Urteil des LG Stuttgart vom 15.12.2014

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LG Stuttgart Urteil vom 15.12.2014, 27 O 324/13
Kauf einer Ledercouchgarnitur: Sachmangel bei hohem Gehalt von
Ameisensäure im Leder
Leitsätze
1. Ein Sachmangel kann vorliegen, wenn von der Kaufsache eine Gesundheitsgefahr
ausgeht, mit der der Käufer im Allgemeinen nicht rechnen muss.
2. Ein Sachmangel kann auch vorliegen, wenn zwar der Einsatz einer
gesundheitsgefährdenden Substanz in der Produktion weit verbreitet ist, ihr Gehalt
jedoch ein Vielfaches über den üblicherweise gemessenen Werten liegt und daraus
die Schlussfolgerung gezogen werden kann, dass die Kaufsache nicht dem Stand der
Technik entsprechend unter schonendem Einsatz des Gefahrenstoffes hergestellt
wurde (hier: hoher Gehalt von Ameisensäure in einer Ledercouch).
Berufungsfrist ist noch offen.
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.400,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von
fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.09.2013 Zug um Zug gegen
Rückgabe der Ledercouchgarnitur des Herstellers X, Modell Y, bestehend aus […], zu
bezahlen.
2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme der in Ziffer 1
genannten Ledercouchgarnitur in Annahmeverzug befindet.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Die Klägerin trägt die Kosten, die durch die Einholung des Gutachtens des
Sachverständigen B. gemäß Beschluss vom 29.10.2013 verursacht wurden. Von den
übrigen Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 1/5 und die Beklagte 4/5.
5. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden
Betrages vorläufig vollstreckbar.
6. Streitwert: 8.300,00 Euro
Tatbestand
1 Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Rückabwicklung eines Möbelkaufs.
2 Die Klägerin hat im August 2011 eine Ledercouchgarnitur bei der Beklagten zu
einem Preis von 6.000,00 Euro erworben (vgl. den Kaufvertrag in Anlage K1). Die
Klägerin beschwerte sich bei der Beklagten über einen unangenehmen Geruch
und Ausdünstungen der Couch. Daraufhin wurde die Garnitur am 14.03.2012
ausgetauscht. Die Klägerin ist der Auffassung, dass auch die Ersatzlieferung diese
Mängel aufweist. Ferner rügte sie auf der Grundlage eines Privatgutachtens
Falten, Wellen, Risse und Farbdifferenzen im Leder. Durch ein Schreiben ihres
Prozessbevollmächtigten hat sie der Beklagten eine Frist zur Nachbesserung
gesetzt (Anlage K 9). Nach fruchtlosem Ablauf der Frist erklärte sie den Rücktritt
(Anlage K 10).
3 Die Klägerin behauptet,
auch von der als Ersatz gelieferten Couch gingen Geruchsbelästigungen und
Ausdünstungen aus, die bei ihrem Ehemann zu Kopfschmerzen sowie
entzündeten und tränenden Augen verursachten.
4 Die Klägerin beantragt:
5
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 6.000,00 Euro nebst Zinsen in Höhe
von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit Zug um
Zug gegen Rückgabe der Ledercouchgarnitur des Herstellers X, Modell Y,
bestehend aus […], zu bezahlen.
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2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 500,00 Euro nebst Zinsen in Höhe
von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu
bezahlen.
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3. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme der
Ledercouchgarnitur des Herstellers X, Modell Y, bestehend aus […] in
Annahmeverzug befindet.
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4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche
Rechtsanwaltskosten in Höhe von 603,93 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.09.2013 zu bezahlen.
9 Die Beklagte beantragt
10 Klagabweisung.
11 Die Beklagte behauptet,
die Couchgarnitur sei mangelfrei. Hilfsweise rechnet sie mit einem Anspruch auf
Nutzungsersatz für einen Zeitraum von drei Jahren in Höhe von 1.800,00 Euro auf.
Die Couch habe eine Nutzungsdauer von zehn Jahren.
12 Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze
nebst Anlagen verwiesen. Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung von
Gutachten der Sachverständigen B. und T.
Entscheidungsgründe
I.
