Urteil des LG Stuttgart vom 12.01.2005

LG Stuttgart: wohnung, nacht, tötung, kabel, geistige behinderung, au pair, fahrzeug, täterschaft, besuch, obduktion

LG Stuttgart Urteil vom 12.1.2005, 9 Ks 111 Js 37621/04
Totschlag: Voraussetzung für einen besonders schweren Fall; Strafschärfung bei Tötung des eigenen Kindes und Verlust der Mutter
Tenor
Der Angeklagte wird wegen Totschlags in zwei Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von 15 Jahren verurteilt.
Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe
1
Der Angeklagte hat in der Nacht vom 09. auf 10. April oder 10. auf 11. April 2004 seine ehemalige Lebensgefährtin O.G. in deren Wohnung in B.
durch Ersticken vorsätzlich getötet. Im Anschluss daran tötete er auf dieselbe Weise den gemeinsamen knapp 2 ½ Jahre alten Sohn K..
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Noch in derselben Nacht fuhr er die beiden Leichen im Kofferraum seines PKWs nach N., wo er sie mit 31 kg schweren Bakenfüßen beschwert
im Neckar versenkte.
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I. Der Angeklagte wurde am 9. September 1977 in K./K. geboren.
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Er wuchs im Elternhaus auf. Seine Mutter und sein Vater sind ausgebildete Schweißer. Die Mutter ist bis heute in diesem Beruf tätig. Sein Vater
hatte als Direktor einer Gesellschaft im Bauwesen eine angesehene Stellung. Sein Vater ist deutschstämmig, seine Mutter Russin.
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Der Angeklagte hat zwei Geschwister, den vier Jahre älteren Bruder V.H. und die vier Jahre jüngere Schwester E.H..
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Als der Angeklagte 7-8 Jahre alt war, trennten sich seine Eltern. Sein Vater hatte eine neue Frau kennengelernt, L.T., mit der er zusammenlebte.
Aus dieser Beziehung ging die am 11. Januar 1987 geborene Halbschwester des Angeklagten, V.H., hervor. Sein Vater und L.T. heirateten im
Jahr 2000. Seine Mutter blieb alleinstehend.
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Nach der Trennung seiner Eltern blieb der Angeklagte - wie auch seine Geschwister - bei der Mutter. Da die Mutter voll berufstätig war, wurde
die Erziehung des Angeklagten teilweise von den Großeltern und dem älteren Bruder übernommen. Zu seinem Vater hatte er weiterhin
regelmäßig Kontakt. In dem mütterlichen Haushalt wurde eine kleine Landwirtschaft mit Tierzucht betrieben, in der der Angeklagte mithalf.
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Der Angeklagte besuchte den Kindergarten und wurde altersentsprechend 1983/1984 eingeschult. Die Schule schloss er 1992/1993 nach der
achten Klasse - die zweite Klasse hatte er wiederholen müssen - erfolgreich ab.
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Danach erlernte er in einer 2-jährigen Ausbildung den Beruf eines Maschinisten, zu dessen Berufsbild die fachmännische Nutzung und
Reparatur von Lkws und landwirtschaftlichen Geräten gehörte. Parallel zu der Ausbildung besuchte er eine Berufsschule, wo er den Abschluss
der zehnten Klasse erreichte.
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Nach Abschluss seiner Berufsausbildung im Jahr 1995 arbeitete der Angeklagte - eine Arbeit als Maschinist wäre weniger lukrativ gewesen -
als Tierzüchter und Fleischverkäufer auf dem Markt. Seine Tätigkeit verschaffte ihm ein gutes und gesichertes Auskommen. Ein Zubrot verdiente
er sich dadurch, dass er gelegentlich nach Deutschland reiste und Fahrzeuge nach Kirgisien überführte.
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Durch den allgemeinen wirtschaftlichen Niedergang der ehemaligen Sowjetrepubliken wurde jedoch auch seine wirtschaftliche Lage
schwieriger. 1999 - einige Monate vor seiner Übersiedlung nach Deutschland - arbeitete er als Chauffeur in dem Betrieb seines Vaters.
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Im Jahr 2000 siedelte der Angeklagte zusammen mit seinem Vater und seinen Geschwistern nach Deutschland über. Die zweite Ehefrau seines
Vaters und deren gemeinsame Tochter V. kamen kurze Zeit später nach. Nach kurzfristigen Aufenthalten in Übergangswohnheimen kamen sie
Ende 2000 in ein Wohnheim nach H.. Dort lernte er in der Folgezeit auch O.G. kennen, die ihm am 30.11.2001 den gemeinsamen Sohn K. H.
gebar.
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Da der Angeklagte der deutschen Sprache nicht mächtig war, besuchte er - allerdings ohne größeren Erfolg - einen Sprachkurs. Über das
Arbeitsamt wurde dem Angeklagten ein 3-monatiger Fahrschulkurs und der Erwerb des Lkw-Führerscheins finanziert. Danach absolvierte er als
Fahrer ein 2-monatiges Praktikum bei der Firma DCH und wurde anschließend in ein festes Arbeitsverhältnis übernommen. Nach 2-jähriger
Tätigkeit bei der Firma DCH wurde dem Angeklagten - aufgrund eines von ihm verschuldeten Unfalles - fristlos gekündigt.
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Nach kurzfristiger Arbeitslosigkeit fand der Angeklagte erneut eine Anstellung als Lkw-Fahrer bei der Firma V., einer Speditionsfirma in H..
Seine Fahrten führten ihn durch das gesamte Bundesgebiet. Nach 8-monatiger Tätigkeit wurde ihm im September 2003 auch diese Stelle -
wiederum wegen eines von ihm verschuldeten Unfalles - fristlos gekündigt. Danach wurde er wieder bei seinem früheren Arbeitgeber, der Firma
DCH, eingestellt, wobei er lediglich als Springer bzw. Ersatzfahrer bei einer Auftragsfirma, der Firma CW in G., eingesetzt wurde. Auch für diese
Firma war er im gesamten Bundesgebiet unterwegs. Dort war er bis zum 15. April 2004 beschäftigt.
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Anschließend war er - bis zu seiner Festnahme - bei der Firma C. in S. als Lkw-Fahrer beschäftigt. Der Angeklagte verdiente zuletzt 1.900,--
Euro netto. Schulden hat der Angeklagte nicht.
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Der Angeklagte ist nicht vorbestraft.
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Er wurde in dieser Sache am 23. April 2004 vorläufig festgenommen. Aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts S. vom 24. April 2004, der
durch den Haftbefehl des Amtsgerichts S. vom 6. Juli 2004 ersetzt wurde, befindet er sich seit 24. April 2004 ununterbrochen in
Untersuchungshaft.
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II. Die Beziehung des Angeklagten zu O.G. und dem gemeinsamen Sohn K. H.
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O.G. wurde am 7. November 1977 in L./R. geboren. Sie wuchs dort im Elternhaus mit fünf Geschwistern auf.
20
O.G. heiratete in Russland zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt A.G.. Aus dieser Ehe ging die am 20. Juni 1998 geborene Tochter K.
hervor. 1999/2000 entschloss sich das Ehepaar gemeinsam mit der Familie ihres Ehemanns - dessen Mutter N.N., deren zweiten Ehemann
A.K., sowie deren Eltern M. und A.N. - nach Deutschland überzusiedeln. Die Familie von O.G. blieb in Russland. O.G. besaß ausschließlich die
russische Staatsangehörigkeit.
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In Deutschland wohnte O.G. mit ihrer Familie anfangs in dem Wohnheim in H.. Im Jahr 2000 verstarb ihr Ehemann A.G., der drogenabhängig
war.
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Ende 2000 lernten sich der Angeklagte und O.G. im Wohnheim in H. kennen. O.G. gefiel dem Angeklagten. Sie war eine eigenständige Frau,
die den Angeklagten äußerlich ansprach. Sowohl der Angeklagte als auch O.G. waren einer Beziehung nicht abgeneigt. Die Angehörigen des
Angeklagten - insbesondere sein Vater und sein Bruder - waren gegen die sich in der Folgezeit entwickelnde Beziehung, sie waren der
Meinung, dass O.G. nicht die richtige Frau für den Angeklagten sei.
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Anfang 2001 wurde O.G. von dem Angeklagten schwanger. Als der Angeklagte von der Schwangerschaft erfuhr, stand er der Vaterschaft
zunächst ablehnend gegenüber. Eine Abtreibung kam jedoch nicht in Frage. Der Angeklagte fand sich mit der Situation ab und versuchte, mit
O.G. zusammenzuleben. Dies gestaltete sich jedoch schwierig. Es kam immer wieder zu Streitigkeiten zwischen ihnen. Streitpunkte waren u.a.,
dass O.G. - teilweise massiv - dem Alkohol zusprach und mit anderen Männern verkehrte, aber auch, dass O.G. den Angeklagten verdächtigte,
mit anderen Frauen zu verkehren.
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Am 30. November 2001 kam der gemeinsame Sohn K. H. zur Welt. Der Angeklagte hatte anfangs Zweifel, ob das Kind von ihm sei. Da ihm das
Kind aber ähnlich sah, erkannte er die Vaterschaft an. O.G., die ohne das Kind des deutschstämmigen Angeklagten ausgewiesen worden wäre,
konnte nun in Deutschland bleiben.
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Der Angeklagte sah seinen Sohn - auch berufsbedingt - nur sehr selten. Er konnte mit dem Säugling nicht viel anfangen und hatte nur wenig
Interesse an ihm.
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Die Beziehung des Angeklagten zu O.G. blieb spannungs- und streitbeladen. Meinungsverschiedenheiten und gegenseitige Vorwürfe in der
Erziehung von K. kamen jetzt noch als Streitpunkte hinzu.
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Zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt im Jahr 2002 zog O.G. mit ihren beiden Kindern, K. und K., in eine 2-Zimmer-Wohnung nach B.,
V.G..
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O.G. war in Deutschland nicht berufstätig und erhielt zu ihrem Lebensunterhalt Sozialhilfe. Der Angeklagte zahlte für K. Alimente von ca. 200,--
Euro monatlich. Zudem unterstützte er O.G. finanziell bei dem Kauf von Einrichtungsmobiliar für die neue Wohnung. In der Erziehung und
Betreuung der Kinder - K. ging vormittags in den Kindergarten - wurde sie hauptsächlich von ihrer Schwiegermutter und deren Ehemann A.K.
unterstützt, die ebenfalls in B. wohnhaft waren. Auch die Eltern von N.N., M. und A.N., die in demselben Gebäude wie O.G. wohnten, halfen ihr
gelegentlich. O.G. war ansonsten alleinerziehend. Sie war eine sorgsame Mutter, die eine gut Beziehung zu ihren Kindern hatte. K. war in
seiner geistigen Entwicklung verzögert, er konnte - bis zuletzt - nicht sprechen. Daher wandte sich O.G. ihm im Besonderen zu. Im Gegensatz zu
K., die regelmäßig an den Wochenenden bei ihren Großeltern war, blieb K. durchweg bei seiner Mutter, da sie ihn nicht allein lassen wollte. Mit
K. kam es gelegentlich zu den - in ihrem Alter typischen - Erziehungsstreitigkeiten. Dabei riss O.G. hin und wieder der Geduldsfaden und ihr
„rutschte die Hand aus“. Gegenüber K. wurde sie nie handgreiflich.
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Der Angeklagte blieb zunächst, nachdem O.G. mit den Kindern ausgezogen war, im Wohnheim in H. wohnen. Ende 2002/Anfang 2003 - zuvor
hatte er für kurze Zeit eine Wohnung in D. - zog er in eine Wohnung nach H./K., O.-Str., wo er bis zuletzt wohnhaft war.
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Das Verhältnis des Angeklagten zu seinem Sohn war oberflächlich. Er sah seinen Sohn weiterhin nur selten. An Geburtstagen und
Weihnachten machte er ihm Geschenke und half O.G. bei der Vorbereitung der Feiern. Ansonsten zeigte er nur wenig Interesse an K., er war
ihm eigentlich egal.
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Mit O.G. pflegte er weiterhin eine sexuelle Beziehung. Er besuchte sie in regelmäßigen Abständen und blieb bei ihr über Nacht. Zeitweise
wohnte er auch bei ihr, aber nie für längere Zeit, da es immer wieder zu Streitigkeiten zwischen ihnen kam. O.G. machte dem Angeklagten
Vorwürfe, dass er sich nur wenig um sie und K. kümmere, auf ihn kein Verlass sei und er komme und gehe, wie es ihm gefalle.
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Der Angeklagte hatte Ende des Jahres 2003 von den Streitigkeiten mit O.G. genug und beendete zum Jahreswechsel 2003/2004 die
Beziehung.
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Anfang 2004 hatte der Angeklagte über Wochen keinen Kontakt zu O.G., bis diese bei dem Angeklagten wieder mehrfach anrief und - teils unter
Vorwänden, dass K. krank sei, ihm die Haare geschnitten werden müssten oder er Besorgungen für sie machen müsse - ihn dazu brachte, sie
wieder zu besuchen. Ende Februar 2004 nahmen der Angeklagte und O.G. ihre sexuelle Beziehung wieder auf.
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Im März 2004 lernte O.G. den damals 23-jährigen A.R. kennen und ging mit ihm eine intime Beziehung ein. A.R. war Anfang März 2004 in eine
Wohnung in der V.G. eingezogen. O.G. fand schnell Gefallen an ihm. A.R. war hilfsbereit, zuverlässig und kümmerte sich liebevoll um die
Kinder.
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Auch der Angeklagte lernte Anfang März 2004 eine neue Partnerin kennen, die 1984 geborene, aus Weißrussland stammende A.V.. Diese
wohnte und arbeitete als Au-pair-Mädchen bei einer Gastfamilie in H.. Zwischen ihnen entwickelte sich schnell eine intime Beziehung. Der
Angeklagte verbrachte seine Freizeit überwiegend mit ihr. An den Wochenenden wohnte sie bei ihm, unter der Woche holte er sie zumeist nach
der Arbeit ab und sie verbrachten die Abende gemeinsam. A.V. begleitete den Angeklagten auch häufig, wenn sie frei hatte, auf seinen Fahrten
mit dem Lkw.
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Obwohl der Angeklagte und O.G. jeweils in einer neuen Beziehung standen - beide hatten hiervon jeweils keine Kenntnis -, riss der sexuelle
Kontakt zwischen ihnen nicht ab und der Angeklagte besuchte O.G. auch im März 2004 und übernachtete bei ihr.
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Auch die Nacht von Montag, 29. März 2004, auf Dienstag, 30. März 2004, verbrachte der Angeklagte bei O.G.. Diese hatte A.R., als der
Angeklagte am Abend gekommen war und an ihrer Wohnung geklingelt hatte, aus ihrer Wohnung gewiesen. Nach Mitternacht klingelte A.R. an
der Wohnung von O.G. und fragte über die Sprechanlage, ob er zwei Bier haben könne. Der Angeklagte bekam dies mit und ging, als A.R. vor
der Wohnungstür stand, zu ihm hinaus. Ihm war sogleich klar, dass A.R. ein Liebhaber von O.G. war, und er sah in ihm einen Widersacher, dem
er eine Lektion erteilen wollte. Sie gerieten in einen Streit und es kam zu einer Auseinandersetzung zwischen ihnen. A.R. war leicht alkoholisiert
und zog im Verlaufe der Auseinandersetzung ein kleines Taschenmesser. Der Angeklagte erkannte, dass er A.R. körperlich überlegen war und
schlug ihm kräftig mit der Hand ins Gesicht. A.R. flüchtete durch das Treppenhaus zu seiner im Erdgeschoss gelegenen Wohnung. Der
Angeklagte folgte A.R. vor dessen Wohnung, wo sie die Auseinandersetzung fortsetzten. Der Angeklagte stieß A.R. schließlich mit einem
kräftigen Stoß durch die geöffnete Wohnungstür in dessen Wohnung. A.R. erlitt infolge der Auseinandersetzung einen Nasenbeinbruch und
eine Schädelprellung. Der Angeklagte ging anschließend wieder in die Wohnung von O.G. zurück. Er hatte sein Ziel erreicht und seinen
Widersacher vertrieben. Für ihn war die Angelegenheit damit erledigt.
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A.R. wandte sich nach der Auseinandersetzung an eine Nachbarin im Haus, die Zeugin T.L., und rief von ihrer Wohnung aus die Polizei, die
darauf in der V.G. erschien und die Beteiligten zu der Auseinandersetzung befragte. A.R. hatte zudem seine Eltern angerufen, die ihn noch am
frühen Morgen des 30. März 2004 abholten.
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Am 30. März 2004 - tagsüber - meldete sich O.G. telefonisch bei A.R. und wollte sich nach dessen Befinden erkundigen. A.R. beendete bei
diesem Telefonat - die Geschehnisse in der Nacht hatten ihn dazu veranlasst - die Beziehung zu ihr. In die Wohnung in der V.G. kehrte er
danach nicht mehr zurück. Er hatte Angst, dem Angeklagten nochmals zu begegnen.
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Am 1. April 2004 erstattete A.R. bei der Polizei Anzeige gegen den Angeklagten.
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Der Angeklagte verbrachte zwischen dem 30. März 2004 und dem 3. April 2004 noch mindestens zwei Nächte bei O.G..
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Das Wochenende (3./4. April 2004) sowie die folgende Arbeitswoche bis einschließlich Gründonnerstag (8. April 2004), in der der Angeklagte
auf seinen Fahrten für die Firma CW ausschließlich auswärts - überwiegend zwischen Rastatt und Osnabrück - unterwegs war, verbrachte der
Angeklagte durchweg zusammen mit A.V.. Diese hatte Urlaub und begleitete den Angeklagten auf seinen Fahrten. Am Donnerstag, 8. April
2004, kamen sie zurück und verbrachten die Nacht auf Karfreitag, 9. April 2004, gemeinsam in der Wohnung des Angeklagten in H./K..
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Vortatgeschehen/Tatnacht
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Der Angeklagte war am Karfreitag, 9. April 2004 mit A.V. in H./K.. Sie waren zum Mittagessen bei seinem Bruder V.H. und dessen Ehefrau E.H.
eingeladen. Diese wohnen in H./K., HG, in Blickweite der Wohnung des Angeklagten. Der Angeklagte und A.V. blieben dort über den
Nachmittag und gingen um 18.00-19.00 Uhr in die Wohnung des Angeklagten zurück. A.V. hatte über die Feiertage - von Freitag bis
Ostermontag - eine für Au-pair-Mädchen organisierte Busreise nach Paris gebucht. Deshalb packte A.V. ihren Koffer. Der Bus sollte um 22.00
Uhr in S. vom Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB) abfahren. Gegen 20.00 Uhr fuhren sie mit dem Fahrzeug des Angeklagten, einem Renault
Megane, nach S.. Der Reisebus hatte Verspätung und fuhr erst gegen 22.30-22.45 Uhr ab. Der Angeklagte hatte solange gewartet und fuhr dem
Bus durch das Stadtgebiet in Richtung Autobahnkreuz S. mit seinem Fahrzeug hinterher. Auf Höhe von S.-H. überholte der Angeklagte den
Reisebus und rief dabei um 22.51 Uhr von seinem Handy aus A.V. an. Er verabschiedete sich von ihr und fuhr anschließend auf die BAB 81 in
Richtung B./H..
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Zu diesem Zeitpunkt war O.G. mit K. H. in ihrer Wohnung. Sie war am Karfreitag, dem 9. April 2004, ab ca. 14.00 Uhr mit den Kindern K. und K.
zu Besuch bei ihren Schwiegereltern N.N. und A.K. gewesen. Gegen 21.00 Uhr hatte A.K. O.G. und K. - K. blieb bis Sonntag bei ihren Großeltern
- nach Hause gefahren.
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Entweder fuhr der Angeklagte noch in dieser Nacht auf der Rückfahrt von S. zu O.G., wo er dann gegen 23.10 Uhr eingetroffen wäre, um mit ihr
die Nacht zu verbringen, oder aber in der folgenden Nacht.
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Der Angeklagte war am Nachmittag des 10. April 2004 bei seinem Bruder V.H. und dessen Ehefrau zu einer Familienfeier, bei der auch sein
Vater V.H., dessen Ehefrau und deren gemeinsame Tochter V. anwesend waren, eingeladen. Gegen 22.00 Uhr verließ der Angeklagte die
Wohnung seines Bruders. Anschließend hatte der Angeklagte die Möglichkeit, mit seinem Fahrzeug nach B. zu O.G. zu fahren, wo er dann im
Zeitraum zwischen 22.30-23.00 Uhr eingetroffen wäre.
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Tatgeschehen:
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Der Angeklagte besuchte O.G. entweder in der Nacht vom 09. auf 10. April oder vom 10. auf 11. April 2004 in ihrer Wohnung in B., um mit ihr -
wie sonst auch - ins Bett zu gehen. Dazu kam es auch. Der Angeklagte und O.G. hatten auf dem Doppelbett im Schlafzimmer jedenfalls einmal -
eventuell auch mehrmals hintereinander - Geschlechtsverkehr. K. lag währenddessen auf der anderen Hälfte des Doppelbetts und schlief.
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Der Angeklagte und O.G. gerieten anschließend zwischen 0.00 und 1.00 Uhr in einen irgendwie gearteten Streit - wahrscheinlich einen
Beziehungsstreit. Den Gegenstand dieses Streites vermochte die Strafkammer nicht festzustellen.
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Dieser Streit erregte den Angeklagten so, dass er beschloss - aus Wut oder weil ihm die lästige Streiterei nun endgültig auf die Nerven ging -
O.G. zu töten. Er führte dies sogleich aus und erstickte O.G. mit dem Willen, sie zu töten, indem er - sehr wahrscheinlich auf dem Bett im
Schlafzimmer - über einen Zeitraum von 2-5 Minuten eine weiche Bedeckung, vermutlich ein auf dem Bett liegendes Kissen, auf das Gesicht
von O.G. oder deren Kopf mit dem Gesicht in eine solche drückte, bis sie tot war.
