Urteil des LG Stuttgart vom 20.09.2013

allgemeine geschäftsbedingungen, kreditvertrag, rückzahlung, vertragsschluss

LG Stuttgart Urteil vom 20.9.2013, 4 S 67/13
Allgemeine Geschäftsbedingung: Wirksamkeit eines Bearbeitungsentgelts bei
Verbraucherkreditverträgen
Leitsätze
Eine in allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Klausel über ein gesondertes
Bearbeitungsentgelt stelllt eine unangemessene Benachteiligung dar und ist daher
unwirksam.
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Stuttgart vom 04.10.
2012 - 13 C 3610/12 - abgeändert:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 105,00 EUR zuzüglich
Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz
seit dem 06.06.2012 zu bezahlen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
III. Die Beklagte trägt 2/3, der Kläger 1/3 der Kosten des Rechtsstreits in beiden
Instanzen.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von
110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor
der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu
vollstreckenden Betrages leistet.
V. Die Revision wird zugelassen.
Streitwert der Berufung: 105 EUR
Gründe
I.
1 Der Kläger/Berufungskläger (im Folgenden Kläger) begehrt von der
Beklagten/Berufungsbeklagten (künftig Beklagte) die Rückzahlung geleisteter
Bearbeitungsgebühren i. H. v. 105,00 EUR, welche die Beklagte im Rahmen des
Darlehensvertrages dem Kläger berechnet hat. Außerdem fordert er vorgerichtliche
Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 53,55 EUR.
2 Auf der Grundlage des Angebots der Beklagten vom 21.05.2011 kam zwischen
den Parteien ein Kreditvertrag über einen Auszahlungsbetrag i. H. v. 3.000,00 EUR
zu einem Sollzinssatz von 5,39% und einem effektiven Jahreszins von 7,99%
zustande. Das im Kreditvertrag aufgenommene Bearbeitungsentgelt i. H. v. 105,00
EUR entspricht 3,5% des Nettokreditbetrages.
3 Darüber hinaus wird in den Darlehensbedingungen unter Ziffer 2 (Bl. 11 d. A.)
erwähnt, dass sich der Gesamtbetrag aus dem Nettodarlehensbetrag, dem
Bearbeitungsentgelt und allen Zinsen, die bis zum Laufzeitende zu zahlen sind,
zusammensetzt. In der dem Kläger ausgehändigten europäischen
Standardinformation für Verbraucherkredite (Bl. 8 d. A.) ist unter Ziff. 3, den
Kreditkosten, die Bearbeitungsgebühr ohne nähere Erläuterung zur Höhe genannt.
4 Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 22.03.2012 (Bl. 19 d. A.)
forderte der Kläger die Beklagte auf, die Bearbeitungskosten i. H. v. 105,00 EUR
bis zum 20.04.2012 zurückzuzahlen.
5 Wegen des weiteren Sachverhaltes wird gemäß § 540 Abs.1 S.1 Nr. 1 ZPO auf die
tatsächlichen Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung vom 07.02.2013
Bezug genommen.
6 Das Amtsgericht Stuttgart hat die Klage abgewiesen.
7 Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass es sich bei der
bezifferten Bearbeitungsgebühr nicht um eine AGB-Klausel handelt, die der
Klauselkontrolle unterfällt. Vielmehr stelle diese eine nicht der Inhaltskontrolle
unterfallende Entgeltbestimmung dar. Zudem läge kein Verstoß gegen das
Transparenzgebot gemäß § 307 Abs.1 S. 2 BGB vor, da die Bearbeitungsgebühr
konkret beziffert und nur für den Fall des Abschlusses des Kreditvertrages
vereinbart wurde.
8 Auf die Anhörungsrüge des Klägers gegen dieses Urteil hat das Amtsgericht das
Verfahren fortgeführt und die Berufung im Urteil vom 07.02.2013 (Bl. 143/150 d. A.)
zugelassen.
9 Gegen das am 18.02.2013 zugestellte Urteil wendet sich der Kläger mit seiner am
06.03.2013 eingelegten und am 22.03.2013 begründeten Berufung.
10 Der Kläger führt insbesondere aus, dass es sich bei der Bestimmung über die
Bearbeitungsgebühr um eine Allgemeine Geschäftsbedingung gemäß § 305 Abs.
