Urteil des LG Wiesbaden vom 01.09.2006

LG Wiesbaden: abtretung, aufschiebende bedingung, materielle rechtskraft, vertragsübernahme, unterbrechung der verjährung, widersprüchliches verhalten, mietvertrag, betriebskosten, nebenkosten

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Gericht:
OLG Frankfurt 2.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
2 U 196/05
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 322 Abs 1 ZPO, § 535 BGB
Materielle Rechtskraft: Geltendmachung von Ansprüchen
aus abgetretenem Recht im Vorprozess und von
Ansprüchen aus eigenem Recht im späteren Prozess
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 19.8.2005 verkündete Urteil der 5.
Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden - Az.: 5 O 342/03 –abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreit werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung des Beklagten abwenden gegen
Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus diesem Urteil vollstreckbaren
Betrages, sofern nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des
jeweils beizutreibenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt den Beklagten in Anspruch auf Zahlung von rückständigem
Mietzins für das Jahr 1999 in Höhe von 379.041,61 € und Nebenkosten für 1999 in
Höhe von 40.266,04 € aus einem gewerblichen Mietverhältnis, welches
ursprünglich geschlossen wurde zwischen der A … mbH & Co. als Vermieterin und
der X mbH als Mieterin. Über diese Forderungen führten die Parteien bereits einen
Prozess vor dem Landgericht Wiesbaden mit Aktenzeichen 1 O 16/00, der mit
rechtskräftigem Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am
Main, Aktenzeichen 4 U 19/01, abgeschlossen wurde, mit welchem die Klage
abgewiesen wurde.
Die Klägerin leitet ihren Anspruch im vorliegenden Rechtsstreit aus einer
Vertragsübernahme durch die Klägerin auf Vermieterseite und einer
Schuldübernahme durch den Beklagten auf Mieterseite ab, während sie im
Vorprozess von einer Abtretung ausging.
Am 26.07.1995 schlossen die Vermieterin und die Mieterin einen
Generalmietvertrag über Büroflächen im C, B-Straße in O1 (im Folgenden GMV I
genannt; Bl. 26ff. d. A.). Der monatliche Nettomietzins betrug umgerechnet
45.219,17 € zuzüglich Mehrwertsteuer = 52.454,23 €. Nach § 4 GMV I hatte die
Mieterin die abzurechnenden Nebenkosten zu tragen.
Nach § 18 des GMV I, überschrieben mit „Mietbeitrittsverpflichtung", trat der
mitunterzeichnende Beklagte gesamtschuldnerisch zusammen mit der Mieterin in
sämtliche durch dieses Mietverhältnis begründete Zahlungspflichten persönlich,
d.h. haftend mit seinem Privatvermögen, ein. Insoweit wird wegen der näheren
Einzelheiten auf Bl. 44 d.A. Bezug genommen.
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1996 firmierte die Vermieterin in „A … mbH & Co.“ um (im Folgenden A genannt).
Am 27.03.1999 schlossen die Vermieterin und die … mbH, deren
Rechtsnachfolgerin die Klägerin ist (BI. 80 ff. d.A.), einen weiteren
Generalmietvertrag (im Folgenden GMV II genannt) über verschiedene
Grundstückskomplexe in mehreren Städten ab. Dieser Vertragskomplex erfasste
auch das Grundstück B-Str. in O1.
Nach Punkt 5. dieses GMV II waren die Vertragsparteien einig, dass die
Rechtsvorgängerin der Klägerin auf Vermieterseite in die in Abs. 3 aufgeführten
Mietverträge anstelle der A eintrat. Die Rechtsvorgängerin der Klägerin sollte die
erforderliche Zustimmung der Mieter einholen.