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K. war entweder schon durch den vorangegangenen Streit, spätestens aber als der Angeklagte O.G. tötete, wach geworden und fing an zu
heulen. Dadurch gestört und genervt und durch die unmittelbar vorangegangene Tötung von O.G. noch innerlich aufgewühlt, beschloss der
Angeklagte auch K. zu töten. Der Angeklagte erstickte K., der aufgrund seines geringen Alters und seiner verzögerten geistigen Entwicklung
nicht fähig war, sich des Angriffs des Angeklagten zu versehen, auf dieselbe Art und Weise wie O.G.. Auch ihm drückte er mit dem Willen, ihn zu
töten, für die Dauer von 2-5 Minuten ein Kissen auf das Gesicht oder das Gesicht in ein Kissen, bis er tot war.
53
Die Einsichts- und Steuerungsfähigkeit des Angeklagten waren bei den Taten weder aufgehoben noch erheblich vermindert.
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Nachtatgeschehen:
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Als der Angeklagte danach erkannte, was er getan hatte, verließ er die Wohnung und ging auf die Straße. Den Wohnungsschlüssel hatte er
mitgenommen. Er ging vor dem Haus auf und ab und rauchte dabei mehrere Zigaretten. Er stieg in sein Fahrzeug und fuhr ein Stück durch B. in
Richtung H..
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Während dieser Fahrt fasste er den Plan, die Leichen aus der Wohnung zu beseitigen und im Neckar bei N. - diese Örtlichkeit war dem
Angeklagten von seinen beruflichen Lkw-Fahrten her bekannt - zu versenken. So wollte er vortäuschen, dass O.G. mit K. verreist sei.
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Dieses Vorhaben führte er darauf kaltblütig aus. Er fuhr zurück nach B. in die V.G. und stellte sein Fahrzeug in die Tiefgarage des Gebäudes. In
der Wohnung zog er die beiden Spannbetttücher von den Matratzen des Doppelbetts im Schlafzimmer ab und wickelte darin die Leichen ein. Er
schleppte zuerst O.G., anschließend K. vom 1. OG durch das Treppenhaus in die von dort zugängliche Tiefgarage und legte die Leichen in den
Kofferraum seines Fahrzeugs. Anschließend räumte er die Wohnung auf. Die Kleidungsstücke, die K. und O.G. getragen hatten und offen in der
Wohnung lagen sowie deren Handtasche, in der sich der Geldbeutel mit dem Pass der Getöteten befand, verpackte er in Tüten, um diese später
auf der Fahrt zu entsorgen. Im Schlafzimmer nahm er die Schlafdecken und Kopfkissen und legte sie entweder in den Schrank oder verpackte
auch diese in Tüten. Über das Bett legte er eine Tagesdecke. Mit einem Handtuch wischte er in der Wohnung die Türklinken ab, um mögliche
Spuren zu verwischen.
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In der Wohnung fand er ein älteres Bügeleisen, an dem sich ein langes, stoffummanteltes Kabel befand. Dieses erschien ihm geeignet, um
damit ein Gewicht an den Leichen zu befestigen, mit dem er diese beschweren wollte.
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Um sich die Gewichte zu beschaffen, fuhr er mit seinem Pkw von B. gezielt in Richtung T., wo sich vor H. - nur wenige Fahrminuten von B.
entfernt - eine Straßenbaustelle befand. Der Angeklagte kannte diese Baustelle. Er hatte diesen Streckenabschnitt in letzter Zeit vielfach
befahren, wenn er A.V. bei ihrer Gastfamilie in H. abgeholt bzw. wieder dort abgesetzt hatte. Vor Ort angekommen stellte der Angeklagte sein
Fahrzeug ab, nahm zwei 31 kg schwere Bakenfüße und lud diese in den Kofferraum seines Fahrzeugs zu den Leichen. Anschließend fuhr er
über B. auf die BAB 81 und dann - wie geplant - über die BAB 8, BAB 81 und BAB 6 nach N.. An der Ausfahrt H/U, wo die Autobahn den Neckar
überquert, verließ der Angeklagte die Autobahn. Von dort fuhr der Angeklagte an den Neckar und gelangte auf den Parkplatz der Firma K.. Dort
nahm er das Bügeleisen und entfernte das Kabel aus dem Gehäuse. Anschließend teilte er das Kabel mit einer auf der Rückseite des
Bügeleisens hervorstehenden scharfkantigen Metallplatte in ungefähr zwei gleichlange Teile. Das Bügeleisen warf er anschließend im Bereich
des Parkplatzgeländes weg. Da er an dem dortigen Flusslauf keine geeignete Einbringungsstelle fand, stieg er wieder in sein Fahrzeug und
fuhr auf die gegenüberliegende Seite des Neckars, wo er im Stadtgebiet N. in dem dortigen Industriegebiet an eine am Neckarkanal gelegene
Schiffsanlegestelle gelangte. An dieser Anlegestelle führt eine Treppe hinab zu einer direkt am Flusswasser gelegenen Plattform. Dorthin trug
er die Bakenfüße und dann zuerst den Leichnam von O.G.. Mit dem Bügeleisenkabel befestigte er den Bakenfuß mit einer Schlinge um den
Hals des Leichnams, die andere um einen Griff des Bakenfußes und verknotete diese jeweils. Zudem band er das Spannbetttuch um den
Körper des Leichnams und den Bakenfuß. Anschließend warf oder stieß er den beschwerten Leichnam in den Neckarkanal.
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Auf die gleiche Weise befestigte er anschließend den Bakenfuß an dem Leichnam von K. und versenkte diesen. Als er den Leichnam ins
Wasser stieß, blieb jedoch, da der Angeklagte auf einem Stück des Spannbetttuchs gestanden war, dieses auf der Plattform liegen. Der
Angeklagte legte das Spannbetttuch in den Kofferraum seines Fahrzeugs. Auf der Fahrt zurück in Richtung S. entsorgte der Angeklagte an
einem nicht näher bekannten Ort die Tüten, in denen er die Kleidungsstücke und die Handtasche verpackt hatte.
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Als der Angeklagte wieder zu Hause in H./K. war, war es bereits hell.
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Abhängig davon, in welcher Nacht sich das Tatgeschehen ereignete, wurde der Angeklagte entweder am Morgen des 10. April 2004 von seiner
Schwägerin, E.H., mit der er sich am Tag zuvor zum Einkaufen verabredet hatte, um 8.30 -9.00 Uhr telefonisch geweckt und fuhr mit ihr
anschließend nach H. oder er fuhr am Vormittag des 11. April 2004 gegen 11.00 Uhr zu seinem Vater, der mit seiner Familie ebenfalls in H.
wohnhaft ist, um von dort gemeinsam zu einer Geburtstagsfeier einer Tante seines Vaters nach V/S zu fahren, wo er die Nacht über blieb.
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N.N. und A.K. wollten am Sonntag Nachmittag gegen 16.00 Uhr K. wieder zu ihrer Mutter zurückbringen. Auf ihr Klingeln öffnete jedoch
niemand. Als sie wenig später nochmals bei ihr klingelten und sich immer noch niemand meldete, waren sie beunruhigt. Sie gingen zu den
Eltern von N.N., M. und A.N., die einen Schlüssel für die Wohnung von O.G. hatten. A.K. ging darauf in die Wohnung, fand aber von O. und K.
keine Spur.
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Am Montag, 12. April 2004, rief N.N. bei dem Angeklagten, der sich noch in V/S befand, auf dem Handy an und fragte ihn, ob er wisse, wo O.G.
und K. sein könnten. Dieser gab vor, dass er nicht wisse, wo diese seien. Auch in den folgenden Tagen und Wochen zeigte sich der Angeklagte
bei der Suche nach den beiden Vermissten, an der er sich beteiligte, unwissend. N.N. hatte am 13. April 2004 O.G. und K. H. vermisst gemeldet,
am 15. April 2004 erstattete sie eine formelle Vermisstenanzeige.
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Die Leiche von O.G. wurde am 20. April 2004 im Bereich der Schleuse BF/K im Neckarkanal gefunden. Der Leichnam war, obwohl der 31 kg
schwere Bakenfuß noch an ihm befestigt war, an die Wasseroberfläche aufgetrieben worden.
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Der Leichnam von K. H. wurde erst am 21. Juni 2004 - gleichfalls im Bereich der Schleuse BF/K im Neckar treibend - gefunden. Dem Leichnam
fehlte der Kopf. Das Gewicht befand sich nicht mehr an der Leiche.
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III. A. Einlassung des Angeklagten zum Tat- und Nachtatgeschehen:
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Der Angeklagte ließ sich dahingehend ein, in der Nacht vom 9. auf den 10. April 2004 O.G. mit dem Kabel eines Bügeleisens erdrosselt zu
haben, nachdem diese zuvor K. mit demselben Kabel erdrosselt habe.
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Die Leichen habe er anschließend bei H/N im Neckar versenkt.
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Im Einzelnen:
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Er habe am 9. April 2004 gegen 20.00 Uhr A.V., die eine organisierte Busreise nach Paris gebucht hatte, mit seinem Fahrzeug zum ZOB am
Bahnhof in S. gefahren. Sie seien dort gegen 20.30-21.00 Uhr angekommen. Der Bus sollte um 22.00 Uhr abfahren, sei aber erst gegen 22.30-
22.45 Uhr abgefahren. Er sei dem Bus mit seinem Fahrzeug in Richtung Autobahnkreuz S. hinterhergefahren und habe ihn dann überholt.
Dabei habe er mit dem Handy A.V. im Bus angerufen und sich von ihr verabschiedet. Er sei anschließend auf der Autobahn in Richtung B./H.
gefahren. Auf der Fahrt habe er sich entschlossen, zu O.G. zu fahren und bei ihr die Nacht zu verbringen. Am nächsten Morgen habe er K. -
darum habe ihn O.G. bei seinem letzten Besuch gebeten - die Haare schneiden wollen. Er sei deshalb in B. von der Autobahn ab- und direkt zu
O.G. gefahren.
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O.G. habe ihn auf sein Klingeln - einen Schlüssel zur Wohnung habe er nicht mehr gehabt, diesen habe er nach der Trennung von ihr an
Silvester zurückgegeben - in die Wohnung eingelassen. Er habe bemerkt, dass O.G. angetrunken gewesen sei und habe sogleich wieder
gehen wollen. Sie habe ihn jedoch an der Hand zurückgehalten, damit er bleibe. Sie habe ihm erklärt, dass sie bei ihrer Schwiegermutter zu
Besuch gewesen sei und dort etwas getrunken habe.
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Er habe es aufgrund ihres angetrunkenen Zustandes abgelehnt, mit O.G. ins Bett zu gehen. Er habe sich ausgezogen und sich zum Schlafen in
das Bett im Schlafzimmer gelegt. Seine Hose, an der sein Handy befestigt gewesen sei, habe er auf ein Schränkchen im Flur der Wohnung
gelegt. Er habe allerdings vergessen, sein Handy auszuschalten. Dies habe er sonst immer getan, da es in der Vergangenheit schon öfter
vorgekommen sei, dass O. das Handy genommen und sämtliche gespeicherten Namen gelöscht habe. Deswegen habe er das Handy auch
schon im Auto liegen lassen.
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In dem Doppelbett im Schlafzimmer sei neben ihm K. gelegen, der bereits geschlafen habe. O. sollte - so habe er es gewollt - im Wohnzimmer
auf dem Sofa schlafen. Nach ca. zehn Minuten sei O. zu ihm ins Schlafzimmer gekommen und habe sich zu ihm ins Bett gelegt. Sie habe sich
an ihn gekuschelt und ihn verführt. Nach ca. 10-15 Minuten habe sie ihn „soweit“ gehabt. Sie hätten dann mehrmals - vielleicht dreimal
hintereinander - Geschlechtsverkehr miteinander gehabt. Danach sei er eingeschlafen.
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Wenig später sei er, da O. laut geschrien habe, wieder aufgewacht. Sie sei wütend gewesen, habe ihn beleidigt und ihm die Decke
weggezogen. O. habe sein Handy in der Hand gehalten. Das Display des Handys - in der gesamten Wohnung sei es dunkel gewesen - habe
geleuchtet. O. habe laut zu ihm gesagt, dass ein anderes Mädchen ihm eine SMS geschrieben habe. Er habe mit ihr reden wollen, sie habe ihn
jedoch nicht zu Wort kommen lassen.
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K. sei aufgrund des lauten Geschreis wach geworden, aufgestanden und zu O. gelaufen. Er habe zu ihr auf den Arm gewollt. O. habe K. jedoch
am Kopf weggestoßen und laut zu ihm gesagt, dass sie ihn - K. - hasse. K. sei mit dem Po auf den Boden gefallen. Anschließend habe O. dem
Angeklagten das Handy ins Gesicht geworfen und sei - weiterhin laut schreiend - ins Wohnzimmer gegangen. K., der aufgrund des Verhaltens
seiner Mutter erschrocken gewesen sei, habe geweint und sei seiner Mutter ins Wohnzimmer nachgegangen.
77
Er, der noch im Bett gelegen sei, habe das Handy genommen und gesehen, dass ihm A.V. von unterwegs eine SMS geschickt habe.
78
Plötzlich sei es ruhig geworden im Wohnzimmer. Dann habe er leise, röchelnde Geräusche vernommen. Er sei davon ausgegangen, dass O. K.
den Mund mit der Hand zuhalte. Er sei aufgestanden und ins Wohnzimmer gegangen, um nachzusehen. Da es in der Wohnung vollständig
dunkel gewesen sei, habe er nur die Silhouette von O. wahrgenommen, die ca. 2 m von ihm entfernt neben der Küchenzeile vor einem Fenster,
dessen Rollläden offen gewesen seien, gestanden habe. Dann habe er die weißen Pampers von K. gesehen, der vor O. in der Luft gebaumelt
habe. Die Arme von O. seien seitlich abgewinkelt gewesen. Er sei schnell zu K. hingegangen - dessen Gesicht sei ihm zugewandt gewesen -,
habe ihn an den Hüften gepackt und zu sich genommen. Er habe dann gehört, wie etwas laut zu Boden fiel. Dies sei das Bügeleisen gewesen,
dessen Kabel K. um den Hals gewickelt gewesen sei. O. habe tief Luft geholt und geschrien: „Ich hasse die Familie H. - alle!“. Er habe K. auf den
Boden gelegt. Er habe keinen Atem mehr gespürt. Er habe das um den Hals von K. gewickelte Kabel gelöst und über den Kopf abgenommen.
Anschließend habe er versucht, K. zu reanimieren. Er habe ihn beatmet und Herzmassagen durchgeführt. Dabei habe er über K. gekniet. O. sei
hinter ihm gestanden. Sie sei weiterhin in Rage gewesen und habe laut geschrien. Plötzlich habe ihm O. mit einem Schemel von hinten wuchtig
auf den Hinterkopf geschlagen. Er habe „Sternchen gesehen“ und beinahe das Bewusstsein verloren. Er habe sich umgedreht und gesehen,
wie O. mit dem Schemel, den sie in der rechten Hand gehalten habe, erneut zu einem Schlag ausgeholt habe.
79
Er wisse nicht mehr, was dann mit ihm passiert sei. Er habe plötzlich das Kabel des Bügeleisens in seinen Händen gehabt, sei aufgesprungen
und habe das Kabel - dabei das Bügeleisen in einer Hand haltend - O. zweimal um den Hals gewickelt. O. habe dabei weder mit dem Schemel
zugeschlagen noch habe sie sich sonst gewehrt. Er sei jetzt hinter O. gestanden und habe an beiden Kabelenden kräftig gezogen. O. habe den
Schemel fallen lassen und versucht, nach vorn weg zu laufen. Sie sei wohl über den Schemel gestolpert und er und O. seien zu Boden gestürzt.
Er habe O. auf den Bauch gedreht und sich auf deren Po oder Rücken gesetzt. Er habe über die ganze Zeit das Kabel mit den Händen fest
zugezogen.
80
Plötzlich habe er von K., der neben ihnen gelegen habe, ein Geräusch gehört. Er habe von O. abgelassen, sei auf den Knien zu K. gekrochen
und habe gehört, dass K. in seine Windel pinkelte. Er habe K. angefasst und gefühlt, dass er kalt geworden sei. Er habe nun gedacht, dass er tot
sei.
81
Er habe sich darauf zu O. gewandt gesagt: „Du hast ihn umgebracht!“, aber keine Antwort erhalten und O. zu sich hergezogen. Sie sei leblos
dagelegen. Er habe nun versucht, auch sie zu reanimieren. Dazu habe er das Kabel, das fest und tief um ihren Hals gewickelt gewesen sei, mit
den Fingern gelöst. Dann habe er bemerkt, dass auch sie kalt geworden sei.
82
Er sei erschrocken und aufgestanden. Er habe sich schnell angezogen und sei aus der Wohnung auf die Straße gelaufen. Den
Wohnungsschlüssel, der in der Wohnungstür gesteckt habe, habe er mitgenommen.
83
Im Freien sei er um das Haus gelaufen und habe dabei mehrere Zigaretten geraucht. Anschließend sei er in sein Auto gestiegen und nach
Hause gefahren. Dort angekommen habe er schon die Tür zu der Tiefgarage geöffnet, als ihm der Gedanke gekommen sei, was sein werde,
wenn die Leichen in der Wohnung entdeckt werden. Da er befürchtet habe, ihm werde niemand glauben was tatsächlich passiert sei, habe er
Angst bekommen - vor dem Gefängnis und auch vor der Polizei, die ihn seiner Meinung nach erschießen werde.
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Er habe sich deshalb entschlossen, die Leichen zu verstecken und sei nach B. zurückgefahren. Er habe dort in der Tiefgarage sein Fahrzeug
abgestellt. In der Wohnung habe er kein Licht angeschaltet. Im Schlafzimmer habe er das Bett abgezogen, die Leichen in die Leintücher
eingewickelt, nacheinander durch das Treppenhaus in die Tiefgarage getragen und in den Kofferraum seines Fahrzeugs gelegt. In der
Wohnung habe er das Schlaf- und das Wohnzimmer aufgeräumt und die herumliegende Kleidung von O. und K. sowie deren Handtasche in
Tüten eingepackt. Er habe so den Anschein erwecken wollen, dass beide verreist seien. Mit einem Handtuch habe er seine Spuren - mögliche
Fingerabdrücke auf den Türklinken und auch auf dem Schemel - abgewischt und den Schemel im Wohnzimmer in eine Ecke gestellt. Auch das
Bügeleisen habe er wegen möglicher Fingerabdrücke mitgenommen.
85
Er sei in Richtung T. gefahren und habe zunächst vorgehabt, die Leichen irgendwo im Wald zu vergraben. Auf Höhe H. sei er durch eine
Baustelle gefahren und habe dabei die „Eisenteile“ (Bakenfüße) erblickt. Die Baustelle sei ihm bekannt gewesen. Er sei zunächst ein Stück
weitergefahren, dann sei ihm der Gedanke gekommen, die Eisenteile an den Leichen zu befestigen und diese damit beschwert im Wasser zu
versenken. Er habe sein Fahrzeug gewendet und zwei Eisenteile in den Kofferraum zu den Leichen geladen. Er sei dann zurück nach B. und
dort auf die Autobahn Richtung S. gefahren. Er sei ziel- und planlos einfach über die Autobahn weitergefahren. Als die Autobahn den Neckar
überquert habe, sei er bei H. bei der Ausfahrt U. von der Autobahn abgefahren. Er habe sich nicht ausgekannt und sei ca. eine Stunde
herumgefahren, um an den Neckar zu gelangen. Schließlich habe er einen Parkplatz in der Nähe des Flusses gefunden. Dort habe er das
Bügeleisen genommen und das Kabel aus diesem gelöst. Anschließend habe er das Kabel mit dem Bügeleisen in zwei Teile geschlagen und
das Bügeleisen weggeworfen. Da ihm die Uferstelle an dem Parkplatz zum Versenken der Leichen als nicht geeignet erschien, habe er eine
andere Stelle gesucht und sei auf die gegenüberliegende Seite des Neckars gefahren, wo er nach Durchfahrt eines Industriegebiets an eine
Schiffsanlegestelle am Flussufer gelangt sei. An der Anlegestelle hätten Treppenstufen zu einer Plattform direkt am Wasser heruntergeführt.
Dieser Platz sei ihm „würdig“ erschienen. Er habe zunächst die Eisenteile auf die Plattform getragen, anschließend den Leichnam von O.. Er
habe das Eisenteil dann auf dem Rücken des Leichnams befestigt, indem er das Leintuch um den Körper und den Bakenfuß gewickelt und das
Bügeleisenkabel mit einer Schlinge um den Hals und um eine Griffhalterung des Bakenfußes geknotet habe. Anschließend habe er die Leiche
im Neckar versenkt.
86
Mit K. sei er auf die gleiche Weise verfahren, allerdings habe sich das Leintuch, als er K. ins Wasser gestoßen habe - mit einem Fuß sei er dabei
auf dem Leintuch gestanden - von der Leiche gelöst und es sei auf der Plattform liegen geblieben. Er habe es in den Kofferraum gelegt, wo er
es zunächst vergessen und erst 1-2 Tage später herausgenommen und bei sich zu Hause gewaschen habe.
87
Auf der Fahrt nach Hause habe er die in den Tüten verpackten Sachen auf einem Autobahnparkplatz und bei der Durchfahrt einer Baustelle
weggeworfen.
88
Als er zu Haus angekommen sei, sei es schon hell gewesen. Er habe sich zum Schlafen ins Bett gelegt, bis ihn seine Schwägerin, mit der er
zum Einkaufen verabredet gewesen sei, gegen 8.30 Uhr-9.00 Uhr telefonisch geweckt habe.
89
B. Beweiswürdigung:
90
1. Bergung und Identifizierung der Leichname von O.G. und K. H.
91
aa) Nach den Bekundungen des Zeugen KOK F. wurde am 20. April 2004 eine weibliche Wasserleiche im Neckarkanal im Bereich BF/K bei
Flusskilometer 104 - ca. 400 m oberhalb der Schleuse BF - geborgen.