1 BGB handele. Diese allgemeine Geschäftsbedingung unterliege auch gemäß §
307 Abs. 3 S. 1 BGB der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB, da es sich
bei der Klausel über die Bearbeitungsgebühr um eine kontrollfähige
Preisnebenabrede handele.
11 Der Kläger beantragt in der Berufungsinstanz,
12 1. Die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 105,00 EUR zuzüglich Zinsen i. H. v.
5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 06.06.2012 zu
zahlen.
13 Hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger zu dem unter ihrer
Finanzierung Antrags Nr. ... und Konto Nr. ... geführten Darlehensvertrag eine
Gutschrift i. H. v. 105,00 EUR unter dem Datum 10.06.2011 zu erteilen.
14 2. Die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger außergerichtliche
Rechtsanwaltskosten i. H. v. 53,55 EUR nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten
über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 06.06.2012 zu zahlen.
15 Die Beklagte beantragt,
16 die Berufung zurückzuweisen.
17 Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Sie führt aus, dass es sich bei
der vereinbarten Bearbeitungsgebühr um eine Hauptpreisabrede und nicht um
eine Preisnebenabrede handeln würde, sodass diese nicht der Inhaltskontrolle
nach §§ 307 ff. BGB unterworfen sei. Zudem sei zu berücksichtigen, dass es sich
um eine individualvertragliche Abrede der Parteien handeln würde. Hierbei könne
dahinstehen, ob im Kreditgespräch über die Höhe der Bearbeitungsgebühr
mündlich gesprochen oder geschwiegen worden sei. Denn die
Bearbeitungsgebühr sei bei jedem Vertragsschluss einzeln ausgerechnet, in
jedem Kreditvertrag eingetragen und durch den Kläger unterschrieben worden.
Daher verstoße die vereinbarte Bearbeitungsgebühr, selbst wenn eine
Inhaltskontrolle vorzunehmen wäre, nicht gegen das in § 307 Abs. 1 S. 2 BGB
normierte Transparenzgebot.
18 Hinsichtlich der weiteren Ausführungen der Parteien wird auf die zwischen den
Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
II.
19 Die Berufung ist zulässig. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt
und begründet.
20 In der Sache hat die Berufung ebenfalls Erfolg.
21 1. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Rückzahlung der
gezahlten Bearbeitungskosten i. H. v. 105 EUR aus ungerechtfertigter
Bereicherung gemäß § 812 Abs. 1, S. 1, Alt. 1 BGB zu.
22 a) Die Beklagte hat durch die Zahlung der Bearbeitungsgebühr in Höhe von
105,00 EUR „etwas erlangt" im Sinne des § 812 Abs. 1 S. 1 BGB.
23 Dies erfolgte durch eine Leistung des Klägers, der zur Erfüllung seiner
Verpflichtung aus dem Darlehensvertrag diesen Betrag zahlte.
24 b) Die Zahlung des Klägers erfolgte ohne Rechtsgrund gemäß § 812 Abs. 1, S. 1
Alt. 1 BGB. Denn die Erhebung des Bearbeitungsentgeltes für die Gewährung des
Verbraucherkredits ist gemäß § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam.
25 aa) Es handelt sich bei der im Verbraucherkreditvertrag enthaltenen Vereinbarung
über das Bearbeitungsentgelt um eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne
des § 305 BGB.
26 Nach § 305 Abs.1 BGB sind Allgemeine Geschäftsbedingungen alle für eine
Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine
Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines
Vertrages stellt und die nicht im Einzelnen ausgehandelt wurden.
27 Vorformuliert sind Vertragsbedingungen dann, wenn sie zeitlich vor dem
Vertragsschluss fertig formuliert vorliegen, um in künftige Verträge einbezogen zu
werden (vgl. Basdow, in: Münchener Kommentar, BGB, 6. Auflage 2012, § 305 Rn.
13). Hierbei genügt es jedoch, wenn mit Wiederholungsabsicht ohne vorherige
schriftliche Fixierung hand- oder maschinenschriftlich oder per Stempel die
Regelung in den Vertrag eingefügt wird, auch wenn die Einfügung gelegentlich
unterbleibt oder im Einzelfall unter Aufrechterhaltung sachlicher Identität
unterschiedlich gefasst wird (Grüneberg, in: Palandt BGB, 12. Aufl. § 305 Rn. 8).
Diese Voraussetzungen sind im streitgegenständlichen Fall erfüllt.
