Urteil des LG Stuttgart vom 30.08.2002

LG Stuttgart: kurs, fonds, kauf, markt, handel, auflage, vollstreckung der strafe, absicht, allgemeine lebenserfahrung, bedingter vorsatz

LG Stuttgart Urteil vom 30.8.2002, 6 KLs 150 Js 77452/00
Insiderhandelsverbot: Begriff der Insidertatsache; Prognose der Erheblichkeit der Insidertatsache zur Kursbeeinflussung; Mittäterschaft
zwischen Primärinsider und Sekundärinsider
Tenor
I. Es sind schuldig:
1. der Angeklagte O.
des Verstoßes gegen das Verbot von Insidergeschäften in 9 Fällen, davon in 6 Fällen jeweils in Tateinheit mit vorsätzlichem Erbringen von
Finanzdienstleistungen ohne Erlaubnis,
2. der Angeklagte K.
des Verstoßes gegen das Verbot von Insidergeschäften in 6 Fällen jeweils in Tateinheit mit vorsätzlichem Erbringen von Finanzdienstleistungen
ohne Erlaubnis sowie der Urkundenfälschung.
II. Es werden verurteilt:
1. der Angeklagte O. zu der Gesamtstrafe von
1 Jahr Freiheitsstrafe
2. der Angeklagte K. zu der Gesamtstrafe von
1 Jahr Freiheitsstrafe
Bei beiden Angeklagten wird die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung ausgesetzt.
III. Die bestehende Forderung des Angeklagten K. aus dem Konto Nr. gegen die C. Bank in Höhe von 285.529,63 Euro wird eingezogen.
Hinsichtlich des Angeklagten O. wird der Verfall von Wertersatz eines Betrages in Höhe von 23.519, 43 Euro angeordnet.
Hinsichtlich des Angeklagten K. wird der Verfall von Wertersatz eines Betrages in Höhe von 2.147,43 Euro angeordnet.
IV. Die Angeklagten tragen die Kosten des Verfahrens.
Angewandte Vorschriften:
Beim Angeklagten O.:
§§ 38 Abs. 1 Nr. 1, 14 Abs. 1 Nr. 1, 12 Abs. 1 Nr. 1, 13 Abs. 1 Nr. 3 WpHG, §§ 54 Abs. 1 Nr. 2, 32 Abs. 1 Satz 1, 1 Abs. 1a Nr. 4, Abs. 1b, Abs. 11 KWG,
§§ 25 Abs. 2, 52, 53, 56, 73a Satz 1 StGB
Beim Angeklagten K.:
§§ 38 Abs. 1 Nr. 1, 14 Abs. 2, 12 Abs. 1 Nr. 1 WpHG, §§ 54 Abs. 1 Nr. 2, 32 Abs. 1 Satz 1, 1 Abs. 1a Nr. 4, Abs. 1b, Abs. 11 KWG, §§ 267 Abs. 1, 25
Abs. 2, 52, 53, 56, 73a Satz 1, 74 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 74b Abs. 1 StGB.
Gründe
I.
...
II.
1
1. Vorgeschichte
2
Wie schon erwähnt, arbeitete der Angeklagte O. bereits während seiner Ausbildung zum Bankkaufmann seit 1997 für die Aktienzeitschrift "Der
Aktionär". Nach seiner Festanstellung im Juni 1998 als Redakteur, bekleidete er dort bereits ab Juli 1999 den Posten des stellvertretenden
Chefredakteurs. Chefredakteur war der Gründer der Börsenbuchverlag KG, der Zeuge Bernd F.. Der Angeklagte O. war hauptsächlich für die
Betreuung und Besprechung von am "Neuen Markt" notierten Aktien, also Aktien junger Technologieunternehmen, zuständig. Daneben war er
Chefredakteur des ebenfalls von der Börsenmedien AG herausgegebenen und wöchentlich erscheinenden 10-seitigen Börsenbriefes "Neuer
Markt Inside", welcher sich ausschließlich mit Aktien des "Neuen Marktes" beschäftigte. Außerdem war er für die Besprechung einer täglichen
Börsenhotline der Börsenmedien AG mit Schwerpunkt Neue Markt - Aktien zuständig.
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Zu Beginn seiner Tätigkeit erschien "Der Aktionär" monatlich. Im Juli 1999 erfolgte aufgrund des erheblichen Interesses der Allgemeinheit an
Aktien, insbesondere an Werten des Neuen Marktes, die Umstellung auf wöchentliches Erscheinen. Bis Oktober 2000 erreichte die Auflage eine
Höhe von ca. 120.000 bis 140.000 Exemplaren pro Woche. Sowohl "Der Aktionär" als auch der Börsenbrief "Neuer Markt Inside" hatten
vorwiegend Privatanleger zur Zielgruppe. Zumindest "Der Aktionär" gehörte damals auch zur Pflichtlektüre der für Aktiengeschäfte am "Neuen
Markt" zuständigen Mitarbeiter institutioneller Großanleger.
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Neben seiner Tätigkeit für die Börsenmedien AG schloss der Angeklagte O. 1999 mit der ebenfalls vom Zeugen F. gegründeten Gesellschaft für
Börsenkommunikation mbH (GFBK) einen Beratervertrag ab, wonach ihm die Aufgabe zufiel, die Anlageberatung der von der GFBK betreuten
Fonds, insbesondere im Bereich der Neuen - Markt - Aktien, zu übernehmen.
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Die GFBK beriet aufgrund eines Anlageberatungsvertrages seit 1997 mehrere Aktienfonds der Universal Investment GmbH, Frankfurt a. M., so
unter anderem seit Februar 1999 den DAC-Kontrast-Universal-Fonds (im folgenden: DAC). Der DAC investierte damals ab ca. September 1999
vorwiegend in am "Neuen Markt" notierte Aktienwerte, so insbesondere in sogenannte "small caps", also in Aktien kleinerer, regionaler,
inländischer Technologieunternehmen und in Aktien von sog. Übernahmekandidaten, insgesamt also in "engere Marktwerte" mit erheblichem
Risiko-, aber auch mit erheblichem Gewinnpotential. Im September 1999 wurde dem Angeklagten O. vom Zeugen F. intern die Alleinberatung
des DAC übertragen. Im November 1999 wurde der Angeklagte O. zudem durch den Aufsichtsrat der Universal Investment GmbH in den
Anlageausschuss dieses Fonds berufen. Bei Übernahme der Fondsberatung durch den Angeklagten O. wies der DAC ein Volumen von ca. 22
Millionen Euro auf. Aufgrund der 1997 bis 2000 am "Neuen Markt" herrschenden "Goldgräberstimmung" und der Ausrichtung des Fonds auf
kleinere "Neue-Markt-Unternehmen" rangierte der DAC Ende 1999 auf Platz 2 der Ranking-Liste für Neue Markt Fonds. Im Oktober 2000
belegte der DAC, trotz allgemein bereits fallender Kurse am "Neuen Markt", sogar Platz 1 der Ranking-Liste. Während der Zeit der Beratung des
Fonds durch O. stieg dessen Anlagevolumen auf bis zu 472 Millionen Euro im Juli 2000 an.
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Im April 2000 legte die Firma H. & A. Investment Gesellschaft S. A., Luxemburg, den H. & A. Lux DAC Neuer Markt-Fonds (im folgenden: H&A)
auf. Es handelte sich auch hierbei um einen Aktienfonds, welcher ebenfalls vorwiegend in Werte kleinerer deutscher Unternehmen am "Neuen
Markt" investierte. Für die Beratung dieses Fonds bestand ebenfalls ein Anlageberatungsvertrag zwischen der GFBK und der H. & A. Investment
Gesellschaft S. A., Luxemburg. Die überwiegende Beratung des Fonds erfolgte jedoch von Anfang an intern allein durch den Angeklagten O.
Das Fondsvolumen erhöhte sich ab Auflage im April 2000 auf in der Spitze ca. 50 Millionen Euro. Im Oktober 2000 lag das Fondsvolumen bei
ca. 25 bis 35 Millionen Euro.
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Aufgrund der durch den Angeklagten O. immer eingehaltenen Anlagerichtlinien der von ihm beratenen Fonds, welche sich jeweils im
Wesentlichen auf die Einhaltung der Anlageausrichtung der Fonds und der gesetzlichen Voraussetzungen für Aktiengeschäfte beschränkten,
und aufgrund der guten Performance, welche der Angeklagte O. im Laufe seiner Beratertätigkeit erbrachte, wurden seine Anlageempfehlungen
von den zuständigen Abteilungen der Fonds in der Regel ohne Rückfragen angenommen und zeitnah an der Börse umgesetzt. Empfehlungen
an den DAC erfolgten telefonisch, an den H&A per Fax nach Luxemburg.