92
Auf dem Rücken der Leiche war eine Fußplatte für Baustellenschilder mit einem um den Bauch gebundenen Bettlaken sowie einem Kabel,
welches mit jeweils verknoteten Schlingen um den Baustellenfuß und um den Hals der Leiche F.iert war, befestigt. Die Leiche war lediglich mit
einem weißen Stringtanga bekleidet.
93
bb) Am 21. Juni 2004 wurde nach den Bekundungen des Zeugen KHK B. die Wasserleiche eines Kleinkindes im Neckarkanal bei
Flusskilometer 105 geborgen.
94
Der Leichnam war ohne Kopf, ein Gewicht daran nicht befestigt.
95
Er war mit einer Windel bekleidet, der linke Arm mit einem Stoff umwickelt. Bei der Obduktion des Leichnams am 22. Juni 2004 - dies erläuterte
der rechtsmedizinische Sachverständige Dr.B. während der Inaugenscheinnahme der bei der Obduktion gefertigten Lichtbilder - habe sich die
Bekleidung des linken Arms als ein Shirt herausgestellt.
96
Die Zeugen KOK F. und KHK B. erläuterten die Leichenfundorte sowie die Beschreibung der Leichen anhand der in Augenschein genommenen
Stadt- und Lagepläne sowie Lichtbilder, die bei den Bergungen der Leichen von diesen gefertigt worden waren.
97
cc) Die durchgeführten DNA-Analysen ergaben, dass es sich bei den Leichen um O.G. und K. H. handelte. Der molekulargenetische
Sachverständige Dr. Sch. vom Institut für gerichtliche Medizin der Universität T. führte aus, dass das Blut des weiblichen Leichnams
molekularbiologisch untersucht und ein DNA-Identifizierungsmuster der Toten erstellt worden sei.
98
Die molekulargenetische Sachverständige Dr.D. vom Kriminaltechnischen Institut des Landeskriminalamtes Baden-Württemberg führte aus,
dass Muskelgewebe und Knochenmark aus Fingerknochen der Kinderleiche molekularbiologisch untersucht und ein DNA-
Identifizierungsmuster erstellt worden sei. Zu Vergleichszwecken seien - dies bekundete der Zeuge KOK Sch. - in der Wohnung von O.G.
Gegenstände von ihr - eine Zahnbürste und zwei Slips - sowie Gegenstände von K. H. - eine Zahnbürste, ein Unterhemd und eine Unterhose -
sichergestellt worden.
99
Der Abgleich der daraus erstellten DNA-Muster - dies führten die Sachverständigen Dr. Sch. und Dr.D. aus - mit den DNA-
Identifizierungsmustern der beiden Leichname habe jeweils eine Übereinstimmung in sämtlichen Mehrmalsausprägungen ergeben.
100 2. Tatzeitpunkt - Nacht vom 9. auf den 10. April 2004 oder die Nacht vom 10. auf den 11. April 2004:
101 Das Tatgeschehen hat sich entweder in der Nacht vom 9. auf den 10. April 2004 oder in der Nacht vom 10. auf den 11. April 2004 zugetragen.
102 O.G. und K. H. wurden am Abend des 9. April 2004 von den Zeugen N.N. und A.K. letztmals lebend gesehen. Beide bekundeten
übereinstimmend, dass A.K. O.G. und K. H., die den Nachmittag bei ihnen verbracht hatten, gegen 21.00 Uhr - oder ein wenig später - nach
Hause in die V.G. gefahren habe. Der Zeuge A.K. gab an, noch gesehen zu haben, dass O.G. und K. sogleich in das Gebäude hineingegangen
seien.
103 Erst am Sonntag, 11. April 2004, hätten sie das Verschwinden von O.G. und K. festgestellt, als sie gegen 16.00 Uhr - wie mit O. vereinbart - K.
zurückbringen wollten. Es sei jedoch niemand da gewesen. A.K. sei dann, nachdem er sich die Wohnungsschlüssel von den Eltern seiner
Ehefrau besorgt habe, in die Wohnung gegangen, die aufgeräumt gewesen sei und in der er keinen Hinweis auf O. und K. habe finden können.
104 Am Samstag, den 10. April 2004, wurden O.G. und K. von niemandem mehr gesehen. Dies bekundeten die Hausbewohner des Gebäudes V.G.,
die Zeugen M. F., J.M., H.K., L.W., V.G. und T.L. sowie eine Nachbarin des Nebengebäudes, SLStr., die Zeugin L.G.. Die Zeugen M. F. und L.G.
bekundeten, O.G. letztmals am Freitagvormittag, 9. April 2004, gesehen zu haben, die Zeugin T.L. letztmals am Donnerstag, 8. April 2004. Die
Zeugen N.N. und A.K. gaben zudem an, am Samstag, 10. April 2004, gegen 12.00 Uhr in der Wohnung von O.G. geklingelt zu haben, ohne dass
jemand geöffnet habe. Sie hätten, obwohl mit O.G. ausgemacht gewesen sei, dass sie K. erst am Sonntag zurückbringen würden, diese bereits
am Samstag zu O. bringen wollen, da sie - dies sei kurzfristig dazwischen gekommen - einen Bekannten in S. hätten besuchen wollen.
105 Der Angeklagte konnte die Tat nur in einer der beiden oben genannten Nächte begehen. Es konnte ausgeschlossen werden, dass der
Angeklagte am Samstag, 10. April 2004, und/oder am Sonntag, 11. April 2004, den Tag über O.G. besucht hat.
106 Der Angeklagte gab an, am Samstagvormittag - von ca. 9.00 Uhr an - zusammen mit seiner Schwägerin E.H. beim Einkaufen in H. gewesen zu
sein, gegen 13.30 Uhr sei er bei ihr und seinem Bruder V.H. in deren Wohnung in H./K. bei einer Familienfeier gewesen. Er habe gegen 22.00
Uhr die Wohnung seines Bruders und seiner Schwägerin verlassen. Dies wurde von den Zeugen E. und V.H. jun., V.H. sen. und dessen Tochter
V.H. glaubhaft bestätigt.
107 Am Sonntag, 11. April 2004, - so der Angeklagte - sei er bereits gegen 11.00 Uhr zu seinem Vater V.H., ebenfalls wohnhaft in H., gefahren und
von dort mit der gesamten Familie zu einer Geburtstagsfeier der Tante seines Vaters nach V/S, wo sie bis Montagnachmittag, 12. April 2004,
geblieben seien. Auch dies wurde von den oben genannten Zeugen glaubhaft bestätigt.
108 In den Nächten vom 9. auf den 10. April 2004 und 10. auf den 11. April 2004 hatte der Angeklagte jeweils die Möglichkeit, O.G. in ihrer
Wohnung in B. zu besuchen.
109 Der Angeklagte rief am 9. April 2004, 22.51 Uhr, mit seinem Handy auf Höhe S.-H. von seinem Fahrzeug aus A.V., die in dem Reisebus saß, auf
deren Handy an.
110 Diesen Vorgang bestätigte die Zeugin A.V. glaubhaft.
111 Den Zeitpunkt und die Örtlichkeit des Telefonats legte der die Ermittlung leitende Sachbearbeiter, der Zeuge KOK K., dar. Dieser bekundete,
dass das Handy des Angeklagten mit der Rufnummer 0173/.... sichergestellt und ausgewertet worden sei. Danach hätten der oben genannte
Zeitpunkt und die der festgestellten Örtlichkeit zuordenbare Funkzelle des von dem Handy des Angeklagten aus geführten Telefonats mit der
Zeugin A.V. ( Rufnummer 0174/....) ermittelt werden können.
112 Nach diesem Telefonat fuhr der Angeklagte von S. in Richtung B./H. und konnte direkt zu O.G. nach B. fahren. Dort wäre er dann - für die
Strecke von S.-H. zur Wohnung von O.G. benötigt man nach Einschätzung der Strafkammer, der die Strecke bekannt ist, eine Fahrtzeit von 15-
20 Minuten - um ca. 23.10 Uhr angekommen.
113 Auch am Samstag, 10. April 2004, hätte der Angeklagte, nachdem er gegen 22.00 Uhr die Wohnung seines Bruders verlassen hatte, zu O.G.
nach B. fahren können. Dort wäre er, wenn er gleich anschließend dort hingefahren wäre, gegen 22.30 Uhr angekommen. Auch diese
Fahrtstrecke ist der Strafkammer bekannt.
114 In welcher dieser beiden Nächte der Angeklagte O.G. in B. besuchte und die Tat beging, vermochte die Strafkammer nach Würdigung
sämtlicher diesbezüglicher Beweisanzeichen nicht festzustellen. Schließlich war auch nicht auszuschließen, dass der Angeklagte O.G. in
beiden Nächten besucht hat.
115 Die Strafkammer hat dabei folgende Umstände erwogen:
116 a) Der Angeklagte selbst gibt an, O.G. in der Nacht vom 9. auf 10. April 2004 besucht zu haben.
117 Am Samstag, 10. April 2004, sei er, nachdem er die Familienfeier gegen 22.00 Uhr verlassen habe, direkt nach Hause gegangen und habe sich
Schlafen gelegt. Am frühen Morgen des 11. April 2004 sei ein Boxkampf mit Vladimir Klitschko im Fernsehen übertragen worden. Er habe mit
seinem Bruder am Abend zuvor ausgemacht, dass dieser ihn zu dem Boxkampf mit einem Anruf auf seinem Handy per Klingelzeichen wecken
solle. Zwischen 4.00-6.00 Uhr habe ihn sein Bruder angerufen und geweckt. Eventuell sei er nach dem Weckruf noch einmal eingeschlafen.
Jedenfalls sei der Boxkampf schon im Gang gewesen, als er ihn angeschaut habe. Er habe nur noch die letzte Runde gesehen, in der Vladimir
Klitschko den Kampf verloren habe.
118 b) Bei der zur Überprüfung der Einlassung des Angeklagten und zur Feststellung der Tatnacht vorgenommenen Gesamtwürdigung sprachen
folgende Gesichtspunkte für einen Tatzeitpunkt in der Nacht vom 9. auf den 10. April 2004.
119 aa) B. liegt auf dem direkten Heimweg an der Fahrtstrecke von S. nach H.. Es hätte sich daher für den Angeklagten angeboten, auf der
Rückfahrt von S. zu O.G. zu fahren. Dies wäre zudem für den Angeklagten seit seinem letzten Besuch in der Woche zuvor die erste sich
bietende Gelegenheit gewesen, O.G. zu besuchen. Das Wochenende (3./4. April 2004) und die darauffolgende Woche bis zum Abend des 9.
April hatte er mit der Zeugin A.V. verbracht, wie von dieser bestätigt.
120 bb) A.V. schickte dem Angeklagten am 10. April 2004, 00.28 Uhr, von einem Autobahnparkplatz bei B-B eine SMS mit dem Inhalt: „Hallo Schatz.
Wir sind in B-B. Was machst Du? Ich liebe Dich. Kuss Alina.“ Diese SMS blieb von dem Angeklagten unbeantwortet. Dieser Umstand allein
könnte - unabhängig davon, dass der Angeklagte in seiner Einlassung diese SMS in einen unmittelbaren Zusammenhang mit dem
Tatgeschehen stellt - ein Hinweis dafür sein, dass der Angeklagte zu diesem Zeitpunkt bei O.G. war und deshalb auf die SMS nicht antwortete.
121 A.V. bekundete dazu, dass sie, als der Bus auf einem Parkplatz bei B-B einen Zwischenstopp gemacht habe, dem Angeklagten diese SMS
geschickt und der Angeklagte hierauf nicht geantwortet habe. Der Zeuge KOK K. erläuterte, dass die Auswertung der auf dem Handy des
Angeklagten gespeicherten Daten ergeben habe, dass die SMS um 00.28 Uhr mit dem oben zitierten Inhalt, den auch die Zeugin A.V.
bestätigte, auf dem Handy des Angeklagten eingegangen sei. Die Bestimmung der Funkzelle zum Zeitpunkt des Eingangs der SMS - so der
Zeuge KOK K. - sei nicht möglich gewesen.
122 Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass der Angeklagte zum Zeitpunkt des Eingangs der SMS zu Hause gewesen sein könnte und entweder
sein Handy abgeschaltet hatte oder, wenn er den Eingang der SMS mitbekommen haben sollte, diese schlichtweg unbeantwortet gelassen hat.
Letzteres wäre nicht völlig ungewöhnlich. Die Zeugin A.V. gab dazu an, dass sie sich nicht gewundert habe, keine Antwort von dem
Angeklagten erhalten zu haben - dies sei eher normal gewesen. Dies zeigt sich auch darin, dass der Angeklagte erst am Samstag, 11. April
2004, - dies bekundete die Zeugin A.V. - um 22.00 Uhr, nachdem sie ihm um 21.29 Uhr erneut eine SMS geschickt habe, bei ihr zurückgerufen
habe, obwohl er zu diesem Zeitpunkt längst Kenntnis von der um 00.28 Uhr eingegangenen SMS gehabt haben muss, da er am 11. April 2004
um 15.00 Uhr seine Mailbox abgefragt hatte. Die jeweiligen Zeitpunkte beruhen - wie von dem Zeugen KOK K. berichtet - auf der Auswertung
der Verbindungsdaten des Handys des Angeklagten.
123 cc) O.G. und K. wurden zwar am 10. April 2004 den Tag über von niemandem gesehen.
124 Dies besagt jedoch nicht zwangsläufig, dass O.G. und K. am Samstag, 10. April 2004, nicht mehr gelebt haben. Es ist durchaus vorstellbar, dass
sie z.B. den ganzen Tag unterwegs gewesen und erst am Abend wieder nach Hause gekommen sind, den ganzen Tag in der Wohnung
verbracht haben oder einfach keinem Mitbewohner des 14-Familien-Hauses begegnet sind.
125 dd) Bei einer am 3. Mai 2004 in der Wohnung von O.G. durch den Zeugen KOK Sch. erfolgten Nachschau konnten nur wenige Essensvorräte
festgestellt werden. Der Zeuge KOK Sch. führte aus, dass in dem Kühlschrank der Wohnung lediglich folgender Inhalt erhoben werden konnte:
126 - Reste einer Marinade in einer länglichen Kunststoffdose
127 - Zwiebeln
128 - Pfirsiche
129 - Schokoriegel
130 - Gurken
131 - Knoblauch
132 - Mayonaise, Ketchup und Sambal Olek.
133 Im Übrigen seien kleinere Mengen Süßigkeiten vorhanden gewesen, Brot oder andere Essensvorräte hätten nicht festgestellt werden können.
134 Es wäre allerdings zu erwarten gewesen, dass O.G. am Samstag, 10. April 2004, wenn sie noch gelebt hätte, Essensvorräte für die
anstehenden Osterfeiertage eingekauft hätte. Die vorgefundenen Vorräte hätten für diese Tage nicht ausgereicht.
135 Hierbei war jedoch zu berücksichtigen, dass die Erhebung der Essensvorräte in der Wohnung von O.G. - dies bekundete der Zeuge KOK Sch. -
erst am 3. Mai 2004, also erst drei Wochen nach dem Verschwinden von O.G. und K. H. erfolgt ist. Es ist daher nicht auszuschließen, dass die
Angehörigen von O.G. in der Zwischenzeit in der Wohnung vorgefundene Essensvorräte entweder entsorgt oder mitgenommen haben. N.N.,
A.K., M. N. und A.N. gaben übereinstimmend an, dass sie, seit sie am 11. April 2004 das Verschwinden von O.G. und K. H. bemerkt hatten,
nahezu jeden Tag in deren Wohnung gewesen seien. Dabei hätten sie zwar im Wesentlichen alles unverändert gelassen, allerdings - dies
bekundeten die Zeugin N.N. und M. N. - hätten sie die Wohnung aufgeräumt, für K. Wäsche aus der Wohnung geholt und Wäsche, die auf
einem Ständer auf dem Balkon aufgehängt gewesen sei, abgenommen und in die Schränke gelegt. Der Zeuge A.N. gab an, dass er bei einem
seiner ersten Aufenthalte in der Wohnung Geschirr - eine Schüssel, mehrere Teller und einen Topf - gespült habe.
136 Angesichts dessen kann nicht ausgeschlossen werden, dass sie dabei auch Essensvorräte entsorgt oder mitgenommen haben.
137 ee) Der Zeuge A.N. bekundete, in dem Topf, den er bei einem seiner ersten Aufenthalte in der Wohnung gespült habe, hätten sich angekrustete
Reste von Hackfleisch befunden. Die Zeugin N.N. bekundete, dass ihr O.G. am Freitag, 9. April 2004, als sie bei ihnen zu Besuch gewesen sei,
erzählt habe, dass sie Maultaschen mit einer Hackfleischfüllung („Maultaschen russischer Art“) zubereitet habe. Das Hackfleisch habe O.G. - so
gab die Zeugin M. N. an - am Abend des Mittwoch oder Donnerstag derselben Woche bei ihr geholt.
138 Daraus könnte man folgern - da der Topf ungespült blieb -, dass O.G. am Samstag, 10. April 2004, bereits nicht mehr am Leben war, nachdem
der Zeuge A.R., der einen Monat mit O.G. zusammenlebte, bekundete, dass diese eine ordentliche Hausfrau gewesen sei und schmutziges
Geschirr - wenn nicht sogleich - spätestens am folgenden Tag abgespült habe.
139 Indes war nicht auszuschließen, dass die Maultaschen am Freitag, 9. April 2004 zwar zubereitet, aber erst am Samstag, 10. April 2004
gegessen wurden. Dafür könnte auch sprechen, dass O.G. mit ihren Kindern am Freitag, 9. April 2004, bei ihrer Schwiegermutter zum Essen
eingeladen gewesen ist.
140 ff) Die Zeugin L.W., wohnhaft in der V.G., bekundete, dass sie am Samstag, 10. April 2004 um 11.00-11.30 Uhr im Waschraum des Gebäudes
gesehen habe, dass O.G.s Waschmaschine angeschaltet und Wäsche darin gewesen sei. Die Zeugen N. und M. N. bekundeten
übereinstimmend, dass sie entweder am Dienstag, 13. April 2004 oder Mittwoch, 14. April 2004 ebenfalls feststellten, dass die Waschmaschine
angeschaltet war.
141 Dies schließt jedoch nicht aus, dass O.G. am Samstag, 10. April 2004, entweder vor 11.00 Uhr oder nach 11.30 Uhr einen neuen Waschgang in
Betrieb gesetzt hat.
142 c) Gegen einen Tatzeitpunkt in der Nacht vom 9. auf den 10. April 2004 spricht, dass die Zeugin E.H., als sie am Samstagvormittag, 10. April
2004, mit dem Angeklagten beim Einkaufen war, im Kofferraum seines Fahrzeugs kein Spannbetttuch bemerkt hat.
143 Nach der Darstellung des Angeklagten soll das Leintuch, das an Land geblieben sei, als er K. ins Wasser gestoßen habe, noch 1-2 Tage in
seinem Kofferraum gelegen haben, da er es vergessen habe. Erst dann habe er das Leintuch aus dem Kofferraum herausgenommen, bei sich
zu Hause in der Maschine zweimal gewaschen und es anschließend bei sich in den Schrank gelegt.
144 Dort konnte das Leintuch - wie der Zeuge KOK Sch. bekundete - sichergestellt werden. Nach dem zur Auswertung von Textilspuren gefertigten
und in der Hauptverhandlung verlesenen Gutachten des Sachverständigen Dr. R. vom Kriminaltechnischen Institut des Landeskriminalamtes
Baden-Württemberg wurde das sichergestellte Leintuch mit dem Spannbetttuch verglichen, das um den Leichnam von O.G. gewickelt war. Die
durchgeführte Begutachtung und die mikroskopischen Analysen ergaben, dass die beiden Spannbetttücher in sämtlichen
Konstruktionsmerkmalen, in der Materialzusammensetzung und in der Ausstattung - insbesondere in der Anordnung und Konstruktion der
Nähte und Gummizüge, Art und Inhalt der Etiketten sowie in deren Einfärbung übereinstimmten.
145 Da sonst keine gleichartigen Spannbetttücher in der Wohnung des Angeklagten sichergestellt werden konnten, hat die Strafkammer insoweit
keinen Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Angaben des Angeklagten.
146 Die Zeugin E.H. bekundete, am Samstagvormittag (10. April 2004) - ab ca. 9.00 Uhr - mit dem Fahrzeug des Angeklagten in H. zum Einkaufen
gewesen zu sein. Die Einkaufstüten hätten sie in den Kofferraum des Fahrzeugs gestellt. Dabei sei ihr ein Leintuch nicht aufgefallen. Die Zeugin
fügte hinzu, dass - wenn ein Leintuch in dem Kofferraum gelegen hätte - sie ein solches auch mit großer Wahrscheinlichkeit bemerkt hätte,
konnte allerdings auch nicht vollständig ausschließen, dass es ihr vielleicht entgangen sei, da sie natürlich nicht darauf geachtet habe.
147 d) Für einen Tatzeitpunkt in der Nacht vom 10. auf den 11. April 2004 sprechen folgende Gesichtspunkte:
148 aa) Am Samstagnachmittag, 10. April 2004, fand in der Wohnung von E. und V.H. jun. die Familienfeier statt, bei der auch der Angeklagte, sein
Vater, dessen Ehefrau und deren Tochter anwesend waren.
149 Der Angeklagte wie auch die Zeugen V.H. sen., V.H. jun., E.H. und V.H. gaben übereinstimmend an, dass im Verlaufe des Nachmittags ein
Polizeibeamter wegen der Auseinandersetzung zwischen dem Angeklagten und A.R. am 30. März 2004 angerufen habe. Das Telefonat habe
V.H. sen., der in der Familie am besten deutsch spreche, mit dem Polizeibeamten geführt. Dieser habe V.H. sen. mitgeteilt, dass A.R. Anzeige
gegen den Angeklagten erstattet habe. Der die Ermittlungen in der Anzeigesache gegen den Angeklagten führende Zeuge PM Schilling
bestätigte, am 10. April 2004 bei dem Bruder des Angeklagten angerufen zu haben. Dieses Gespräch erfolgte ausweislich der von dem Zeugen
KOK K. mitgeteilten Daten der Telefonanlage der PD B. um 15.52 Uhr. Ihm - dem Zeugen PM Schilling - seien bis dahin die genauen
Personalien des Angeklagten noch nicht bekannt gewesen. Der Anzeigeerstatter A.R. habe ihm bei seiner Anzeige am 1. April 2004 nur
phonetisch den Vor- und Nachnamen des Angeklagten sowie den Namen von O.G. nennen können. Über Recherchen sei er auf den Namen
und die Telefonnummer eines V.H. gestoßen, bei dem er eine Verwandtschaft mit dem Angeklagten vermutet habe, und habe dort angerufen.