Unter Punkt 5.1 ist geregelt, dass der Eintritt der Rechtsvorgängerin der Klägerin in
den Vertrag unter der aufschiebenden Bedingung stand, dass die Mieter
(hinsichtlich des Grundstücks B-Straße war dies die X mbH) dem Eintritt der
Rechtsvorgängerin der Klägerin als Vermieterin zustimmen. Für den Fall des
Scheiterns der Übernahme wegen fehlender Zustimmung eines Mieters schlossen
sie in Teil B alternativ eine Mietgarantieverpflichtung ab. Insoweit wird wegen der
näheren Einzelheiten auf Bl. 54 d.A. Bezug genommen.
Im Vorprozess war ausweislich des rechtskräftigen Urteils des 4. Zivilsenats des
Oberlandesgerichts Frankfurt am Main zum Aktenzeichen 4 U 19/01 unstreitig,
dass die Mieterin einem Eintritt der Rechtsvorgängerin der Klägerin in den GMV I
bereits vorab zugestimmt hatte. § 15 GMV I sieht unter Nr. 2 vor: „Der Vermieter
ist ohne Zustimmung des Mieters und jederzeit berechtigt, seine Rechte und
Pflichten aus diesem Vertrag auf einen Dritten zu übertragen" (BI. 40 d.A.).
Am 29.05.2001 übersandte die Klägerin korrigierte Betriebskostenabrechnungen
für die Jahre 1996, 1997, 1998 und 1999 (BI. 18 d.A.) an die Mieterin, woraus sich
für das Abrechnungsjahr 1999 ein Nachzahlungsbetrag in Höhe von 40.266,- Euro
ergab. Mit Schreiben vom 21.04.2004 kündigte der Beklagte gegenüber der
Klägerin die Mietbeitrittsverpflichtung (Bl. 142 d.A.).
Die Mieterin ist inzwischen insolvent.
Im ersten Rechtszug hat die Klägerin vorgetragen, es sei kein Klageverbrauch
eingetreten. Die Rechtskraft des Urteils des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main
(Az.: 4 U 19101) vom 04.06.2003 stehe der Klage nicht entgegen, da die Klage im
Vorprozess einen anderen Streitgegenstand -Forderung aus abgetretenem Recht
– habe, während die Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit aus eigenem Recht
klage.
Die Vertragsübernahme sei in Punkt 5.1 GMV II i.V.m. § 15 Nr. 2 GMV I bereits
geregelt. Ihre Rechtsvorgängerin sei durch den Generalmietvertrag vom
27.03.1996 mit der A (Übernahmevertrag) in den Generalmietvertrag zwischen A
und der X mbH eingetreten als Vermieterin gemäß Ziffer 5.1 der Präambel. Die
Mieterin habe bereits im Generalmietvertrag vom 26.07.1995 (GMV I) unter § 15
Nr. 2 ihre Zustimmung zur Vertragsübernahme durch die Rechtsvorgängerin der
Klägerin erklärt.
Der GMV I sei wirksam. Er habe keiner Beurkundung bedurft, da der Kaufvertrag in
Verbindung mit dem GMV I nicht ein typengemischter Vertrag sei. Der GMV I sei
durch den Generalbevollmächtigten Dr. D unterschrieben und die fehlende
Vollmacht gegenüber dem Notar angezeigt worden. Die Genehmigung des im
Handelsregister ausgewiesenen persönlich haftenden Gesellschafters Dr. E sei am
18.08.1995 erteilt worden. Im Übrigen sei der Mietvertrag von der Mieterin bis zur
Kündigung 2004 durchgeführt worden. Der Beklagte schulde aufgrund der
persönlichen Haftung zumindest eine Nutzungsentschädigung. An der Wirksamkeit
des GMV II bestünden keine Bedenken, auch hier liege eine wirksame
Bevollmächtigung vor. Der GMV II sei am 27.04.1996 auf Seiten der Vermieterin A
von der damaligen Geschäftsführerin der Komplementärgesellschaft … mbH, Frau
F, unterzeichnet worden (BI. 273, 274 d.A.).