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Neben seiner Tätigkeit als Berater zweier Fonds sowie seiner Redaktionstätigkeit für die Börsenmedien AG trat der Angeklagte O. - wie auch
sein Chef, der Zeuge F. - in den Jahren 1999 und 2000 in einschlägigen und bei den Anlegern vielbeachteten Fernsehsendungen zum Thema
Börse und Neuer Markt, so z.B. bei der 3-Sat-Börse, bei Oberfranken TV und N-24, als Spezialist auf und gab Aktienanlagetipps. Im Hinblick auf
diese Tätigkeiten und im Hinblick auf seine überzeugende Performance galt der Angeklagte O. in den Jahren 1999 und 2000 sowohl bei
interessierten Privatanlegern als auch bei den institutionellen Großanlegern, als "der Anlagespezialist" und "Meinungsmacher" auf dem Gebiet
des "Neuen Marktes".
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Am "Neuen Markt" herrschte in den Jahren 1997 bis 2000 eine Art "Goldgräberstimmung" und "Aktieneuphorie". Neben institutionellen
Großanlegern drängten damals vermehrt interessierte Privat- und Kleinanleger an die Börse, um mit Aktien von Neue Markt-Unternehmen "das
schnelle Geld zu machen". Kursanstiege von über 100 % in kürzester Zeit waren zu der damaligen Zeit, zumindest bis Anfang/Mitte 2000, auch
aufgrund der massenhaften Aktienkäufe durch Privatanleger, nicht ungewöhnlich.
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Insbesondere das Anlageverhalten und die Anlagetipps von Personen wie dem Angeklagten O., der in der interessierten Öffentlichkeit einen
sehr hohen Bekanntheitsgrad und eine überragende Reputation genoss, wurden von den Anlegern sehr aufmerksam beobachtet und befolgt.
Die Anlageempfehlung eines sogenannten "Börsengurus", wie z.B. des Zeugen F., aber auch die Empfehlungen des Angeklagten O., bewirkten
damals bei den Anlegern einen sogenannten "Lemming-Effekt", d.h. wenn von diesen Personen eine Anlageempfehlung über die Medien
(Zeitschriften, Hotlines, Fernsehen) abgegeben wurde, konnte mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden,
dass zumindest die Privat- und Kleinanleger in ihrer Gier nach schnellen Gewinnen dieser Kaufempfehlung nahezu blind folgten. Aber auch
institutionelle Großanleger wie die von der GFBK bzw. O. beratenen Fonds übernahmen Anlageempfehlungen des Angeklagten O. aufgrund
dessen guter Performance nahezu unbesehen. Das Marktverhalten der anderen Marktteilnehmer wurde damals, besonders unter den
institutionellen Großanlegern, sehr genau beobachtet und interpretiert. Auch kleinere Aktiengeschäfte durch Großanleger erregten damals
großes Aufsehen. Da allgemein bekannt war, dass die positive und bestmögliche Entwicklung der gehaltenen Aktien das primäre Ziel der Fonds
darstellte, hätte die Kenntnis vom Bevorstehen einer Fondsorder einen erheblichen Anreiz für die Anleger dargestellt, selbst entsprechende
Aktiengeschäfte zu tätigen.
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Wie schon erwähnt, beschäftigte sich sowohl der Angeklagte O. als auch der Angeklagte K. schon vor Oktober 2000 privat mit der Börse und
tätigten auch privat Aktiengeschäfte. Der Angeklagte O. hatte hierzu bei der HypoVereinsbank Oberfranken, der Entrium Direkt Bankers AG
sowie der ConSors Discount-Broker AG (im folgenden: ConSors) Konten eingerichtet, über welche er privat Aktienkäufe und Aktienverkäufe
tätigen konnte.
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Auch der Angeklagte K. hatte bereits 1997 ein Konto bei der ConSors eröffnet, über welches er Aktiengeschäfte tätigte. Im Gegensatz zum
Angeklagten O. bewies der Angeklagte K. jedoch nicht so viel Geschick und machte letztendlich auf Dauer gesehen mehr Verluste als Gewinne
an der Börse. Zwar besorgte sich der Angeklagte K. eine teure Börsensoftware aus den USA, welche er auf seinem Computer Compaq Presario
5511 installierte. Diese konnte selbständig Kurse verschiedener Aktien auswerten und Anlagetipps geben. Das "große Geld" konnte der
Angeklagte K. mit seiner Markttätigkeit jedoch nicht erzielen. Er beobachtete jedoch genau das Geschehen an der Börse, wobei er seine
Informationen vor allem aus der Zeitschrift "Der Aktionär" bezog. Trotz seiner finanziellen Rückschläge, welche er an der Börse erlitten hatte,
sah der Angeklagte K. dennoch seine finanzielle Zukunft im Aktienbereich. Vor allem aber wollte er an der Börse, wie viele Privatanleger zur
Tatzeit, schnell und ohne großen Aufwand sehr viel Geld verdienen.
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Zu einem nicht mehr näher feststellbaren Zeitpunkt im August 2000 hatte der Angeklagte K. daher die Idee, durch die Gründung eines
Aktienclubs oder eines Aktienfonds mit einer größeren Geldsumme an der Börse zu spekulieren. Da er selbst nicht die nötige Erfahrung und das
nötige Können mitbrachte, suchte er nach einem professionellen Verwalter, welcher das Börsengeschäft für ihn übernehmen sollte. Wegen des
hohen Bekanntheitsgrades des Angeklagten O. und des Zeugen F. sowie ihren aus seiner Sicht besonders hochwertigen Anlagetipps, nahm
der Angeklagte K. im August 2000 über die GFBK Kontakt zum Angeklagten O. auf, nachdem er den Zeugen F. nicht erreicht hatte.
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2. Tatgeschehen
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a. Fälle 1 bis 6 (Anklagepunkte Nr. 2 bis 7)
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Nachdem der Angeklagte K. den Angeklagten O. nicht überzeugen konnte, mittels vom Angeklagten K. bei Anlegern eingesammelten und zur
Verfügung gestellten Geldern diese Gelder offiziell über einen Fonds oder Aktienclub zu verwalten, suchte der Angeklagte K. weiter nach einer
Möglichkeit, zusammen mit dem Angeklagten O. am "Neuen Markt" viel Geld zu verdienen. Schließlich kamen die beiden Angeklagten noch im
August 2000 auf die Idee, der Angeklagte O. solle mit den vom Angeklagten K. eingesammelten Anlegergeldern über dessen Konto bei
ConSors privat Aktiengeschäfte tätigen. Dem Angeklagten O. war hierbei klar, dass er gegen arbeitsvertragliche Vorschriften verstoßen würde.
Außerdem hatte ihm der Zeuge F. Geschäfte mit dem Angeklagten K. untersagt.
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Nach dem gemeinsamen Plan der Angeklagten sollte der Angeklagte K. die Beschaffung einer möglichst großen Geldsumme und die
Bereitstellung des Geldes auf seinem ConSors-Konto obliegen, wobei die Art und Weise der Geldbeschaffung dem Angeklagten K. überlassen
bleiben sollte.
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Aufgabe des Angeklagten O. sollte nach dem gemeinsamen Plan der An- und Verkauf von Aktien mit den von K. beschafften Geldern über
dessen ConSors-Konto sein. Die Auswahl der zu erwerbenden Aktien sollte hierbei nach den gemeinsamen Vorstellungen dem Angeklagten O.
obliegen. Hinsichtlich der erwarteten Gewinne vereinbarten die Angeklagten, dass der Angeklagte O. 30 %, der Angeklagte K. 20 % und der
jeweilige Geldgeber 50 % erhalten sollten.
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Sinn und Zweck des gemeinsamen Vorgehens sollte sein, mit möglichst geringem Risiko einen maximalen Gewinn zu erzielen. Damit die
geplanten Aktiengeschäfte auch einen sichereren Gewinn abwarfen, kamen die Angeklagten überein, die Kurse der vom Angeklagten O. über
das ConSors-Konto des Angeklagten K. gehandelten Aktien durch den Angeklagten O. zusätzlich zu "pushen", also in die Höhe zu treiben. Der
Angeklagte K. überlies es hier wiederum dem Angeklagten O., in welcher Weise er dies bewerkstelligen würde.
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Beide Angeklagten wussten, dass Anlageempfehlungen des Angeklagten O. bei den von ihm betreuten institutionellen Anlegern wie auch bei
interessierten Privatanlegern erhebliche Kaufanreize hervorrufen konnten. Auch die am "Neuen Markt" im Jahr 2000 herrschende
"Goldgräberstimmung" war den Angeklagten durchaus gegenwärtig. Aus der mehrmonatigen Betreuung des DAC und des H&A wusste der
Angeklagte O. auch, dass beide Fonds seine Anlageempfehlungen bei Einhaltung der Anlagerichtlinien in der Regel sofort nach Eingang bei
der zuständigen Abteilung umsetzten, und dass insbesonders große Orders der Fonds auch zu größeren Kursanstiegen in den entsprechenden
Aktienwerten führten, was der Angeklagte O. auch dem Angeklagten K. mitteilte.