13 Die zulässige Klage ist begründet, soweit eine Rückabwicklung des Kaufvertrages
begehrt wird. Allerdings hat die Beklagte Anspruch auf eine
Nutzungsentschädigung. Zudem kann die Klägerin weder Anwalts- noch
Sachverständigenkosten verlangen.
II.
14 Die Klägerin kann gemäß §§ 346, 348 BGB die Rückzahlung des Kaufpreises
abzüglich einer Nutzungsentschädigung Zug um Zug gegen Rückgabe der
Ledercouchgarnitur verlangen. Gemäß § 346 Absatz 1 BGB sind nach einem
Rücktritt vom Kaufvertrag die Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen
Nutzungen herauszugeben. Die Voraussetzungen eines Rücktritts vom
Kaufvertrag gemäß § 437 Nr. 2 BGB in Verbindung mit §§ 434, 323 BGB liegen
vor.
1.
15 Die als Ersatz gelieferte Ledercouchgarnitur enthält zu viel Ameisensäure und löst
dadurch Gesundheitsgefahren aus. Dies stellt einen Sachmangel im Sinne von §
434 Absatz 1 Nr. 2 BGB dar. Nach dieser Vorschrift ist eine Sache nur frei von
Sachmängeln, wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine
Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der
Käufer nach der Art der Sache erwarten kann.
a)
16 Die Sachverständige T. hat festgestellt, dass die entnommene Lederprobe
Ameisensäure mit einem Emissionswert von 81 µg/g enthält. Bei dem Verfahren
der Thermodesorption wurde die Probe bei 120°C für eine Stunde erwärmt. Die
dabei ausgasenden Substanzen wurden in einer Kühlfalle gesammelt und
anschließend mit Hilfe der Gaschromatographie und Massenspektrometrie
analysiert.
b)
17 Die Dämpfe von Ameisensäure können als geruchsstörend empfunden werden
und bei empfindlichen Personen eine reizende Wirkung auf Augen, Atemwege und
Haut haben (vgl. die Eintragung in der GESTIS-Stoffdatenbank des Instituts für
Arbeitsschutz in der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung). Trotz dieser
Umstände ist der Einsatz von Ameisensäure bei der Verarbeitung von Leder weit
verbreitet und anerkannt. Der Stoff sorgt für eine einheitliche Gerbung der Tierhaut
und hilft dabei, Farbstoffe zu fixieren.
c)
18 Der Gehalt der Ameisensäure liegt weit über den üblichen Werten.
aa)
19 Es gibt allerdings keine Grenzwerte für Ameisensäure in Lederprodukten. Die
Richtlinie 2006/15/EG vom 07.02.2006 gibt lediglich Vorgaben für die
Konzentration von Arbeitsstoffen in der Raumluft von Arbeitsstätten (Artikel 1 der
genannten Richtlinie in Verbindung mit Artikel 2 Buchstabe d der Richtlinie
98/24/EG). Die vermittels Thermodesorption ermittelten Emissionswerte geben
hingegen Auskunft über den flüchtigen Stoff im untersuchten Material. Die Werte
führen nach Angaben der Sachverständigen T. nicht zwangsläufig zu einer
entsprechend hohen Konzentration dieser Substanz in der Raumluft.
bb)
20 Auch das Deutsche Institut für Gütesicherung und Kennzeichnung macht in den
auf ihrer Internetseite veröffentlichten Güte- und Prüfbestimmungen für Möbel des
Jahres 2013 (RAL-GZ 430) keine Vorgaben an das Ledermaterial in Bezug auf
Ameisensäure (vgl. Ziffern 3 und 3.5 der Bestimmungen).
d)
21 Das Fehlen einer gesetzlichen Regelung oder Verbandsempfehlung schließt die
Beurteilung als Sachmangel indes nicht aus. Maßgebend ist bei Anwendung von §
434 Absatz 1 Nr. 2 Alternative 2 BGB vielmehr, ob die Eigenschaften bei Sachen
der gleichen Art - also anderen Ledersofas - üblich sind. Dieser
Beurteilungsmaßstab schließt überzogene Qualitätsanforderungen ebenso aus
wie ein unter dem Durchschnitt liegendes Qualitätsniveau (OLG Karlsruhe, Urteil
vom 28. Juni 2007 - 9 U 239/06, juris Rn. 15). Abzustellen ist auf den
Erwartungshorizont eines Durchschnittskäufers (Entwurf eines Gesetzes zur
Modernisierung des Schuldrechts, Bundestagsdrucksache 14/6040, Seite 214).