150 Die Zeugen V.H. sen. und V.H. jun. bekundeten, dass sie nach dem Telefonat mit dem Angeklagten über den Vorfall vom 30. März 2004
gesprochen hätten. Der Angeklagte habe nervös auf den Anruf reagiert und sei aufgebracht gewesen. Er habe überlegt, was er tun könne. Es
sei darüber gesprochen worden, sogleich zu O. zu fahren, um mit ihr die Sache zu bereden.
151 Diese Stimmungslage könnte ein Indiz dafür sein, dass der Angeklagte aus Anlass dieses Telefonats O.G. in der Nacht vom 10. auf den 11. April
2004 besucht hat.
152 Allerdings bekundeten die Zeugen V.H. sen. und V.H. jun. übereinstimmend, dass der Angeklagte sich anschließend alsbald in dem Gespräch
mit ihnen wieder beruhigt habe. Ihm sei im weiteren Verlauf des Nachmittags nichts mehr anzumerken gewesen. Dafür, dass der Angeklagte
sich wieder beruhigt hat, spricht auch, dass er nach dem Telefonat noch bis ca. 22.00 Uhr, also ca. sieben Stunden, bei seinem Bruder und
seiner Schwägerin blieb und selbst, als sein Vater mit seiner Familie gegen 19.00 Uhr die Feier verließ - dies bekundeten die Zeugin V.H. sen.,
V.H. und E.H. übereinstimmend -, der Angeklagte diese Gelegenheit nicht wahrnahm, ebenfalls aufzubrechen.
153 Auch der Umstand, dass der Angeklagte nach dem Telefonat gemeinsam mit seinem Bruder und seinem Vater in Überlegung zog, zu O.G. zu
fahren, ist kein Hinweis dafür, dass der Angeklagte die Tat noch nicht begangen hatte. Es ist durchaus denkbar, dass der Angeklagte sich
bewusst unwissend stellte, um so bereits im Vorfeld - vor Entdeckung der Tat - den Verdacht von sich abzulenken. Er wäre auch kein
besonderes Risiko eingegangen, da er ja gewusst hätte, dass sie in der Wohnung von O.G. niemanden angetroffen hätten.
154 bb) Der Zeuge KOK B. bekundete, dass der Angeklagte in seinen polizeilichen Vernehmungen am 23. und 24. April 2004, in denen er eine
Tatbeteiligung noch gänzlich abgestritten habe, seinen letzten Besuch bei O.G. selbst in Verbindung mit dem Anruf der Polizei gebracht habe,
bei dem ihm mitgeteilt worden sei, dass wegen der Auseinandersetzung am 30. März 2004 gegen ihn Anzeige erstattet wurde. Dieser Anruf hat
aber am 10. April um 15.52 Uhr stattgefunden, einen weiteren Anruf in dieser Sache gab es ausweislich der Bekundungen des Zeugen POM
Sch. nicht.
155 Der die polizeilichen Vernehmungen am 23. April und 24. April 2004 durchführende Zeuge KOK B. bekundete weiter, dass der Angeklagte
dabei angegeben habe, dass er O.G. zuletzt am 7. April besucht und die Nacht auf den 8. April bei ihr verbracht habe. Für den Besuch habe es -
so habe sich der Angeklagte in seiner Vernehmung am 23. April 2004 ausgedrückt - einen „triftigen Grund“ gegeben. Auf Nachfrage habe der
Angeklagte zunächst erklärt, dass O. ihn angerufen und mitgeteilt habe, dass der andere Mann (A.R.) Anzeige gegen ihn erstattet habe. Dies
habe der Angeklagte - so der Zeuge KOK B. - dann von sich aus korrigiert und erklärt, dass nicht O. ihn angerufen habe, sondern die Polizei. In
seiner Vernehmung vom 24. April 2004 habe der Angeklagte diese Angaben wiederholt. Die Strafkammer verkennt nicht, dass dies ein
gewichtiger Gesichtspunkt für einen Tatzeitpunkt in der Nacht vom 10. auf den 11. April 2004 ist. In der Hauptverhandlung wurden dem
Angeklagten seine Angaben bei der Polizei vorgehalten. Er hielt dem entgegen, dass seine Angaben bei der Polizei insgesamt nicht richtig
gewesen seien und auch dieser Punkt deshalb nicht gestimmt habe. Im Übrigen könne er sich nicht daran erinnern, dies gesagt zu haben; der
Dolmetscher müsse dies falsch übersetzt haben. Der Zeuge KOK B. bekundete, dass es bei der Vernehmung keine Übersetzungsprobleme
gegeben habe. Der anwesende Dolmetscher, Herr W., sei als äußerst zuverlässiger und sehr guter Übersetzer bekannt. Es habe insoweit keine
Missverständnisse gegeben.
156 Die Strafkammer kann jedoch nicht ausschließen, dass dem Angeklagten bei der „Suche“ nach einem triftigen Grund für einen Besuch bei O.
allein der Anruf der Polizei in den Sinn kam, ohne dass er sich dabei des Zeitpunkts des Telefonats und der sich hieraus ergebenden Folgerung
bewusst war.
157 e) Kein weiterer Aufschluss bezüglich des Tatzeitpunktes ergab sich für die Strafkammer aus den diesbezüglichen Angaben der Zeugen V.H.
jun. und E.H..
158 Der Zeuge V.H. jun. bestätigte in der Hauptverhandlung, dass er am Samstag, 10. April 2004, mit dem Angeklagten vereinbart habe, ihn zu dem
in der Nacht im Fernsehen übertragenen Boxkampf mit Vladimir Klitschko per Anruf zu wecken. Um 2.00-2.30 Uhr habe er von seinem Handy
oder Festnetzapparat aus bei dem Angeklagten angerufen und es wie vereinbart nur klingeln lassen. Er habe dann gesehen, wie bei dem
Angeklagten, der in dem Gebäude gegenüber wohne und dessen Wohnzimmer er einsehen könne, der Fernseher angegangen sei. Der
Boxkampf selbst habe erst um 5.00-5.30 Uhr begonnen. Am Vormittag des 11. April 2004 hätten sie über den Boxkampf gesprochen.
159 Die Zeugin E.H. bekundete in der Hauptverhandlung, dass ihr Ehemann sie am Samstag, 10. April 2004, bevor sie ins Bett gegangen seien,
gebeten habe, den Wecker auf 2.30 Uhr-3.00 Uhr zu stellen, da er den Boxkampf habe anschauen wollen.
160 Ein in Augenschein genommenes Lichtbild, auf dem die gegenüberliegenden Gebäude in H./K., HG und OStr abgebildet sind, zeigt, dass das
Wohnzimmer der Wohnung des Angeklagten von der Wohnung des V.H. jun. einsehbar ist. Der Fernseher des Angeklagten - dies ergab die
Inaugenscheinnahme der Lichtbilder von der Wohnung des Angeklagten - stand in dem Wohnzimmer.
161 Der Zeuge KOK K. bekundete, dass zur Klärung der Übertragungszeiten des Boxkampfes (Vladimir Klitschko gegen Lamon Brewster) die
Sportredaktion des ZDF in Mainz angefragt worden sei. Danach habe der Boxkampf in der besagten Nacht stattgefunden. Die Sendung habe
gegen 1.45 Uhr begonnen. Nach Vorberichten und Vorkämpfen habe der Hauptkampf um 5.31 Uhr begonnen und bis 5.59 Uhr gedauert.
162 An der Glaubhaftigkeit der Angaben der Zeugen V.H. jun. und E.H. bestehen jedoch Zweifel.
163 So stimmt schon der von dem Zeugen Victor H. benannte Zeitpunkt des Weckanrufs nicht mit dem von dem Angeklagten angegebenen überein.
Zudem gab der Zeuge V.H. jun. bei seinen polizeilichen Vernehmungen am 27. April 2004 und am 9. Juli 2004 wiederholt an, dass er den
Angeklagten auch in der Nacht zuvor - vom 9. auf den 10. April 2004 nochmals gesehen habe, als der Angeklagte, nachdem er A.V. nach S.
gefahren habe, nach Hause gekommen sei. Der Angeklagte sei kurz zu ihm in die Wohnung gekommen, anschließend sei er direkt nach Hause
gegangen. Dort habe er - der Zeuge V.H. jun. - dann gesehen, dass der Angeklagte Playstation gespielt habe. Diese Angaben wurden dem
Zeugen in der Hauptverhandlung vorgehalten und von ihm nicht in Abrede gestellt. Er sei sich früher eben sicher gewesen, den Angeklagten
auch in der Nacht vom 9. auf den 10. April 2004 nochmals gesehen zu haben. Seine Angaben zu der Nacht vom 10. auf den 11. April 2004
seien aber mit Sicherheit zutreffend.
164 Auch E.H. gab bei ihrer polizeilichen Vernehmung am 26. April 2004 an, in der Nacht vom 9. auf den 10. April 2004 gesehen zu haben, dass der
Angeklagte entweder ferngesehen oder Playstation gespielt habe. Dies habe sie an dem Lichtschein erkennen können. Diese Angaben wurden
der Zeugin in der Hauptverhandlung vorgehalten und von ihr bestätigt. In der Hauptverhandlung gab sie dann an, den Angeklagten in der Nacht
wohl nicht mehr gesehen zu haben, sie habe sich getäuscht. Sie habe den Lichtschein in der Wohnung des Angeklagten fast jeden Tag
gesehen, sie könne sich jetzt nicht mehr erinnern, wann dies genau gewesen sei. Ihre Angaben zu der Nacht vom 10. auf den 11. April 2004
seien jedoch richtig.
165 Dieses Aussageverhalten der beiden Zeugen begründet nach Auffassung der Strafkammer Zweifel an deren Glaubhaftigkeit und Anhaltspunkte
für die Annahme, dass beide Zeugen dem Angeklagten zunächst für beide Nächte ein Alibi verschaffen wollten und erst davon abrückten, als
sie erfahren hatten, dass der Angeklagte nunmehr selbst angab, am 9. April bei O.G. gewesen zu sein.
166 f) Nach den bei O.G. erhobenen objektiven Befunden zum Mageninhalt und Blutalkoholgehalt kommen sowohl die Nacht vom 9. auf den 10.
April 2004 als auch die Nacht vom 10. auf den 11. April 2004 als möglicher Tatzeitpunkt in Betracht.
167 aa) Mageninhalt
168 (1) Nahrungsaufnahme von O.G. am 9. April 2004
169 Die Zeugin N.N. bekundete, dass O.G. mit K. H. am 9. April 2004 bei ihnen gegen 14.00 Uhr zu Mittag gegessen habe. Gereicht habe sie:
angebratenen und in kleine Stücke geschnittenen Lachs in einer Tomatensoße, angebratene Hühnerschenkel, Kartoffeln, selbst zubereiteten
russischen Speck (aus gekochtem Schweinebauch), Wurst, Käse und dazu Salat aus kleingeschnittenen Tomaten, nicht geschälten und in
Scheiben geschnittenen Gurken und in kleine Ringe geschnittenen Zwiebeln. Dazu habe es Brot gegeben. O.G. habe von allem etwas
gegessen. Nach dem Essen sei man zusammengesessen. Sie und O.G. hätten dabei jeweils zur Hälfte eine Flasche Wodka à 0,7 Liter
getrunken. Der Zeuge A.K. gab hiervon abweichend an, dass die Flasche Wodka 0,5 Liter enthalten habe. Sie seien anschließend spazieren
gegangen. O.G. habe sich auf dem Spaziergang bei einer Tankstelle ein 0,1 Liter-Fläschchen Wodka gekauft und getrunken. Um ca. 19.00 Uhr
hätten sie sich an den Tisch gesetzt, auf dem noch von mittags - bis auf den Salat, von dem nichts mehr übrig gewesen sei - das übrige Essen
gestanden sei. Ob, was genau und wie viel O.G. am Abend gegessen habe, könne sie nicht mehr sagen. Sie habe sich für eine kurze Zeit ins
Schlafzimmer zurückgezogen und sich ins Bett gelegt, da sie sich etwas angetrunken gefühlt habe. Als ihr Ehemann A.K. O.G. und K. gegen
21.00 Uhr nach Hause gefahren habe, habe sie von dem übrigen Essen nichts mitgenommen. Der Zeuge A.K. konnte zu den Mahlzeiten keine
weitergehenden Angaben machen.
170 (2) Gutachten zum Mageninhalt:
171 Der Sachverständige E. vom Institut für Rechtsmedizin der medizinischen Hochschule Hannover hat den ihm übersandten Mageninhalt des
Leichnams von O.G. auf seine Inhaltsbestandteile untersucht, um Rückschlüsse auf einen Todeszeitraum zu ziehen.
172 Der Sachverständige E. erstattet seit 20 Jahren Gutachten dieser Art und hat seine fachliche Kompetenz und Zuverlässigkeit in einer Vielzahl
von Fällen unter Beweis gestellt.
173 Er führte aus, dass ihm für seine Untersuchungen 68 g des ordnungsgemäß asservierten und aufbewahrten Mageninhalts des Leichnams von
O.G. zur Verfügung standen.
174 Dabei handelte es sich um einen repräsentativen Anteil des Mageninhalts. Der rechtsmedizinische Sachverständige Dr.B. erklärte dazu, dass
bei der am 20. April 2004 durchgeführten Obduktion 200 ml Speisebrei aus dem Magen entnommen und anschließend gleichmäßig in einer
Nierenschale durchmischt worden seien. Ein Teil dieser Menge sei dem Sachverständigen E. zur Untersuchung übersandt worden.
175 Der Sachverständige E. führte aus, dass es sich bei dem untersuchten Mageninhalt um einen auffallend dickflüssigen grau-/braunfarbenen
Speisebrei gehandelt habe, in dem - deutlich sichtbar - relativ große Bestandteile an festen rosa- und grünfarbenen Nahrungsmittelüberresten
enthalten gewesen seien.
176 Für die Untersuchung sei zunächst der vorhandene Mageninhalt sorgfältig durchmischt, danach von verschiedenen Lokalisationen ein Teil der
Flüssigkeit abgenommen und auf Objektträger übertragen worden, um die Inhaltsbestandteile der flüssigen Phase zu analysieren. Danach sei
der Mageninhalt zur weiteren Aufarbeitung zunächst durch ein Lochsieb mit 3 mm Lochweite und schließlich ein Maschensieb mit 1 mm
Maschenweite durchgesiebt und vorsichtig gespült worden.
177 Die nach dem Durchspülen zurückgehaltenen Speisepartikel von mehr als 3 mm bzw. zwischen 1 mm und 3 mm Durchmesser seien sortiert
und anschließend makroskopisch sowie mikroskopisch analysiert worden.
178 Bei der Untersuchung der im ersten Schritt präparierten flüssigen Phase seien einzelne Muskelfasern tierischen Muskelgewebes festgestellt
worden. Diese seien hochgradig angedaut gewesen. Hierbei könne es sich um Nahrungsmittel wie Wurst oder auch zubereitetes Fleisch am
Stück gehandelt haben, aufgrund des hohen Verdauungsgrades habe sich das nicht mehr genau bestimmen lassen. Zusammenhängendes,
größeres und noch nicht deutlich angedautes Muskelgewebe habe sich in der flüssigen Phase nicht befunden.
179 Auffällig sei gewesen, dass sämtliche Bestandteile massenhaft von fetttropfenartigen Gebilden überzogen gewesen seien, was dafür spreche,
dass - da ansonsten keinerlei Fettgewebe habe festgestellt werden können - eine fettige Substanz, z.B. in Form von Öl, direkt aufgenommen
worden sei.
180 Daneben hätten sich zahlreiche - überwiegend - größere und zusammenhängende Zellformationen pflanzlicher Herkunft in dem
Untersuchungsmaterial befunden. An keiner Stelle seien Stärkekörner, die auf die Aufnahme von Brot hindeuten, erkennbar oder Hinweise auf
Stärkeanteile in dem untersuchten Mageninhalt vorhanden gewesen.
181 Nach Filtration des Untersuchungsmaterials im 3 mm Lochsieb seien hierin noch 24 g geformte Bestandteile verblieben. Der Sachverständige
E. führte nachvollziehbar und detailliert aus, dass der mit Abstand größte Anteil dieses Untersuchungsmaterials - etwa 4/5 aller über 3 mm im
Durchmesser darin enthaltenen Elemente - von Tomaten stammte, die durchweg mittelgradige Andauungsveränderungen aufgewiesen hätten.
182 Als zweitgrößter Bestandteil hätten sich in dem Untersuchungsmaterial Reste von Gurken, die ebenfalls mittelgradig angedaut gewesen seien,
feststellen lassen.
183 Als dritthäufigster Nahrungsanteil hätten sich in dem untersuchten Mageninhalt zum Teil noch vollständige, zum Teil zerkaute Zwiebelringe
befunden. Auch diese Überreste seien mittelgradig angedaut gewesen.
184 Nach der Filtration im 1 mm-Sieb seien noch 4 g des Untersuchungsmaterials verblieben. Die Untersuchung habe den Befunden in dem 3 mm-
Lochsieb entsprochen.
185 Zu der Beurteilung dieser Befunde führte der Sachverständige E. aus, dass zur Schätzung der Magenverweildauer und zur Bestimmung der
verstrichenen Zeit zwischen der Einnahme der letzten Mahlzeit und dem Eintritt des Todes einerseits der Vergleich der noch im Magen
nachgewiesenen Menge und der Art von Speise mit dem Umfang und der Art der letzten bekannten genossenen Mahlzeit sowie - andererseits -
die eingetretenen Andauungsveränderungen des in dem Magen vorgefundenen Nahrungsmaterials geeignet sei.
186 In dem Mageninhalt seien allein Inhaltsbestandteile eines Salats bestehend aus Tomaten, Gurken und Zwiebeln nachweisbar gewesen. Diese
Elemente seien mittelgradig anverdaut gewesen. Eindeutige Hinweise auf Speck, Fisch oder Hähnchenfleisch hätten sich nicht ergeben,
allenfalls die hochgradig angedauten Muskelfasern könnten als Hinweis auf die Aufnahme derartiger Nahrungsmittel interpretiert werden. Da
aber Fleischprodukte, wie z.B. der als „russischer Speck“ genossene Schweinebauch oder gebratenes Hähnchenfleisch, eine wesentlich
längere Magenverweildauer - mindestens 5-6 Stunden - aufweisen als „leichter verdauliche“ pflanzliche Nahrungsmittel, wie die hier nur
mittelgradig anverdaut vorliegenden Tomaten, Gurken und Zwiebeln - bei diesen könne zuverlässig von einer Magenverweildauer von 2-3
Stunden ausgegangen werden -, sei daraus zu schließen, dass O.G. die nachgewiesenen Salatbestandteile nicht bei ihrem Besuch am 9. April
2004 bei N.N. und A.K. gegessen hat, zumal es um 19.00 Uhr keinen Salat mehr gegeben haben soll. Den Salat müsse sie zu einem späteren
Zeitpunkt gegessen haben. Dies wäre bei einer Magenverweildauer von 2-3 Stunden am Freitag, 9. April 2004 - bei einem anzunehmenden
Tatzeitpunkt zwischen 00.30-1.00 Uhr - nur möglich gewesen, nachdem O.G. gegen 21.00 Uhr nach Hause gekommen war.
187 Der Sachverständige E. führte weiter aus, sollte O.G. bei ihren Mahlzeiten, vor allem um 19.00 Uhr größere Mengen, d.h. mehrere Bissen von
dem Hähnchenfleisch und/oder Brot gegessen haben, sei dies mit dem vorliegenden Untersuchungsbefund eher nicht in Einklang zu bringen.
Es wären dann in einem Zeitraum von elf bis zu 24 Stunden mit hoher Wahrscheinlichkeit noch einzelne Stückchen dieser Nahrungsmittel und
nicht nur einzelne Muskelfasern zu erwarten gewesen. Dies spricht eher gegen einen Tatzeitpunkt in der Nacht vom 9. auf den 10. April 2004.
Allerdings blieb offen, welche Mengen - wenn überhaupt - sie um 19.00 Uhr zu sich genommen hat. Bei nur kleinsten Mengen - insoweit sei
nach den Ausführungen des Sachverständigen E. von einer Magenverweildauer von 5-6 Stunden auszugehen - kann ein Todeszeitpunkt am
10. April 2004 nach 0.00 Uhr nicht ausgeschlossen werden.
188 Der Sachverständige führte weiter aus, dass der Speisebrei auffallend dickflüssig gewesen sei. Dieser Befund spreche eher gegen einen
Tatzeitpunkt in der Nacht vom 9. auf den 10. April 2004, da die von O.G. am Nachtmittag des 9. April 2004 konsumierte Alkoholmenge (maximal
0,45 Liter an Wodka) eine beschleunigte Sekretförderung und damit eine Verdünnung des Mageninhalts bewirke.
189 Der Sachverständige führte abschließend aus, dass nach der gutachterlichen Beurteilung des Mageninhalts ein Todeszeitpunkt von O.G.
sowohl in der Nacht vom 9. auf den 10. April 2004 als auch in der Nacht vom 10. auf den 11. April 2004 denkbar sei.
190 bb) Alkohol:
191 Der rechtsmedizinische Sachverständige Dr.B. führte aus, dass die chemisch-toxologische Untersuchung der Blutprobe, die am 20. April 2004
an dem Leichnam von O.G. bei der Obduktion entnommenen wurde, eine Blutethanolkonzentration von 0,56 o/oo ergeben habe.
192 Dieser Wert könne - so der Sachverständige weiter - von mindestens 0,2 o/oo bis zu dessen vollständiger Höhe fäulnisbedingt sein. Daher
könne O.G. bei Todeseintritt maximal eine Blutethanolkonzentration von 0,36 o/oo gehabt haben.