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Beide Angeklagten gingen daher übereinstimmend davon aus, dass eine Kurssteigerung in den gehandelten Aktienwerten zum einen dadurch
veranlasst werden konnte, dass der Angeklagte O. die entsprechenden Werte in den Medien, d.h. im "Der Aktionär", im "Neuer Markt Inside" und
auf der von ihm betreuten Telefonhotline der Öffentlichkeit zum Kauf empfehlen würde. Zum anderen gingen sie übereinstimmend davon aus,
dass eine Kaufempfehlung durch den Angeklagten O. an die von ihm beratenen Fonds ebenfalls aufgrund der mit Sicherheit zu erwartenden
Orders der Fonds zu einem Kursanstieg führen würde. Um daraus maximalen Gewinn zu ziehen, sollte der Angeklagte O. sich vor den
jeweiligen Empfehlungen mit den jeweiligen Aktien eindecken und diese nach dem erwarteten Kursanstieg wieder verkaufen.
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Entsprechend diesem Tatplan übergab der Angeklagte K. dem Angeklagten O. die für das ConSors-Konto erforderliche und auf einem Blatt
Papier notierten Transaktionsnummern (TAN) und teilte ihm das Passwort mit. Damit war der Angeklagte O. in der Folgezeit in der Lage, über
das genannte Konto Aktienankäufe und Aktienverkäufe zu tätigen.
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Entsprechend dem gemeinsamen Tatplan warb der Angeklagte K. in der Folgezeit mehrere Kapitalanleger an, die er u.a. mit der Behauptung
köderte, dass die Geschäfte absolut sicher seien, da der Angeklagte O. über die Möglichkeit verfüge, die Kurse der gekauften Aktien zu
"pushen", oder dass er über sehr gute Verbindungen zur Börse und zum Angeklagten O. verfüge und dass es daher möglich sei, Aktien zu
erwerben, bevor diese von O. der Öffentlichkeit und den von ihm betreuten Fonds zum Kauf empfohlen würden, um sie sodann kurz darauf
wieder mit Gewinn zu verkaufen. In einem Fall fügte er hinzu, dass es sich bei den geplanten Aktiengeschäften eigentlich um "Insidergeschäfte"
handle, die mit dem Angeklagten O. abgesprochen seien und dass alles illegal und kriminell sei.
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Auf diese Weise erlangte der Angeklagte K. zum Zwecke des Aktienhandels im Zeitraum vom 17. August 2000 bis 24. Oktober 2000 von fünf
Anlegern Geldbeträge in Höhe von insgesamt 475.100,- DM (243.426,06 Euro), welche jeweils auf das schon erwähnte Konto des Angeklagten
K. bei ConSors überwiesen wurden.
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Im Einzelnen zahlten auf dieses Konto ein:
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- für den Zeugen O. K., Vater des Angeklagten K., die Zeugin S. K., Mutter des Angeklagten K., 170.000,- DM,
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- der Zeuge D. K., Bruder des Angeklagten K., 27.600,- DM,
28
- der Zeuge U. S. 50.000,- DM,
29
- der Zeuge M. G. 215.000,- DM,
30
- der Zeuge G. G. 13.500,- DM.
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Beide Angeklagten planten jedoch, auch über diese geworbenen Anleger hinaus noch auf Dauer mehr Kapital für die für einen längeren
Zeitraum vorgesehenen Aktieninsidergeschäfte von weiteren Anlegern zu beschaffen.
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Mit den auf dem ConSors-Konto für Aktientransaktionen bereitgestellten Geldern erwarb der Angeklagte O. dem gemeinsamen Tatplan
entsprechend im Zeitraum vom 12. Oktober 2000 bis 23. Oktober 2000 Aktien im Gesamtwert von 469.147,15 Euro jeweils in der Absicht, die
entsprechenden Werte zeitnah auch den von ihm betreuten Fonds DAC und H&A zu empfehlen, in dem sicheren Wissen, dass diese Fonds
seinen Kaufempfehlungen folgen und somit mit Sicherheit Kurssteigerungen eintreten würden, um die von ihm erworbenen Aktien sodann
alsbald mit Gewinn wieder zu verkaufen.
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Beide Angeklagten rechneten damit, dass der Angeklagte O. durch seine Handlungsweise gegen das Insiderhandelsverbot verstoßen könnte,
nahmen dies jedoch im Hinblick auf die zu erwartenden Gewinne zumindest billigend in Kauf. Ebenfalls war den Angeklagten bewusst, dass sie
für den Handel mit Aktien für die Kapitalgeber bei dem von ihnen geplanten Umfang der Geschäfte eine schriftliche Erlaubnis des Bundesamtes
für das Kreditwesen bedurften, sie eine solche Erlaubnis jedoch nicht hatten.
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Nach den in jedem Fall eingetretenen Kurssteigerungen der empfohlenen Aktien verkaufte der Angeklagte O. wie beabsichtigt die
entsprechenden Aktien jeweils zeitnah, teilweise sogar noch am selben Tag, an welchem er den Fonds die Kaufempfehlung ausgesprochen
hatte. Auf diese Weise erzielten die Angeklagten im genannten Zeitraum einen Gewinn in Höhe von insgesamt 61.716,25 Euro, der dem
ConSors-Konto des Angeklagten K. gutgeschrieben und neben dem dort bereits befindlichen Geld zum Erwerb weiterer Aktien bereitgehalten
wurde.
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Von diesen erzielten Gewinnen entnahmen der Angeklagte O. 23.519,43 Euro (46.000 DM) und der Angeklagte K. 2.147,43 Euro (4.200,- DM).
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Insgesamt befanden sich damit, abzüglich der bereits entnommenen Gewinne, am 26. Oktober 2000, dem Tag der Festnahme der beiden
Angeklagten, 558.447,42 DM (285.529,63 Euro) an eingezahlten Geldern und erzielten Gewinnen auf dem Konto bei ConSors.
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Im Einzelnen ging der Angeklagte O. wie folgt vor:
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(1) Fall 1 (Anklagepunkt Nr. 2):
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Am 12. Oktober 2000 erwarb der Angeklagte O. 1000 Aktien der Firma Eurofins Scientific S.A. zum Kurs von 37,80 Euro, insgesamt also für
37.800,- Euro, welche er am 13. Oktober 2000 um 09.52 Uhr dem DAC zum Kauf empfahl. Die empfohlene Ordergröße betrug hierbei 100.000
Stück bei einem Kurslimit von 34,50 Euro und einer Gültigkeit für denselben Tag. Der DAC gab die entsprechende Order am 13. Oktober 2000
um 10.00 Uhr an den Handel, wo die Order über den Präsenzhandel der Frankfurter Wertpapierbörse in Höhe von 2.900 Stück zum Kurs von
34,50 Euro ausgeführt wurde.
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Der Angeklagte O. verkaufte daraufhin am 17. Oktober 2000 um 11.20 Uhr die erworbenen 1000 Aktien zum Kurs von 39,30 Euro, insgesamt
also für 39.300,- Euro, wodurch er einen Gewinn von 1.500,- Euro erzielte.
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(2) Fall 2 (Anklagepunkt Nr. 3):
42
Am 12. und 13. Oktober 2000 erwarb der Angeklagte O. aufgrund eines einheitlichen Entschlusses in mehreren Teilakten insgesamt 16.000
Aktien der Firma F.A.M.E. Film and Music Entertainment AG zum Kurs zwischen 6,65 Euro und 7,10 Euro, insgesamt also für 110.800,- Euro.
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Im Einzelnen erwarb er am 12. Oktober 2000 zwischen 13.52 Uhr und 15.56 Uhr zu einem Kurs von jeweils 7,00 Euro insgesamt 10.000 Stück
und zu einem Kurs von 7,10 Euro nochmals 2.000 Stück. Am 13. Oktober 2000 kaufte er jeweils zu einem Kurs von 6,65 Euro um 09.26 Uhr
2.500 Stück, um 09.29 Uhr 500 Stück und um 09.39 Uhr nochmals 1.000 Stück.
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Am 13. Oktober 2000 um 09.18 Uhr empfahl der Angeklagte O. dem H&A den Kauf von 100.000 F.A.M.E. - Aktien mit einem tagesgültigen Limit
von 7,20 Euro interessewahrend auszuführen. Der H&A gab die entsprechende Order am 13. Oktober 2000 um 09.30 Uhr an den Handel, wo
diese mit insgesamt 25.440 Stück im Zeitraum zwischen 10.55 Uhr und 19.33 Uhr über den elektronischen Handel der Frankfurter
Wertpapierbörse (Xetra) zu Kursen zwischen 6,90 Euro und 7,51 Euro ausgeführt wurde.
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Der Angeklagte O. verkaufte daraufhin am 16. Oktober 2000 in 2 Teilakten 6.000 Aktien zu einem Kurs von 8,60 Euro und in 4 weiteren
Teilakten 10.000 Aktien zu einem Kurs von 9,20 Euro, insgesamt also für 143.600,- Euro, wodurch er einen Gewinn von 32.800,- Euro erzielte.