Die Rechtsvorgängerin der Klägerin sei vom einzelvertretungsberechtigten
Prokuristen G und dem Prokuristen H vertreten worden, deren
Vertretungsberechtigung sich aus dem Handelsregisterauszug HRB ... des
Amtsgerichts Charlottenburg ergebe. Der Geschäftsführer der Klägerin I habe am
21.08.2002 den GMV II genehmigt (Bl. 364 d.A.).
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Die Klägerin ist der Ansicht, die auf den Betriebskosten lastende Mehrwertsteuer
müsse vom Mieter – oder vom Beklagten - erstattet werden, da die Betriebskosten
Teil des Überlassungsentgeltes seien. Wenn die Betriebskosten Teil des
Überlassungsentgeltes seien, unterfielen sie auch dann der Umsatzsteuer, wenn
einzelne Kostenarten selbst nicht umsatzsteuerbelastet seien. Der Beklagte hafte
nach § 18 GMV I als Gesamtschuldner neben der Mieterin. Die Forderung sei nicht
verjährt, da die vierjährige Verjährungsfrist noch nicht abgelaufen gewesen sei, als
die Klage mit Telefax vom 19.12.2003 beim Landgericht Wiesbaden eingereicht
worden sei.
Die Klägerin hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin
419.307,65 Euro nebst 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 1.482,75 Euro seit
dem 04.01.1999, 53:936,98 Euro seit dem 04.02.1999, 1.482,75 Euro seit dem
04.03:1999, 53.336,98 Euro seit dem 04.04.1999, 1.482,75 Euro seit dem
04.05.1999, 53.936,98 Euro seit dem 04.06.1999,1.482,75 Euro seit dem
04:07.1999, 1.482,75 Euro seit dem 04.09.1999, jeweils' 52.454,23 Euro seit dem
04.09.1999, 04.10.1999, 04.11.1999 und 04.12.1999, aus 70.266,04 Euro seit dem
01.07.2001 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Hilfsweise für den Fall der
Verurteilung hat er beantragt, die Leistung nur Zug um Zug gegen Rückgabe der
Teilungsbürgschaften, welche die Firma …-KG. aufgrund des notariellen
Kaufvertrages vom 26.07.1995, UR-Nr. …, Notar N1 in ..., der …-GmbH & Co.,
übergeben hatte, erbringen zu müssen.
Der Beklagte hat vorgetragen, die Rechtskraft des Urteils des Oberlandesgerichts
Frankfurt am Main vom 04.06.2003 stehe der Klage entgegen. Das
Oberlandesgericht habe festgestellt, dass die Klägerin nicht als Vermieterin im
GMV I vom 26.07.1995 eingetreten sei und dass die streitgegenständlichen
Ansprüche auch nicht von der Abtretungsvereinbarung nach § 2 Teil B des GMV II
(1996) erfasst worden sei, weil sich diese Abtretung nach Ziffer 5.2 der Präambel
GMV II nur auf solche Mietobjekte erstrecke, bei denen der Mieter den Eintritt der
Klägerin in den Mietvertrag nicht zugestimmt habe oder nicht zustimmen würde.
Die Mieterin habe diese Zustimmung aber bereits in § 5 Abs. 1 GMV I erteilt. Die
Rechtskraft des Urteils des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main stehe einer
erneuten Klage entgegen, da nach § 15 Abs. 2 GMV I (1995) eine Übertragung der
Summe aller Rechte und Pflichten im Wege der Einzelabtretung bzw.
