Urteil des LG Stuttgart vom 23.12.2004

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LG Stuttgart Urteil vom 23.12.2004, 22 O 309/03
Gebäudeversicherung: Einbeziehung eines überdachten Schwimmbads in den Versicherungsschutz
Tenor
1.) Die Klage wird abgewiesen.
2.) Die Gerichtskosten tragen die Klägerin Ziffer 1 und der Kläger Ziffer 2 je zur Hälfte. Von den außergerichtlichen Kosten der
Beklagten tragen die Klägerin Ziffer 1 1/3 und der Kläger Ziffer 2 2/3. Die Kläger tragen ihre außergerichtlichen Kosten jeweils selbst.
3.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger Ziffer 2 wird gestattet, die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung
in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in
gleicher Höhe leistet.
Streitwert:
ab dem 14.08.2003: Euro 12.000,00
Tatbestand
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Nachdem die Klägerin Ziffer 1 wegen fehlender Aktivlegitimation ihre Klage gegen die Beklagte mit Schriftsatz vom 14.08.2003 (Bl. 51 d. A.)
zurückgenommen und der Kläger Ziffer 2 von der ursprünglich verfolgten Leistungsklage (Euro 19.023,45) auf eine Feststellungsklage
übergegangen ist, streiten die Parteien darüber, ob das Schwimmbad und seine Verdachung auf dem klägerischen Grundstück ... Gegenstand
des Versicherungsvertrages der Parteien ist, ob jenes Dach infolge starken Schneefalls irreparabel beschädigt worden ist und ob die Beklagte
hierfür einzutreten hat.
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Das streitgegenständliche Schwimmbad schließt an das Wohngebäude an und bezieht seine Versorgung bzgl. Wasser, Abwasser, Warmwasser
und Strom vom Wohngebäude.
3
Seit dem Wegfall des Monopols der damaligen B Gebäudebrandversicherung ist das Gebäude des Klägers Ziffer 2 bei der Beklagten gegen
Elementarschäden versichert. Dem Versicherungsvertrag liegen die FEVB vom 13.12.1993 (Anlage B 1, Bl. 37 ff d. A.) zugrunde. Der zum
Zeitpunkt des behaupteten Versicherungsfalls gültige Versicherungsschein ist als Anlage zum Schriftsatz vom 14.08.2003 (Bl. 52/53 d. A.)
vorgelegt worden. Auf den Inhalt dieser beiden Unterlagen wird vollumfänglich Bezug genommen.
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Zu keinem Zeitpunkt vor Geltendmachung von Ansprüchen wegen des streitgegenständlichen behaupteten Versicherungsfalls hat der Kläger
Ziffer 2 die Beklagte von der Existenz des Schwimmbades und/oder seiner Bedachung in Kenntnis gesetzt.
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Der Kläger Ziffer 2 behauptet,
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am 28.12.2001 habe es derart stark geschneit, dass das Dach des Schwimmbades unter der Schneelast zusammengebrochen und irreparabel
beschädigt worden sei. Die Beseitigung des zerstörten Daches koste Euro 1.302,80, die Neuerrichtung weitere Euro 17.720,25 Euro. Er vertritt
die Auffassung, das Schwimmbad sei als Anbau oder Zubehör mitversichert, zumindest aber unter dem Gesichtspunkt der Verletzung einer
Aufklärungspflicht seitens der Beklagten so zu behandeln, als sei es mitversichert, und zwar ohne dass es darauf ankäme, dass er die Beklagte
nicht von dem Schwimmbad und/oder des Daches unterrichtet habe. Die Eigenschaft als Bestandteil oder Zubehör ergebe sich aus der
Verbindung der Schwimmhalle mit dem Wohngebäude in Form der Versorgungsleitungen. Im übrigen sei es zu Monopolzeiten
Gewohnheitsrecht gewesen, dass eine Unterrichtung des Versicherers bzgl. Anbauten etc. nicht notwendig gewesen sei, um
Versicherungsschutz zu genießen. Er habe wie zu Monopolzeiten davon ausgehen dürfen, dass die Stellung eines entsprechenden Antrags auf
Baugenehmigung genüge, um das Schwimmbad und später auch das Dach in den Versicherungsvertrag einzubeziehen. Ggf. sei die Beklagte
verpflichtet gewesen, ihn auf Änderungen diesbezüglich hinzuweisen, was sie nicht getan habe, so dass die Beklagte sich nunmehr nicht auf
fehlenden Versicherungsschutz berufen könne.