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(3) Fall 3 (Anklagepunkt Nr. 4):
47
Am 13. Oktober 2000 erwarb der Angeklagte O. aufgrund eines einheitlichen Entschlusses in zwei Teilakten insgesamt 1.000 Aktien der Firma
PC-Spezialist Franchise AG. Der Angeklagte erwarb im Einzelnen 700 Stück zu einem Kurs von 31,90 Euro und 300 Stück zu einem Kurs von
31,99 Euro, insgesamt also für 31.927,- Euro.
48
Am 13. Oktober 2000 um 18.49 Uhr empfahl er dem DAC den Kauf von 5.000 Stück mit einem Limit von 36,00 Euro, gültig bis zum 16. Oktober
2000. Die Empfehlung wurde vom DAC zeitnah noch am 13. Oktober 2000 umgesetzt, wobei 2.000 Aktien zu einem Kurs von 35,69 Euro
erworben wurden.
49
Noch am 13. Oktober 2000 verkaufte der Angeklagte O. die von ihm erworbenen 1.000 Aktien zu einem Kurs von 36,00 Euro, insgesamt also für
36.000,- Euro, wodurch er einen Gewinn von 4.073,- Euro erzielte.
50
(4) Fall 4 (Anklagepunkt Nr. 5):
51
Am 16. Oktober 2000 erwarb der Angeklagte O. aufgrund eines einheitlichen Entschlusses in zehn Teilakten zwischen 11.38 Uhr und 19.45 Uhr
jeweils zu einem Kurs von 29,00 Euro 4.856 Aktien der Firma CE Consumer Electronic AG, insgesamt also für 140.824,- Euro.
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Den Kauf von 30.000 Stück der entsprechenden Aktie empfahl er am 17. Oktober 2000 um 9.45 Uhr dem H&A mit einer Limitierung lautend auf
"billigst". Eine entsprechende Order gab der H&A um 9.56 Uhr an den Handel und erwarb um 10.05 Uhr 30.000 Stück zu einem Kurs von 30,76
Euro über den Präsenzhandel der Frankfurter Wertpapierbörse.
53
Ebenfalls am 17. Oktober 2000 empfahl er dem DAC um 10.38 Uhr den Kauf von 30.000 Aktien der CE Consumer Electronic AG. Die
Kaufempfehlung war hierbei auf einen Kurs von 30,50 Euro limitiert und nur am 17. Oktober 2000 gültig. Eine entsprechende Order wurde vom
DAC am 17. Oktober 2000 um 10.38 Uhr an den Handel gegeben. Aufgrund dieser Order wurden interessewahrend um 15.00 Uhr 30.000 Stück
zu einem Kurs von 30,27 Euro über den Präsenzhandel der Frankfurter Wertpapierbörse erworben.
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Der Angeklagte verkaufte am 17. Oktober 2000 um 10.46 Uhr 1.106 Stück für 30,90 Euro, 1.150 Stück für 30,93 Euro und 600 Stück für 30,97
Euro sowie um 10.53 Uhr 2.000 Stück zum Kurs von 31,00 Euro, insgesamt also im Gesamtwert von 150.326,90 Euro. Hierdurch erzielte er
einen Gewinn von 9.502,90 Euro.
55
(5) Fall 5 (Anklagepunkt Nr. 6):
56
Am 16. Oktober 2000 erwarb der Angeklagte O. aufgrund eines einheitlichen Entschlusses in zwei Teilakten 1.000 Aktien der DEAG Deutsche
Entertainment AG für insgesamt 30.481,- Euro. Um 11.42 Uhr erwarb er 190 Stück zu einem Kurs von 30,40 Euro sowie weitere 810 Stück zu
einem Kurs von 30,50 Euro.
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Am 16. Oktober 2000 um 11.43 Uhr, also eine Minute nach den privat getätigten Käufen, empfahl der Angeklagte O. dem H&A den Kauf der
entsprechenden Aktien mit einem Volumen von 30.000 Stück, limitiert auf 31,90 Euro tagesgültig. Die Order wurde vom H&A am selben Tag um
12.07 Uhr an den Handel weitergeleitet und um 20.00 Uhr über den Präsenzhandel der Frankfurter Wertpapierbörse mit insgesamt 9.565 Stück
zu einem Kurs von 31,49 Euro ausgeführt.
58
Der Angeklagte verkaufte die erworbenen Aktien noch am 16. Oktober 2000 um 12.53 Uhr für einen Kurs von 31,60 Euro, insgesamt also für
31.600,- Euro. Hierdurch erzielte er einen Gewinn von 1.119,00 Euro.
59
(6) Fall 6 (Anklagepunkt Nr. 7):
60
Am 23. Oktober 2000 erwarb der Angeklagte O. aufgrund eines einheitlichen Entschlusses in mehreren Einzelakten insgesamt 7.029 Aktien der
Poet Holdings Inc. für insgesamt 117.315,15 Euro. Im Einzelnen erwarb er um 18.46 Uhr 200 Stück zum Kurs von 16,55 Euro, 443 Stück zum
Kurs von 16,65 Euro, 1.700 Stück zum Kurs von 16,69 Euro und 365 Stück zum Kurs von 16,70 Euro. Um 18.55 Uhr erwarb er weitere 2.550
Stück zum Kurs von 16,30 Euro, um 19.32 Uhr 242 Stück zum Kurs von 16,70 Euro und um 19.33 Uhr 1.500 und 29 Stück für jeweils 16,70 Euro.
61
Die Aktien der Poet Holdings Inc. empfahl der Angeklagte am 23. Oktober 2000 dem H&A zum Kauf und zwar um 9.47 Uhr den Kauf von 10.000
Stück, limitiert auf 15,10 Euro tagesgültig und um 17.20 Uhr den Kauf von 20.000 Stück, limitiert auf 16,30 Euro tagesgültig. Die entsprechenden
Orders wurden vom H&A um 09.55 Uhr bzw. 17.41 Uhr an den Handel gegeben und dort um 19.00 Uhr mit einem Volumen von 2.755 Stück
zum Kurs von 16,30 Euro über den Präsenzhandel der Frankfurter Wertpapierbörse ausgeführt.
62
Am 24. Oktober 2000 empfahl der Angeklagte um 9.53 Uhr dem DAC den Kauf von 100.000 Aktien der Poet Holdings Inc. mit einer Gültigkeit für
den 24. Oktober 2000 und einer Limitierung auf einen Kurs von 18,50 Euro. Die entsprechende Order wurde vom DAC am 24. Oktober 2000 um
9.58 Uhr mit dem Zusatz "interessewahrend" an den Handel gegeben und dort um 10.30 Uhr über den Präsenzhandel der Frankfurter
Wertpapierbörse im Umfang von 100.000 Stück zum Kurs von 18,42 Euro ausgeführt.
63
Am 24. Oktober 2000 um 10.00 Uhr, also sieben Minuten nach seiner Kaufempfehlung, verkaufte der Angeklagte alle 7.029 erworbenen Aktien
zu einem Kurs von 18,50 Euro, insgesamt also für 130.036,50 Euro, wodurch er einen Gewinn von 12.721,35 Euro erzielte.
64
b) Fälle 7 bis 9 (Anklagepunkte 8 bis 10):
65
Durch den gemeinsamen Tatplan mit dem Angeklagten K. auf die Idee gebracht, mit Empfehlungen an die von ihm betreuten Aktienfonds
Kurssteigerungen bestimmter Aktien veranlassen zu können, entschloss sich der Angeklagte O., auch für sich privat Aktien zu kaufen und diese
den von ihm betreuten Fonds zeitnah zum Kauf zu empfehlen, in dem sicheren Wissen, dass diese Fonds seinen Kaufempfehlungen folgen und
deshalb mit Sicherheit Kursanstiege eintreten würden, um die von ihm erworbenen Aktien sodann alsbald mit Gewinn zu verkaufen. Auch in
diesen Fällen rechnete der Angeklagte O. damit, dass er durch seine Handlungsweise gegen das Insiderhandelsverbot verstoßen könnte, nahm
dies jedoch gleichwohl im Hinblick auf die zu erwartenden Gewinne zumindest billigend in Kauf.
66
Im Zeitraum vom 9. Oktober 2000 bis 23. Oktober 2000 erwarb der Angeklagte O. daher über seine Privatkonten Aktien im Gesamtwert von
377.273,95 Euro jeweils in der Absicht, die entsprechenden Werte zeitnah auch den von ihm betreuten Aktienfonds zu empfehlen.
67
Entsprechend seinem Tatplan empfahl der Angeklagte O. auch hier jeweils im engen zeitlichen Zusammenhang mit seinen eigenen
Aktienkäufen die durch ihn erworbenen Werte an die von ihm betreuten Fonds DAC und H&A, welche, wie von ihm erwartet, seine
Empfehlungen auch hier nach Prüfung der Einhaltung der Anlagerichtlinien in jedem Fall zeitnah umsetzten und Orders in der empfohlenen
Größe an den Handel gaben. Die Empfehlungen an die Fonds lauteten hierbei ebenfalls zum Teil, die Käufe lediglich limitiert, also nur bis zu
einem bestimmten Kurs, sowie zum Teil nur oder zusätzlich zu der Limitierung "interessewahrend" auszuführen.