Einzelschuldübernahme mit Zustimmung erfolgen konnte, jedoch keine
Übertragung der Vermieterstellung als solche vorgesehen war. Die Klägerin selbst
habe erklärt, dass kein Eintritt in den Generalmietvertrag vorläge, sondern dass
die ursprüngliche Vertragspartnerin Vermieterin geblieben sei. Diese Feststellung,
dass die ursprüngliche Vermieterin weiterhin Vermieterin geblieben sei, sei auch
im Urteil getroffen worden, deshalb könne nunmehr nicht vorgetragen werden,
dass die Klägerin in den Mietvertrag eingetreten sei, insoweit läge ein
widersprüchliches Verhalten vor. Die Generalmietverträge seien aufgrund
fehlerhafter Vertretung und Formmängeln unwirksam. Die aufschiebende
Bedingung der Regelung unter Punkt 5.1 GMV II sei nicht eingetreten sei, da die
Zustimmung der Mieter fehle. Weder die Mieterin noch der Beklagte hätten dem
Vertrag zugestimmt. Die Klägerin habe selbst im Vorprozess mit Schriftsatz vom
09.10.2002 die Ansicht vertreten, dass sie nicht in den GMV I als Vermieterin
eingetreten sei, und damit dokumentiert, dass eine vorherige Zustimmung nach
dem Willen der Vertragsparteien nicht ausreichend sei. § 15 Abs. 2 GMV I enthalte
keine Zustimmung, da gerade der Fall geregelt worden sei, welche Rechtsfolgen
eintreten sollen, wenn keine Zustimmung vorliege. § 15 Abs. 2 GMV I befasse sich
darüber hinaus auch nicht mit der Übertragung der umfassenden
Vertragspartnerstellung, sondern nur mit der Übertragung einzelner Rechte und
Verpflichtungen. Die Vertragsübernahme bewirke auch mangels Zustimmung des
Beklagten keinen Eintritt in den mit dem Beklagten geschlossenen selbständigen
Mietbeitrittsvertrag gemäß § 18 GMV 1.
Die Schuldbeitrittsvereinbarung sei infolge mangelnder Beurkundung des
Kaufvertrages einschließlich des GMV I nichtig. Der Kaufvertrag vom 26.07.1995
enthalte unter Abschnitt V 2. einen Hinweis auf die Verknüpfung zwischen
Kaufvertrag und GMV I.
Sowohl der GMV I wie auch der GMV II seien unwirksam, da die Vermieterin nicht
ordnungsgemäß vertreten worden sei. Der Beklagte hat die Einrede der
Verjährung erhoben. Zur Höhe der Forderung hat der Beklagte eingewandt, die
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Verjährung erhoben. Zur Höhe der Forderung hat der Beklagte eingewandt, die
Klägerin könne hinsichtlich der geltend gemachten Nebenkosten keine
Mehrwertsteuer verlangen. Das Landgericht Wiesbaden hat Beweis erhoben
gemäß Beweisbeschluss vom 21.12.2004, (BI. 317 ff. d.A.).durch Einholen von
schriftlichen Aussagen der Zeugen Dr. D (BI. 370 f. d. A.), Dr. E (BI. 374 d. A.) und
F (BI. 369 d. A.), auf deren Inhalt verwiesen wird.
Hinsichtlich des Sachstands im ersten Rechtszug wird im Übrigen auf die
tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts Wiesbaden im angefochtenen Urteil
verwiesen.
II. Das Landgericht Wiesbaden hat durch Urteil vom 19.8.2005 (Bl. 457ff. d. A.) den
Beklagten verurteilt, an die Klägerin 419.307,65 Euro nebst 8 % Zinsen über dem
Basiszinssatz aus 1.482,75 Euro seit dem 04.01.1999, 53.936,98 Euro seit dem
04.02.1999, 1.482,75 Euro seit dem 04.03.1999, 53.336,98 Euro seit dem
04.04.1999, 1.482,75 Euro seit dem 04:05.1999, 53.936,98 Euro seit dem
04.06.1999, 1.482,75 Euro seit dem 04.07.1999, 1.482;75 Euro seit dem
04.08.1999, jeweils 52.454,23 Euro seit dem 04:09.1999, 04.10.1999, 04.11.1999
und 04.12.1999, aus 70.266,04 Euro seit dem 01.07.2001 zu zahlen.
