Urteil des LG Stuttgart vom 08.05.2002

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LG Stuttgart Urteil vom 8.5.2002, 15 O 480/01
Amtshaftung einer straßenverkehrssicherungspflichtigen Gemeinde: Fahrzeugschaden durch eine von einem Walnußbaum herabfallende
Nuß
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 743,29 EUR nebst 8,62 % Zinsen hieraus seit 21.11.2001 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Der Kläger hat 71 %, die Beklagte 29 % der Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Parteien können die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden, die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe von 1.000,00
EUR, der Kläger durch Sicherheitsleistung in Höhe von 550,00 EUR, falls nicht die jeweils andere Partei Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Streitwert: 2.589,27 EUR.
Tatbestand
1
Der Kläger verlangt von der Beklagten Schadensersatz wegen Beschädigung seines Pkws.
2
Er behauptet, am 30.09.2001 sei beim Befahren der Waiblinger Straße in Korb von einem am Straßenrand wachsenden Walnussbaum eine
Walnuss auf Kühlerhaube, Windschutzscheibe und Dach seines Pkws Mercedes Benz E 200 geprallt und habe dort Beschädigungen verursacht,
zu deren Beseitigung Kosten in Höhe von 4.792,18 DM aufgewendet werden müssten. Dies ergebe sich aus einer Reparaturkosten-Kalkulation
der Firma Daimler-Chrysler, für die der Kläger 232,00 DM habe bezahlen müssen. Zusammen mit einer Auslagenpauschale in Höhe von 40,00
DM betrage der unfallbedingte Schaden daher 5.064,18 DM.
3
Zum Ersatz dieses Schadens sei die Beklagte verpflichtet, weil diese hinsichtlich des Nussbaums die ihr obliegende Verkehrssicherungspflicht
verletzt habe. Im Rahmen dieser Verkehrssicherungspflicht hätte die Beklagte durch Zurückschneiden der über die Straße ragenden Äste des
Baumes das Herabfallen von Nüssen auf vorbeifahrende Kraftfahrzeuge verhindern müssen.
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Der Kläger beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 5.064,18 DM nebst 8,6 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt
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Klagabweisung.
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Sie bestreitet Unfallhergang und Schaden und ist im übrigen der Ansicht, ihre Verkehrssicherungspflicht nicht verletzt zu haben. Insbesondere
sei sie nicht verpflichtet, Vorkehrungen gegen das Herabfallen von Nüssen von einem am Straßenrand wachsenden Nussbaum zu treffen.
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Wegen der Einzelheiten des beiderseitigen Vorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
10 Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der
Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen Pauly vom 03.04.2002 (Bl. 42 bis 56 d.A.) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
11 Die Klage ist nur zum Teil begründet.
12 Dem Kläger steht gegen die Beklagte wegen des streitgegenständlichen Vorfalls ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 743,29 EUR zu.
13 1. Im Hinblick auf den Inhalt des Schreibens der Polizeidirektion Waiblingen vom 31.10.2001 (vom Kläger als Anlage K 1, Bl. 5 vorgelegt) und die
Feststellungen des vom Gericht beauftragten Sachverständigen Pauly ist davon auszugehen, dass der Pkw des Klägers von einer
herabfallenden Nuss getroffen wurde, als er den am Straßenrand wachsenden Nussbaum passierte.
14 2. Die Beklagte hat in Ansehung dieses Nussbaums ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt.
15 Im Rahmen der ihr bezüglich der Gemeindedurchfahrtsstraße obliegenden Verkehrssicherungspflicht wäre sie verpflichtet gewesen, durch
entsprechende Vorsorgemaßnahmen zu verhindern, dass Teile der die Fahrbahn begrenzenden Bäume auf die Fahrbahn gelangen und den
Kraftfahrzeugverkehr gefährden. Solche Teile können nach Ansicht des Gerichts aber nicht nur Äste, sondern auch Früchte eines Baumes sein,
wenn diese nach ihrer Beschaffenheit geeignet sind, Schäden in nicht unerheblichem Umfang an Kraftfahrzeugen herbeizuführen. Davon ist bei
Walnüssen auszugehen, die wegen ihrer harten Schale jedenfalls dann schadensträchtig sind, wenn sie beim Herabfallen auf schnell - im
vorliegenden Fall mit Geschwindigkeiten bis zu 50 km/h - passierende Kraftfahrzeuge prallen.
16 Die von der Beklagten zu fordernden Vorsorgemaßnahmen waren im vorliegenden Fall auch nicht unverhältnismäßig, da es genügt hätte, die
über den Straßenraum ragenden Äste des Baumes zurückzuschneiden. Die von der Beklagten geäußerte Befürchtung, vergleichbare Bäume im
Hinblick auf den Fußgängerverkehr fällen zu müssen, ist unbegründet, da von einer ernsthaften Gefährdung von Fußgängern durch
herabfallende Nüsse nicht ausgegangen werden kann.
17 3. Der dem Kläger durch die Nuss an seinem Pkw entstandene Schaden ist nach den Feststellungen des Sachverständigen Pauly mit 1.181,74
DM = 604,21 EUR zu beziffern. Das sind die Kosten für die Reparatur der Motorhaube einschließlich Mehrwertsteuer und abzüglich eines
Vorteilsausgleichs in Höhe von 20 % der Lackierungskosten.
18 Weitere, mit ausreichender Sicherheit der herabfallenden Nuss zuzuordnenden Schäden am Pkw des Klägers hat der Sachverständige nicht
feststellen können.
19 Der Kläger hat allerdings noch Anspruch auf Ersatz der Kosten für den von ihm anstelle eines privaten Sachverständigengutachtens eingeholten
Kostenanschlag (vgl. Palandt Kommentar zum BGB Rdnr. 22 zu § 249) in der unstreitigen Höhe von 232,00 DM und auf Ersatz seiner Auslagen
in Höhe einer Pauschale von 40,00 DM, so dass sich sein Schadensersatzanspruch auf insgesamt 1.453,74 DM = 743,29 EUR beläuft.
20 In dieser Höhe war der Klage stattzugeben, im übrigen war sie abzuweisen.
21 4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.