68
Nach den in jedem Fall eingetretenen Kurssteigerungen der empfohlenen Aktien verkaufte der Angeklagte O. entsprechend seiner vorgefassten
Absicht die entsprechenden Aktien jeweils zeitnah, teilweise noch am selben Tag, an welchem er diese auch den Fonds zum Kauf empfohlen
hatte. Im genannten Zeitraum erzielte der Angeklagte O. hierdurch einen Gewinn in Höhe von insgesamt 53.545,85 Euro.
69
Im Einzelnen ging der Angeklagte O. hierbei wie folgt vor:
70
(1) Fall 7 (Anklagepunkt Nr. 8):
71
Am 09. Oktober 2000 kaufte der Angeklagte O. über sein Konto bei der HypoVereinsbank Oberfranken in zwei Teilakten aufgrund eines
einheitlichen Entschlusses 4.000,- Aktien der Eurofins Scientific S.A. im Gesamtwert von 130.220,- Euro, wobei er um 13.41 Uhr 2.000 Stück
zum Kurs von 32,10 Euro und um 15.00 Uhr 2.000 Stück zum Kurs von 33,01 Euro erwarb.
72
Ebenfalls am 09. Oktober 2000 empfahl er dem DAC um 14.09 Uhr den Kauf von 100.000 Aktien der Eurofins Scientific S.A., limitiert auf einen
Kurs von 32,00 Euro, gültig bis 10. Oktober 2000. Die Empfehlung wurde vom DAC noch am selben Tag um 16.06 Uhr an den Handel gegeben
und dort um 18.18 Uhr oder 18.20 Uhr über 1.601 Stück an der Pariser Börse zu einem Kurs von 32,13 Euro ausgeführt.
73
Am 10. Oktober 2000 um 09.30 Uhr empfahl der Angeklagte für seine Kaufempfehlung vom Vortag eine Limiterhöhung auf 34,50 Euro, welche
vom DAC um 09.36 Uhr an den Handel gegeben wurde.
74
Um 14.24 Uhr empfahl der Angeklagte O. eine weitere Limiterhöhung auf einen Kurs von 36,50 Euro, welche vom DAC um 14.30 Uhr wiederum
an den Handel weitergeleitet wurde. Die Order des DAC wurde darauf am 10. Oktober 2000 um 17.30 Uhr über 12.030 Aktien an der Pariser
Börse zu einem Kurs von 36,00 Euro ausgeführt. Um 19.30 Uhr erfolgte ein weiterer Kauf von 14.088 Aktien über den Präsenzhandel der
Frankfurter Wertpapierbörse zu einem Kurs von 36,12 Euro. Die erworbenen 14.088 Aktien wurden hier von der mit der Order beauftragten
Depotbank HSBC T. & B. KgaA um 19.45 Uhr außerbörslich an den DAC weitergereicht. Weitere Kaufempfehlungen an den DAC erfolgten am
11. Oktober 2000 um 09.12 Uhr über 72.281 Aktien limitiert auf einen Kurs von 36,50 Euro, verbunden mit einer um 10.45 Uhr
ausgesprochenen Empfehlung einer Limitänderung auf einen Kurs von 35,50 Euro. Die entsprechenden Empfehlungen wurden vom DAC um
9.14 Uhr bzw. 10.51 Uhr an den Handel weitergeleitet und die Order am 11. Oktober 2000 um 17.30 Uhr in Höhe von 2.500 Stück über den
Präsenzhandel der Frankfurter Börse zum Kurs von 36,65 Euro und um 18.45 Uhr in Höhe von 30.000 Stück über die Pariser Börse zum Kurs
von 36,47 Euro ausgeführt. Die 2.500 erworbenen Aktien wurden am 12. Oktober 2000 um 10.53 Uhr außerbörslich von der Depotbank HSBC
T. & B. KgaA an den DAC weitergereicht.
75
Der Angeklagte O. verkaufte die privat erworbenen 4.000 Aktien der Eurofins Scientific S.A. am 11. Oktober 2000 um 9.24 Uhr zu einem Kurs
von 36,50 Euro insgesamt also für 146.000 Euro, wodurch er einen Gewinn von 15.780,- Euro erzielte.
76
(2) Fall 8 (Anklagepunkt Nr. 9):
77
Am 12. Oktober 2000 erwarb der Angeklagte O. über sein Konto bei der HypoVereinsbank Oberfranken aufgrund eines einheitlichen
Entschlusses in mehreren Teilakten insgesamt 2.000 Aktien der CE Consumer Electronic AG im Gesamtwert von 48.214,75 Euro. Dabei erwarb
er um 9.42 Uhr 195 Aktien zum Kurs von 24,00 Euro, 600 Aktien zum Kurs von 24,14 Euro sowie 205 Aktien zum Kurs von 24,15 Euro. Um 9.43
Uhr erwarb er 500 Aktien zum Kurs von 24,00 Euro sowie weitere 500 Aktien zum Kurs von 24,20 Euro.
78
Den interessewahrenden Kauf von 30.000 Aktien der CE Consumer Electronic mit einem Limit von 25,60 Euro tagesgültig empfahl der
Angeklagte daraufhin dem H&A am 12. Oktober 2000 um 10.27 Uhr. Die entsprechende Order wurde vom H&A um 10.29 Uhr an den Handel
gegeben und um 10.40 Uhr über den Parketthandel der Frankfurter Wertpapierbörse über 30.000 Stück zu einem Kurs von 26,35 Euro
ausgeführt.
79
Weiter empfahl der Angeklagte O. am 12. Oktober 2000 um 11.54 Uhr dem DAC den Kauf von 100.000 Aktien der CE Consumer Electronic AG,
limitiert auf einen Kurs von 27,00 Euro tagesgültig. Eine entsprechende Order wurde vom DAC um 12.02 Uhr mit dem Zusatz
"interessewahrend" an den Handel gegeben und kurz darauf über 100.000 Stück vollständig zum Kurs von 26,70 Euro über den Präsenzhandel
der Frankfurter Wertpapierbörse ausgeführt. Die Aktien wurden am selben Tag um 17.05 Uhr von der Depotbank HSBC T. & B. KgaA
außerbörslich an den DAC weitergeleitet. Am 13. Oktober 2000 um 10.09 Uhr empfahl der Angeklagte dem DAC erneut den Kauf von weiteren
100.000 Aktien, limitiert auf einen Kurs von 27,00 Euro tagesgültig. Eine entsprechende Order wurde vom DAC am 13. Oktober 2000 um 10.10
Uhr mit dem Zusatz "interessewahrend" an den Handel gegeben und um 14.30 Uhr über 100.000 Stück zu einem Kurs von 26,32 Euro
ausgeführt.
80
Von den privat erworbenen 2.000 Aktien verkaufte der Angeklagte O. am 13. Oktober 2000 um 17.12 Uhr bzw. 17.16 Uhr 1.000 Stück zum Kurs
von 26,05 Euro, 150 Stück zum Kurs von 26,25 Euro, 340 Stück zum Kurs von 26,20 Euro sowie 510 Stück zum Kurs von 26,13 Euro, insgesamt
also für 52.221,80 Euro. Hieraus erzielte er einen Gewinn von 4.007,05 Euro.
81
(3) Fall 9 (Anklagepunkt Nr. 10):
82
Am 23. Oktober 2000 erwarb der Angeklagte O. aufgrund eines einheitlichen Entschlusses über sein Depotkonto bei der Entrium Direktbank in
mehreren Teilakten 12.850 Aktien der Poet Holdings Inc. für insgesamt 198.839,20 Euro, wobei er im Einzelnen um 09.34 Uhr 7.850 Aktien zum
Kurs von 15,00 Euro und um 17.13 Uhr 1.700 Aktien zum Kurs von 16,22 Euro, 2.000 Aktien zum Kurs von 16,20 Euro, 470 Aktien zum Kurs von
16,19 Euro, 400 Aktien zum Kurs von 16,25 Euro, 120 Aktien zum Kurs von 16,30 Euro sowie 310 Aktien zum Kurs von 16,29 Euro erwarb.
83
Zeitgleich, also um 17.13 Uhr empfahl der Angeklagte dem DAC den Kauf von 50.000 Aktien der Poet Holdings Inc., limitiert auf 16,20 Euro
tagesgültig. Die entsprechende Order wurde vom DAC um 17.20 Uhr an den Handel gegeben und um 18.00 Uhr in Höhe von 9.240 Stück über
den Präsenzhandel der Frankfurter Wertpapierbörse zum Kurs von 16,18 Euro ausgeführt.