193 Der Sachverständige Dr.B. führte weiter aus, wenn man die maximale Trinkmenge von 0,45 Liter Wodka mit einem Alkoholgehalt von 40 Vol.%
zugrundelege, ergebe sich eine Gesamtmenge reinen Alkohols von 142 g. Dem entspreche bei einem Körpergewicht von 70 kg unter
Anwendung der Widmark-Formel (Faktor 0,6) ein Blutalkoholwert von 3,38 o/oo. Unter Berücksichtigung eines Resorptionsdefizits von 20 %
sowie der Zeit zwischen Trinkbeginn (ca. 15.00 Uhr) und einem Todeszeitpunkt zwischen 0.00 Uhr-1.00 Uhr (10 Stunden), ergebe sich bei
Annahme eines stündlichen Alkoholabbaus von 0,15 o/oo zum Tatzeitpunkt ein Blutalkoholwert von 1,2 o/oo.
194 Lege man die minimale Trinkmenge von 0,35 Liter Wodka zugrunde, ergebe sich eine Gesamtmenge reinen Alkohols von 110 g Alkohol, der
unter den oben genannten Parametern einem Blutalkoholwert von 2,26 o/oo entspreche. Nach Abzug eines 20 %-igen Resorptionsdefizits und
unter Berücksichtigung des Zeitablaufs zwischen Trinkbeginn und Tatzeitpunkt von zehn Stunden bei einem stündlichen Abbauwert von 0,15
o/oo verbleibe ein Blutalkoholwert zum Tatzeitpunkt von 0,6 o/oo. Stelle man in diese Berechnung den Abzug eines - nach der Rechtsprechung
möglichen - Resorptionsdefizits von 30 % ein, verbleibe noch ein Blutalkoholwert von 0,33 o/oo. Nehme man - wieder ausgehend von einem
Resorptionsdefizit von 20 % - einen nach der Rechtsprechung ebenfalls möglichen stündlichen Abbauwert von 0,2 o/oo an, liege der
Blutalkoholwert zum Tatzeitpunkt bei 0,1 o/oo.
195 Nach den beiden zuletzt dargelegten Berechnungen des Blutalkoholwertes wäre ein Tatzeitpunkt in der Nacht vom 9. auf den 10. April 2004
nicht auszuschließen.
196 g) Die Strafkammer hat in einer Gesamtwürdigung sämtliche aufgeführten Gesichtspunkte gegeneinander abgewogen. Dabei konnte sich die
Strafkammer für keine der beiden möglichen Tatnächte eine ausreichend sichere Überzeugung verschaffen, da für beide Nächte gewichtige
Anhaltspunkte vorlagen und daher letztlich jeweils nicht gänzlich auszuräumende Zweifel verblieben. Die Strafkammer ließ daher offen, in
welcher der beiden Nächte der Angeklagte O.G. in B. besuchte und die Tat beging.
197 3. Die Einlassung des Angeklagten zum Tatgeschehen ist nach Überzeugung der Strafkammer insgesamt unglaubhaft und völlig frei erfunden.
198 Sie kann daher weder zur Beurteilung des Tatgeschehens noch des Tatzeitpunkts herangezogen werden.
199 a) Einlassung zur Tötung von K. durch O.G.:
200 Die Darstellung des Angeklagten, wie O.G. ihren Sohn K. mit seitlich abgewinkelten Armen, vor sich hängend mit dem Bügeleisenkabel
erdrosselt habe, ist nach Auffassung der Strafkammer realitätsfern und unglaubhaft.
201 Das Körpergewicht des Leichnams von K., der am 21. Juni 2004 im Neckarkanal treibend und mit abgetrenntem Kopf geborgen wurde, betrug
bei der am 22. Juni 2004 durchgeführten Obduktion - bei einer Restkörperlänge von 80 cm - 10 kg. Dies bekundete der die Obduktion
durchführende rechtsmedizinische Sachverständige Dr.B.. Das Körpergewicht von K. dürfte daher zu Lebzeiten ca. 12 kg betragen haben. Dies
deckt sich auch mit den Angaben des Angeklagten. Es ist nach Überzeugung der Strafkammer nicht vorstellbar, dass O.G., die zwar - dies
verkannte die Strafkammer nicht - bei einem Körpergewicht von 70 kg und einer Größe von 165 cm von kräftigerer Statur war, ihren Sohn in der
Luft hängend mit seitlich abgewinkelten Armen mit dem Bügeleisenkabel erdrosselt hat, zumal das Gewicht des Bügeleisens, das am Ende des
Kabels hing, noch zugerechnet werden müsste. Ein Drosselvorgang bis zum Eintritt des Todes - dies führte der Sachverständige Dr.B. aus -
benötigt immerhin 2-5 Minuten. Dabei verkannte die Strafkammer nicht, dass der Angeklagte nach seiner Einlassung nur einen Ausschnitt der
Drosselung gesehen haben könnte, jedoch ist nach Auffassung der Strafkammer auch in diesem kürzeren Zeitraum ein solches Tatbild nicht
vorstellbar, zumal K. H. schon in der Luft gebaumelt haben soll, als der Angeklagte das Wohnzimmer betreten hat.
202 Das Motiv für O.G., K. zu töten, sollen nach der Einlassung des Angeklagten Hassgefühle gewesen sein, nachdem sie die SMS von A.V.
gelesen hatte.
203 Dies hätte allerdings nach Auffassung der Strafkammer, da es um eine „andere Frau“ ging, allein den Angeklagten und O.G. betroffen. Für die
Strafkammer ist daher nicht nachvollziehbar, warum sich ihr Hass und ihre Aggressionen - zumal mit tödlicher Konsequenz -, wenn sie sich von
dem Angeklagten betrogen fühlte, auf K., der damit nichts zu tun hatte, gerichtet haben sollen.
204 Weiter erachtet die Strafkammer die Einlassung des Angeklagten, dass er, als er das dunkle Wohnzimmer betreten hat, die weißen Pampers
von K. gesehen hat, als äußerst unwahrscheinlich.
205 In der Wohnung sei es - so der Angeklagte - während des Tatgeschehens dunkel gewesen. Allein der Rollladen des neben der Küchenzeile
befindlichen Fensters sei offen gewesen. Die in Augenschein genommenen Lichtbilder von der Wohnung von O.G. in der V.G. in B. zeigen, dass
sich das Fenster, von der Wohnzimmertür, an die sich rechts zunächst die Küchenzeile anschließt, in der rechtwinklig zur Küchenzeile
verlaufenden Wandseite des Wohnzimmers befindet. Vor dem Fenster hängen Vorhänge - ein durchgehend heller, von außen blickdichter,
flankiert von zwei braunen lichtundurchlässigen Vorhängen, die von den Seiten ein Stück weit in das Fenster hineinragen. Von der
Vorhangschiene hängen drei weitere braunfarbene - ebenfalls lichtundurchlässige - Vorhangbögen in das Fenster, die dessen oberes Viertel
bis Drittel nahezu vollständig abdecken. Es erscheint der Strafkammer daher nicht nachvollziehbar, dass von der Straßenbeleuchtung so viel
Licht in das dunkle Wohnzimmer dringen konnte, dass der Angeklagte die Pampers von K. H. erkannt haben könnte, zumal K. nach der
Darstellung des Angeklagten auf der lichtabgewandten Seite vor O.G. hing.
206 Der Angeklagte gab weiter an, plötzlich gehört zu haben, während er O.G. mit dem Kabel gedrosselt habe, wie K. neben ihm in die Windel
uriniert habe. Diese Schilderung ist nach Auffassung der Strafkammer unglaubhaft. Das Urinieren eines Kleinkindes in die Windel ist - daran
bestehen für die Strafkammer aufgrund eigener Einschätzung keine Zweifel - akustisch nicht wahrnehmbar. Zudem will der Angeklagte gerade
im Begriff gewesen sein, O.G. zu erdrosseln. Ein solcher Vorgang verläuft nicht gänzlich geräuschlos, erfordert höchste körperliche Anstrengung
und stellt psychisch eine Ausnahmesituation dar. Die Strafkammer hat keinen Zweifel, dass daneben Geräusche von geringer Lautstärke kaum
wahrgenommen werden können.
207 Der Sachverständige Dr.B. führte weiter aus, dass auch der von dem Angeklagten geschilderte Zeitpunkt des Urinabgangs nicht
nachvollziehbar sei. Dazu komme es bereits bei Eintritt der Bewusstlosigkeit, nicht jedoch längere Zeit danach. Der Angeklagte gab selbst an,
dass K. schon zuvor, als er ihn auf den Boden gelegt habe, nicht mehr geatmet habe, weshalb er versucht habe, ihn zu reanimieren.
208 Der Angeklagte gab an, dass er, nachdem er gehört habe, wie K. in die Windel urinierte, diesen angefasst und gefühlt habe, dass dieser kalt sei.
Auch dies erscheint der Strafkammer unwahrscheinlich. Der Sachverständige Dr.B. führte aus, dass der Körper des toten K. zu diesem Zeitpunkt
noch keine herabgesetzte Temperatur gehabt haben könne. Ein Leichnam fühle sich erst Stunden nach dem Todeseintritt kalt an.
209 Die Strafkammer verkennt dabei allerdings nicht, dass dies subjektiv in einer solchen Situation anders empfunden werden kann.
210 b) Einlassung zur Tötung von O.G. durch den Angeklagten
211 aa) Die Einlassung des Angeklagten, O.G. mit einem zweimal um den Hals gewickelten Bügeleisenkabel erdrosselt zu haben, ist durch die
Ausführungen des rechtsmedizinischen Sachverständigen Dr.B., der der Strafkammer seit vielen Jahren als zuverlässig und kompetent bekannt
ist, widerlegt.
212 Der Sachverständige Dr.B. führte aus, dass bei der von ihm am 20. April 2004 durchgeführten Obduktion des Leichnams von O.G. ein eintourig,
zirkulär um den Hals geschlungenes und verknotetes Elektrokabel festzustellen gewesen sei, mit dem der 31 kg schwere sowie 80 cm lange
und 45 cm breite Bakenfuß an dem Leichnam befestigt gewesen sei. Nachdem das Elektrokabel durchtrennt worden sei, sei an der darunter
liegenden Halshaut eine einläufige Strangmarke erkennbar gewesen.
213 Nach den durchgeführten Untersuchungen sei diese Strangmarke - so der Sachverständige Dr.B. - mit Sicherheit nicht zu Lebzeiten durch eine
Drosselung, sondern postmortal durch das zur Befestigung des Bakenfußes um den Hals gewickelte Elektrokabel entstanden.
214 Bei den feingeweblichen Untersuchungen des Haut- und Unterhautgewebes im Bereich der Strangmarke am Hals seien in sämtlichen
Schichten - in der Epidermis, dem Korium (Lederhaut), der Fettgewebsschicht und in der dann folgenden Muskelgewebeschicht - keinerlei
Erythrozytenansammlungen festzustellen gewesen. Bei einer Drosselung zu Lebzeiten wären solche Einblutungen aber zu 100 % zu erwarten
gewesen. Trotz der fäulnisveränderten Gewebestrukturen des Leichnams wären derartige Einblutungen in jedem Fall auch noch zu erkennen
gewesen. Bei einer postmortalen Strangulation entstehen dagegen keine solchen Einblutungen.
215 Zudem seien bei der Obduktion - dies erläuterte der Sachverständige im Rahmen der Inaugenscheinnahme der bei der Obduktion gefertigten
Lichtbilder - keine punktförmigen Einblutungen im Gesicht, in den Augenlidern und den Augenbindehäuten festzustellen gewesen. Solche
wären allerdings aufgrund der bei einer Drosselung auftretenden Stauungsblutungen ebenfalls mit 100 %-iger Sicherheit entstanden. Eine
Drosselung zu Lebzeiten scheide daher aus.
216 Gegen eine Drosselung spreche zudem, dass oberhalb der Strangmarke - auch dies erläuterte der Sachverständige im Rahmen der
Inaugenscheinnahme der oben genannten Lichtbilder - in der Haut und dem Gewebe der Toten keine Rotfärbung erkennbar gewesen sei. Eine
solche wäre aufgrund der Stauungsblutungen jedoch eingetreten.
217 Aufgrund dieser Befunde könne weiter ausgeschlossen werden, dass O.G. erwürgt wurde. Auch bei einem Erwürgen entstünden punktförmige
Einblutungen in den Augenbindehäuten ebenfalls mit 100 %-iger Sicherheit und punktförmige Einblutungen im Gesicht mit der hohen
Wahrscheinlichkeit von 77 %.
218 Der objektive Befund sei auch - so der Sachverständige - mit der Einlassung des Angeklagten, das Bügeleisenkabel O.G. zweimal um den Hals
gewickelt zu haben, nicht in Einklang zu bringen. Es sei lediglich eine eintourige Strangmarke am Hals festgestellt worden. Nach der
Einlassung des Angeklagten hätte sich aber eine zweitourige Strangmarke abbilden müssen, die trotz der Fäulniserscheinungen bei dem
Leichnam noch erkennbar gewesen wäre.
219 Schließlich erscheint es der Strafkammer als nahezu ausgeschlossen, dass die durch eine eintourige Drosselung entstandene Strangmarke
und die durch die Befestigung des Bakenfußes mit dem Elektrokabel entstandene Strangmarke zufällig völlig deckungsgleich verlaufen sein
sollen.
220 Die Strafkammer ist daher - dem überzeugenden Gutachten des Sachverständigen Dr.B. folgend - überzeugt, dass die Strangmarke postmortal
entstand und O.G. - entgegen der Einlassung des Angeklagten - nicht erdrosselt wurde.
221 bb) Die Einlassung des Angeklagten ist auch in den weiteren Schilderungen nicht glaubhaft.
222 So soll ihm O.G., als er versucht habe, K. zu reanimieren, mit einem Schemel wuchtig auf den Hinterkopf geschlagen habe. Er habe „Sternchen
gesehen“ und beinahe das Bewusstsein verloren. Er habe durch den Schlag eine kleine Beule am Kopf erlitten.
223 Der Holzschemel konnte - dies bekundete der Zeuge KOK Sch. - in der Wohnung von O.G. sichergestellt werden und wurde in der
Hauptverhandlung in Augenschein genommen. Der Schemel ist ca. 17,5 cm hoch, ca. 31,5 cm lang und ca. 23 cm breit. Er ist aus festem Holz,
die Oberseite ist mit einem glatten Kunststoff bedeckt. Er ließe sich als Schlagwerkzeug „gut“ gebrauchen. Der Holzschemel ist jeweils an den
vier Füßen wie auch an den zwischen den Füßen angebrachten Holzverstrebungen leicht mit einer Hand greifbar und nicht allzu schwer.
224 Wenig wahrscheinlich ist schon, dass durch einen - wie von dem Angeklagten geschilderten - wuchtigen Schlag mit dem Schemel, der ihm fast
das Bewusstsein genommen habe, nur eine Beule entstanden sein soll. Sehr viel wahrscheinlicher ist, dass als Folge eines solchen Schlages
der Angeklagte erhebliche zumindest blutunterlaufene und äußerlich sichtbare Verletzungen oder sogar eine blutende Platzwunde erlitten
hätte.
225 Die Zeugen E.H., V.H. jun. und V.H. sen. konnten nach deren Bekundungen weder am 10. noch am 11. April 2004 - an beiden Tagen waren sie
jeweils längere Zeit mit dem Angeklagten zusammen - bei dem Angeklagten irgend eine Verletzung am Kopf erkennen. Sie gaben an, dass der
Angeklagte auch nicht über Kopfschmerzen geklagt habe. Auch die Zeugin A.V. bekundete, dass sie bei dem Angeklagten nach ihrer Rückkehr
aus Paris am Abend des 12. April 2004 keine Verletzungen am Kopf festgestellt habe. Dies ist im Besonderen bemerkenswert, da der
Angeklagte und A.V. ein intimes Verhältnis hatten und der Zeugin eine solche Verletzung insbesondere bei dem Austausch von Zärtlichkeiten
oder bei Umarmungen hätte auffallen müssen.
226 Die Sachverständige Dr.D. führte aus, dass der Holzschemel auf blutverdächtige Spuren untersucht worden sei und an ihm keine Blutspuren
festgestellt worden seien. Die Strafkammer verkannte dabei nicht, dass der Angeklagte nach seiner Einlassung den Holzschemel nach der Tat
gesäubert habe und - so die Sachverständige Dr.D. - damit der Nachweis von Blutspuren kaum mehr zu erwarten war.
227 Der Angeklagte gab an, dass er sich nach dem Schlag mit dem Holzschemel umgedreht und gesehen habe, dass O.G. erneut zu einem Schlag
mit dem Schemel ausgeholt habe. Er habe das Bügeleisen genommen und sei aufgesprungen. Er habe ihr das Bügeleisenkabel zweimal um
den Hals gewickelt. Dabei habe O.G. weder mit dem Holzschemel auf ihn eingeschlagen noch sonst versucht, sich zu wehren. Diese
Einlassung ist für die Strafkammer nicht nachvollziehbar.
228 Im Rahmen seiner Vernehmung vom 8. Juli 2004 hatte sich der Angeklagte, wie der Zeuge KOK K. erläuterte, bereiterklärt, die Szene, wie er
O.G. das Kabel um den Hals legte, nachzustellen. Sein Verteidiger, Rechtsanwalt V. , fungierte dabei als O.G.. Die nachgespielte Szene wurde
mit einer Kamera aufgenommen. Die Videoaufzeichnung wurde in der Hauptverhandlung in Augenschein genommen. Sie zeigt, wie der
Angeklagte in einer Schwungbewegung - seinem Verteidiger direkt gegenüberstehend - mit dem rechten Arm das Kabel von der
Halsvorderseite nach hinten - über den Kopf weg - an die rechte Halsseite anlegt und anschließend mit dem linken Arm das Kabel gegen den
Uhrzeigersinn - über den Kopf weg - einmal komplett um den Hals legt, dann an der linken Körperseite seines Verteidigers vorbei hinter diesen
tritt und das Kabel mit den Armen nach außen anzieht. Bei der Rekonstruktion wurde ein loses Kabel ohne Bügeleisen verwandt.
229 Die Strafkammer hat nach Inaugenscheinnahme der Videoaufzeichnung keinen Zweifel, dass O.G. während des Umlegens des Kabels ohne
Weiteres die Möglichkeit gehabt hätte, sich zu wehren und mit dem Holzschemel auf den Angeklagten einzuschlagen. Dass sie dies nicht getan
haben soll, ist für die Strafkammer nicht nachvollziehbar. Die Aufzeichnung zeigte zwar das Umlegen des Kabels in flüssigen
Schwungbewegungen, sie zeigte aber auch, dass O.G. dabei genügend Zeit verblieben wäre, mit dem schon zum Schlag bereiten rechten Arm
mit dem Holzschemel auf den Angeklagten einzuschlagen, zumal nicht außer Acht zu lassen war, dass bei dem von dem Angeklagten
geschilderten Vorgang an einem Ende des Kabels das zumindest hinderliche Bügeleisen hing.
230 Während des Umwickelns des Kabels um den Hals von O.G. wäre die Bewegungsfreiheit des zum Schlag mit dem Holzschemel bereiten
rechten Armes in keiner Phase beeinträchtigt gewesen. Dies belegt die Videoaufzeichnung der in Augenschein genommenen Rekonstruktion.
Der von dem Verteidiger des Angeklagten während des gesamten Vorgangs ausgestreckt gehaltene rechte Arm blieb die ganze Zeit über frei.
O.G. hätte danach ohne Weiteres zuschlagen können.
231 Dass sie dies nicht getan haben soll, passt auch psycho-dynamisch nicht in das von dem Angeklagten geschilderte Tatgeschehen. Danach hat
ihm O.G. kurz zuvor mit dem Schemel wuchtig auf den Kopf geschlagen und ausgeholt, um ihn erneut zu schlagen. Warum in dem nun
entfachten Kampfgeschehen sie sich - trotz offenstehender Möglichkeit - nicht auf gleiche Art und Weise gewehrt haben soll, als der Angeklagte
ihr das Kabel um den Hals legte, macht für die Strafkammer keinerlei Sinn.
232 c) Die Einlassung des Angeklagten zum Kerngeschehen ist nach alldem nach Überzeugung der Strafkammer insgesamt als frei erfundene
konstruierte Schutzbehauptung anzusehen.
233 Zudem hat der Angeklagte erstmals in seiner polizeilichen Vernehmung am 8. Juli 2004 - dies bekundete der die Vernehmung durchführende
Zeuge KOK K. - Angaben zum Tatgeschehen gemacht, die seiner Einlassung in der Hauptverhandlung entsprachen. Der Angeklagte hatte
daher fast drei Monate Zeit, sich eine Tatversion zurechtzulegen, die seine Tat in einem möglichst milden Licht erscheinen lässt.
234 Zu seiner konstruierten Schutzbehauptung gehört nach Überzeugung der Strafkammer auch der von ihm geschilderte Auslöser - die SMS von
A.V., die O.G. gelesen haben soll.
235 A.V. sendete zwar am 10. April 2004 um 0.28 Uhr dem Angeklagten eine SMS. Die Strafkammer hat jedoch aufgrund der insgesamt frei
erfundenen Angaben des Angeklagten zum Kerngeschehen, die ersichtlich nichts mit dem zu tun haben, was tatsächlich geschehen ist, keinen
Zweifel, dass der Angeklagte diese SMS bewusst wahrheitswidrig in seine Einlassung eingebaut hat, um damit ein Motiv für O.G. für die Tötung
von K. zu konstruieren. Insoweit erachtet es die Strafkammer auch als wenig glaubhaft, dass er ausgerechnet bei diesem Besuch vergessen
haben soll, sein Handy auszuschalten, wie er dies sonst immer machte.
236 d) Die Einlassung des Angeklagten, mit O.G. in der Tatnacht Geschlechtsverkehr gehabt zu haben, sowie der Kern seiner Einlassung zum
Nachtatgeschehen sind dagegen glaubhaft.