28 Vorliegend enthält der von der Beklagten gestellte Kreditvertrag unter der
Überschrift „Kreditdaten“ eine Auflistung zur Berechnung des Gesamtbetrages,
welche das Bearbeitungsentgelt benennt und im vorliegenden Fall konkret mit 105
EUR ausweist. Insoweit ist die Bearbeitungsgebühr, anders als in den
oberlandesgerichtlichen Entscheidungen (u.a. OLG Düsseldorf, Urteil vom
24.02.2011, 6 U 162/10; OLG Karlsruhe, Urteil vom 03.05.2011, 17 U 192/10; OLG
Frankfurt, Urteil vom 27.07. 2011, 17 U 59/11; OLG Dresden, Urteil vom
29.09.2011, 8 U 562/11; OLG Celle Beschluss vom 13.10.2011, 3 W 86/11; OLG
Hamm, Urteil vom 17.09.2012, 31 U 60/12) nicht abstrakt in einem Preis- oder
Leistungsverzeichnis benannt, sondern konkret berechnet. Die Höhe der
ausgewiesenen Bearbeitungsgebühr entspricht 3,5 Prozent des
Nettokreditbetrages.
29 Allein der Umstand aber, dass die Beklagte die Berechnung des
Bearbeitungsentgeltes nicht offenlegt, sondern diese lediglich im Kopf des
Verwenders gespeichert ist, führt nicht dazu, dass es sich nicht um eine
vorformulierte Klausel handelt (vgl. hierzu Grüneberg, in: Palandt BGB 71. Aufl., §
305 Rn 8; Urteil LG Bonn vom 16. 4. 2013, 8 S 293/12, zitiert nach juris). Es ist dem
Berufungsgericht - aus der Vielzahl von gegen dieselbe Beklagte anhängigen
Berufungsverfahren - bekannt, dass diese in dem Zeitraum, in welchem der
Kreditvertrag mit dem Kläger geschlossen wurde, für vergleichbare Kredite als
Bearbeitungsentgelt denselben Prozentsatz angesetzt hat. Dies stellt die Beklagte
auch nicht in Abrede. Soweit sie in der mündlichen Berufungsverhandlung und im
nachgelassenen Schriftsatz vom 31.07.2013 dargelegt hat, es gebe sehr wohl
Unterschiede bei der Höhe des Bearbeitungsentgelts, für Kfz-Finanzierungen
würden gar keine Bearbeitungsgebühren erhoben und die Höhe orientiere sich
auch daran, ob der Kreditvertrag über das Internet oder in einer Filiale zustande
komme, bestätigt sie sogar ausdrücklich, dass sie einseitig feste Prozentsätze
festgelegt hat, je nach z. B. Vertriebsweg oder Finanzierungsobjekt.
30 Soweit die Beklagte behauptet, dass die Bearbeitungsgebühr zwischen den
Vertragsparteien ausgehandelt wurde, vermag sie nicht zu überzeugen. Es fehlt
insoweit bereits an einem konkreten Vortrag bezüglich dieses Vorbringens. Zudem
steht dem entgegen, dass der von der Beklagten vorgegebene vollständige
Vertragstext dem Kläger lediglich zur Unterschrift übersandt wurde.
31 Zwar hat grundsätzlich derjenige, der sich auf den Schutz der §§ 305 ff. BGB
beruft, zu beweisen, dass die zum Vertragsinhalt gemachten Klauseln Allgemeine
Geschäftsbedingungen sind. Jedoch ist dies prima facie anzunehmen, wenn ein
gedruckter oder sonst vervielfältigter Text verwendet wurde oder sich aus der
Fassung der Klauseln die Absicht einer mehrfachen Verwendung ergibt
(Grüneberg, in: Palandt BGB, 71 Aufl., § 305 BGB, Rn. 24). Dies ist, wie bereits
ausgeführt, der Fall, sodass den Verwender die Beweislast trifft, dass die
Bearbeitungsgebühr individuell ausgehandelt wurde (vgl. BGH NJW 1998, 2600
ff.).