Das Landgericht hat die Klage als zulässig und begründet erachtet. Es hat
ausgeführt, das Oberlandesgericht Frankfurt am Main habe im Berufungsurteil 4 U
19/01 zum Ausdruck gebracht, keine umfassende, sondern nur in begrenztem
Umfang eine Entscheidung treffen zu wollen. Es habe die Klage nur unter dem
Gesichtspunkt der Abtretung abgewiesen, nicht aber unter dem Gesichtspunkt
einer Vertragsübernahme. Der Anspruch sei aufgrund wirksamen Eintritts in die
Vermieterstellung entstanden und nicht verjährt. Die Verträge seien wirksam
zustande gekommen. Der Beklagte hafte aus Schuldbeitritt.
Gegen dieses Urteil, das ihm am 14.9.2005 zugestellt wurde (Bl. 501 d. A.), hat
der Beklagte am 21.9.2005 Berufung eingelegt (Bl. 503 d. A.). Die Berufung wurde
– nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 14.12.2005 (Bl. 509
d. A.) – am 14.12.2005 begründet (Bl. 511ff. d. A.).
Mit der Berufung rügt der Beklagte eine Verletzung des Rechts. Entgegen der
Auffassung des Landgerichts sei die Klage wegen entgegenstehender Rechtskraft
des Urteils des Oberlandesgerichts im Vorprozess unzulässig (§ 322 ZPO), da das
Oberlandesgericht die Klage unter beiden Gesichtspunkten abgewiesen habe. § 15
Abs. 2 GMV I sehe nämlich keine Vertragsübernahme, sondern die Abtretung
einzelner Rechte und Pflichten vor.
Weder der Generalmietvertrag I noch der Generalmietvertrag II sei wirksam
zustande gekommen. Der Zeuge Dr. E habe den vollmachtlos geschlossenen GMV
I nicht wirksam genehmigen können. Die Beteiligungsgesellschaft sei von dem
Zeugen D zu vertreten gewesen. Der Vertrag sei auch nach § 313 BGB a. F.
formnichtig.
Die Klägerin sei nicht in den Generalmietvertrag I eingetreten, weil es an einer
Zustimmung der Mieterin gefehlt habe. Diese könne zwar vorab erteilt werden,
jedoch sei die Klausel § 15 Nr. 2 GMV I keine Zustimmung, sondern eine Klausel,
welche die zwingend erforderliche Zustimmung entbehrlich machen sollte. Die
Verwalterin habe noch 2004 Nebenkosten im Namen der A geltend gemacht.
Die Rechtsposition aus der Mietbeitrittsverpflichtung des Beklagten sei nicht auf
die Klägerin übergegangen. § 401 BGB könne nicht entsprechend angewandt
werden im vorliegenden Fall. Die Klageforderung sei verjährt, da die Klageschrift
dem Beklagten nicht „demnächst“ im Sinne von § 270 Abs. 3 ZPO zugestellt
worden sei, wobei die Klägerin die um 21 Tage verspätete Einzahlung des
Kostenvorschusses zu vertreten habe. Selbst wenn die Klageforderung dem
Grunde nach bestünde und nicht verjährt sei, habe der Beklagte nicht die in den
Betriebskosten enthaltene Mehrwertsteuer zu zahlen. In jedem Fall stünde dem
Beklagten ein Zurückbehaltungsrecht zu.
Der Beklagte beantragt, das angefochtene Urteil des Landgerichts Wiesbaden
abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das Urteil des Landgerichts und vertieft ihren Vortrag aus dem
ersten Rechtszug. Die Geltendmachung einer Abtretungsforderung im Vorprozess
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ersten Rechtszug. Die Geltendmachung einer Abtretungsforderung im Vorprozess
stehe der Klage aus eigenem Recht nicht entgegen. Die Klägerin sei seinerzeit der
Auffassung gewesen, die Mieterin habe einer Vertragsüberleitung auf die Klägerin
in einem formellen Akt zustimmen müssen. Infolgedessen habe sie ihre damalige
Klage auf Forderungserwerb infolge Abtretung gestützt. Das Berufungsgericht
habe dies im Vorprozess anders gesehen, allerdings die Parteien erstmals im
Urteil mit dieser Auffassung überrascht. Hierdurch sei die Möglichkeit einer
Antragsumstellung oder eines Hilfsantrags abgeschnitten worden. Die Forderung
sei weder verjährt noch griffen die Bedenken des Beklagten gegen den Eintritt der
Klägerin in den GMV I, insbesondere auch in die Mietbeitrittsverpflichtung des
Beklagten in § 18 GMV I.