237 aa) Die Einlassung des Angeklagten, mit O.G. Geschlechtsverkehr gehabt zu haben, wird durch die nachvollziehbaren und detaillierten
Ausführungen der molekulargenetischen Sachverständigen Dr. Sch. und Dr.D. bestätigt, wonach sowohl in dem bei der Obduktion des
Leichnams von O.G. entnommenen Scheidenabstrich als auch an dem Stringtanga des Leichnams prostataspezifisches Antigen (PSA)
festgestellt wurde, das in hoher Konzentration in der Samenflüssigkeit vorkommt und dem Angeklagten zweifelsfrei zugeordnet werden konnte.
238 Die mögliche Zeitspanne, in der es nach den erhobenen Befunden zu dem Geschlechtsverkehr zwischen dem Angeklagten und O.G.
gekommen sein könnte, betrage - so die beiden Sachverständigen - höchstens 24 Stunden. Da die Spuren des Sexualsekrets von dem
Angeklagten auch in dem Slip von O.G. festgestellt worden sind, den diese zuletzt anhatte, ist die Strafkammer überzeugt, dass der Angeklagte
als letzter vor ihrem Tod mit O.G. Geschlechtsverkehr gehabt hatte.
239 bb) Nachtatverhalten:
240 (1) Die Einlassung des Angeklagten, dass er - wie unter „II. Nachtatgeschehen“ festgestellt -, bevor er die Wohnung verlassen hat, diese
aufgeräumt, im Schlafzimmer das Bett gerichtet und die offen herumliegende Kleidung von K. H. und O.G. sowie deren Handtasche in Tüten
eingepackt und mitgenommen hat, um den Anschein zu erwecken, dass beide verreist seien, ist nach Überzeugung der Strafkammer glaubhaft.
241 Sie wird bestätigt durch die Angaben des Zeugen A.K., der die Wohnung von O.G. am Sonntag, 11. April 2004 in einem ordentlich aufgeräumten
Zustand vorgefunden hatte. Gleiches bekundete auch der Zeuge A.N., der noch am Abend des 11. April 2004, spätestens aber am nächsten
Tag in der Wohnung von O.G. gewesen war.
242 Auch der Zeuge KOK Sch., der am 21. April 2004 die Spurensicherung in der Wohnung durchführte, bekundete, dass diese in einem sehr
ordentlichen Zustand gewesen sei. Die Zeugen N.N., A.N. und A.K. gaben an, dass sie in der Zwischenzeit zwar mehrmals in der Wohnung
gewesen seien, an deren äußeren Zustand jedoch - bis auf Kleinigkeiten - nichts verändert hätten.
243 (2) Die Einlassung des Angeklagten, die beiden Leichen im Kofferraum seines Fahrzeugs, Typ Renault Megane, transportiert zu haben, wird
durch das in der Hauptverhandlung verlesene Gutachten des Sachverständigen Dr. R. zur Auswertung von Textilspuren nachvollziehbar
bestätigt. Sowohl im Knotenbereich des um den Leichnam von O.G. gewickelten Spannbetttuches als auch im Kofferraum des Pkw’s des
Angeklagten waren rote Textilfasern aus Cellulose-Regenerat durch Klebefolienabzüge erhoben und auflichtmikroskopisch untersucht worden.
Die durchgeführten Untersuchungen ergaben, dass diese Faserspuren in allen Merkmalen mit Fasern aus einem Wandteppich, der im
Wohnzimmer der Wohnung von O.G. oberhalb eines Schlafsofas angebracht war, übereinstimmten.
244 Zudem wurden - nach dem Gutachten des Sachverständigen Dr. R. - in dem Kofferraum des Pkw des Angeklagten braune, stark mattierte
Polyesterfasern festgestellt, die in allen Merkmalen mit Fasern aus dem asservierten Langarm-Shirt, mit dem der Leichnam von K. H. bekleidet
gewesen war, übereinstimmten.
245 Diese Befunde lassen sich zwanglos mit der Einlassung des Angeklagten vereinbaren.
246 (3) Die Strafkammer erachtet hingegen die Einlassung des Angeklagten, dass er zunächst vorhatte, die Leichen im Wald zu vergraben und erst,
als er die Bakenfüße auf der Baustelle bei H. erblickte, den Plan fasste, die Leichen im Wasser zu versenken, als unglaubhaft. Die Strafkammer
ist vielmehr überzeugt, dass der Angeklagte bereits zuvor den Plan gefasst hatte, die beiden Leichname mit den Bakenfüßen beschwert im
Neckar bei N. zu versenken.
247 Der Angeklagte gab selbst an, dass ihm die Baustelle bekannt gewesen sei und er sie regelmäßig durchfahren habe, wenn er seine Freundin
A.V. in H. bei ihrer Gastfamilie abgeholt oder wieder abgesetzt hat.
248 Die bei der Rekonstruktion am 14.07.2004 von dem Zeugen KOK Sch. gefertigten und in Augenschein genommenen Lichtbilder zeigten, dass
es sich um eine groß angelegte Baustelle handelt mit einer Vielzahl von - in Bakenfüßen - aufgestellten Warn-, Absperr- und
Umleitungsschildern.
249 Dies und die von dem Angeklagten eingeschlagene Fahrtstrecke von B. in Richtung H., die ansonsten wenig Sinn macht, legt nahe, dass der
Angeklagte aufgrund seiner Vorkenntnisse die Baustelle gezielt anfuhr, um dort die Bakenfüße in sein Fahrzeug zu laden, mit denen er die
Leichen beschweren wollte.
250 Die Strafkammer ist auch überzeugt, dass der Angeklagte nur zu diesem Zweck das Bügeleisen mit dem daran befindlichen stoffummantelten
Kabel aus der Wohnung von O.G. mitgenommen hat, weil er das Kabel zur Befestigung benötigte. Seine Darstellung, er habe es wegen der
Gefahr daran befindlicher Fingerspuren mitgenommen, macht dagegen keinen Sinn, weil er dazu das Bügeleisen hätte genauso abwischen
können, wie er dies mit dem Holzschemel gemacht haben will.
251 Der Angeklagte gab an, von B. aus plan- und ziellos („immer auf der rechten Spur“) über die Autobahn gefahren und rein zufällig nach H.
gelangt zu sein. Auch bei der Rekonstruktion der Fahrtstrecke am 14. Juli 2004 - dies bekundeten die Zeugen KOK K., KOK Sch. und KOK B. -
habe der Angeklagte dies angegeben.
252 Diese Einlassung erachtete die Strafkammer als unglaubhaft. Dem Angeklagten war die Fahrtstrecke über die Autobahn nach H. bekannt. Er
gab an, sowohl für die Firma V. als auch für die Firma CW. Fahrten im Raum H. bzw. nach H. direkt unternommen und dort Firmen beliefert zu
haben. Im Übrigen habe er bei seiner Tätigkeit als Lkw-Fahrer regelmäßig Lieferfahrten im ganzen Bundesgebiet unternommen. Schon von
daher muss ihm die Autobahnfahrtstrecke nach H., insbesondere auch die Überquerung des Neckars der BAB 6 bei N. bekannt gewesen sein.
253 Die Strafkammer hat keinen Zweifel, dass der Angeklagte in der Tatnacht gezielt nach H./ N. gefahren ist, um dort die Leichen im Neckar zu
versenken. Im Übrigen erscheint es der Strafkammer als nicht nachvollziehbar, dass der Angeklagte von B. ziel- und planlos über eine über 70
km lange Fahrtstrecke und über mehrere Autobahnkreuze hinweg schließlich rein zufällig in N. herausgekommen sein soll.
254 (4) Die Versenkung der Leichen im Neckarkanal hat der Angeklagte glaubhaft geschildert. Seine Angaben zu der Befestigung des Bakenfußes
an dem Leichnam von O.G. werden bestätigt durch die Angaben des Zeugen KOK F. zu dem am 20.04.2004 geborgenen Leichnam von O.G..
255 Mit dem Angeklagten wurde am 12. Juli 2004 eine Rekonstruktion der F.ierung der Bakenfüße an Puppen durchgeführt. Die an der
Rekonstruktion teilnehmenden Zeugen KOK K. und KOK Sch. bekundeten, dass es dem Angeklagten ohne Weiteres gelungen sei - wenn auch
einzelne Knoten nicht mit denen bei der F.ierung der Bakenfüße in der Tatnacht übereingestimmt hätten -, die Bakenfüße an den Puppen mit
einem Kabel zu befestigen. Der Angeklagte habe bei der Rekonstruktion - so die Zeugen - die einzelnen Handgriffe zielsicher durchgeführt.
256 (5) Die Örtlichkeit der Einbringungsstelle - wie festgestellt - erläuterte der Zeuge KOK Sch. anhand der in Augenschein genommenen
Lagepläne sowie der bei der Rekonstruktion der Fahrtstrecke dort gefertigten Lichtbilder.
257 4. Tötung von O.G.:
258 a) Täterschaft des Angeklagten:
259 Die Strafkammer hat keinen Zweifel, dass der Angeklagte O.G. getötet hat.
260 Der Angeklagte streitet selbst nicht ab, O.G. - wenn auch unter anderen, allerdings vollständig unglaubhaften und widerlegten Umständen -
getötet zu haben. Dieses - allein seine Täterschaft betreffende - Geständnis des Angeklagten, erachtet die Strafkammer für glaubhaft.
261 Aufgrund der äußeren Umstände kommt auch sonst - außer dem Angeklagten - niemand als Täter in Betracht. Nach seiner insoweit glaubhaften
Einlassung waren in der Tatnacht nur er, O.G. und K. H. in der Wohnung.
262 Zu seiner Täterschaft passt auch, dass der Angeklagte die Leichen „entsorgt“ hat. Dies würde nach Überzeugung der Strafkammer keinen Sinn
machen, wenn ein Dritter O.G. getötet hätte.
263 b) Todesursache:
264 Es kann nach den Ausführungen des rechtsmedizinischen Sachverständigen Dr.B. ausgeschlossen werden, dass O.G. durch Einwirkung
stumpfer Gewalt oder durch Stichverletzungen zu Tode gekommen ist. Hierzu hatten sich bei der Obduktion des Leichnams keinerlei Hinweise
ergeben.
265 Es kann weiter ausgeschlossen werden, dass O.G. erdrosselt oder erwürgt wurde.
266 Die Strafkammer ist nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr.B. überzeugt, dass O.G. erstickt wurde. Der Sachverständige führte aus,
dass bei der Obduktion und der anschließenden feingeweblichen Untersuchung in Abschnitten des Lungengewebes des Leichnams von O.G.
deutlich überblähte und teils zerrissene Lungenbläschen festgestellt worden seien. Die vorderen Lungenabschnitte hätten sich im vorderen
Mittelfellraum fast berührt. Dieser Befund sei ein - so der Sachverständige - deutlicher Hinweis auf einen Erstickungstod.
267 Die Strafkammer hat daran keinen Zweifel, da ansonsten keine weiteren Anhaltspunkte für eine unnatürliche Todesursache ersichtlich sind.
268 Ein Erstickungstod durch Ertrinken war aufgrund der Befunde zum Mageninhalt auszuschließen. Dieser stellte sich als auffallend dickflüssig dar.
Die rechtsmedizinischen Sachverständigen E. und Dr.B. führten übereinstimmend aus, dass sich damit ein Ertrinkungstod nicht vereinbaren
lasse. Wäre O.G. ertrunken, wäre Wasser in den Magen gelangt und der Mageninhalt hätte sich als wässrig und suppig und nicht - wie hier - als
dickflüssiger Speisebrei dargestellt. Der Sachverständige E. führte zudem aus, dass der mittels Teststreifen-Methode ermittelte ph-Wert des
Mageninhalts zwischen 4,3-4,5 betragen habe und daher als sauer einzustufen sei. Der neutrale Wert liege bei 7,0. Auch dies belege, dass in
den Magen kein - neutralisierend wirkendes - Wasser gelangt sei und damit ein Ertrinkungstod ausscheide.
269 Nach Überzeugung der Strafkammer blieb danach - als einzig noch möglich erscheinende und auch naheliegende - Erklärung für einen
Erstickungstod, dass der Angeklagte O.G. mittels einer weichen Bedeckung, z.B. einem Kissen, erstickt hat, wobei offen blieb, ob der Angeklagte
dabei das Gesicht von O.G. entweder in eine weiche Bedeckung drückte oder es damit bedeckte. Der rechtsmedizinische Sachverständige
Dr.B. führte aus, dass bei einem derartigen Erstickungstod nur in 17 % der Fälle punktförmige Einblutungen im Gesicht entstehen.
270 Danach ereignete sich die Tat nach Überzeugung der Strafkammer mit hoher Wahrscheinlichkeit im Schlafzimmer der Wohnung von O.G.,
wobei der Angeklagte ein auf dem Bett liegendes Kissen verwendete.
271 Dafür spricht, dass nach den Bekundungen des Zeugen KOK Sch. bei der am 21. April 2004 zur Spurensicherung durchgeführten
Durchsuchung der Wohnung von O.G. sich auf dem Doppelbett im Schlafzimmer keine Kopfkissen und Schlafdecken befunden hätten. Das Bett
sei lediglich mit einer lilafarbenen Tagesdecke überdeckt gewesen. Dies wurde auch durch die in Augenschein genommenen in der Wohnung
von O.G. gefertigten Lichtbilder belegt. Es ist daher anzunehmen, dass der Angeklagte nach der Tat, als er die Leintücher von dem Bett nahm,
auch die Kopfkissen und Bettdecken entfernt hat und entweder in den Schrank gelegt - in diesem befanden sich nach den Bekundungen des
Zeugen KOK Sch. je zwei Kopfkissen und Bettdecken - oder diese auch mitgenommen hat, um so mögliche Tatspuren zu beseitigen.
272 d) Hintergrund/Motiv für die Tat:
273 Für die Strafkammer steht fest, dass der Angeklagte und O.G. in einen Streit gerieten, der ihn so wütend machte oder so nervte, weil ihm die
Streiterei mit O.G. endgültig lästig wurde, dass er sich spontan entschloss, O.G. zu töten.
274 aa) Zwischen dem Angeklagten und O.G. kam es regelmäßig zu Streitigkeiten.
275 Der Angeklagte gab an, dass es in ihrer Beziehung von Beginn an regelmäßig zu Spannungen und Streitigkeiten gekommen sei. Ein längeres
Zusammenleben habe daher nicht funktioniert. Bei den Streitigkeiten sei es u.a. um den Alkoholkonsum von O.G. - sie habe gelegentlich
größere Mengen getrunken - und, insbesondere als sie noch in dem Wohnheim in H. gewohnt hätten, um ihren Umgang mit Männern
gegangen, aber auch um seinen Umgang mit anderen Frauen. Nach der Geburt von K. habe ihm O.G. ständig Vorwürfe gemacht, dass er sich
zu wenig um sie und K. kümmere. Auch dies habe zu Streitigkeiten geführt. Diese sei er dann leid gewesen, so dass er sich an Silvester von ihr
getrennt habe.
276 Die Zeugen N.N. und A.K. bestätigten, dass es zwischen dem Angeklagten und O.G. häufig zu Streitigkeiten gekommen sei. O.G. habe ihnen
davon berichtet. Sie hätten auch mitbekommen, dass O.G. und der Angeklagte mal zusammen, dann wieder auseinander gewesen seien. Die
Zeugen bekundeten weiter, dass die Streitigkeiten auch in dem Naturell von O.G. gelegen haben dürften, den Angeklagten hätten sie nur
flüchtig gekannt. Beide Zeugen beschrieben O.G. als eine Person, die deutlich ihre Meinung habe sagen können und sich nicht den Mund habe
verbieten lassen. Auch der Angeklagte gab an, dass O.G. sich nur wenig habe sagen lassen.
277 Die Zeugin T.L. bekundete, als O.G. nach B. gezogen sei, habe sie engeren Kontakt zu ihr gehabt und diese habe ihr erzählt, dass es oft Streit
zwischen ihr und dem Angeklagten gebe. O.G. sei unzufrieden gewesen. Sie habe sich darüber beklagt, dass der Angeklagte ihr keine Hilfe sei,
komme und gehe, wann er wolle und sich nicht um sie und die Kinder kümmere.
278 All dies zeigt, dass Streitigkeiten zwischen dem Angeklagten und O.G. die Regel waren.
279 bb) Gegenstand des Streits in der Tatnacht
280 Die Strafkammer vermochte nicht festzustellen, um was es bei dem Streit in der Tatnacht gegangen ist, außer dass es sich um einen irgendwie
gearteten Beziehungsstreit gehandelt hat.
281 Es lagen keine objektiven Anhaltspunkte vor, die Hinweis auf den konkreten Gegenstand des Streits in der Tatnacht geben konnten,
insbesondere keine dahingehend, dass der Angeklagte in irgendeiner Weise von O.G., etwa durch eine schwere Beleidigung oder dergleichen,
provoziert und zur Tat hingerissen worden wäre.
282 cc) Tatmotiv: Eifersucht
283 Die Strafkammer konnte keine Überzeugung dahingehend gewinnen, dass der Angeklagte grenzenlos eifersüchtig war und, weil O.G. den von
dem Angeklagten aus sexuellen Motiven gesuchten Kontakt nicht fortsetzen, sondern sich endgültig von ihm trennen wollte, ihr jegliches
Lebensrecht absprach und sie deshalb tötete.
284 Anhaltspunkte dafür, dass O.G. die Absicht hatte, sich von dem Angeklagten zu trennen, vermochte die Strafkammer nicht zu erkennen.
Vielmehr war der Kontakt zwischen dem Angeklagten und O.G. seit Ende Februar wieder häufiger geworden. Zuletzt hatte der Angeklagte
zwischen dem 29. März 2004 und 3. April 2004 mindestens dreimal kurz hintereinander bei O.G. übernachtet, nämlich in der Nacht vom 29.
März auf 30. März 2004, als es zu der Auseinandersetzung mit A.R. kam, und anschließend bis zum Wochenende noch mindestens zweimal.
Letzteres zeigen die Angaben des Angeklagten und die Bekundungen der Zeugin T.L.. Diese gab an, dass nach der Nacht, in der die
Auseinandersetzung mit A.R. stattgefunden habe, das Fahrzeug des Angeklagten, ein älterer grüner Golf, den der Angeklagte frührer schon
gefahren habe, an mindestens zwei der nachfolgenden Tage am Morgen vor dem Gebäude gestanden habe. Tatsächlich bestätigte der
Angeklagte, dass er in dem Zeitraum vom 30. März bis zum 3. April 2004 vorübergehend mit einem grünen Golf, der früher seiner gewesen sei,
gefahren sei.
285 Die zuletzt wieder gehäuften Kontakte - hinzu kommt der Besuch des Angeklagten in der Tatnacht - sprechen nach Auffassung der Kammer
eher dafür, dass die (sexuelle) Beziehung zwischen ihnen wieder intensiviert wurde. Dafür, dass in der Tatnacht eine Trennungsabsicht oder -
noch weitergehend - eine endgültige Trennung seitens O.G. zur Sprache gekommen ist, liegen keinerlei Anhaltspunkte vor.
286 Ebenso wenig konnte sich die Strafkammer eine Überzeugung davon verschaffen, dass der Angeklagte O.G. aus übersteigerter Eifersucht
getötet hat.
287 Die Strafkammer verkannte dabei nicht, dass bei dem Angeklagten eifersüchtige Persönlichkeitszüge vorhanden sind, die jedoch nach
Auffassung der Strafkammer noch als „normal“ einzustufen sind. Die Auseinandersetzung mit A.R. in der Nacht vom 29. auf 30. März 2004 ist
Ausdruck seiner eifersüchtigen Persönlichkeitsstruktur oder eher eines Besitzdenkens. Der Geschädigte A.R. schilderte diesen Vorfall samt
seiner Folgen glaubhaft wie oben festgestellt. Belastungstendenzen waren bei dem Zeugen nicht erkennbar, zumal er in der Hauptverhandlung
erstmals einräumte, dass er bei der Auseinandersetzung ein Taschenmesser bei sich gehabt habe. Auch der Angeklagte räumte den Vorfall ein.
Er gab an, A.R. ins Gesicht geschlagen und in seine Wohnung gestoßen zu haben, wenngleich er bei seinen Angaben bestrebt war, seine
Tatbeiträge zu beschönigen.
288 Die Strafkammer ist überzeugt, dass der Angeklagte in dieser Nacht A.R. als seinen „Widersacher“ erkannt und ihm eine Lektion erteilt hat.
Diese hat auch ihre Wirkung nicht verfehlt. A.R., der in der Hauptverhandlung noch ersichtlich eingeschüchtert wirkte, gab an, dass er noch in
derselben Nacht aus der Wohnung ausgezogen und wieder zu seinen Eltern gezogen sei. Er sei nicht mehr in die Wohnung zurückgekommen,
da er Angst gehabt habe, dem Angeklagten nochmals zu begegnen. Noch am Dienstag, 30. März 2004, habe er mit O.G. telefoniert und die
Beziehung mit ihr beendet.
289 Weiter schilderte die Zeugin E. N. einen in der Vergangenheit liegenden Vorfall an Weihnachten 2001, bei dem es zwischen dem Angeklagten
und O.G. zu einem Streit gekommen sei. Der Angeklagte sei alkoholisiert gewesen und habe O.G. beschimpft und ihr vorgeworfen, dass sie
schon mit allen Männern aus dem Wohnheim geschlafen habe. Im Verlauf dieses Streits habe der Angeklagte ein Glas nach O.G. geworfen, das
sie aber verfehlt habe.
290 Die Zeugin L.G., eine Nachbarin von O.G. bekundete, dass sie mit O.G. gelegentlich Kontakt gehabt habe und in deren Wohnung gesehen
habe, dass die Telefonbuchse aus der Wand herausgerissen gewesen sei. Sie habe O.G. danach gefragt und von ihr erfahren, dass dies der
Angeklagte getan habe. Er sei eifersüchtig gewesen, da immer wieder jemand angerufen, sich aber niemand gemeldet habe. Er habe dahinter
Anrufe ihrer Liebhaber vermutet.