32 bb) Die streitgegenständliche Klausel unterliegt als Preisnebenabrede gemäß §
307 Abs. 3 BGB der Inhaltskontrolle.
33 Gemäß § 307 Abs. 3 BGB sind nur solche Allgemeinen Geschäftsbedingungen
nach §§ 307 Abs. 1 und 2 BGB kontrollfähig, die von Rechtsvorschriften
abweichen oder diese ergänzende Rechtsvorschriften enthalten. Für die danach
gebotene Abgrenzung ist zwischen kontrollfähigen Preisnebenabreden und
kontrollfreien Preishauptabreden zu unterscheiden. Nach ständiger
Rechtsprechung des BGH (vgl. BGHZ 180, 257) ist maßgebend, ob es sich um
Bestimmungen über den Preis der vertraglichen Hauptleistung und Klauseln
bezüglich des Entgelts für eine rechtlich selbständige Sonderleistung handelt,
welche nicht kontrollfähig sind, oder um Abreden, die kein Entgelt für eine dem
Kunden auf rechtsgeschäftlicher Grundlage erbrachte Leistung zum Gegenstand
haben, sondern Aufwendungen für die Erfüllung gesetzlich begründeter eigener
Pflichten des Klauselverwenders bzw. für Tätigkeiten, welche in seinem eigenen
Interesse erfolgen und auf den Vertragspartner abgewälzt werden und damit
kontrollfähig sind. Ob die Klausel bezüglich der Bearbeitungsgebühr eine
Preishauptabrede oder -nebenabrede regelt, ist durch Auslegung zu ermitteln.
34 Die Hauptleistungspflichten des Darlehensvertrages sind in § 488 BGB geregelt
und umfassen die Verpflichtung des Darlehensgebers, den vereinbarten
Geldbetrag zur Verfügung zu stellen und die Verpflichtung des Darlehensnehmers,
den geschuldeten Zins zu zahlen und die Darlehenssumme bei Fälligkeit
zurückzuzahlen.
35 Bei der Bearbeitungsgebühr handelt es sich aber weder um die
Rückzahlungsverpflichtung bezüglich der Darlehenssumme oder die vereinbarte
Zinszahlung noch um ein zinsähnliches Teilentgelt. Denn zinsähnlichen Charakter
weist ein Entgelt nur dann auf, wenn der Kreditgeber dieses für die
laufzeitabhängige Überlassung des Darlehenskapitals erhebt, wie es auch beim -
nach neuerem Verständnis laufzeitabhängigen - Disagio der Fall ist (vgl. hierzu
BGH, Urteil vom 29.05.1990, XI ZR 231/89).
36 Dieses Kriterium erfüllt jedoch die Bearbeitungsgebühr der Beklagten nicht, denn
sie ist in voller Höhe bei Vertragsbeginn zu zahlen und wird auch nicht anteilig
zurückgezahlt bei vorzeitiger Vertragsbeendigung.
37 Zwar ergibt sich dies - worauf die Beklagte zurecht hinweist - nicht allein daraus,
dass das Bearbeitungsentgelt einmalig zu Beginn des Darlehensvertrages anfällt.
Denn grundsätzlich ist nach ständiger Rechtsprechung des BGH der
Klauselverwender in der konkreten Ausgestaltung seines Preisgefüges frei und
kann seine Leistung zu einem Pauschalpreis anbieten oder aber in mehrere
Preisbestandteile aufteilen (BGH Urteil vom 19.11.1991, X ZR 63/90; Urteil vom
14.10.1997, XI 167/96).
38 Jedoch selbst wenn man die Bearbeitungsgebühr nicht nur als Entgelt für den im
Vorfeld des Vertragsschlusses liegenden Aufwand ansieht, also für die
Bearbeitung und die Prüfung, ob überhaupt ein Darlehensvertrag abgeschlossen
werden soll, sondern (auch) als Vergütung für den nach Vertragsschluss mit der
Darlehensgewährung verbundenen betriebsinternen Verwaltungsaufwand des
Darlehensgebers, ist sie kein Preisbestandteil des Darlehnsvertrages. Denn für die
Einordnung einer Vergütung als Zins im Rechtssinne, und somit als Preis für das
Darlehen, ist, wie bereits ausgeführt, zwingend erforderlich, dass die Vergütung
zugleich laufzeitabhängiges Entgelt für die zeitweise Gewährung der
Kapitalnutzungsmöglichkeit sein soll (vgl. Schmieder WM 2012, S. 2358, 2361 m.
w. N.).