Gütebestimmungen wie die RAL-GZ 430 geben hierüber keine abschließende
Auskunft. Maßgebend ist vielmehr, ob die Kaufsache dem Stand der Technik
entspricht (OLG Düsseldorf, Urteil vom 08. Juni 2005 - I-3 U 12/04, 3 U 12/04, juris
Rn. 25).
e)
22 Das Gericht ist davon überzeugt, dass die streitgegenständliche Ledercouch
diesem Maßstab nicht gerecht wird. Der Einsatz von Ameisensäure entspricht zwar
den weit verbreiteten Verarbeitungsprozessen bei Lederwaren. Aus diesem Grund
ist ein gewisser Wert von Ameisensäure auch üblich. Hiermit kann ein
durchschnittlicher Käufer rechnen, selbst wenn diese Eigenschaft beim Kauf eines
Ledersofas im Allgemeinen nicht im Vordergrund seiner Kaufentscheidung stehen
dürfte. Er geht, wenngleich unbewusst, von den ihm bekannten Eigenschaften des
Leders aus, das üblicherweise weniger Ameisensäure enthält.
23 Im vorliegenden Fall sind die üblichen Werte um ein Vielfaches überschritten. Die
Sachverständige T. hat angegeben, dass die Ergebnisse einer
Thermodesorptionsanalyse von Leder in der Regel einstellig sind, normalerweise
aber höchstens 20 µg/g betragen. Zwar werden in ihrem Institut keine Statistiken
geführt. Die Sachverständige selbst führt indes rund 150 Analysen pro Jahr durch.
Dies ist eine ausreichende Grundlage für einen Erfahrungssatz und die
Schlussfolgerung, dass der vorliegend gemessene Gehalt von 81 µg/g weit über
den üblichen Werten liegt. Die Festlegung eines konkreten Grenzwertes ist nicht
erforderlich, um die weitere Schlussfolgerung zu ziehen, dass es offenkundig nach
dem Stand der Technik möglich ist, mit dem Einsatz von weniger Ameisensäure
den üblichen Qualitätsanforderungen eines Lederprodukts gerecht zu werden. Der
Käufer kann erwarten, dass der Hersteller unter solchen Bedingungen produziert,
die das Risiko einer Gesundheitsgefährdung dem Stand der Technik
entsprechend gering halten.
2.
24 Die weiteren Voraussetzungen eines Rücktritts liegen vor. Insbesondere hat die
Klägerin vor der Rücktrittserklärung durch ihren Rechtsanwalt (Anlage K 10)
Gesundheitsbeeinträchtigungen durch Ausdünstungen der Couch gerügt und die
Beklagte unter Fristsetzung zur Nachbesserung aufgefordert (Anlage K 9).
3.
25 Der Rücktritt ist auch nicht ausgeschlossen, weil die Kausalität zwischen dem
Sachmangel und den Gesundheitsbeeinträchtigungen des Ehemannes der
Klägerin nicht nachgewiesen ist. Nach § 323 Absatz 5 Satz 2 BGB ist der Rücktritt
nur ausgeschlossen, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist. Die verletzte
Pflicht aus dem Kaufvertrag ist hier schon die Lieferung eines
gesundheitsgefährdenden Produkts, nicht erst die Lieferung einer
krankmachenden Ware.
26 Ob ein Sachmangel unerheblich ist, ist nach einer umfassenden
Interessenabwägung festzustellen. Dabei ist in zwei Schritten zu gewichten,
nämlich erstens nach dem Maß der Abweichung hinsichtlich des betroffenen
Qualitätsaspekts und zweitens hinsichtlich der Bedeutung dieses konkreten
Qualitätsaspekts für das Ganze der Leistung: Je geringer die Bedeutsamkeit des
betroffenen Leistungsaspekts für das gesamthafte Gläubigerinteresse ist, desto
größer wird die Soll-Ist-Abweichung hinsichtlich des betroffenen Leistungsaspekts
sein müssen, um als erheblich zu erscheinen (Ernst in Münchener Kommentar
zum BGB, § 323 Rn. 243c).