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Der Kläger Ziffer 2 beantragt,
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festzustellen, dass der Schaden vom 28.12.2001 an der Schwimmbadverdachung des Grundstücks ... in ... ein Versicherungsfall ist.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
11 Sie vertritt die Ansicht,
12 das Schwimmbad und sein Dach seien nicht versichert, da nicht in dem Versicherungsschein aufgeführt. Das Schwimmbad sei auch weder ein
Bestandteil noch Zubehör des Gebäudes im Sinne der Versicherungsbedingungen. Sie bestreitet weiter eine Zerstörung infolge Schneelast und
die Notwendigkeit eines neuen Daches und die vom Kläger Ziffer 2 dafür behaupteten Kosten.
13 Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze einschließlich der Anlagen vollumfänglich Bezug
genommen.
Entscheidungsgründe
14 Die zulässige Klage ist unbegründet.
15 Dem verbliebenen Kläger Ziffer 2 steht der geltend gemachte Anspruch nicht zu, denn das Schwimmbad und sein Dach unterfallen nicht dem
Versicherungsschutz des zwischen den Parteien bestehenden Versicherungsvertrages.
16 Nachdem das Versicherungsmonopol weggefallen ist, gilt zwischen den Parteien der privatrechtliche Versicherungsvertrag, dessen Inhalt sich
aus dem Versicherungsschein und den Versicherungsbedingungen ergibt.
17 In dem vorgelegten Versicherungsschein befindet sich keinerlei Hinweis auf ein Schwimmbad oder dessen Dach, so dass ein eigenständiger
Versicherungsschutz nicht gegeben ist.
18 Nach § 2 (1) FEVB ist neben dem bekannt gegebenen Gebäude mitversichert dessen Zubehör. Was darunter zu verstehen ist, ergibt sich aus § 2
(2) FEVB.
19 Den Begriff "Anbau" gibt es im Rahmen dieser Bedingungen nicht. Das Schwimmbad und/oder dessen Dach sind nicht Zubehör im Sinne dieser
Regelungen, da es sich weder um bewegliche Gegenstände noch um Maschinen oder technische Anlagen handelt.
20 Ohne gesonderte Vereinbarung könnte es demnach nur dann mitversichert sein, wenn es sich um einen wesentlichen Bestandteil des
Wohngebäudes im Sinne der §§ 93/94 BGB handeln würde. Dem ist aber offensichtlich nicht so: die Tatsache, dass die Versorgung mit Wasser,
Strom etc. vom Wohngebäude her erfolgt, führt nicht dazu, dass das Schwimmbad zum wesentlichen Bestandteil wird, da das Schwimmbad auch
mit einer – noch herzustellenden, aber grundsätzlich möglichen – eigenen Versorgung betrieben werden könnte und eine Trennung von
Wohngebäude und Schwimmbad zu keiner Zerstörung des einen oder anderen Teiles führen würde.
21 Das Schwimmbad ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt versichert, dass nach den Behauptungen des Klägers Ziffer 2 früher eine Mitteilung an
die Versicherung nicht erforderlich gewesen sein mag im Hinblick auf eine gewohnheitsrechtliche Handhabung der Verwaltung. Es ist bereits
nichts dafür ersichtlich, warum die Beklagte als – auch dem Kläger Ziffer 2 bekannt – privatrechtliches Unternehmen an eine frühere
Handhabung der an öffentlich-rechtliche Vorschriften gebundenen Verwaltung gebunden sein sollte, zumal die Versicherungsbedingungen
FEVB zwischen den Parteien vereinbart worden sind, also eine entsprechende Regelung des Versicherungsverhältnisses getroffen worden ist.