Hinsichtlich des näheren Inhalts des Vorbringens der Parteien im zweiten
Rechtszug wird auf den Inhalt der Berufungsbegründung vom 13.12.2005 (Bl.
534ff. d. A.), der Berufungserwiderung vom 25.4.2005 (Bl. 590ff. d. A.) sowie den
Schriftsatz vom 24.5.2006 (Bl. 602ff. d. A.) und den lediglich Rechtsausführungen
enthaltenden nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 25.8.2006 verwiesen.
III. Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt. Sie hat
in der Sache auch Erfolg, da die Klage unzulässig ist.
Die Rechtskraft des Vorprozesses steht der Erhebung einer erneuten Klage
entgegen; § 322 Abs. 1 ZPO. Über den Streitgegenstand dieses Rechtsstreits ist
bereits abschließend entschieden worden, so dass für eine erneute Entscheidung
kein Raum mehr ist. Nach Antrag und Lebenssachverhalt, die identisch sind zu
denen im Vorprozess, handelt es sich um einen Klageanspruch, der bereits
rechtskräftig abgewiesen wurde.
Das Landgericht hat festgestellt, dass der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts
Frankfurt am Main sich im Verfahren 4 U 19/01 nur mit der Frage der
Aktivlegitimation durch Abtretung auseinandergesetzt habe, weil der Bestand der
Forderung für seine Entscheidung nicht mehr erheblich war, nachdem eine
Abtretung verneint wurde. Insofern bleibe das Urteil im Vorprozess im
Streitgegenstand hinter dem vorliegenden Rechtsstreit zurück. Dies ist
unzutreffend.
Das Urteil vom 4.6.2003 hatte sich vielmehr sowohl mit einem Anspruch der
Klägerin aus abgetretenem Recht als auch aus Vertragsübernahme befasst und
beide Varianten verneint.
Die Klägerin stützt sich mit der vorliegenden Klage nicht auf einen neuen
Streitgegenstand, sondern auf tatsächliche und rechtliche Aspekte, die sie im
Vorprozess nicht hinreichend dargetan hatte. Der 4. Zivilsenat hatte im
Berufungsurteil des Vorprozesses ausgeführt, Teil B des GMV II sehe zwar eine
Abtretung vor, jedoch nur für solche Ansprüche aus solchen Verträgen, bei denen
der Mieter nicht einer Vertragsübernahme wie in Teil A vorgesehen, zugestimmt
habe. Er war gleichzeitig jedoch davon ausgegangen, dass ein Eintritt der Klägerin
in den GMV I unstreitig nicht erfolgt sei, weil die Klägerin vorgetragen hatte, die
Vermieterstellung habe nach wie vor die A inne. Ein Anspruch aus
Vertragsübernahme ist damit vom Gericht des Vorprozesses ausdrücklich geprüft
worden.
Der Eintritt der Rechtsvorgängerin in den Vertrag ist zwar – wenn man dem folgt,
was die Klägerin jetzt vorträgt – tatsächlich in Punkt 5.1 bereits geregelt, wobei die
aufschiebende Bedingung der Zustimmung der Mieterin bereits vorab eingetreten
war. Der bereits genehmigte Vermieterwechsel war lediglich im Außenverhältnis
zur Mieterin nicht aufgedeckt. Insoweit beruht das rechtskräftige Urteil des 4.
