monatliche, über 10 Jahre gestreckte
Teilzahlungen.
Der Wärmelieferungsvertrag ist auch nicht gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig. Der
Vertrag ist nicht sittenwidrig, denn es handelt sich nicht um einen
Knebelungsvertrag. Knebelungsverträge sind Verträge, die die wirtschaftliche
Freiheit des anderen Teils so sehr beschränken, dass dieser seine freie
Selbstbestimmung ganz oder im Wesentlichen einbüßt (BGH NJW 1993, 1587).
Durch den Vertragsschluss mit der Beklagten hat der Kläger sich bewusst auf eine
zehnjährige Vertragsdauer zum Bezug von Fernwärme eingelassen. Hieran muss
er sich festhalten lassen. Nach dem Vertrag ist es dem Kläger gestattet, seinen
Energiebedarf aus regenerativen Energiequellen zu decken. Wenn sich der Kläger
dafür entscheidet, muss er den Arbeitspreis für die Fernwärme nicht mehr
bezahlen, denn er nimmt diese Energieform von der Beklagten nicht mehr ab, weil
er sich anderweitig versorgt. Der Kläger verliert nicht seine freie
Selbstbestimmung, wenn er verpflichtet bleibt, wenigstens die Bereitstellungs- und
Verwaltungskosten, auf die er sich eingelassen hat bis zum regulären
Vertragsende fortzuzahlen.
Dem Kläger steht überdies auch kein ordentliches Kündigungsrecht zu. Der Kläger
hat sich durch den Vertragsschluss für 10 Jahre an den Wärmelieferungsvertrag
gebunden. Eine ordentliche Kündigung ist gemäß Ziffer 10.1 erst mit einer Frist
von 9 Monaten vor Ablauf der vorstehend vereinbarten Vertragsdauer möglich.
Ein außerordentliches Kündigungsrecht besteht ebenfalls nicht. Die
Voraussetzungen für eine Kündigung von Dauerschuldverhältnissen aus wichtigem
Grund gemäß § 314 Abs. 1 BGB sind nicht erfüllt. Zwischen den Parteien besteht
zwar ein Dauerschuldverhältnis. Ein solches zeichnet sich dadurch aus, dass ein
dauerndes Verhalten oder eine wiederkehrende Leistung geschuldet wird. Das ist
auch bei einem ohne Festlegung auf eine bestimmte Liefermenge
abgeschlossenen Bezugsvertrag der Fall (Palandt – Grüneberg, BGB, 67. Aufl., §
314 Rn. 2). Der Wärmelieferungsvertrag vom 13. Februar 2004 erfüllt diese
Voraussetzung, denn der Kläger hat sich unter den Bedingungen der Ziffer 2 zum
Bezug, die Beklagte zur Lieferung und Bereitstellung der technischen
Voraussetzungen zur Abnahme von Fernwärme verpflichtet.
Der Entschluss des Klägers, von der Beklagten keine Wärmeenergie mehr
beziehen zu wollen, sondern stattdessen andere, regenerative Energiequellen zu
nutzen, ist jedoch kein wichtiger Grund, der den Kläger zur sofortigen Beendigung
des Vertrags berechtigen würde. Ein wichtiger Grund ist nur gegeben, wenn
Tatsachen vorliegen, die unter Berücksichtigung aller Umstände und unter
Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertrags für den
Kündigenden unzumutbar machen (Palandt – Grüneberg, BGB, 67. Aufl., § 314 Rn.
7). Auch eine wesentliche Änderung der Verhältnisse kann ein außerordentliches
Kündigungsrecht begründen. Störungen aus dem eigenen Risikobereich
begründen indes grundsätzlich kein Kündigungsrecht (BGH NJW 1991, 1829; BGH
NJW 1996, 714). Die Hinwendung des Klägers zu anderen, d.h. regenerativen
Energiequellen fällt allein in seinen eigenen Risikobereich. Es sind keine
zwingenden äußeren Umstände und Gegebenheiten und auch kein Verhalten der
Beklagten, welche die Wärmeversorgung durch die Beklagte für den Kläger
überflüssig machen, sondern das mangelnde Nutzungsinteresse ist allein Folge
seinen eigenen freien Willensentschlusses.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger als unterliegende Partei gemäß § 91
33 Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger als unterliegende Partei gemäß § 91
ZPO zu tragen. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§
708 Nr. 11,711 ZPO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.