291 Weitere beweiserhebliche Anhaltspunkte, die auf ein besonders eifersüchtiges Verhalten des Angeklagten Hinweis hätten geben können,
konnten die vernommenen Zeugen aus eigener Wahrnehmung nicht bekunden.
292 Aufgrund der vorgenannten Vorkommnisse ist ersichtlich, dass der Angeklagte ein zu Eifersucht neigender Mensch ist und er in Bezug auf O.G.
auch Besitzansprüche erhoben und durchgesetzt hat. Dies hält sich jedoch nach Auffassung der Strafkammer noch im „normalen“ Rahmen.
Dafür, dass die Eifersucht des Angeklagten solche Ausmaße angenommen haben könnte, dass er deswegen O.G. das Lebensrecht
abgesprochen haben könnte, gab es keinerlei Anhaltspunkte.
293 Weiter konnte sich die Strafkammer keine Überzeugung davon verschaffen, dass der Angeklagte nach dem Anruf der Polizei bei seinem Bruder
V.H. am 10. April 2004, 15.52 Uhr, nach dem Verlassen der Wohnung von Wut oder Eifersucht und/oder gekränktem Besitzdenken getrieben zu
O.G. gefahren ist und diese getötet hat. Daran bestehen aufgrund der nachfolgenden Erwägungen erhebliche, nicht auszuräumende Zweifel.
294 - Der Angeklagte ging aus der Auseinandersetzung mit A.R. am 30. März 2004 als „Gewinner“ hervor. Es spricht daher viel dafür, dass für ihn
die Angelegenheit erledigt war und der Angeklagte keine Schmach empfunden hat. Gegen eine solche von ihm empfundene Kränkung spricht
auch der Umstand, dass er mindestens zwei der darauffolgenden Nächte bei O.G. verbrachte. Zudem ist davon auszugehen, dass ihm O.G. bei
einem dieser Besuche mitgeteilt hat, dass A.R. die Beziehung zu ihr beendet hat und der Angeklagte damit erreicht hatte, was er wollte.
295 - Die Zeugen V.H. sen. und V.H. jun. berichteten zwar, dass der Angeklagte nach dem Anruf der Polizei nervös und aufgebracht gewesen und
es Thema gewesen sei, zu O.G. zu fahren, um die Sache mit ihr zu klären. Weiter gaben sie jedoch übereinstimmend an, dass sich der
Angeklagte alsbald wieder beruhigt habe. Dem Angeklagten sei im weiteren Verlauf des Nachmittags und Abends auch keinerlei innere
Aufregung mehr anzumerken gewesen.
296 Dafür, dass der Anruf ihn an diesem Tag nicht weiter beschäftigt hat, spricht auch, dass er nach dem Telefonat noch mehrere Stunden zu
Besuch bei seinem Bruder blieb und auch nicht - dies wäre nach Auffassung der Strafkammer zu erwarten gewesen, wenn der Anruf ihn so
aufgewühlt hätte und er deshalb entschlossen gewesen wäre, zu O.G. zu fahren - die Gelegenheit wahrnahm, sich der Familie seines Vaters
anzuschließen, die gegen 19.00 Uhr aufbrach.
297 - Gegen eine Tatmotivation aus Eifersucht spricht auch, dass der Angeklagte vor der Tat noch Geschlechtsverkehr mit O.G. gehabt hat. Mit dem
der Tötung von O.G. vorangegangenen Geschlechtsverkehr lässt sich schon von der Dramaturgie her eine Eifersuchtstat, die ihren Ursprung in
dem nachmittäglichen Anruf der Polizei gehabt haben soll, nach Auffassung der Strafkammer kaum vereinbaren.
298 - Schließlich dürfte nach Auffassung der Strafkammer die Mitteilung in dem polizeilichen Anruf, A.R. habe Anzeige gegen ihn erstattet, für den
Angeklagten nicht sonderlich überraschend gewesen sein.
299 Der Angeklagte gab an, dass ihm O.G. zuvor schon bei einem seiner Besuche mitgeteilt habe, dass sie von der Zeugin V.G., der Tante von A.R.,
die ebenfalls im Gebäude V.G. wohnt, erfahren habe, dass A.R. Anzeige gegen ihn erstattet habe oder erstatten wolle. Diese Einlassung
erachtet die Strafkammer als glaubhaft. Die Zeugin V.G. wie auch die Zeugin M. F., eine weitere Hausbewohnerin, gaben an, dass die
Auseinandersetzung zwischen dem Angeklagten und A.R. Gesprächsthema im ganzen Haus gewesen sei. Es ist daher davon auszugehen,
dass auch der Angeklagte von der Anzeige schon im Vorfeld erfahren hatte.
300 Aufgrund dieser Gesichtspunkte konnte die Strafkammer keine dahingehende Überzeugung gewinnen, dass die Tat in einem Zusammenhang
mit dem Anruf der Polizei am 10. April 2004 stand.
301 Vielmehr ist die Strafkammer überzeugt, dass der Angeklagte in der Tatnacht O.G. allein deswegen besuchte, um mit ihr Geschlechtsverkehr zu
haben.
302 Insgesamt konnte sich die Strafkammer nach allem keine Überzeugung verschaffen, dass der Angeklagte die Tat aus Eifersucht beging.
303 dd) Nach alldem konnte die Strafkammer allein feststellen, dass der Angeklagte und O.G. in einen irgendwie gearteten Beziehungsstreit
gerieten, der den Angeklagten so erregte, dass er spontan beschloss, O.G. zu töten. Dass der Tat ein solcher Streit voranging, steht für die
Strafkammer außer Zweifel, da die Tötung anders nur dann erklärbar wäre, wenn sie geplant oder vorbedacht gewesen wäre. Dies kann dem
Angeklagten indes nicht unterstellt werden.
304 e) Der Angeklagte handelte nach Überzeugung der Strafkammer mit direktem Tötungsvorsatz.
305 Dies zeigt die Art und Weise der Tötungshandlung. Der rechtsmedizinische Sachverständige Dr.B. führte aus, dass die Tötung durch Ersticken
mit einer weichen Bedeckung einen Zeitraum von 2-5 Minuten benötigt.
306 Das vollständige Abstellen der Luftzufuhr über einen solch langen Zeitraum rechtfertigt nach Überzeugung der Strafkammer die Annahme, dass
der Angeklagte O.G. töten wollte.
307 5. Tötung von K. H.:
308 a) Todesursache:
309 Der rechtsmedizinische Sachverständige Dr.B. führte aus, bei der am 22. Juni 2004 durchgeführten Obduktion des Leichnams habe die
Todesursache nicht geklärt werden können. Der Leichnam sei in einem fortgeschrittenen Stadium in Form von Fäulnis und Fettwachsbildungen
verändert gewesen.
310 Er führte weiter aus, dass an dem Körper des Leichnams, der ohne Kopf gewesen sei, keine Hinweise auf Einwirkung stumpfer oder spitzer
Gewalt festgestellt worden seien.
311 Ferner habe sich der Kopf postmortal von dem Rumpf des Leichnams gelöst. Anhand der bei der Obduktion und bei der Bergung des
Leichnams gefertigten und in Augenschein genommenen Lichtbilder erläuterte der Sachverständige Dr.B., dass das Haut- und Muskelgewebe
an der Abrissstelle um den freiliegenden Stumpf der Wirbelsäule deutlich sichtbar weniger fäulnis- und fettwachsverändert als der übrige Körper
des Leichnams gewesen sei, so dass zwingend anzunehmen ist, dass der Kopf sich erst später, als der Leichnam bereits im Wasser lag,
abgelöst habe. Dies korrespondiere mit der Einlassung des Angeklagten, wonach der Bakenfuß an dem Leichnam von K. nur mit dem um den
Hals geknoteten Kabel befestigt war, so dass der Kopf, nachdem der Oberkörper Auftrieb bekommen hatte, aufgrund der fortschreitenden
Fäulnis genau dort abriss.
312 Der Kopf des Leichnams konnte trotz mehrfacher Taucheinsätze im Neckarkanal zwischen der Einbringungsstelle und dem Fundort des
Leichnams nicht aufgefunden werden.
313 Gleichwohl schließt die Strafkammer aus, dass K. durch Gewalteinwirkung gegen den Kopf zu Tode gekommen ist. Dazu hätte es bei dem 2 1/2
Jahre alten K. einer massiven Gewalteinwirkung bedurft, die zur Folge gehabt hätte, dass K. dabei äußere blutende Verletzungen und/oder
einen Schädelbruch, bei dem es - bis auf wenige Ausnahmen - zu Blutaustritten aus Nase, Ohren oder Mund kommt, erlitten hätte. Diese
Blutungen hätten Spuren hinterlassen. Solche Blutspuren wären insbesondere an dem in der Wohnung des Angeklagten sichergestellten
Spannbetttuch, mit dem der Angeklagte in der Tatnacht K. eingewickelt und im Kofferraum seines Fahrzeugs transportiert hatte, zu erwarten
gewesen.
314 Nach den Ausführungen der molekulargenetischen Sachverständigen Dr.D. konnten an dem Spannbetttuch jedoch keine Blutspuren von K.
festgestellt werden. Zwar verlief der Blutnachweis in einem Bereich positiv, bei allen übrigen vorhandenen Antragungen war der Nachweis
negativ. Die Blutspur wurde molekularbiologisch untersucht und ergab eine Mischspur. Nach dem Abgleich des sich daraus ergebenden DNA-
Musters mit dem DNA-Identifizierungsmuster des getöteten K. H. konnte dieser als Mitspurenverursacher vollständig ausgeschlossen werden.
Die Sachverständige Dr.D. führte weiter aus, dass, obwohl das Spannbetttuch von dem Angeklagten gewaschen worden sei, eine Blutspur von
K. noch nachweisbar gewesen wäre. Dies zeige schon, dass in einem Bereich der Blutnachweis positiv verlief.
315 Die Strafkammer folgt den überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen Dr.D. und schließt danach aus, dass K. H. durch eine
Gewalteinwirkung gegen den Kopf zu Tode gekommen ist, zumal auch in der Wohnung von O.G. keinerlei Blutspuren festgestellt werden
konnten. Dies bekundete der Zeuge KOK Sch. nach gründlicher Absuche in der gesamten Wohnung.
316 Die Strafkammer ist überzeugt, dass K. H. durch Fremdeinwirkung getötet wurde. Dabei kommt als Todesursache nach Überzeugung der
Strafkammer, da weitere Todesursachen ausscheiden, am ehesten in Betracht, dass auch K. H. erstickt wurde.
317 Der rechtsmedizinische Sachverständige Dr.B. führte aus, dass bei der Obduktion keinerlei Hinweise auf eine natürliche Todesursache hätten
festgestellt werden könnten. Ein Erstickungstod sei nach den Befunden nicht ausgeschlossen. Beide Lungen seien stark fäulnisverändert
gewesen, so dass nach der Untersuchung des Lungengewebes keine differenzierende Feststellung - weder positiv noch negativ - habe
getroffen werden können.
318 b) Täterschaft:
319 Für die Tötung von K. kamen als Täter nur der Angeklagte oder O. G. in Frage. Da keine unmittelbaren tatbezogenen Beweismittel vorlagen,
nahm die Strafkammer zur Klärung der Täterschaft eine Gesamtwürdigung aller maßgebenden Umstände vor. Danach hat die Strafkammer
keinen Zweifel, dass der Angeklagte K. H. getötet hat. Eine Täterschaft von O.G. schließt sie aus.
320 Dazu im Einzelnen:
321 aa) Täterschaft durch O.G.?
322 Der Angeklagte gab an, dass O.G. K. mit dem Bügeleisenkabel erdrosselt habe. Motiv für die Tötung sei der in ihr nach Kenntnisnahme der SMS
von A.V. aufgekommene „Hass auf alle H.s“ gewesen.
323 Diese Einlassung des Angeklagten ist jedoch vollständig frei erfunden und konnte daher bei der Klärung der Frage, wer K. H. getötet hat, nicht
herangezogen werden.
324 Gleichwohl war zu prüfen, ob O.G. ein Motiv für die Tötung ihres Sohnes gehabt haben könnte und ihr eine solche Tat zuzutrauen gewesen
wäre.
325 (1) Gegen eine Täterschaft durch O.G. sprach, dass sie ein gutes, normales mütterliches Verhältnis zu K. hatte.
326 Die Zeugin N.N. bekundete, dass O.G. sich sehr sorgsam um K. gekümmert habe. Sie habe ihn geliebt und ihn oft in den Arm genommen. Im
Gegensatz zu K., die an den Wochenenden regelmäßig bei ihnen gewesen sei, habe O.G. K. nie alleine gelassen. Sie habe befürchtet, dass er
sich dann nicht mehr beruhigen werde, wenn seine Mutter nicht da sei. Auch zu K. habe sie ein gutes Verhältnis gehabt. K. sei jedoch in ihrer
Erziehung schwieriger gewesen und es sei gelegentlich zu Streitigkeiten zwischen ihr und O.G. gekommen. Dabei sei es auch vorgekommen,
dass O.G. „die Hand ausgerutscht“ sei. K. habe sie allerdings nie geschlagen. Der Zeuge A.K. bestätigte voll umfänglich diese Angaben. Beide
Zeugen bekundeten, dass sie engen Kontakt zu O.G. und den Kindern gehabt hätten.
327 Aufgrund der Übereinstimmung ihrer Angaben und in Anbetracht dessen, dass die beiden Zeugen regelmäßig Kontakt zu O.G. und den Kindern
gehabt haben, erachtet die Strafkammer ihre Angaben als glaubhaft.
328 Auch die Zeugin T.L., die zeitweise engeren Kontakt zu O.G. gehabt hatte, bestätigte, dass O.G. eine gute Beziehung zu den Kindern gehabt
habe. Streitigkeiten habe es nur mit K. gegeben, nicht mit K..
329 Der Zeuge A.R. gab an, dass er in dem Zeitraum, in dem er eine Beziehung mit O.G. gehabt und mit ihr zusammengelebt habe, keine
Auffälligkeiten in dem Verhältnis von O.G. zu ihren Kindern bemerkt habe. Zu K. habe sie ein gutes, normales Verhältnis gehabt.
330 Dem widersprechend behauptete der Angeklagte, dass O.G. eine schlechte Mutter gewesen sei. Sie habe sich nicht richtig um K. gekümmert.
So habe sie ihn z.B. ständig an der Flasche nuckeln lassen, damit er ruhig sei.
331 Der Zeuge V.H. jun. bekundete, dass er aus eigener Wahrnehmung über die Beziehung von O.G. zu K. nichts sagen könne. Der Angeklagte
habe sich jedoch in Gesprächen mit ihm öfter darüber aufgeregt, dass sich O.G. nicht richtig um K. sorge, insbesondere habe es dem
Angeklagten missfallen, dass O.G. häufig Männerbekanntschaften in ihrer Wohnung empfangen und mit ihnen Geschlechtsverkehr im Bett
neben K. gehabt habe. Dies sei noch in dem Wohnheim in H. gewesen. Als O.G. nach B. gezogen sei, habe man Überlegungen angestellt, K. in
die Familie zu nehmen. Konkret unternommen habe man diesbezüglich jedoch nichts.
332 Die Zeugin E.H., die Schwester des Angeklagten, gab an, dass sie O.G. und K., als diese noch in H. in dem Wohnheim gewohnt hätten, häufiger
gesehen habe. Sie habe den Eindruck gehabt, dass O.G. K. nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt und - so habe es zumindest von außen
ausgesehen - ihm gegenüber keine Muttergefühle gehabt habe.
333 Die Zeugin L.A., eine Bekannte des Angeklagten, bekundete, dass bei einem Besuch von ihr im Februar 2002 im Wohnheim in H. O.G.
alkoholisiert gewesen sei und im Streit mit ihr und dem Angeklagten „durchgedreht“ sei. Dabei habe sie den Angeklagten und sie beschimpft.
Zudem habe sie im Verlaufe dieses Streites K. genommen und geschüttelt. Sie habe befürchtet, dass O.G. K. gegen die Wand werfe. Danach
habe die Zeugin keinen Kontakt mehr zu O.G. gehabt.
334 Diese Bekundungen und jene des Angeklagten sowie der Zeugen V.H. jun. und E.H. bezüglich der Beziehung von O.G. zu K. erachtet die
Strafkammer als nur wenig aussagekräftig. Sie beschrieben O.G. mit Ausnahme des Vorfalls vom Februar 2002 lediglich pauschal als schlechte
Mutter. Konkrete Anhaltspunkte für diese Annahme konnten sie nicht benennen.
335 Die Strafkammer verkannte bei ihrer Beurteilung der Beziehung von O.G. zu ihren Kindern nicht, dass diese gegenüber K. gelegentlich
handgreiflich wurde. Dies erscheint jedoch „verständlich“, da K. nach den Angaben der Zeugen N.N. und A.K. ein eher „schwieriges“ Kind ist.
Zudem war O.G. alleinerziehend und bewohnte mit den Kindern eine kleine 2-Zimmerwohnung. Es ist daher zumindest nachvollziehbar, dass
O.G. hin und wieder die Geduld verloren und K. geschlagen hat. Dies war jedoch nach Auffassung der Strafkammer nicht typisch für ihr
Verhalten oder Ausdruck eines bei ihr vorhandenen Aggressionspotentials, sondern eher eine erzieherische Maßregel bzw. ein Zeichen von
Überforderung.
336 Auch wenn in der Wohnung von O.G. wenig darauf hindeutete, dass dort zwei kleine Kinder lebten, was allerdings den beengten
Wohnverhältnissen und den hausfraulichen Fähigkeiten von O.G. zuzuschreiben ist, ist die Strafkammer aufgrund der Angaben der Zeugen
N.N., A.K., T.L. und A.R. überzeugt, dass O.G. zu ihren Kindern, insbesondere zu K., eine gute, normale mütterliche Beziehung hatte.
337 (2) Gegen eine Täterschaft durch O.G. spricht, dass sie allein wegen K. berechtigt war, sich in Deutschland aufzuhalten. Sie besaß nur die
russische Staatsangehörigkeit und hätte ausreisen müssen, wenn sie nicht ein Kind von dem deutschstämmigen Angeklagten bekommen hätte.
K. war quasi die „Versicherung“ für ihre Aufenthaltserlaubnis. Dies wusste O.G. wie die Zeugen A.N. und N.N. bestätigten.
338 O.G. hätte daher, wenn sie ihren Sohn getötet hätte, gleichzeitig ihre „Aufenthaltserlaubnis“ verloren.
339 Die Strafkammer übersah bei der Beurteilung dieses Gesichtspunktes - wie auch bei der gesamten Würdigung zu der Frage, ob O.G. K. getötet
hat - nicht, dass O.G. in der Tatnacht in einem Streit mit dem Angeklagten in einen hochgradigen Affekt geraten und dadurch enthemmt K.
getötet haben könnte, ohne dabei an eine dann drohende Ausweisung aus Deutschland zu denken.
340 Jedoch ist die diesbezügliche Darstellung des Angeklagten vollständig widerlegt und objektive Anhaltspunkte für ein anderweitiges
Tatgeschehen liegen nicht vor. Die Strafkammer ist aber nicht gehalten, an sich möglich erscheinende, für den Angeklagten günstige
Tatversionen anzunehmen, für die es keine tatsächliche Grundlage gibt.
341 Die Strafkammer verkannte desweiteren nicht, dass O.G., wenn sich die Tat in der Nacht vom 9. auf den 10. April 2004 zugetragen hatte, zum
Tatzeitpunkt alkoholisiert gewesen sein dürfte. Sie war jedoch - dies gab der Angeklagte selbst an und wurde von den Zeugen N.N. und A.K.
bestätigt - trinkgewohnt. Die Zeugin N.N. und A.K. bekundeten zudem, dass O.G. am Abend des 9. April 2004 keinen angetrunkenen Eindruck
gemacht habe und ihr der Alkohol nicht anzumerken gewesen sei. Die Strafkammer schließt daher aus, dass der von O.G. am Nachmittag
genossene Alkohol bei der Tat - sollte sich diese in der darauffolgenden Nacht zugetragen haben - eine Rolle spielte.
342 (3) Die Zeugen N.N. und A.N. beschrieben O.G. als eine hitzige, aufbrausende und streitlustige Person, die sich den Mund nicht verbieten lasse.
Sie bekundeten weiter, dass sich dies aber nur verbal geäußert habe, zu Aggressionshandlungen sei es dabei nie gekommen
343 Auch von den übrigen Zeugen wurden keine Streitigkeiten geschildert, in denen O.G. körperlich aggressiv agiert hat. Auch der Angeklagte
benannte - bis auf seine Einlassung zum Tatgeschehen - keine Aggressionshandlungen seitens O.G..
344 Dass O.G. nur mit Worten stritt, spricht gegen eine Tatbegehung durch sie.
345 (4) Der Auslöser für das Tatgeschehen war ein Streit zwischen dem Angeklagten und O.G.. K. hatte damit nichts zu tun.
346 Die Strafkammer sieht danach keinen plausiblen Grund, warum O.G. aus diesem Streit heraus, der mit K. nichts zu tun hatte, ihre Aggressionen
mit tödlicher Konsequenz gegen ihren Sohn gerichtet haben sollte.
347 bb) Täterschaft durch den Angeklagten:
348 Auch bei dem Angeklagten war aufgrund aller Umstände zu prüfen, ob er ein Motiv für die Tötung von K. gehabt haben könnte und ob ihm eine
solche Tat zuzutrauen ist.
349 (1) Das Verhältnis des Angeklagten zu K. war oberflächlich. Das Interesse an seinem Sohn war gering, dieser war ihm eher egal.
350 Zwar hat der Angeklagte K. an Weihnachten und den Geburtstagen immer Geschenke gemacht und bei der Vorbereitung der Feierlichkeiten
mitgeholfen, wie die Zeugen N.N., V.H. jun. und die Schwester des Angeklagten E.H. bestätigten.
351 Ansonsten hat sich der Angeklagte aber - nach Überzeugung der Strafkammer - nur wenig um seinen Sohn gekümmert, dieser war ihm eher
egal.