39 Darüber hinaus läge aber selbst dann, wenn man zugunsten der Beklagten davon
ausginge, dass durch die Bearbeitungsgebühr die Kapitalnutzung anteilig
mitvergütet würde, keine kontrollfreie Hauptpreisabrede vor. Denn wenn eine
Klausel mehrere Auslegungsmöglichkeiten zulässt, ist im Hinblick auf die
Unklarheitenregel des § 305 c Abs. 2 BGB für die Auslegung davon auszugehen,
dass die Bearbeitungsgebühr der Abgeltung des einmaligen
Verwaltungsaufwandes dient und keine Entgeltfunktion aufweist (vgl. OLG
Frankfurt, Urteil vom 27.07.2011, 17 U 59/11; Schmieder a. a. O.; LG Bonn, Urteil
vom 16.04.2013, 8 S 293/12).
40 Weiterhin ist die Bearbeitungsgebühr kein Entgelt für eine selbständige
Sonderleistung der Beklagten.
41 Bearbeitungsgebühren sind keine Vergütung für eine sonstige, neben die
Kapitalüberlassung tretende rechtlich selbstständige Leistung. Es fehlt bereits an
der rechtlich selbstständigen Leistung der Beklagten, da lediglich Kosten für
Tätigkeiten auf den Darlehensnehmer abgewälzt werden, welche im Interesse der
Darlehensgeberin oder aufgrund bestehender eigener Rechtspflichten entstehen
(ausführlich Schmieder a. a. O.).
42 cc) Das Bearbeitungsentgelt stellt eine unangemessene Benachteiligung des
Klägers gemäß § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB dar (vgl. hierzu OLG Bamberg,
Urteil vom 04.08.2010, 3 U 78/10; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 21.02.2011,
4 U 174/10; OLG Düsseldorf, Urteil vom 24.02.2011, 6 U 162/10; OLG Karlsruhe,
Urteil vom 03.05.2011, 17 U 192/10; OLG Frankfurt, Urteil vom 27.07.2011, 17 U
59/11; OLG Dresden Urteil vom 29.09.2011, 8 U 562/11; OLG Celle, Beschluss
vom 13.10.2011, 3 W 86/11; OLG Hamm Urteil vom 17.09.2012, 31 U 60/12;
Schmieder WM 2012, 2358). Die Erhebung eines Entgelts für die Bearbeitung
eines Verbraucherdarlehens ist mit den wesentlichen Grundgedanken der
gesetzlichen Regelung unvereinbar.
43 Entgeltklauseln gelten als mit dem wesentlichen Grundgedanken der
Rechtsordnung unvereinbar, wenn diesen keine vertragliche Gegenleistung des
Verwenders zugrunde liegt oder mit ihnen Kosten für Tätigkeiten auf den
Vertragspartner abgewälzt werden, zu denen der Verwender gesetzlich oder
nebenvertraglich verpflichtet ist oder die er im eigenen Interesse erbringt (vgl.
Schmieder a. a. O.).
44 Das gesetzliche Leitbild des § 488 Abs. 1 S. 2 BGB ist so ausgestaltet, dass der
Darlehensgeber als Entgelt für die Darlehensgewährung ausschließlich den
laufzeitabhängigen Zins erhält, der auch zur Deckung der mit der Kreditvergabe
anfallenden Kosten dient. Ein besonderes Entgelt für den Bearbeitungsaufwand ist
hingegen nicht vorgesehen. Zumal dieses selbst bei vorzeitiger Vertragsauflösung
und unabhängig vom tatsächlich Aufwand in voller Höhe dem Darlehensgeber
verbleibt.
45 Die Angemessenheit der Klausel ergibt sich - entgegen der Argumentation der
Beklagten - auch nicht daraus, dass Bearbeitungsgebühren als Bestandteil der
Gesamtkosten des Kredites in die Berechnung des effektiven Jahreszinses
einzubeziehen sind. Denn die Preisangabenverordnung regelt als formelles
Preisrecht lediglich die Art und Weise der Preisangabe im Verkehr, enthält aber
keine Regelung zur Entgelterhebung (BGHZ 187, 360; Schmieder a. a. O.).
46 Die weitere Argumentation der Beklagten, dass es ihr grundsätzlich möglich wäre,
den Bearbeitungsaufwand in den jeweiligen Nominalzinssatz einzukalkulieren, was
zu einer Verteuerung des Kredites führen würde, vermag die Angemessenheit der
Klausel nicht zu begründen. Denn die wirtschaftlichen Erwägungen sind
grundsätzlich keine Rechtfertigung für unangemessene Allgemeine
Geschäftsbedingungen. Die Einrechnung in den Nominalzinssatz steht der
Beklagten frei; sie würde allerdings zu einem auf den ersten Blick weniger
attraktiven Kreditangebot führen, einem Ergebnis, das die Beklagte
möglicherweise gerade vermeiden will.