Mit dieser Vereinbarung der FEVB ist für die Anwendung früheren Gewohnheitsrechts einer Behörde auch in der Sache die Grundlage entzogen
worden.
22 Eine Mitversicherung besteht schließlich auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Aufklärungspflichten seitens der Beklagten.
Dies würde voraussetzen das Bestehen einer derartigen Aufklärungspflicht. Die Beklagte wäre zu Aufklärungen nur verpflichtet gewesen, wenn
ihr, wie auch immer, die Errichtung des Schwimmbades und des Daches positiv bekannt gemacht worden oder schon bekannt gewesen wäre.
Hierfür hat der Kläger Ziffer 2 nichts vorgetragen.
23 Es gehört nicht, wie der Kläger Ziffer 2 zu meinen scheint, zu den Aufklärungspflichten des Versicherungsunternehmens, ohne konkreten Anlaß
ihre Kunden über alle denkbaren Varianten und Möglichkeiten aufzuklären und nachzufragen, ob sich vielleicht etwas am Gebäude und seinem
Zubehör und damit bzgl. des Versicherungsumfangs etwas geändert haben könnte. Anhand des Versicherungsscheins war für den Kläger Ziffer
2 deutlich, dass das Schwimmbad nicht erwähnt ist. Er hätte also mühelos feststellen können, dass der Beklagten offenbar von diesem Gebäude
nichts bekannt war und die Beklagte darauf hinweisen können, dass in dem Versicherungsschein etwas fehlt. Aus dieser Unterlassung des
Klägers Ziffer 2 eine Aufklärungspflicht für die Beklagte, die eher als Nachforschungspflicht zu bezeichnen wäre, herzuleiten, läßt sich rechtlich
nicht begründen.
24 Hieran ändert sich nichts dadurch, dass die Badische und Württembergische Gebäudeversicherung, seinerzeit noch als Anstalt öffentlichen
Rechts, den Kläger Ziffer 2 im Juli 1993 (Bl. 9 d. A.) anläßlich der Beendigung des Versicherungsmonopols darauf hingewiesen hat, er brauche
nichts zu unternehmen, um den Versicherungsschutz zu erhalten. Dieses Schreiben konnte und durfte der Kläger Ziffer 2 nur so verstehen, dass
die Versicherung nicht automatisch beendet sein, sondern ein privatrechtlicher Versicherungsvertrag entstehen werde, wenn er nichts
unternimmt. Dementsprechend hat er auch einen Versicherungsschein erhalten, in dem ausdrücklich auf die Versicherungsbedingungen
hingewiesen wird.
25 Damit war die Klage abzuweisen.
26 Der nicht innerhalb der gesetzten Frist eingereichte Schriftsatz vom 21.12.2004 gibt keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wieder zu
eröffnen. Unabhängig davon, dass kein Grund ersichtlich ist, warum der Kläger Ziffer 2 den nunmehr angeblich fehlerhaften Vortrag der
Klageschrift zur Fertigstellung des Schwimmbades selbst einerseits und des Daches andererseits nicht innerhalb der langen Zeit zwischen
Klageeinreichung im Mai 2003 und dem Ende der Schriftsatzfrist im Oktober 2004 hat korrigieren können, ergibt dieser geänderte, wenig
konkrete Vortrag auch keinen Gesichtspunkt, der die Rechtslage in anderem Licht erscheinen ließe, denn das Dach des Schwimmbades ist nach
dem neuen Vorbringen weder als wesentlicher Bestandteil noch als Zubehör des Schwimmbades anzusehen. Streitgegenständlich ist aber
ausschließlich ein Schaden am Dach, so dass das zum Schwimmbad als Ganzem Gesagte auf das Dach entsprechend anzuwenden wäre.
27 Die Kostenentscheidung folgt bzgl. der Klägerin Ziffer 1 aus § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO, bzgl. des Klägers Ziffer 2 aus den §§ 91 ZPO, verbunden
mit § 100 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit bzgl. des Klägers Ziffer 2 aus § 708 Ziffer 11, 711 ZPO.