352 Die Zeugen A.N. und T.L. bekundeten, dass O.G. oft darüber geklagt habe, dass sich der Angeklagte nicht um die Kinder kümmere, komme und
gehe wann er wolle, und ihr keine Hilfe sei.
353 Der Angeklagte gab zu dem Verhältnis zu K. selbst an, dass er seinen Sohn nur selten gesehen habe. Anfangs, als sie noch in H. gewohnt
hätten, habe er seinen Sohn - allerdings berufsbedingt - nur an den Wochenenden gesehen. Als O.G. nach B. gezogen sei, sei er im
Durchschnitt einmal pro Woche zu Besuch bei seinem Sohn gewesen. Anfang des Jahres 2004, nachdem sich der Angeklagte von O.G.
getrennt habe, sei er über Wochen - bis Ende Februar 2004 - gar nicht zu Besuch bei ihr gewesen und habe damit auch seinen Sohn nicht
gesehen. K. habe aufgrund des seltenen Kontakts Angst vor ihm gehabt. Zudem könne er mit kleinen Kindern nicht umgehen.
354 Der Angeklagte erklärte weiter, dass er mit K. auch gespielt habe - an der „Playstation“. Dies erscheint angesichts des Alters von K. und dessen
verzögerter geistiger Entwicklung nur schwer vorstellbar. Weitere Beispiele dafür, was er mit seinem Sohn unternommen habe, vermochte der
Angeklagte indes auch auf Nachfrage nicht zu nennen.
355 Die Strafkammer ist überzeugt, dass der Angeklagte für K. nur wenig empfand. Sein Interesse galt der sexuellen Beziehung zu O.G..
356 So besuchte der Angeklagte O.G., nachdem sie Ende Februar 2004 ihre sexuelle Beziehung wieder aufgenommen hatten, immer erst spät am
Abend. Die Besuche erfolgten damit zu Zeitpunkten, als K. schon im Bett lag und schlief, und dienten allein dem Zweck, mit ihr ins Bett zu
gehen. Die Strafkammer ist überzeugt, dass dies in der Zeit vor ihrer Trennung Ende 2003 nicht anders gewesen ist, da sich an ihrer
Beziehungsstruktur nichts geändert hat.
357 Dies zeigt, dass der Angeklagte an K. kaum Interesse hatte.
358 Zu dieser Einstellung des Angeklagten - seinem Desinteresse und seiner Gleichgültigkeit - gegenüber K. passt auch die Bekundung der Zeugin
N.N., die das Verhältnis des Angeklagten zu seinem Sohn als kalt beschrieb.
359 (2) Der psychiatrische Sachverständige Dr. W., der der Strafkammer aus einer Vielzahl von Verfahren als zuverlässig und kompetent bekannt
ist, führte in seinem mündlich erstatteten Gutachten aus, dass er bei dem Angeklagten im Rahmen der Persönlichkeitsdiagnostik eine extreme
emotionale Indifferenz festgestellt habe, die durch Gefühlsarmut, eine eklatant defizitäre Empathiefähigkeit und eine massive Ich-bezogenheit
charakterisiert sei.
360 Er habe den Angeklagten in Untersuchungsgesprächen am 22., 24. und 26. November 2004 (Gesamtdauer 10 Stunden) eingehend exploriert.
Dabei habe der Angeklagte zweimal detailliert und bis in einzelne Formulierungen hinein übereinstimmend seine Tatversion, die seiner
Einlassung in der Hauptverhandlung entsprochen habe, geschildert. Dabei habe der Angeklagte - dies sei im höchsten Maße auffällig gewesen
- seine Schilderungen in völlig gleichbleibender innerer Gelassenheit und mit großer Distanziertheit vorgetragen, ohne dass eine innere
emotionale Anteilnahme spürbar gewesen wäre. Völlig unabhängig davon, ob er von der Tötung seines Sohnes durch O.G. oder seines
Tötungsdelikts zu deren Nachteil berichtet habe, habe er sich jeweils hiervon völlig unberührt gezeigt. Das Fehlen jeglicher affektiver
Beteiligung habe insgesamt den Eindruck entstehen lassen, dass ihn das, was er schilderte - trotz der in ihrer Destruktivität objektiv
erschütternden Geschehnisse -, nicht betreffen würde und mit ihm als fühlendes, denkendes und handelndes Subjekt nichts unmittelbar zu tun
habe.
361 Zudem weise die in seinen Angaben zum Ausdruck gekommene Unbekümmertheit, in der Tatnacht mit O.G. mehrmals Geschlechtsverkehr
gehabt zu haben, nachdem er kurz zuvor A.V., die er - wie der Angeklagte angab - geliebt habe, nach S. gebracht hatte, auf eine ausgeprägte
ichbezogene innere Bindungsarmut hin - nach dem Motto „aus den Augen, aus dem Sinn“.
362 Der Sachverständige führte weiter aus, dass es sich bei den oben genannten Persönlichkeitsauffälligkeiten des Angeklagten um primäre
charakterliche Defizite handele und nicht um postdeliktische Veränderungen im Sinne eines abwehrenden Verdrängungsprozesses. Dies
belege insbesondere das Nachtatverhalten des Angeklagten, das in dem überlegten Vorgehen und der Durchführung von einer
außerordentlichen Kaltblütigkeit zeuge. Auch sein Verhalten gegenüber A.V., neben der der Angeklagte weiterhin seine sexuelle Beziehung zu
O.G. unterhalten habe, und die Unbekümmertheit, mit der er schilderte, noch an demselben Abend, als A.V. nach Paris gefahren sei, mit O.G.
mehrfach Geschlechtsverkehr gehabt zu haben, seien weitere Belege dafür, dass die charakterlichen Defizite bei dem Angeklagten primärer
Natur seien.
363 Die Strafkammer schließt sich den detaillierten und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen Dr. W. aufgrund eigener
Überzeugungsbildung an. Auch bei seiner Einlassung in der Hauptverhandlung zeigte der Angeklagte überwiegend dasselbe
Aussageverhalten wie das von dem Sachverständigen in den Untersuchungsgesprächen beschriebene. Lediglich einmal, bei seiner
Vernehmung am 8. Juli 2004 soll der Angeklagte nach den Bekundungen des KOK K. mit den Tränen gerungen haben, als er von K. sprach.
364 (3) Im Gegensatz zu O.G., die nur mit Worten stritt, kam es bei dem Angeklagten in Streitigkeiten auch zu Aggressionshandlungen. Dies zeigten
deutlich die Auseinandersetzung des Angeklagten mit A.R. in der Nacht vom 29. März auf 30. März 2004 und die Bekundungen der Zeugin
N.N., nach denen der Angeklagte bei dem Streit mit O.G. an Weihnachten 2001 ein Glas nach ihr geworfen habe.
365 (4) Für die Täterschaft des Angeklagten spricht, dass er O.G. getötet hat. Dieser Umstand legt nahe, dass er in dem unmittelbaren zeitlichen
Zusammenhang des Tatgeschehens auch K. getötet hat.
366 (5) Für eine Täterschaft des Angeklagten spricht schließlich die Kaltblütigkeit bei der Leichenbeseitigung und den zuvor getroffenen
Maßnahmen zur Vertuschung der Tat, um den Anschein zu erwecken, dass O.G. und K. verreist seien. All dies war gründlich überlegt und wurde
zielgerichtet durchgeführt.
367 Der Angeklagte hat K. mit einem Gewicht beschwert in den Neckar geworfen und versenkt. Wer sein eigenes Kind auf diese Weise „entsorgt“,
dem ist auch dessen Tötung zuzutrauen. Zudem ist nur schwer vorstellbar, dass jemand zu einer solchen Handlung fähig ist, der an dem Tod
seines Kindes nicht schuldig ist.
368 cc) Die Strafkammer hat die genannten Gesichtspunkte gegeneinander abgewogen und danach keinen Zweifel, dass der Angeklagte K. getötet
hat.
369 Bei O.G. waren nur Umstände ersichtlich, die gegen ihre Täterschaft sprechen. Dafür, dass sie einen Grund oder Anlass gehabt haben könnte,
K. zu töten, oder ihr eine solche Tat zuzutrauen wäre, sprach nichts. Auch für die Annahme einer Tötungshandlung in einem höhergradigen
Affekt gab es keine tatsächliche Grundlage.
370 Dagegen waren bei dem Angeklagten - bis auf seine leibliche Vaterschaft - keine Anhaltspunkte gegeben, die gegen seine Täterschaft
sprechen, sondern ausschließlich Umstände, die für seine Täterschaft sprechen.
371 Angesichts dessen konnte die Strafkammer O.G. als Täterin ausschließen und ist überzeugt, dass der Angeklagte K. getötet hat, zumal ihm die
Tat auch ohne Weiteres - dies belegen insbesondere seine Charakterstruktur, die Tötung von O.G. und seine Kaltblütigkeit in der Nachtatphase
- zuzutrauen ist.
372 c) Reihenfolge der Tötungshandlungen:
373 Die Strafkammer ist überzeugt, dass der Angeklagte zuerst O.G. und anschließend K. H. getötet hat.
374 Da die Darstellung des Angeklagten zum Tatgeschehen insgesamt falsch ist, konnten aus ihr auch keine Schlüsse bezüglich der Abfolge der
Tötungshandlungen gezogen werden.
375 Anhaltspunkte dafür, dass K. zuerst getötet wurde, waren nicht ersichtlich, zumal in einer solchen Fallkonstellation zu erwarten gewesen wäre,
dass O.G. in das Geschehen in energischer Weise eingegriffen hätte, um die Tötung ihres Sohnes zu verhindern. Hinweise dafür - etwa
Verletzungen des Angeklagten oder Kampfspuren in der Wohnung - gab es jedoch nicht.
376 Die Strafkammer ist daher überzeugt, dass K. nach O.G. getötet wurde.
377 d) Subjektive Tatseite:
378 aa) Tötungsvorsatz:
379 Die Strafkammer ist überzeugt, dass der Angeklagte K. mit direktem Tötungsvorsatz getötet hat, zumal auch K. wie zuvor O.G. mit einer weichen
Bedeckung erstickt wurde. Auch bei einem Kind im Alter von K. - dies führte der rechtsmedizinische Sachverständige Dr.B. aus - bedarf es eines
2-5-minütigen vollständigen Abstellens der Luftzufuhr, bis der Tod eintritt.
380 bb) Mordmerkmal Verdeckungsabsicht
381 Es war zwar in Anbetracht des Nachtatverhaltens des Angeklagten nicht fernliegend, dass der Angeklagte, nachdem er O.G. getötet hatte,
anschließend K. in der Absicht getötet hat, die Tötung von O.G. dadurch zu verdecken.
382 Dass der Angeklagte mit einer solchen Absicht bezüglich K. gehandelt hat, war für die Strafkammer jedoch aufgrund der nachfolgenden
Erwägungen nicht mit der erforderlichen Sicherheit nachweisbar.
383 K. war knapp zwei Jahre vier Monate alt und konnte aufgrund seiner verzögerten Entwicklung nicht sprechen. Er wäre daher - dies muss auch
dem Angeklagten bewusst gewesen sein - kein tauglicher Zeuge gewesen, sollte er die Tötung von O.G. durch den Angeklagten mitbekommen
haben. Zudem war nicht auszuschließen, dass K. erst während des Tatgeschehens aufwachte und das eigentliche Geschehen gar nicht
mitbekommen konnte. Auch insoweit wäre er nur ein beschränkt tauglicher Tatzeuge gewesen.
384 Entscheidend war für die Strafkammer aber, dass es völlig unrealistisch ist, anzunehmen, der Angeklagte habe direkt im Anschluss an die
Tötung von O.G. den Plan gefasst, die Tat zu vertuschen, die Leichen verschwinden zu lassen und den Anschein zu erwecken, O.G. und K.
seien verreist und deshalb K. getötet. Zu derartigen Überlegungen war der Angeklagte nach Auffassung der Strafkammer unmittelbar nach der
Tötung von O.G. nicht in der Lage, da die Tötung - davon ist die Strafkammer überzeugt - nicht geplant war und daher auch den Angeklagten
nicht völlig unberührt gelassen haben kann, so dass er zu diesem Zeitpunkt zu einem solch klaren Gedanken nicht fähig war. Dafür, dass
zwischen der Tötung von O.G. und der von K. ein längerer Zeitraum verstrichen ist, gibt es keine Anhaltspunkte.
385 Die Strafkammer kann daher nicht ausschließen, dass K., als er das Geschehen bemerkte, angefangen hat zu weinen, den Angeklagten gestört
und genervt hat und dieser - im noch aufgewühlten Zustand durch die vorangegangene Tötung von O.G. - allein deshalb den Entschluss fasste,
K. zu töten.
386 Nach alledem konnte sich die Strafkammer keine Überzeugung schaffen, dass der Angeklagte K. in Verdeckungsabsicht getötet hat.
387 cc) Mordmerkmal Heimtücke
388 Aufgrund des Alters von K. und seiner geistigen Entwicklung hatte die Strafkammer erhebliche, letztlich nicht auszuräumende Zweifel, dass K.
zu Argwohn fähig war, so dass eine heimtückische Tötung ausscheidet.
389 K. H. war zum Tatzeitpunkt knapp zwei Jahre vier Monate alt. Seine geistige Entwicklung war verzögert. Die Zeugen N.N. und A.K. bekundeten,
dass K. noch nicht sprechen konnte. Dies habe ihnen Sorgen gemacht. Mit O.G. hätten sie auch darüber gesprochen, K. ärztlich speziell darauf
zu untersuchen, ob er vielleicht eine geistige Behinderung habe.
390 6. Strafrechtliche Verantwortlichkeit:
391 Der psychiatrische Sachverständige Dr. W. führte im Rahmen seines Gutachtens aus, dass bei dem Angeklagten - wie bereits beschrieben -
eine extreme emotionale Indifferenz (ohne ICD-Codierung) vorliege, die durch eine massive Ich-bezogenheit, Gefühlsarmut, fehlendes
Einfühlungsvermögen in andere Personen und durch eine eklatant defizitäre Opfer-Empathie gekennzeichnet sei. Hinreichende Anhaltspunkte
für das Vorliegen einer daraus resultierenden schweren, krankhaften Persönlichkeitsstörung hätten sich jedoch nicht feststellen lassen.
392 Das Ergebnis der testpsychologischen Untersuchungen habe bei dem Angeklagten bei einem IQ von 97 Punkten auf eine durchschnittliche
intellektuelle Leistungsfähigkeit hingewiesen, die jedoch, da der Angeklagte Sprachschwierigkeiten habe und in einem anderen Kulturbereich
aufgewachsen sei, deutlich höher einzustufen sei. Der Sachverständige hat den Angeklagten in den Untersuchungsgesprächen als geistig
wach und rege erlebt und ihn als überdurchschnittlich intelligent eingeschätzt.
393 Aus der Vollzugskrankenakte seien keinerlei Hinweise auf Erkrankungen, vegetative Entzugserscheinungen oder organpathologische
Besonderheiten ersichtlich gewesen.
394 Ein psychiatrisches Krankheitsbild - eine schizophrene Psychose, eine andere wahnhafte Beeinträchtigung des Realitätsbezugs, eine manisch-
depressive Erkrankung, eine massive Angst- oder Zwangsstörung, eine krankhafte Beeinträchtigung der Impulskontrolle, eine dekompensierte
Suchterkrankung, eine geistige Behinderung oder eine organische Erkrankung des Gehirns mit entsprechenden psychischen
Funktionsstörungen - habe bei dem Angeklagten nicht diagnostiziert werden können.
395 Bezogen auf die Merkmalskategorien der §§ 20, 21 StGB hätten sich im Ergebnis keine hinreichenden psychodiagnostischen
Anknüpfungspunkte für die Annahme einer schweren psychischen Störung ergeben, die eine Zuordnung zu den juristischen
Eingangsmerkmalen „krankhafte seelische Störung“, „Schwachsinn“ oder „schwere andere seelische Abartigkeit“ rechtfertigen würde.
396 Im Hinblick auf die Beurteilung der tatbezogenen Einsichts- und Steuerungsfähigkeit sei daher ein krankheitsbedingter vollständiger Verlust des
tatbezogenen Einsichts- und Steuerungsvermögens im Sinne des § 20 StGB auszuschließen.
397 Da der Angeklagte überdurchschnittlich intelligent sei, bestünden keine Zweifel, dass er fähig gewesen sei, das Unrecht seiner Taten
einzusehen.
398 Bezogen auf die Beurteilung des Steuerungsvermögens des Angeklagten zum Tatzeitpunkt sei allein in Erwägung zu ziehen, ob die situative
Handlungskontrolle des Angeklagten durch einen tatbedingten affektiven Ausnahmezustand im Sinne einer „tiefgreifenden
Bewusstseinsstörung“ erheblich beeinträchtigt gewesen sein könnte. Dies sei allenfalls bei der vom Angeklagten gegebenen zugespitzten
Tatversion nicht auszuschließen. Dass sich das Tatgeschehen so zugetragen hat, war jedoch auszuschließen.
399 Zu dem unter II. festgestellten Tatgeschehen führte der Sachverständige aus, dass insoweit keine Anhaltspunkte - weder im Tatablauf noch im
Tatumfang - für die Annahme einer Tatbegehung in einem höhergradigen Affekt vorliegen. Zudem lasse sich auch das ausgesprochen planvoll
und kaltblütig von dem Angeklagten durchgeführte Nachtatverhalten nicht mit einer vorangegangenen Tatbegehung in einem affektiven
Ausnahmezustand vereinbaren.
400 Die Strafkammer schließt sich aufgrund eigener Überzeugung dem ausführlich begründeten Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen
Dr. W. an.
401 7. Persönliche Verhältnisse
402 Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen unter I. beruhen auf den insoweit glaubhaften Angaben des Angeklagten.
403 Die Feststellung, dass der Angeklagte nicht vorbestraft ist, beruht auf dem verlesenen Auszug aus dem Bundeszentralregister und wurde von
dem Angeklagten bestätigt.
404 IV. Der Angeklagte hat sich nach den getroffenen Feststellungen des Totschlags in zwei tatmehrheitlich begangenen Fällen schuldig gemacht,
§§ 212, 53 StGB.
405 Mordmerkmale i.S.d. § 211 StGB, insbesondere Heimtücke, Verdeckungsabsicht oder sonst niedrige Beweggründe, konnten nicht festgestellt
werden.
406 V. Die Strafkammer hat bei der Strafzumessung jeweils den Strafrahmen des § 212 Abs. 1 StGB, der Freiheitsstrafe von 5 bis 15 Jahren vorsieht,
zugrundegelegt.
407 Ein besonders schwerer Fall des Totschlags gem. § 212 Abs. 2 StGB, der eine lebenslange Freiheitsstrafe vorsieht, war in beiden Fällen nicht
gegeben. Es konnte weder bei O.G. noch bei K. H. festgestellt werden, dass der Angeklagte besonders brutal oder planmäßig vorgegangen ist.
Auch ist das Verschulden des Angeklagten nicht derart außergewöhnlich groß, dass es ebenso schwer wiegt wie das eines Mörders.
Insbesondere ist eine Nähe zu Mordmerkmalen nicht gegeben.
408 Ein minder schwerer Fall des Totschlags gem. § 213 StGB, der eine Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren vorsieht, war bei beiden
Tötungen nicht gegeben. Eine Tatprovokation des Angeklagten durch O.G., etwa eine schwere Beleidigung o.ä., konnte nicht festgestellt
werden. Hierfür lagen keinerlei Anhaltspunkte vor, so dass sich die Strafkammer nicht gehalten sah, von einer dem Angeklagten - nur rein
theoretisch denkbaren - besonders günstigen Fallgestaltung auszugehen. Allein die Feststellung, dass der Angeklagte im Verlauf des Streites
mit O.G. aus Wut oder weil ihm die Streitigkeiten mit ihr auf die Nerven gingen, sich zu der Tatbegehung entschloss, legt für sich genommen
noch nicht nahe, dass es zu einer Tatprovokation im Sinne des § 213 StGB durch das Tatopfer gekommen ist. Eine solche Provokation scheidet
im Fall der Tötung von K. H. ohnehin aus.
409 Ebenso wenig war bezüglich beider Tötungen ein sonstiger minder schwerer Fall des Totschlags anzunehmen. Mildernde Umstände, die die
Taten - erheblich vom Normalfall einer Tötung abweichend - als minder schwer erscheinen lassen, waren nicht feststellbar.
410 Eine erheblich verminderte Steuerungsfähigkeit im Sinne des § 21 StGB lag nicht vor.
411 Bei der Strafzumessung sprach für den Angeklagten, dass er nicht vorbestraft ist. Strafmildernd war auch zu berücksichtigen, dass es sich in
beiden Fällen jeweils um eine Spontantat handelte. Der Angeklagte befindet sich erstmals in Haft und ist aufgrund seines Alters (27 Jahre)
erhöht strafempfindlich.
412 Strafschärfend war zu berücksichtigen, dass die sechs Jahre alte Tochter der getöteten O.G. durch die Tat ihre Mutter verloren hat.
413 Bei der Tat zum Nachteil von K. H. hat die Strafkammer strafschärfend berücksichtigt, dass die Tötung des eigenen Kindes die Überwindung
einer deutlich höheren Hemmschwelle erfordert. Sie erachtet daher unter Würdigung aller Umstände eine Einzelstrafe von
414 12 Jahren Freiheitsstrafe
415 für tat- und schuldangemessen.
416 Bei der Tat zum Nachteil von O.G. war zu Gunsten des Angeklagten zu berücksichtigen, dass er allgemein die Tötung von O.G. eingeräumt hat.
Die Strafkammer erachtet daher - ebenfalls unter Würdigung aller Umstände - eine Einzelstrafe von
417 10 Jahren Freiheitsstrafe
418 für tat- und schuldangemessen.
419 Unter nochmaliger Abwägung sämtlicher Strafzumessungsgesichtspunkte und unter Berücksichtigung des räumlich, situativ und zeitlich engen
Zusammenhangs der Tötungen erachtet die Strafkammer eine Gesamtfreiheitsstrafe von
420 15 Jahren
421 für tat- und schuldangemessen.
422 VI. Die Kostenentscheidung beruht auf § 465 Abs. 1 StPO.