84
Am selben Tag, dem 23. Oktober 2000, empfahl der Angeklagte O. die Aktien der Poet Holdings Inc. an den H&A. Die erste Empfehlung erfolgte
um 9.47 Uhr, 13 Minuten nach dem ersten Privatkauf des Angeklagten O., und lautete auf den Kauf von 10.000 Aktien, limitiert auf 15,10 Euro
tagesgültig. Die Order wurde um 9.55 Uhr an den Handel weitergeleitet. Eine weitere Empfehlung für den Kauf von 20.000 Aktien, limitiert auf
16,30 Euro tagesgültig, gab der Angeklagte um 17.20 Uhr, also nur 7 Minuten nach seinem zweiten Privatkauf, an den H&A ab. Die
entsprechende Order wurde um 17.41 Uhr an den Handel weitergeleitet. Über den Präsenzhandel der Frankfurter Wertpapierbörse wurden
beide Orders um 19.00 Uhr mit 2.755 Stück zu einem Kurs von 16,30 Euro ausgeführt.
85
Am 24. Oktober 2000 empfahl der Angeklagte O. um 9.53 Uhr wiederum dem DAC den Kauf von 100.000 Aktien der Poet Holdings Inc., limitiert
auf einen Kurs von 18,50 Euro tagesgültig. Die entsprechende Order wurde um 9.58 Uhr mit dem Zusatz "interessewahrend" an den Handel
gegeben und um 10.30 Uhr über 100.000 Aktien zum Kurs von 18,42 Euro über den Präsenzhandel der Frankfurter Wertpapierbörse
ausgeführt.
86
Von den privat erworbenen Aktien veräußerte der Angeklagte am 23. Oktober 2000 um 18.55 Uhr 2.550 Stück zu einem Kurs von 16,70 Euro
und 300 Stück zu einem Kurs von 16,71 Euro sowie am 24. Oktober 2000 um 10.02 Uhr 10.000 Stück zu einem Kurs von 18,50 Euro, insgesamt
also für 232.598,- Euro. Hierdurch erzielte er einen Gewinn von 33.758,80 Euro.
87
c) Fall 10 (Anklagepunkt Nr. 11):
88
Um interessierte Kapitalanleger vom großen Erfolg der zusammen mit O. geplanten Aktiendeals zu überzeugen und um darzustellen, dass
schon viele andere Anleger viel Geld für die verbotenen Insiderhandelsgeschäfte bereitgestellt hätten, fertigte der Angeklagte K. an einem nicht
mehr näher feststellbaren Tag, wahrscheinlich im August/September 2000, eine "Umsatzübersicht" über angebliche Umsätze auf dem auf ihn
lautenden Konto bei ConSors. Die Umsatzübersicht bezog sich auf den Zeitraum 18. August 2000 bis 02. Oktober 2000 und wies einen
angeblichen Kontostand von 1.276.800,95 Euro aus, obwohl die Mehrzahl der ausgewiesenen Einzahlungen auf dem Konto nie stattgefunden
hatte und auch der angegebene Kontostand nicht der Wahrheit entsprach. Hierzu speicherte der Angeklagte zunächst auf der Festplatte seines
Computers durch Einscannen eine Original-Umsatzübersicht der ConSors Direktbank für das Konto. Diese Umsatzübersicht veränderte er dann
am Computer in der oben genannten Weise und druckte sie anschließend aus. Im Briefkopf war hierbei noch deutlich als "angeblicher"
Aussteller der veränderten Umsatzübersicht das Zeichen der ConSors Direktbank zu erkennen.
89
Diese gefälschte Umsatzübersicht gebrauchte der Angeklagte K. zur Täuschung in der Folgezeit zumindest am 4. Oktober 2000 gegenüber dem
Zeugen K., an einem nicht mehr näher feststellbaren Tag nach dem 01. Oktober 2000 gegenüber dem Zeugen S. sowie am 12. Oktober 2000
gegenüber dem unter dem Namen "M. D." auftretenden verdeckten Ermittler des LKA Baden-Württemberg, um diese Personen zur Einzahlung
von Kapital auf sein ConSors-Konto zu bewegen. III...
IV.
90
Die Angeklagten O. und K. haben sich damit in den Fällen 1 bis 6 des gemeinschaftlich begangenen Verstoßes gegen das Verbot von
Insidergeschäften in 6 Fällen jeweils in Tateinheit mit vorsätzlichem Erbringen von Finanzdienstleistungen ohne Erlaubnis gemäß §§ 38 Abs. 1
Nr. 1, 14 Abs. 1 Nr. 1, Absatz 2 WpHG, §§ 54 Abs. 1 Nr. 2, 32 Abs. 1 Satz 1, 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 4, Abs. 1b, Abs. 11 KWG, §§ 25 Absatz 2, 52, 53
StGB schuldig gemacht.
91
In den Fällen 7 bis 9 hat sich der Angeklagte O. in 3 Fällen des Verstoßes gegen das Verbot von Insidergeschäften gemäß §§ 38 Abs. 1 Nr. 1,
14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG, § 53 StGB schuldig gemacht.
92
Im Fall 10 hat sich der Angeklagte K. der Urkundenfälschung gemäß § 267 Absatz 1 StGB schuldig gemacht.
93
1. Zum Verstoß gegen das Verbot von Insidergeschäften (Fälle 1 bis 9)
94
a) Insidereigenschaft und Insidertatsache
95
Der Angeklagte O. ist Primärinsider im Sinn des § 13 Absatz 1 Nr. 3 WpHG. Der Angeklagte K. ist Sekundärinsider im Sinn des § 14 Absatz 2
WpHG.
96
Nach § 13 Absatz 1 Nr. 3 WpHG ist Insider, wer auf Grund seines Berufes oder seiner Tätigkeit oder seiner Aufgabe bestimmungsgemäß
Kenntnis von einer Insidertatsache hat. Nach § 14 Absatz 2 WpHG ist Sekundärinsider, wer als Dritter Kenntnis von einer Insidertatsache hat.
Strafbarkeitsvoraussetzung ist damit zunächst das Vorliegen der Kenntnis von einer Insidertatsache beim Täter.
97
(1) Insidertatsache
98
Die Insidertatsache wird durch § 13 Absatz 1 WpHG als eine nicht öffentlich bekannte Tatsache, die sich auf einen oder mehrere Emittenten von
Insiderpapieren oder auf Insiderpapiere bezieht und die geeignet ist, im Falle ihres öffentlichen Bekanntwerdens den Kurs der Insiderpapiere
erheblich zu beeinflussen, definiert.
99
(a) Insidertatsache ist im vorliegenden Fall die Absicht des Angeklagten O., Insiderpapiere, also Aktien, privat zu erwerben und diese zeitnah an
die von ihm betreuten Aktienfonds zum Kauf zu empfehlen, um aus hierdurch entstehenden Kurssteigerungen kurzfristig Gewinne zu erzielen.
Diese Absicht war nicht öffentlich bekannt. Die Kammer ist der Ansicht, dass der Begriff der "Insidertatsache" im WpHG dahingehend
auszulegen ist, dass er auch Absichten (innere Tatsachen) umfasst (ebenso Assman/Schneider, WpHG, 2. Auflage 1999 § 13 Rn. 33a;
Schönke/Schröder, StGB, 26. Auflage 2001, § 263 Rn. 10; LG Frankfurt a. M., Beschuss. V. 9.11.1999, NJW 2000, 301 f; Petersen, Wistra 1999,
329 f, jeweils m.w.N.).
100 Denn die Absicht als solche ist wertungsfrei als innerer Zustand grundsätzlich beweisbar und stellt damit eine "Tatsache" dar.
101 (b) erhebliche Kursrelevanz
102 Die Kammer ist der Auffassung, dass die Insidertatsache, also die Absicht des Angeklagten O., Aktien zu erwerben und diese dann zeitnah den
von ihm betreuten Fonds zu empfehlen, um an den hierdurch entstehenden Kursanstiegen zu partizipieren, im Falle ihres öffentlichen
Bekanntwerdens geeignet wäre, den Kurs der Aktien erheblich zu beeinflussen.
103 Ob eine Tatsache geeignet ist, im Falle ihres öffentlichen Bekanntwerdens den Kurs der Insiderpapiere erheblich zu beeinflussen, ist durch eine
objektiv-nachträgliche, auf den Zeitpunkt des Insiderhandels bezogene und die Umstände des Einzelfalles berücksichtigende Prognose zu
ermitteln (vgl. Schneider/Assmann, WpHG, 2. Auflage 1999, § 13 Rn. 65 ff m.w.N.). Entscheidend ist dabei nicht, wie der Insider die
Kurserheblichkeit der von ihm genutzten Tatsache bewertet, sondern die anhand objektiver Maßstäbe nachträglich unter Berücksichtigung aller
Umstände des Einzelfalles zu ermittelnde Kurserheblichkeit. Inwieweit der Insider die Umstände kannte, die dem objektiven Urteil über die
Kurserheblichkeit einer Tatsache zugrunde liegen, ist eine Frage des subjektiven Tatbestandes des Insiderhandelsverbotes.