Zivilsenats im Vorprozess auf der ausdrücklich dargelegten Einschätzung, eine
Vertragsübernahme habe nicht stattgefunden. Dies wurde durch den Wortlaut in
Ziffer 5 GMV II „soll eintreten“ gestützt; eine ambivalente Formulierung, mit der
sowohl sofortiger als auch künftiger Eintritt gemeint sein konnte. Die nachfolgende
Regelung in 5.1 GMV II spricht zwar eher dafür, dass ein direkter Eintritt gemeint
war, der nur aufschiebend bedingt war durch die Zustimmung der jeweiligen
Mieter. Dies hatte die Klägerin im Vorprozess nicht vertieft, sondern die
Auffassung vertreten, ihr stehe jedenfalls aus abgetretenem Recht die
Mietzinsforderung zu. Dass die zweifellos mit der Klageforderung des Vorprozesses
identische Mietzinsforderung damals nicht Streitgegenstand gewesen sein soll,
trifft deswegen allerdings nicht zu. Eine Abtretungsforderung ist eine Forderung
aus eigenem Recht im Gegensatz zu einer Prozessstandschaft oder einer
Forderungsinhaberschaft aus einer Inkassozession. Die Klägerin zielt mit ihrer
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Forderungsinhaberschaft aus einer Inkassozession. Die Klägerin zielt mit ihrer
Argumentation zum Streitgegenstand richtigerweise auf eine Unterscheidung
hinsichtlich originärem und abgeleitetem eigenem Recht ab, wie sie in der
Entscheidung VIII ZR 93/04 des 8. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs zur Frage
der Verjährungsunterbrechung zum Ausdruck kommt.
Aus abgeleitetem im Gegensatz zu originärem eigenem Recht hat sie allerdings in
beiden Prozessen geklagt. Dies unterscheidet den vorliegenden Fall von den
Fällen, in denen eine Klage mangels Aktivlegitimation abgewiesen wird, und der
Kläger nach Abtretung durch den Berechtigten später zulässigerweise nochmals
klagt (vgl. BGH NJW 1986, 1046). Der gesamte Sachverhalt einschließlich des
Übertragungsvorgangs stand im Vorprozess zur Beurteilung des Gerichts zur
Verfügung. Es handelt sich nach dem Vorbringen in diesem Rechtsstreit lediglich
um eine komplette Vertragsübernahme durch die Klägerin im Wege des
Vermieteraustauschs, nicht um eine Abtretung einzelner Forderungen, wie die
Klägerin im Vorprozess dargetan hatte. Insofern unterscheidet sich der
vorliegende Sachverhalt auch von der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom
4.5.2005 – VIII ZR 93/04 -, welche die Klägerin für ihren Standpunkt heranzieht. Ob
der marginale Unterschied zwischen Einzelabtretung und generellem
Vertragseintritt geeignet sein kann, einen andersgelagerten Streitgegenstand zu
begründen, kann der Senat offen lassen, da der Vortrag der Parteien und die
Entscheidung des Gerichts im Vorprozess 4 U 19/01 sich mit beiden Fragen
befasst haben und sich das Problem aus diesem Grunde nicht stellt.
Im Vorprozess ist bereits in der Klageerwiderung vor dem Landgericht zum
Aktenzeichen 1 O 16/00 vom Beklagten vorgebracht worden, die Klägerin sei nicht
aus eigenem Recht legitimiert mangels Zustimmung der Mieterin – damals
Beklagte zu 1). Ebenso stünde der Klägerin aus abgetretenem Recht keine
Forderung zu. Die Klägerin hatte mit Schriftsatz vom 4.7.2000 hierauf erwidert, die
Zustimmung sei bereits gemäß § 15 Ziffer 2 des GMV I erteilt worden, jedenfalls
stünde der Klägerin jedoch gemäß Ziffer 5.2 des GMV II der Anspruch kraft
Abtretung zu. Das Landgericht hatte der Klägerin die Forderung aus abgetretenem
Recht zugesprochen, wobei es nicht differenzierte zwischen dem Eintritt in den
Vertrag gemäß § 15 Ziffer 2 des GMV I, den es als durch vorab erteilte
Zustimmung wertete, und einer Abtretung nach Ziffer 5.2 des GMV II. Die
Aktivlegitimation der Klägerin ist sodann von den damaligen Beklagten in der
Berufungsbegründung zum Verfahren 4 U 19/01 als hauptsächlicher
Berufungsangriff über mehrere Seiten gerügt worden sowohl unter dem Aspekt der
Vertragsübernahme nach § 15 Satz 2 GMV I als auch der Abtretung in § 2 Abs. 1
Teil B des GMV II.