27 Dabei ist zu berücksichtigen, dass Ausdünstungen von Ameisensäure das Risiko
von Gesundheitsbeeinträchtigungen erhöhen. Ob sie eintreten, hängt von der
subjektiven Disposition der Nutzer ab. Den Sachmangel als unerheblich
einzustufen, käme somit allenfalls - wenngleich nicht zwingend - in Betracht, wenn
die Nutzer der Couch über keinerlei Gesundheitsbeeinträchtigungen klagten.
Vorliegend hat indes der Ehemann der Klägerin Kopfschmerzen und entzündete
Augen beschrieben. Ob sie tatsächlich von der Couch herrühren, muss wegen der
beschriebenen Wirkungen von Ameisensäure nicht aufgeklärt werden. Im Übrigen
liegt die Beweislast für die Unerheblichkeit des Sachmangels auch bei der
Beklagten.
4.
28 In der Rechtsfolge des Rücktritts sind die empfangenen Leistungen Zug um Zug
zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben (§ 346 Absatz
1 BGB i.V.m. § 348 BGB). Die Klägerin kann mithin den Kaufpreis von 6.000,00
Euro abzüglich gezogener Nutzungen verlangen. Die Anrechnung erfolgt in der
Höhe, wie die Klägerin die Gebrauchsvorteile tatsächlich, d.h. unabhängig vom
Zeitpunkt der Rücktrittserklärung (Beck’scher Online-Kommentar zum BGB, § 346
BGB Rn. 33), bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung gehabt hat.
29 Nach diesen Maßstäben ist die Nutzungsentschädigung für die Zeit von Mitte März
2012 bis Mitte November 2014 zu bestimmen. Der Höhe nach ist nach dem
Vortrag der Beklagten, die vom Sachverständigen B. bestätigt wurden, von einer
zehnjährigen Nutzungsdauer auszugehen. Bei einem Kaufpreis von 6.000,00 sind
pro Monat 50,00 Euro Nutzungsentschädigung anzusetzen, insgesamt bei 32
Monaten (2 Jahre 8 Monate) 1.600,00 Euro. Im Saldo kann die Klägerin 4.400,00
Euro verlangen.
30 Für die Beschädigung der Ledercouch durch die Probenentnahme zur Ermittlung
gesundheitsschädlicher Stoffe ist kein Wertersatz gem. § 346 Absatz 2 Nr. 3 BGB
anzusetzen. Insoweit hat die Beklagte die Verschlechterung der Kaufsache im
Sinne von § 346 Absatz 3 Nr. 2 Alt. 1 BGB selbst zu vertreten, da sie den
Kaufvertrag trotz berechtigten Rücktritts nicht rückabgewickelt hat und die Klägerin
zur Durchsetzung ihrer Ansprüche die teilweise Zerstörung der Ledercouch
veranlassen musste.
III.
31 Es ist festzustellen, dass die Beklagte mit der Rücknahme der Couch im
Annahmeverzug gem. § 293 BGB ist. Verzugsbegründend wirkte das
außergerichtliche Schreiben (Anlage K 10) mit Fristsetzung bis zum 31.05.2013
(vgl. § 295 BGB).
IV.