104 Abzustellen ist auf den Zeitpunkt der Tathandlung. Zu diesem Zeitpunkt stellt sich für den Insider die Frage, ob er aus einer der Öffentlichkeit
nicht bekannten Insidertatsache gegenüber den sonstigen Marktteilnehmern einen ungerechtfertigten wirtschaftlichen Sondervorteil erzielen
kann. Da die zu treffende Prognose auf den Tatzeitpunkt bezogen ist, ist es unerheblich, ob sich nach dem in Betracht kommenden
Insidergeschäft und dem gegebenenfalls öffentlichen Bekanntwerden der Tatsache der Kurs der Insiderpapiere tatsächlich erheblich verändert
hat oder nicht (vgl. auch Assmann/Schneider, WpHG, 2. Auflage 1999, § 13 Rn. 65b m.w.N.). Eine bei Bekanntwerden tatsächlich eingetretene
Kursveränderung kann als Indiz für die Eignung und die Erheblichkeit der Insidertatsache zur Kursbeeinflussung herangezogen werden. Dies
setzt jedoch voraus, dass andere Umstände als das Bekanntwerden der Insidertatsache als Ursache für die Kursbewegung auszuschließen
sind.
105 Als Beurteilungsmaßstab für die vorzunehmende Eignungsprognose ist nach Ansicht der Kammer auf den Maßstab eines "verständigen
Anlegers", also eines mit den konkreten Marktgegebenheiten und Marktgesetzlichkeiten vertrauten börsenkundigen Anlegers, abzustellen (vgl.
auch Assmann in Assman/Schneider, WpHG, 2. Auflage 1999, § 13 Rn, 65c). Der anzuwendende Prognosemaßstab muss es dem potentiellen
Täter einer Insiderstraftat ermöglichen, die Kursrelevanz der ihm bekannten Insidertatsache im Falle ihres Bekanntwerdens abzuschätzen.
Abzustellen ist daher nicht auf die "allgemeine Lebenserfahrung" sondern auf eine Sichtweise, welche keine überzogenen Anforderungen an
die Prognosefähigkeit des Insiders stellt. Der Prognosemaßstab des "verständigen Anlegers" entspricht am ehesten dem Verständnishorizont
der Personen, die nach § 13 Absatz 1 WpHG als "Primärinsider" in Betracht kommen. Auch der Sekundärinsider nach § 14 Absatz 2 WpHG
muss sich, um abschätzen zu können, ob ihm die Verwendung einer ihm bekannt gewordenen Insidertatsache wirtschaftlich Vorteile bringen
kann, damit auseinandersetzen, wie der "Markt" auf diese Insidertatsache reagieren würde. Hierzu muss er sich zwangsläufig mit den
Markgegebenheiten und dem potentiellen Verhalten der Anleger am entsprechenden Markt auseinandersetzen.
106 Bei der vorzunehmenden Prognose sind weiterhin alle zum Tatzeitpunkt bekannten speziellen Marktverhältnisse zu berücksichtigen. Hierzu
gehören neben dem allgemeinen Handelsverhalten am betreffenden Markt auch Umstände wie die "Marktenge" oder die "Volatilität" der
gehandelten Insiderpapiere. Ebenfalls zu berücksichtigen sind allgemeine oder branchenspezifische Kurstrends (vgl. auch
Assmann/Schneider, WpHG, 2. Auflage 1999, § 13 Rn 65d m.w.N.).
107 Weitere Voraussetzung ist, dass die Insidertatsache im hypothetischen Falle des Bekanntwerdens den Kurs der betreffenden Insiderpapiere
erheblich beeinflussen könnte. Welche Kursveränderungen hierbei als erheblich anzusehen sind, lässt das Gesetz offen. Ob die Höhe des
hypothetisch zu erwartenden Kursausschlages als erheblich angesehen werden kann, ist auch hier aufgrund einer Prognose unter
Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalles zu ermitteln. Hierbei gelten ebenfalls die bereits angeführten Bewertungsmaßstäbe
(vgl. auch Assmann/Schneider, WpHG, 2. Auflage 1999, § 13 Rn 66 f m.w.N.).
108 Um alle Umstände des Einzelfalles berücksichtigen zu können, ist nach Ansicht der Kammer eine Beurteilung der Erheblichkeit anhand von
festen, vorgegebenen Schwellenwerten unpraktikabel. Zu Berücksichtigen ist insoweit, dass ein objektiver Schwellenwert als
Beurteilungskriterium bei der vorzunehmenden hypothetischen Prognose der Kurserheblichkeit kein taugliches Kriterium sein kann, da es auf
die tatsächliche Kursentwicklung ja gerade nicht ankommt. Eine Prognose, ob beim hypothetischen Bekanntwerden der Insidertatsache die
Kursentwicklung einen bestimmten Schwellenwert überschritten hätte, mag dieser nun bei 5 % Kursabweichung liegen oder bei einem anderen
Wert, ist nach Ansicht der Kammer nicht möglich. Sollte im Einzelfall bei Bekanntwerden der Insidertatsache eine entsprechende
Kursentwicklung stattfinden, die einen entsprechenden Schwellenwert erreicht, so kann dies, wenn andere kursbeeinflussende Faktoren
ausgeschlossen werden können, gegebenenfalls als Indiz herangezogen werden.
109 Nach Ansicht der Kammer kommt es bei der Prognose hinsichtlich der Erheblichkeit darauf an, welchen Kauf- oder Verkaufsanreiz das
Bekanntwerden der Insidertatsache auf einen die Tatsachen kennenden und rational handelnden, d.h. einen die besonderen Umstände und
Verhältnisse des spezifischen Marktes und des fraglichen Insiderpapieres mitberücksichtigenden Anleger ausübt. Es muss mit überwiegender
Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen sein, dass das Bekanntwerden der Insidertatsache zu einem Kursanstieg führen würde, welcher es für
einen potentiellen Insider als lohnend erscheinen lässt, die Insidertatsache für eigene Zwecke vorab wirtschaftlich zu nutzen (vgl. auch
Assmann in Assmann/Schneider, WpHG, 2. Auflage 1999, § 13 Rn 71 m.w.N.). Allein die Anwendung eines solchen flexiblen
Erheblichkeitskriteriums ermöglicht die Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles.
110 Unter Berücksichtigung der genannten Bewertungsgrundsätze kommt die Kammer aufgrund der getroffenen Feststellungen zu dem
Prognoseergebnis, dass "hypothetisch" das Bekanntwerden der Absicht des Angeklagten O., Aktien nach vorangegangen Privatkäufen den
betreuten Fonds zeitnah zum Kauf zu empfehlen, um an den hierdurch entstehenden Kurssteigerungen zu partizipieren, zu erheblichen
Kurssteigerungen geführt hätte.
111 Hierbei war zum einen der Status des Angeklagten O. zum damaligen Zeitpunkt zu berücksichtigen. Er war nicht nur Analyst, sondern auch
Journalist, Chefredakteur, stellvertretender Chefredakteur und Betreiber einer Börsenhotline. Darüber hinaus trat er auch noch im Fernsehen in
Börsensendungen auf. Des weiteren verfügte er über einen erheblichen Bekanntheitsgrad und Einfluss bei den am "Neuen Markt"
investierenden institutionellen Großanlegern und den mit den Gegebenheiten des "Neuen Marktes" vertrauten Privatanlegern. Auch hatte er
eine hervorragende Performance, welche in den einschlägigen Kreisen ebenfalls bekannt war.
112 Zum anderen war zum Tatzeitpunkt am "Neuen Markt" bei den Anlegern, insbesondere den Privatanlegern, immer noch die Gier nach schnellen
Gewinnen vorhanden.
113 Weiterhin waren in die Prognoseentscheidung die von O. an die Fonds empfohlene erhebliche Ordergröße und die Marktverhältnisse der vom
Angeklagten gehandelten Papiere einzubeziehen, bei denen es sich überwiegend um enge Nebenwerte mit geringer Liquidität handelte und
bei denen die jeweils vom Angeklagten empfohlenen Ordergröße nicht unbeträchtlich war.
114 Unter Berücksichtigung all dieser Umstände kommt die Kammer zu dem Prognoseergebnis, dass bei Bekanntwerden der Absicht des
Angeklagten O., zumindest die am "Neuen Markt" interessierten und tätigen Privatanleger massenhaft in dieselben Werte wie die vom
Angeklagten gehandelten eingestiegen wären, um ebenfalls kurzfristig von den erwarteten Kurssteigerungen zu profitieren. Dies hätte zu einem
extremen Nachfrageüberhang und damit zu erheblichen Kurssteigerungen geführt.
115 (2) Insidereigenschaft
116 (a) Angeklagter O.
117 Der Angeklagte O. hatte aufgrund seiner Tätigkeit als Börsenjournalist und Fondsberater auch bestimmungsgemäß, also nicht nur zufällig oder
bei Gelegenheit, Kenntnis von der Insidertatsache i.S. v.. § 13 Absatz 1 Nr. 3 WpHG (sog. Primärinsider).
118 (b) Angeklagter K.