47 Ebenfalls vermögen frühere Entscheidungen des Bundesgerichtshofes nicht die
Vereinbarkeit mit den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung
begründen. Denn diese Entscheidungen (vgl. hierzu BGH WM 2004, 2306, BGH
WM 1979, 966; BGH WM 1992, 1355) sind im Wesentlichen zur Funktion und
Rechtsqualität des Disagios ergangen und gerade nicht zu der Frage der AGB-
rechtlichen Zulässigkeit von Bearbeitungsgebühren in
Verbraucherdarlehensverträgen.
48 Die unangemessene Benachteiligung wird durch den gegebenen Verstoß gegen
wesentliche Grundgedanken der gesetzlichen Regelung indiziert (vgl. BGH Urteil
vom 18.5.1999, XI ZR 219/98).
49 dd) Auch im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung gemäß §§ 133, 157 BGB
kann ein Anspruch der Beklagten auf Bearbeitungsgebühren nicht begründet
werden.
50 Denn die ergänzende Vertragsauslegung scheitert bereits daran, dass nicht
festgestellt werden kann, was die Parteien vereinbart hätten, wenn sie bei
Vertragsschluss bedacht hätten, dass die von der Beklagten vorgegebene
Bearbeitungsgebühr unwirksam ist.
51 ee) Dem Rückforderungsanspruch des Klägers steht auch nicht § 814 BGB
entgegen.
52 Nach § 814 BGB scheidet ein Rückforderungsanspruch aus, wenn der Leistende
zum Zeitpunkt der Leistung wusste, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war.
53 Voraussetzung hierfür ist positive Kenntnis von der Nichtschuld. Nachdem sich die
Beklagte selbst auch noch zum Zeitpunkt der Rückforderung auf Urteile
verschiedener Oberlandesgerichte aus den Jahren 2010 bzw. 2011 beruft und
eine höchstrichterliche Entscheidung noch nicht ergangen ist, ist diese
Voraussetzung, für welche die Beklagte beweispflichtig ist (vgl. Sprau, in: Palandt
BGB 71. Aufl., § 814 Rn. 11), nicht dargetan.
54 c) Der Zinsanspruch beruht auf §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 286 BGB.
55 Die Rückzahlungsverpflichtung der Beklagten war bereits im Zeitpunkt der Zahlung
der Bearbeitungsgebühr fällig, da der Bereicherungsanspruch regelmäßig im
Zeitpunkt der Vermögensverschiebung entsteht.
56 Die Beklagte wurde mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom
22.03.2012 zur Rückzahlung aufgefordert. Das Schreiben des Klägervertreters
vom 27.04.2012 stellt eine Mahnung im Sinne des § 286 BGB, sodass dem
Zinsanspruch antragsgemäß stattzugeben war.
57 d) Soweit der Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten als Verzugsschaden
geltend macht, war die Klage abzuweisen.
58 Voraussetzung dieses Anspruchs ist, dass sich der Beklagte zum Zeitpunkt der
Beauftragung des klägerischen Rechtsanwaltes bereits in Verzug befunden hat.
Nachdem der Kläger jedoch die Beklagte erst durch das Schreiben des
Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 22.03.2012 zur Rückzahlung der
Bearbeitungsgebühr aufgeforderte, war der Honoraranspruch des Klägervertreters
bereits entstanden, als die Beklagte in Verzug geriet.
59 2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs.1 ZPO.
60 Die Klagabweisung bezüglich einer Nebenforderung führt vorliegend zu einer
Kostenquotelung. Denn im streitgegenständlichen Verfahren überschreitet die
streitwertmäßig gemäß § 4 ZPO nicht zu berücksichtigende Nebenforderung 10%
des - fiktiven - Streitwertes (gebildet aus Hauptforderung, Zinsen, Kosten) (vgl.
Herget, in: Zöller ZPO, 28. Aufl. § 92, Rn. 11).
61 Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr.
10, 711 ZPO.
III.
62 Die Revision ist zuzulassen.
63 Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung § 543 Abs. 1, Nr. 1 ZPO. Die
Frage der AGB-rechtlichen Zulässigkeit von Bearbeitungsgebühren in
Verbraucherdarlehensverträgen ist höchstrichterlich nicht entschieden und tritt in
einer Vielzahl von Fällen auf.