32 Die Klage ist abzuweisen, soweit vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten verlangt
werden. In Ermangelung eines Verschuldens - die Beklagte hat die Ledercouch
nicht selbst produziert - kommt eine Regulierung auf der Grundlage von § 437 Nr. 3
BGB i.V.m. § 280 BGB nicht in Betracht. Auch ein Schadensersatzanspruch unter
dem Gesichtspunkt eines Schuldnerverzuges gem. § 286 BGB scheidet aus. Die
von der Klägerin persönlich verfassten vorgerichtliche Aufforderungsschreiben
umfassten nicht den hier durchgreifenden Mangel der gesundheitsgefährdenden
Ausdünstungen, und zwar auch nicht unter großzügiger Auslegung der
Beschreibung „Eigengeruch“ (Anlagen K 5 und K 6). Jener Mangel hat sich nicht
erwiesen. Demgegenüber wurde der durchgreifende Mangel der
gesundheitsgefährdenden Ausdünstungen erstmals anwaltlich in der Anlage K9
erwähnt. Ein Anspruch auf Erstattung dieser Kosten gemäß § 346 Absatz 4 BGB
i.V.m. § 280 BGB scheidet indes aus, da die vorgerichtlichen Anwaltskosten schon
vor dem Rücktritt entstanden sind.
V.
33 Auch die Kosten von 500,00 Euro für den Privatsachverständigen können nicht
verlangt werden. Die in dem Gutachten des Herrn Harsch vom 18.03.2013 (Anlage
K7) beschriebenen Mängel wurden durch das gerichtlich eingeholte Gutachten des
Sachverständigen B. nicht bestätigt. Der Rücktritt ließ sich darauf nicht stützen.
Vielmehr wurde der durchgreifende Sachmangel erstmals im Schreiben vom
02.05.2013 (Anlage K9) beschrieben. Die Kosten für das Privatgutachten können
mithin nicht als erforderlich angesehen werden, um die eigenen Rechte
durchzusetzen.
VI.
34 Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 291 BGB. Der Anspruch der vorläufigen
Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.
VII.
35 Gemäß § 96 ZPO werden die Kosten des Sachverständigen B. in Höhe von
1.440,03 Euro vollständig der Klägerin auferlegt. Nach dieser Vorschrift können die
Kosten eines ohne Erfolg gebliebenen Angriffs- oder Verteidigungsmittels der
Partei auferlegt werden, die es geltend gemacht hat, auch wenn sie in der
Hauptsache obsiegt. Die im Beweisbeschluss vom 29.10.2013 genannten
Behauptungen der Klägerin haben sich nach Einholung des angebotenen
Gutachtens nicht erwiesen bzw. waren nicht geeignet, eine für den Rücktritt
erhebliche Pflichtverletzung im Sinne von § 323 Absatz 5 Satz 2 BGB zu
begründen. Die Risse waren nur mithilfe einer Lupe mit einer zehnfachen
Vergrößerung zu erkennen. Dies rechtfertigt keine Rückabwicklung des
Kaufvertrages. Entsprechendes gilt für die den empfohlenen Richtwert geringfügig
überschreitende Wellenbildung und für die Farbdifferenzen, die vom
Sachverständigen gar nicht festgestellt wurden bzw. nach Angaben der Klägerin
nur unter bestimmten Beleuchtungsverhältnissen erkennbar sind (Blatt 42 der
Akten). Für die Anwendung des § 96 ZPO ist ermessensleitend, dass der zum
Beweisbeschluss vom 29.10.2013 führende Tatsachenvortrag überzeichnet war
und das daraufhin erstattete Gutachten des Sachverständigen B. demzufolge
keine Grundlage für eine Verurteilung der Beklagten bilden konnte. Dies wäre der
Klägerin bei verständiger Würdigung der Tatsachen, auch unter Berücksichtigung
des von ihr in Auftrag gegebenen Privatgutachtens, schon bei Beweisantritt
erkennbar gewesen. Die Beklagte soll an den Kosten dieses Teils der
Beweisaufnahme nicht beteiligt werden.
36 Die übrigen Kosten verteilen sich gemäß § 92 ZPO nach Obsiegen. Zur
Berechnung der Kostenanteile ist der Streitwert in Höhe von 8.300,00 Euro
heranzuziehen. Darin fließt der Klageantrag Nr. 1 in Höhe von 6.000,00 Euro sowie
die Hilfsaufrechnung in Höhe von 1.800,00 Euro ein (§ 45 Absatz 3 GKG); der
Antrag Nr. 3 wird gemäß § 3 ZPO mit 500,00 Euro geschätzt. Die Anträge Nr. 2 und
4 wirken, da Nebenforderungen betreffend, nicht streitwerterhöhend (§ 4 Absatz 1
ZPO).