119 Der Angeklagte K. war "Sekundärinsider", also Dritter i.S. d. § 14 Absatz 2 WpHG. Auch dem Sekundärinsider, der Kenntnis von einer
Insidertatsache hat, ist es nach § 14 Absatz 2 WpHG verboten, unter Ausnutzung seiner Kenntnis Insiderpapiere für eigene oder fremde
Rechnung oder für einen anderen zu erwerben oder zu veräußern.
120 b) Erwerb von Insiderpapieren
121 Die Angeklagten haben in den Fällen 1 bis 6 mittäterschaftlich Insiderpapiere für eigene oder fremde Rechnung oder für einen anderen
erworben. Der Angeklagte O. hat in den Fällen 7 bis 9 als Alleintäter Insiderpapiere für eigene Rechnung erworben.
122 Sowohl nach § 14 Absatz 1 Nr. 1 WpHG als auch nach § 14 Absatz 2 WpHG ist es einem Insider verboten, unter Ausnutzung seiner Kenntnis
einer Insidertatsache Insiderpapiere für eigene oder fremde Rechnung oder für einen anderen zu erwerben oder zu veräußern.
123 (1) Der Angeklagte O. hat sowohl in den Fällen 1 bis 6 als auch in den Fällen 7 bis 9 Insiderpapiere für sich, den Angeklagten K. und mehrere
Kapitalanleger erworben.
124 (2) Der Angeklagte K. war selbst persönlich nicht an den konkreten Aktienkäufen durch den Angeklagten O. beteiligt. Der Erwerb der
Insiderpapiere durch den Angeklagten O. ist dem Angeklagten K. jedoch gemäß § 25 Absatz 2 StGB zuzurechnen. Beide Angeklagten sind
hinsichtlich den Fällen 1 bis 6 als Mittäter anzusehen. Der Angeklagte O. handelte bei Tatbegehung entsprechend dem zuvor mit dem
Angeklagten K. abgesprochenen Tatplan. Der Angeklagte K. wollte die Handlungen des Angeklagten O. als eigene. Zudem hatte der
Angeklagte K. schon aufgrund des Umstandes, dass er dem Angeklagten O. für die Aktienkäufe sein Depotkonto nebst Passwort und TAN-
Nummern und zudem einen erheblichen Geldbetrag zur Verfügung stellte, Tatherrschaft.
125 Mittäterschaft ist auch zwischen einem Primärinsider und einem Sekundärinsider möglich. Beide Angeklagten verstoßen gegen dasselbe
Strafgesetz. Die Verbote der § 14 Absatz 1 Nr. 1 WpHG und § 14 Absatz 2 WpHG stellen hierbei lediglich unterschiedliche Modifikationen des
Sachverhalts dar (vgl. auch Schönke/Schröder, StGB, 26. Auflage 2001, § 25 Rn 87).
126 c) Ausnutzen der Kenntnis einer Insidertatsache
127 Die Angeklagten haben beim mittäterschaftlichen Erwerb der Insiderpapiere auch die Kenntnis von einer Insidertatsache gemäß §§ 14 Absatz 1
Nr. 1, Absatz 2 WpHG, 25 Absatz 2 StGB ausgenutzt, da sie für sich ihren Wissensvorsprung in der Hoffnung und mit der Zielrichtung zunutze
gemacht haben, für sich einen wirtschaftlichen Vorteil zu erlangen, der als Verstoß gegen den Grundsatz der Chancengleichheit der Anleger am
Wertpapiermarkt anzusehen und daher zu missbilligen war (vgl. auch BT-Drucks. 12/6679 S. 47; Schneider/Burgard, ZIP 1999, 381ff, 388).
128 d) Subjektiver Tatbestand
129 Aufgrund der getroffenen Feststellungen steht fest, dass die Angeklagten in Kenntnis aller objektiven Umstände handelten und es zumindest
billigend in Kauf nahmen, mit ihrer Handlungsweise gegen das Verbot von Insidergeschäften zu verstoßen.
130 Hinsichtlich des Verstoßes gegen § 14 Absatz 1 Nr. 1 und Absatz 2 WpHG genügt bedingter Vorsatz hinsichtlich des Vorliegens einer
Insidertatsache. Ziel des Ausnutzens von Insiderwissen durch den Täter ist die Erzielung von wirtschaftlichen Vorteilen. Nur diese
Vorteilsabsicht muss Ziel des Verhaltens sein, während die Umstände, mit deren Hilfe dieses Ziel angestrebt wird, durchaus nicht sicher
feststehen müssen (vgl. auch Assmann/Cramer, WpHG, 2, Auflage 1999, § 14 Rn, 17f m.w.N.).
131 4. Erbringen von Finanzdienstleistungen ohne Erlaubnis (Fälle 1 bis 6)
132 In den Fällen 1 bis 6 haben die Angeklagten tateinheitlich zu den Verstößen gegen das Verbot von Insidergeschäften im bewussten und
gewollten Zusammenwirken ohne die hierfür nach § 32 Absatz 1 KWG erforderliche Erlaubnis gewerbsmäßig und in einem Umfang, der einen
in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert hätte, im Wege des Eigenhandels Finanzinstrumente angeschafft und
veräußert.
133 Die Anschaffung von Finanzinstrumenten, nach § 1 Absatz 11 Nr. 1 KWG u.a. von Aktien, im eigenen Namen für eigene Rechnung,
wirtschaftlich aber (auch) für einen anderen, unterfällt § 1 Absatz 1a Satz 2 Nr. 4 KWG (vgl. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, 1. Auflage 2000,
§ 1 Rn 57 ff, 118ff, 127.; Reischauer/Kleinhans, KWG, Stand 4/02, § 1 Rn 193).
134 Die Erbringung von Finanzdienstleistungen nach § 1 Absatz 1a Satz 2 Nr. 4 KWG im Wege des Eigenhandels durch die Angeklagten erfolgte
gewerbsmäßig, da die Aktiengeschäfte im Interesse der Kapitalgeber auf Dauer angelegt waren und mit der Absicht betrieben wurden, einen
Anteil an den erzielten Gewinnen zu erhalten (vgl. Reischauer/Kleinhans, KWG, Stand 4/02, § 1 Rn 22f). Zudem erforderten die durch die
Angeklagten geplanten Aktiengeschäfte an sich objektiv einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Gewerbebetrieb. Entscheidend hierfür
ist der Umfang der getätigten und geplanten Geschäfte unter Berücksichtigung der Anzahl der Geschäfte, des Umsatzes, des Anlagekapitals
und des Ertrages. Angesichts der getätigten und geplanten Anzahl der Geschäfte und des Umfangs des hierbei eingesetzten Kapitals von
mehreren hunderttausend Euro war nach Ansicht der Kammer bei den durch die Angeklagten vorgenommenen und geplanten Geschäften auch
objektiv eine kaufmännische Organisation erforderlich.
135 Die Angeklagten handelten im wirtschaftlichen Interesse der Kapitalanleger. Dass sie hierbei zum Teil auch im eigenen Interesse handelten,
steht der Anwendung des § 1 Absatz 1a Satz 2 Nr. 4 KWG nicht entgegen.
136 Beiden Angeklagten war bewußt, dass sie für die Aktiengeschäfte im wirtschaftlichen Interesse Dritter bei dem von ihnen geplanten Umfang der
Geschäfte eine Erlaubnis benötigten.
137 3. Urkundenfälschung
138 Im Fall 10 hat sich der Angeklagte K. der Urkundenfälschung gemäß § 267 Absatz 1 StGB strafbar gemacht. Das Fälschen der Umsatzübersicht
geschah mit dem Ziel, die verfälschte Urkunde gegenüber einer Vielzahl von potentiellen Kapitalgebern zu gebrauchen. Der Fälschungsakt
sowie die darauffolgende mehrfache Verwendung der gefälschten Urkunde stellt daher nur eine Urkundenfälschung dar (vgl.
Schönke/Schröder, StGB, 26. Auflage 2001, § 267 Rn. 79ff m.w.N.).
139 4. Konkurrenzen
140 In den Fällen 1 bis 6 stehen der Verstoß gegen das Verbot von Insidergeschäften und das vorsätzliche Erbringen von Finanzdienstleistungen
ohne Erlaubnis jeweils in Tateinheit zueinander (§ 52 StGB). Dabei kann dahinstehen, ob die einzelnen Verstöße gegen § 54 KWG eine
rechtliche Handlung im Sinne einer rechtlichen Handlungseinheit darstellen könnten, denn die Straftat nach § 54 KWG - Strafrahmen bis zu 3
Jahren Freiheitsstrafe - vermag die Straftaten nach § 38 WpHG - Strafrahmen bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe - nicht zu einer einheitlichen
Handlung zu verklammern. Die Fälle 1 bis 6, 7 bis 9 und 10 stehen gemäß § 53 StGB in Tatmehrheit zueinander.
V.
...
VI.
...
VII.
141 Die Kostenentscheidung folgt aus § 465 Abs. 1 StPO.