Urteil des LG Saarbrücken vom 05.01.2011

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LG Saarbrücken Beschluß vom 5.1.2011, 5 T 555/10
Leitsätze
1. Die Kostenerstattungsforderung aus einem Kostenfestbeschluss, der nach Eröffnung
des Insolvenzverfahrens gegen den Insolvenzschuldner ergangen ist, stellt jedenfalls dann
keine Insolvenzforderung im Sinne des § 38 InsO dar, wenn auch die
Kostengrundentscheidung nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens datiert.
2. Der Widerspruch gegen die Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung
(§ 900 Abs. 4 ZPO) kann nicht darauf gestützt werden, während der Wohlverhaltensphase
(§ 287 Abs. 2 InsO) sei die Zwangsvollstreckung aus einem solchen Kostenfestbeschluss
durch § 294 Abs. 1 InsO untersagt.
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
2. Die Schuldnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 291,25 Euro festgesetzt.
Gründe
A.
Die beiden Gläubiger betreiben gegen die Schuldnerin die Zwangsvollstreckung aus einem
Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Merzig vom 08.03.2010 (AG Merzig, Az.:
24 C 3/07), durch den die von der Schuldnerin an die Gläubiger auf Grund des
Anerkenntnisurteils des Amtsgerichts Merzig vom 21.12.2009 zu erstattenden Kosten
festgesetzt worden sind auf 252,74 Euro.
Über das Vermögen der Schuldnerin ist durch Beschluss des Amtsgerichts Saarbrücken –
Außenstelle Sulzbach – vom 28.09.2006 das Insolvenzverfahren eröffnet worden (Az.: 109
IK 94/06).
Durch Beschluss des Insolvenzgerichts vom 25.04.2007 ist das Insolvenzverfahren
mangels zu verteilender Masse ohne Schlussverteilung aufgehoben worden und der
Schuldnerin ist die Restschuldbefreiung angekündigt worden.
Auf den Antrag der Gläubiger hat die zuständige Gerichtsvollzieherin die Schuldnerin zur
Abgabe der eidesstattlichen Versicherung geladen. In dem Termin zur Abgabe der
eidesstattlichen Versicherung am 31.03.2010 hat die Schuldnerin Widerspruch eingelegt
und ausgeführt, der ursprüngliche Klageanspruch, der dem Kostenfestsetzungsbeschluss
zu Grunde liegt, sei vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden. Deshalb
handele es sich um eine Insolvenzforderung.
Das Amtsgericht hat den Widerspruch der Schuldnerin durch Beschluss vom 19.08.2010
zurückgewiesen und ausgeführt, das Insolvenzverfahren sei bereits bei der Entstehung der
Forderung beendet gewesen.
Gegen diesen am 26.08.2010 zugestellten Beschluss hat die Schuldnerin durch Schreiben
vom 06.09.2010 sofortige Beschwerde eingelegt, der das Amtsgericht nicht abgeholfen
hat.
B.
I.
Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin ist gemäß §§ 11 Abs. 1 Rechtspflegergesetz,
900 Abs. 4, 793, 567 ff ZPO zulässig.
Da das Beschwerdeschreiben vom 06. September keinen Eingangsstempel trägt, ist zu
Gunsten der Schuldnerin davon auszugehen, dass ihre sofortige Beschwerde innerhalb der
Beschwerdefrist (§ 569 ZPO) beim Amtsgericht eingegangen ist.
II.
Die sofortige Beschwerde ist jedoch nicht begründet und war deshalb zurückzuweisen.
1.
von den Gläubigern gegen die Schuldnerin aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss des
Amtsgerichts Merzig vom 08.03.2010 (Az.: 24 C 3/07) betriebenen Zwangsvollstreckung
nicht entgegen.
2.
Schuldners Zwangsvollstreckungen für einzelne Insolvenzgläubiger in das Vermögen des
Schuldners untersagt. Nicht verboten wird durch diese Vorschrift jedoch die
Zwangsvollstreckung eines Gläubigers, der kein Insolvenzgläubiger ist. Der Begriff des
Insolvenzgläubigers ist in § 38 InsO erläutert, wonach diejenigen persönlichen Gläubiger
Insolvenzgläubiger sind, die einen zurzeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens
begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben.
Anders verhält es sich jedoch bei der verfahrensgegenständlichen
Kostenerstattungsforderung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts
Merzig vom 08.03.2010.
Für die Beantwortung der für das vorliegende Verfahren maßgeblichen Frage, ob die beiden
Gläubiger Insolvenzgläubiger sind, kommt es nicht darauf an, ob die
Kostenerstattungsverpflichtung der Schuldnerin gegenüber den Gläubigern bereits durch
die Kostengrundentscheidung entstanden ist oder erst durch den die
Kostengrundentscheidung konkretisierenden Kostenfestsetzungsbeschluss. Denn sowohl
der Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Merzig vom 08.03.2010 als auch die
Kostengrundentscheidung in dem Anerkenntnisurteil des Amtsgerichts Merzig vom
21.12.2009 sind nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der
Schuldnerin und auch nach der Aufhebung dieses Insolvenzverfahrens durch den Beschluss
des Insolvenzgerichts vom 25.04.2007 ergangen.
Des Weiteren kommt eine Aufteilung der Prozesskosten nach Zeitabschnitten vor und nach
der Unterbrechung des Rechtsstreits vor dem Amtsgericht Merzig wegen des
Insolvenzverfahrens (vgl. dazu § 240 ZPO) nicht in Betracht (vgl. BGH, NJW-RR 2007, 397-
398, zitiert nach juris Rdnr. 11; Schleswig Holsteinisches Oberlandesgericht, OLGR
Schleswig 2005, 665-666, zitiert nach juris Rdnr. 4; OLG Hamm, Rechtspfleger 1990,
435, zitiert nach juris Rdnr. 7, m.w.N.).
3.
Anerkenntnisses des Insolvenzverwalters ergangen ist, wird der
Kostenerstattungsanspruch der beiden Gläubiger auch nicht durch die gesetzliche Regelung
in § 86 Abs. 2 InsO zur Insolvenzforderung.
4.
Amtsgericht Merzig geltend gemachten Klageforderung um eine Insolvenzforderung
gehandelt hat. Denn Gegenstand des vorliegenden Zwangsvollstreckungsverfahrens ist
nicht die Hauptforderung, sondern die Kostenforderung, die – wie aufgezeigt – nicht als
Insolvenzforderung im Sinne der §§ 38, 87, 89, 294 Abs. 1 InsO zu behandeln ist.
5.
Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wurde gemäß § 3 ZPO in Höhe der
Vollstreckungsforderung festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof (vgl. dazu § 574 ZPO) wird mangels der
dafür erforderlichen Voraussetzungen nicht zugelassen.