In der dortigen Berufungserwiderung hatte die Klägerin ausgeführt, völlig zu Recht
habe das Landgericht auf § 15 Ziffer 2 des Generalmietvertrages abgestellt, der
eine Zustimmungserklärung enthalte – eben diese Begründung wird nunmehr als
Grundlage der Klage im vorliegenden Rechtsstreit herangezogen. Sodann wird
ausgeführt, dass es der Zustimmung wegen der Abtretung der
Mietzinsforderungen in § 2 Teil B des GMV II nicht bedürfe. In der mündlichen
Verhandlung vor dem Einzelrichter des 4. Zivilsenats war laut Protokoll vom
17.7.2002 die Problematik der Abtretung erörtert worden, insbesondere die
Fragen, ob die Abtretung die streitgegenständlichen Ansprüche erfasse und ob sie
den Beklagten erfasse.
Der 4. Zivilsenat hatte im Urteil vom 4.6.2003 ausgeführt, die Abtretung in 5.2 der
Präambel zum GMV II gelte nur für Ansprüche aus solchen Mietobjekten, deren
Mieter einem Eintritt des Auftragnehmers auf Vermieterseite nicht zugestimmt
habe. Unstreitig habe jedoch die Mieterin zugestimmt. Wörtlich steht sodann in
dem Urteil des Vorprozesses: „Weshalb gleichwohl, wie zwischen den Parteien
unstreitig ist, ein Eintritt der Klägerin in den Mietvertrag mit der Beklagten zu 1)
[der am vorliegenden Rechtsstreit nicht beteiligten Mieterin] nicht erfolgt ist, ist
nicht bekannt.“
Die Einschätzung des Landgerichts, das Oberlandesgericht Frankfurt am Main
habe die damalige Klage nur unter dem Gesichtspunkt der Abtretung, nicht der
Vertragsübernahme geprüft, ist infolgedessen nicht zutreffend. Das
Oberlandesgericht hatte damals auch den Eintritt der Klägerin in den Vertrag
geprüft und – aufgrund des damaligen Vortrags der Klägerin, sie sei nicht
Vermieterin - möglicherweise objektiv unzutreffend nach dem Vortrag in diesem
Rechtsstreit – als unstreitig nicht vorliegend ausdrücklich verneint. Dies kann vom
Berufungsgericht des vorliegenden Rechtsstreits nicht mehr korrigiert werden,
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Berufungsgericht des vorliegenden Rechtsstreits nicht mehr korrigiert werden,
selbst wenn vor dem Urteil vom 4.6.2003 ein Hinweis nach § 139 ZPO geboten
gewesen wäre. Die Klageforderung ist rechtskräftig abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits sind nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO der Klägerin
aufzuerlegen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§
708 Ziffer 10, 711 ZPO. Die Revision ist nicht nach § 543 ZPO zuzulassen, da der
Rechtsstreit keine grundsätzliche Bedeutung hat, insbesondere der Senat nicht
von der Rechtsprechung des VIII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs zur Frage des
Streitgegenstands bei der Unterbrechung der Verjährung abweicht, und auch die
Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung
keine Entscheidung des Revisionsgerichts in dieser Sache fordern. Der Streitwert
für den zweiten Rechtzug beträgt 419.307,65 €.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert.