Urteil des LG Saarbrücken vom 15.10.2010

LG Saarbrücken: sachverständigenkosten, ermächtigung, versicherer, verkehrsunfall, nebenleistung, bestimmtheit, teilzahlung, bestimmbarkeit, inhaber, verjährung

LG Saarbrücken Urteil vom 15.10.2010, 13 S 68/10
Leitsätze
Zur Frage der Wirksamkeit einer Abtretung, mit der sich ein Kfz-Sachverständigenbüro von
einem Unfallgeschädigten sämtliche aus einem Verkehrsunfall resultierenden
Schadensersatzansprüche der Höhe nach beschränkt auf die in Rechnung gestellten
Sachverständigenkosten abtreten lässt.
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Saarlouis vom 19. Mai
2010 – 26 C 372/10 – wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Klägerin, ein Kfz-Sachverständigenbüro, macht aus abgetretenem Recht
Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall geltend, der sich am ... auf der A ... in Höhe ...
ereignet hat und für den die beklagte Haftpflichtversicherung einstandspflichtig ist.
Der unfallgeschädigte Herr ... beauftragte die Klägerin mit der Erstellung eines Kfz-
Schadensgutachtens. In diesem Zusammenhang unterzeichnete er die folgende, von der
Klägerin gestellte Erklärung:
„Aus Anlass des oben beschriebenen Schadenfalles habe ich das o. g.
Kfz-Sachverständigenbüro beauftragt, ein Gutachten zur
Schadenhöhe zu erstellen.
Ich trete hiermit meine Schadenersatzansprüche aus dem genannten
Unfall erfüllungshalber gegen den Fahrer, den Halter und den
Versicherer des unfallbeteiligten Fahrzeuges in Höhe der
Gutachterkosten einschließlich Mehrwertsteuer unwiderruflich an das
Kfz-Sachverständigenbüro ab.
Hiermit weise ich den regulierungspflichtigen Versicherer an, die
Sachverständigenkosten unmittelbar an das von mir beauftragte
Sachverständigenbüro zu zahlen.
Das Kfz-Sachverständigenbüro ist berechtigt, diese Abtretung den
Anspruchsgegnern offen zu legen und die erfüllungshalber
abgetretenen Ansprüche gegenüber den Anspruchsgegnern im
eigenen Namen geltend zu machen. Durch diese Abtretung werden
die Ansprüche des Kfz-Sachverständigenbüros aus dem
Sachverständigenvertrag gegen mich nicht berührt. Er kann die
Ansprüche gegen mich geltend machen, wenn und soweit der
regulierungspflichtige Versicherer keine Zahlung oder lediglich eine
Teilzahlung leistet.“
Die Klägerin begehrt Ersatz des von ihr in Rechnung gestellten Sachverständigenhonorars
in Höhe des nicht regulierten Teilbetrags von 731,32 EUR.
Erstinstanzlich hat sie beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 731,32 EUR nebst Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem
10. Dezember 2009 zu zahlen,
2. die Beklagte zu verurteilen, an sie außergerichtliche
Rechtsanwaltskosten in Höhe von netto 101,40 EUR nebst Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem
19. Januar 2010 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält die Sachverständigenkosten für überhöht und meint, die Abtretung verstoße gegen
das Gesetz über außergerichtliche Rechtsdienstleistungen - Rechtsdienstleistungsgesetz
(RDG).
Das Erstgericht, auf dessen Feststellungen Bezug genommen wird, hat die Klage
abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Abtretung sei
unwirksam, da sie gegen §§ 3, 5 Abs. 1 RDG verstoße. Die Geltendmachung des
Anspruchs auf Ersatz von Sachverständigenkosten stelle eine erlaubnispflichtige
Inkassotätigkeit dar, wenn die Abtretung – wie hier – nicht bloß sicherungshalber erfolge.
Mit ihrer hiergegen gerichteten Berufung verfolgt die Klägerin den erstinstanzlich geltend
gemachten Anspruch in vollem Umfang weiter.
Die Beklagte verteidigt die angegriffene Entscheidung. Sie macht ferner geltend, die
Abtretung sei nicht hinreichend bestimmt.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte, mithin zulässige Berufung bleibt ohne Erfolg. Im
Ergebnis zu Recht ist das Erstgericht davon ausgegangen, dass die der Klage
zugrundeliegende Abtretung des Schadensersatzanspruchs des Unfallgeschädigten gegen
die Beklagte unwirksam ist.
1. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Beklagte mit der Geltendmachung von
Einwendungen gegen die Wirksamkeit der Abtretung nicht bereits durch ein
deklaratorisches Schuldanerkenntnis ausgeschlossen. Zwar kann die Erbringung einer
Teilzahlung auf eine Forderung im Einzelfall als bestätigendes Schuldanerkenntnis der
beglichenen Forderung zu werten sein (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juli 1995 – X ZR 42/93,
WM 1995, 1886 ff.; BGH, Urteil vom 11. Januar 2007 – VII ZR 165/05, NJW-RR 2007,
530). Indes gibt es keine allgemeine Vermutung für die Abgabe eines Anerkenntnisses. Die
Wertung einer rechtsgeschäftlichen oder rechtsgeschäftsähnlichen Erklärung als
Anerkenntnis setzt vielmehr in der Regel eine Interessenlage voraus, die zur Abgabe eines
Anerkenntnisses Anlass gibt. Eine solche Interessenlage kann namentlich darin liegen, ein
zwischen den Parteien bestehendes Schuldverhältnis einem Streit oder zumindest einer
(subjektiven) Ungewissheit über den Bestand des Rechtsverhältnisses oder seine
Rechtsfolgen insgesamt oder in einzelnen Beziehungen zu entziehen (BGHZ 66, 250; BGH,
Urteil vom 11. Januar 2007 aaO; BGH, Urteil vom 11. November 2008 – VIII ZR 265/07,
DAR 2009, 90). Umstände, aufgrund derer die Parteien bereits im Zeitpunkt der
Teilzahlung durch die Beklagte ein Interesse daran hatten, die Forderungsinhaberschaft der
Klägerin zu klären, sind nicht ersichtlich. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass zum
damaligen Zeitpunkt zwischen den Parteien über diesen zweitinstanzlich erstmals
thematisierten Punkt Streit bestanden hätte.
2. Anders als das Erstgericht meint, verstößt die Abtretung auch nicht gegen §§ 3, 5 Abs.
1 RDG. Zwar stellt – wovon das Amtsgericht zu Recht ausgegangen ist – die
Geltendmachung des Unfallschadens im Umfang der Sachverständigenkosten die
Erbringung einer Rechtsdienstleistung im Sinne des § 2 Abs. 1 RDG dar, weil sie eine
Einziehungstätigkeit zum Gegenstand hat, die sich auf streitige Ansprüche bezieht und sei
es nur, weil die Höhe der Sachverständigenkosten spätestens im Verlauf der
Einziehungstätigkeit streitig wird (vgl. BT-Drs. 16/3655, S. 47; Römermann in:
Grunewald/Römermann, Rechtsdienstleistungsgesetz, 2008, § 2 RDG, Rdn. 69 ff.; Sabel
NZV 2008, 6, 10). Sie ist jedoch eine nach § 5 Abs. 1 RDG erlaubte Tätigkeit. Nach dieser
Vorschrift sind Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit
gestattet, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören. Um eine
solche Nebenleistung handelt es sich hier. Die Geltendmachung von
Sachverständigenkosten bei der Unfallschadenregulierung ist nämlich schon nach der
Gesetzesbegründung als Anwendungsfall der als Nebenleistung zulässigen Inkassotätigkeit
namentlich genannt (BT-Drs. 16/3655, S. 53). Entsteht in solchen Fällen Streit über die
Höhe des Anspruchs, belegt – so die Gesetzesbegründung – gerade die im Streitfall
erforderliche Rechtfertigung der eigenen Leistung oder Abrechnung durch den
Unternehmer die in § 5 Abs. 1 RDG geforderte Zugehörigkeit zu dessen Hauptleistung (BT-
Drs. 16/3655, S. 53). Dem Sachverständigen ist es danach erlaubt, den Unfallschaden
jedenfalls im Umfang seiner Honorarforderung aufgrund wirksamer Abtretung geltend zu
machen, schon weil er regelmäßig besser in der Lage ist, die Erforderlichkeit der jeweils
eingegangenen Kosten zu begründen (vgl. Urteile der Kammer vom 16. Januar 2009 – 13
S 154/08 – und vom 26. Juni 2009 – 13 S 100/08; vgl. auch Sabel, NZV 2006, 6, 10). Die
von dem Erstgericht zur Begründung der Gegenauffassung angeführte Entscheidung des
Bundesgerichtshofs (Versäumnisurteil vom 29. Juli 2009 – I ZR 166/06, GRUR 2009,
1077-1080) betrifft eine andere Fallkonstellation und führt daher nicht weiter. Auch der
Verweis auf die Kommentierung bei Palandt/Ellenberger (69. Aufl. 2010, § 134 Rdn. 21b)
überzeugt nicht, weil diese gerade noch nicht zwischen Verstößen gegen das
Rechtsberatungsgesetz (RBerG) und gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz
unterscheidet.
3. Indes ist die hier im Streit stehende Abtretung unwirksam, weil sie nicht hinreichend
bestimmt ist im Sinne des § 398 BGB.
a) Ein wirksamer Abtretungsvertrag nach § 398 BGB setzt voraus,
dass die abzutretende Forderung bestimmt oder zumindest
bestimmbar ist (st. Rspr., vgl. BGHZ 7, 365; BGH, Urteil vom 12.
Oktober 1999 – XI ZR 24/99, ZIP 1999, 2058; Beschluss vom 19.
März 2009 – IX ZR 39/08, ZIP 2009, 817 f.). Aus Gründen der
Rechtssicherheit müssen Gegenstand und Umfang der Forderung,
die Person des Schuldners und erforderlichenfalls auch der
Rechtsgrund im Wege der Auslegung so genau zu bestimmen sein,
dass feststeht, wer Inhaber der jeweiligen Forderung ist. Dabei muss
sich auch der Schuldner in zumutbarer Weise Gewissheit darüber
verschaffen können, ob und in welcher Höhe seine Verpflichtung von
der Abtretung erfasst ist (vgl. BGH, Urteil vom 22. September 1965
– VIII ZR 265/63, MDR 1966, 47; OLG Hamburg, NJW-RR 1999,
1316-1318; OLG Köln OLGR 2005, 168-169). Wird ein Teil einer
Forderungsmehrheit abgetreten, so folgt aus diesen Grundsätzen,
dass ausreichend individualisiert sein muss, auf welche Forderungen
oder Teilforderungen sich die Abtretung beziehen soll (vgl. RGZ 98,
202; BGH, Urteil vom 27. Mai 1968 – VIII ZR 137/66, WarnR 1968,
165; BGH, Urteil vom 2. April 1970 – VII ZR 153/68, WM 1970, 848;
Beschluss vom 15. Oktober 2009 – IX ZR 170/07, zitiert nach juris;
OLG Köln MDR 2005, 975; OLG Rostock, Urteil vom 3. Mai 2005 – 4
U 182/01, zitiert nach juris; Busche in: Staudinger, BGB, 2005, § 398
Rdn. 60; Roth in: MünchKomm-BGB, 5. Aufl., § 398 Rdn. 71). Daran
fehlt es insbesondere, wenn ein nur summenmäßig bestimmter oder
bestimmbarer Teil der Forderungsgesamtheit abgetreten wird. Denn
in diesem Falle ist nicht erkennbar, von welcher oder welchen der
mehreren Forderungen ein Teil abgetreten ist (BGH, Urteil vom 18.
Februar 1965 – II ZR 166/62, WM 1965, 562; Urteil vom 27. Mai
1968 aaO; Knerr in: jurisPK-BGB, 5. Aufl., § 398 Rdn. 16 f.).
Bestimmbarkeit setzt in diesem Fall vielmehr voraus, dass Höhe und
Reihenfolge der von der Abtretung erfassten Forderungen oder
Teilforderungen aufgeschlüsselt werden (OLG Köln, VersR 1998,
1269-1271; OLG Köln, OLGR 2005, 168-169; OLG München, OLGR
1993, 248 f.).
b) Diesen Anforderungen genügt die Abtretungserklärung vom 2.
November 2009 nicht. Sie beschränkt sich nämlich nicht
gegenständlich auf den Anspruch auf Erstattung der
Gutachterkosten, sondern erfasst – der Höhe nach beschränkt auf
die in Rechnung gestellten Sachverständigenkosten – sämtliche aus
dem Verkehrsunfall vom 31. Oktober 2009 resultierenden
Schadensersatzansprüche, ohne diese der Höhe und Reihenfolge
nach aufzuschlüsseln.
aa) Die von der Klägerin gestellte Abtretungserklärung ist
Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne des § 305 BGB
und damit nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn
einheitlich nach der Verständnismöglichkeit eines rechtlich
nicht vorgebildeten Durchschnittskunden so auszulegen,
wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern
unter Abwägung der Interessen der normalerweise
beteiligten Kreise verstanden werden (vgl. BGHZ 7, 368;
BGHZ 102, 384 ff.; BGH, Urteil vom 9. Mai 2001 – VIII ZR
208/00, MDR 2001, 865 f.; BGHZ 176, 244 ff.; BGH,
Urteil vom 9. Juni 2010 – VIII ZR 294/09, MDR 2010, 916
f.). Zweifel gehen zu Lasten des Verwenders, § 305c Abs.
2 BGB. Diese Auslegungsregel führt auch im
Individualprozess dazu, dass bei einer mehrdeutigen
Klausel von den möglichen Auslegungen die
kundenfeindlichste zugrunde zu legen ist, wenn diese
Auslegung dazu führt, dass die Klausel unwirksam ist und
der Kunde hierdurch rechtlich besser steht (vgl. BGH,
Urteil vom 10. Mai 1995 – XI ZR 65/93, ZIP 1994, 1010;
BGH, Urteil vom 20. Dezember 2007 – III ZR 144/07, NJW
2008, 987 f.; BGHZ 176, 244; BGH, Urteil vom 9. Juni
2010 – VIII ZR 294/09, MDR 2010, 916 f.).
bb) Danach erfasst die Abtretung sämtliche
Schadensersatzansprüche aus dem
streitgegenständlichen Unfallgeschehen. Für diese
Auslegung spricht zunächst der Wortlaut der Erklärung.
Die Formulierung „meine Schadensersatzansprüche aus
dem genannten Unfall“ enthält keine gegenständliche
Beschränkung nach der Art des Schadens. Soweit die
Abtretung „in Höhe der Gutachterkosten“ erfolgt, stellt
dies lediglich eine betragsmäßige Begrenzung der Höhe
nach dar. Dass diese nicht durch Einsetzen des konkreten
Honorars erfolgt ist, spricht – entgegen der Berufung –
nicht gegen diese Auslegung. Denn berechnet der
Sachverständige – wie hier – sein Honorar pauschal
anhand des ermittelten Wiederbeschaffungswertes, steht
dieser Betrag im Zeitpunkt der Auftragsvergabe noch
nicht fest. Unter diesen Umständen kann auch – entgegen
der Auffassung der Klägerseite – die Wortwahl
„Schadensersatzansprüche“ statt
„Schadensersatzanspruch“ als Indiz dafür angesehen
werden, dass aus einer Forderungsmehrheit eine
Teilforderung abgetreten werden soll.
Auch der systematische Regelungszusammenhang der
Erklärung spricht entgegen der Berufung nicht gegen diese
Deutung. Zwar bezieht sich der dritte Satz der Erklärung,
der die Weisung zur Zahlung durch den Versicherer an den
Sachverständigen enthält, nach seinem Wortlaut auf „die
Sachverständigenkosten“ und nicht auf einen Betrag in
Höhe der Sachverständigenkosten. Aus dem
Zusammenhang mit der Abtretungserklärung wird indes
deutlich, dass damit tatsächlich die Höhe der
Sachverständigenkosten gemeint ist. Nur eine solche
Auslegung ist mit dem Ziel und der Interessenlage des
Verwenders vereinbar, würde sie doch – ihre Wirksamkeit
unterstellt – zur Befriedigung des Sachverständigen in
Höhe des beanspruchten Sachverständigenhonorars
führen, selbst wenn das Honorar nicht in voller Höhe
erstattungsfähig ist.
cc) Wie sich die hiernach betragsmäßig bestimmte
Teilforderung auf die einzelnen Schadensersatzansprüche
verteilt, lässt sich aus der Abtretungserklärung im Wege
der Auslegung nicht ermitteln. Anders als in einem vom
OLG Karlsruhe (OLGZ 1984, 81 ff.) entschiedenen Fall
kann unter den Umständen des vorliegenden Falles
insbesondere nicht angenommen werden, die
Einzelansprüche seien jeweils zu gleichmäßiger Quote
abgetreten. Dies hätte zur Folge, dass sowohl die Klägerin
als auch der Unfallgeschädigte die unterschiedlichen
Anspruchsvoraussetzungen hinsichtlich sämtlicher
Einzelansprüche darlegen und ggf. beweisen müssten, um
Befriedigung in Höhe des ihnen jeweils zustehenden
Forderungsteils zu erlangen. Das widerspricht ersichtlich
dem Willen der Vertragsparteien. Selbst wenn man
vorliegend aus Gründen der Sachnähe annehmen könnte,
dass in erster Linie der Anspruch auf Erstattung der
Sachverständigenkosten abgetreten ist, würde sich das
Problem der Bestimmtheit gleichermaßen hinsichtlich
eines etwaigen Differenzbetrages zwischen den
tatsächlich erstattungsfähigen und den in Rechnung
gestellten Sachverständigenkosten ergeben.
dd) In dieser Auslegung ist die Abtretung jedoch nicht
hinreichend bestimmt (so auch BGH, Urteil vom 8.
Oktober 1957 – VI ZR 128/56, VersR 1957, 753; OLG
Hamburg, Urteil vom 30. März 1999 – 7 U 161/97, ZIP
1999, 1628 ff.; AG Essen, Urteil vom 22. August 1996 –
10 C 303/96, ZfSch 1997, 16; Trost, VersR 1997, 537;
weitere Nachweise bei Müller in: Handbuch des
Fachanwalts Verkehrsrecht, 2. Aufl., Kap. 6 Rdn. 251;
a.A. allerdings OLG Naumburg NZV 2006, 546; AG
Zweibrücken, Urteil vom 2. August 2010 – 2 C 131810;
AG Saarlouis, Urteil vom 6. August 2010 – 29 C 879/10
m.w.N.). Denn sie lässt offen, ob und ggf. in welcher
anteiligen Höhe der Zessionar Inhaber der Ansprüche auf
Ersatz der einzelnen Schäden (z.B.
Sachverständigenkosten, Reparaturkosten, ggf.
Mietwagenkosten, Heilbehandlungskosten etc.) wird.
Blieben z.B. die gegenüber der Beklagten
erstattungsfähigen Sachverständigenkosten hinter dem
beanspruchten Honorar zurück, wäre unklar, welche
sonstigen Schäden die Klägerin aus eigenem Recht
geltend machen könnte. Zumindest insoweit sind die
Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall als
Forderungsmehrheit zu behandeln. Wollte man nämlich
den Schadensersatzanspruch insgesamt als einheitlichen
Anspruch begreifen, ergäben sich im Falle einer
betragsmäßigen Abtretung eines Forderungsteils
unüberwindliche Probleme. Es bliebe offen, ob hinsichtlich
eines konkreten gegenständlichen Schadensteils (z.B.
Sachverständigenkosten) mit der Teilabtretung ein
Inhaberwechsel stattgefunden hat. Der Schuldner könnte
sich dann konkurrierenden Gläubigern gegenübersehen,
die im Wettlauf versuchen, unproblematische
Forderungsteile durchzusetzen. In diesem
Zusammenhang ergehende Urteile über eine Teilforderung
könnten nicht in Rechtskraft erwachsen. Insofern ist –
entgegen der Auffassung der Klägerin – nicht nur ein
Schutz des Schuldners, sondern auch der Schutz des
Zedenten und des Rechtsverkehrs betroffen.
ee) Anders als die Berufung meint, steht dem auch nicht
der von der höchstrichterlichen Rechtsprechung und
einem Teil der Literatur vertretene Grundsatz der
Schadenseinheit entgegen. Dieser im Zusammenhang mit
der Bestimmung des Verjährungsbeginns entwickelte
Grundsatz besagt, dass für einen Anspruch auf Ersatz
eines Schadens einschließlich aller weiterer adäquat
verursachter, zurechenbarer und vorhersehbarer Nachteile
eine einheitliche Verjährung läuft, sobald irgendein
Teilschaden entstanden ist (BGHZ 50, 21; BGHZ 100,
228 ff.; BGH, Urteil vom 15. Oktober 1992 – IX ZR 43/92,
MDR 1993, 693; Urteil vom 18. Dezember 1997 – IX ZR
180/96, WM 1998, 779 f.; Beschluss vom 1. Juli 2010 – IX
ZR 117/09, zitiert nach juris). Mit diesem Grundsatz soll
die Schadensabwicklung konzentriert werden, wenn es
dem Geschädigten möglich ist, wenigstens
Feststellungsklage zu erheben. Diesem Zweck
entsprechend beschränkt sich seine Aussagekraft auf die
Beurteilung des Zeitpunkts der Schadensentstehung. Das
wird insbesondere in dem Ausnahmefall von dem
Grundsatz deutlich, in dem eine Schadensfolge nicht
vorhersehbar war. Zwar gebietet es der Grundsatz der
Konzentration der Schadensabwicklung in diesem Fall
nicht, die Verjährung einheitlich zu handhaben. Es wäre
jedoch kein plausibler Grund ersichtlich, bei der Beurteilung
der Bestimmbarkeit einer Abtretung einen solchen
Schaden abweichend von den vorhersehbaren Schäden zu
behandeln.
ff) Nichts Gegenteiliges ergibt sich schließlich auch aus
Entscheidungen, in denen sich der Bundesgerichtshof
unter alter Rechtslage mit vergleichbaren Klauseln zu
befassen hatte, in denen über die Bestimmtheit der
Klausel nicht zu befinden war, weil die Klausel aus
anderem Grunde unwirksam war (BGH, Urteil vom 26.
April 1994 – VI ZR 305/93, WM 1994, 1443 ff.) bzw.
lediglich die Wettbewerbswidrigkeit der Klausel in Frage
stand (BGH, Urteil vom 10. Mai 1974 – I ZR 46/73, DAR
1974, 218 f.).
4. Die Klägerin kann sich auch nicht hilfsweise auf eine Ermächtigung stützen, den
Anspruch auf Ersatz der Sachverständigenkosten im Wege der gewillkürten
Prozessstandschaft geltend machen zu dürfen.
a) Eine ausdrückliche Ermächtigung der Klägerin ist nicht erteilt. Die
Erklärung vom 2. November 2009 lässt sich nicht in diesem Sinne
auslegen, da sie gerade nicht die Geltendmachung eines fremden
Rechts im eigenen Namen, sondern die Geltendmachung des durch
Zession erworbenen eigenen Rechts im eigenen Namen regelt. Das
gilt auch für Satz 4 der Erklärung, der ebenfalls ausdrücklich von einer
Abtretung des Anspruchs ausgeht.
b) Die Abtretungserklärung kann hier auch nicht in eine Ermächtigung
zur Geltendmachung des fremden Anspruchs im eigenen Namen
umgedeutet werden. Zwar ist eine unwirksame Abtretung gemäß §
140 BGB in eine rechtswirksame Ermächtigung umdeutbar, wenn die
nichtige Abtretung den Erfordernissen einer Einzugsermächtigung
entspricht und anzunehmen ist, dass deren Geltung bei Kenntnis der
Nichtigkeit gewollt wäre (vgl. BGHZ 68, 118; BGH, Urteil vom 16.
März 1987 – II ZR 179/86, MDR 1987, 910; BGH, Urteil vom 9. Juli
2002 – X ZR 70/00, MDR 2003, 145). Diesen Erfordernissen
entspricht die hier streitgegenständliche Abtretung indes nicht. Das
Entsprechenserfordernis bedeutet, dass das Ersatzgeschäft in seinen
Wirkungen nicht über diejenigen des wirklich gewollten Geschäfts
hinausgehen darf. Zwar braucht das Ersatzgeschäft nicht als Minus in
dem nichtigen Geschäft enthalten sein. Der wirtschaftliche Erfolg des
nichtigen Geschäfts muss jedoch im Wesentlichen oder wenigstens
teilweise durch das andere Geschäft erreicht werden und darf
insbesondere nicht zu einer Erweiterung des Vertragsgegenstandes
über die rechtlichen Beziehungen hinaus führen, die die Parteien
regeln wollten (vgl. BGHZ 20, 363 ff.; BGHZ 92, 363; Roth in:
Staudinger, 2003, § 140 Rdn. 22; Busche in: MünchKomm-BGB, 5.
Aufl., § 140 Rdn. 15; Palm in: Erman, 12. Aufl., § 140 Rdn. 12). So
läge der Fall aber hier: Da die nichtige Klausel keine Festlegung
darauf enthält, dass die Sachverständigenkosten gegenständlich im
Ganzen abgetreten sind, ginge die Umdeutung in eine
Einzugsermächtigung hinsichtlich der (gesamten)
Sachverständigenkosten insoweit über den Gegenstand der nichtigen
Klausel hinaus.
5. Die durch die Unwirksamkeit der Abtretungsklausel entstehende Lücke kann vorliegend
auch nicht im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung geschlossen werden.
Insbesondere kommt keine Auslegung in Betracht, wonach allein der Anspruch auf
Erstattung der Sachverständigenkosten abgetreten wird.
a) Ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung unwirksam, so richtet sich
der Vertragsinhalt gemäß § 306 Abs. 2 BGB nach den gesetzlichen
Vorschriften. Zwar schließt die gesetzliche Regelung eine ergänzende
Vertragsauslegung nicht aus, weil es sich auch bei den
Bestimmungen der §§ 157, 133 BGB, in denen die ergänzende
Vertragsauslegung ihre Grundlage hat, um gesetzliche Vorschriften
im Sinne des § 306 Abs. 2 BGB handelt (BGHZ 90, 69 ff.; BGHZ
176, 244 ff.). Jedoch muss auch bei einer ergänzenden
Vertragsauslegung die Grundentscheidung des Gesetzgebers
beachtet werden, den Vertrag grundsätzlich mit den sich aus den
Normen des dispositiven Gesetzesrechts, welche der ergänzenden
Vertragsauslegung vorgehen, ergebenden Inhalt aufrecht zu erhalten
(vgl. BGHZ 117, 92 ff.; BGHZ 176, 244 ff.). Eine ergänzende
Vertragsauslegung kommt daher nur ausnahmsweise in Betracht,
wenn sich die mit dem Wegfall einer unwirksamen Klausel
entstehende Lücke nicht durch dispositives Gesetzesrecht füllen lässt
und dies zu einem Ergebnis führt, das den beiderseitigen Interessen
nicht mehr in vertretbarer Weise Rechnung trägt, sondern das
Vertragsgefüge völlig einseitig zu Gunsten des Kunden verschiebt
(vgl. BGHZ 90, 69 ff.; BGHZ 137, 153 ff.; BGHZ 143, 103 ff.; BGHZ
176, 244 ff.).
b) Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Zwar kann die durch
die Unwirksamkeit der Abtretung entstandene Lücke nicht durch
dispositives Gesetzesrecht geschlossen werden. Dies führt indes
nicht zu einer einseitigen Verschiebung des Vertragsgefüges zu
Gunsten des Kunden. Dem Kläger ist es zwar verwehrt, die beklagte
Versicherung unmittelbar in Anspruch zu nehmen. Ihm verbleibt indes
sein Honoraranspruch aus dem Vertragsverhältnis mit dem
Unfallgeschädigten, seinem Auftraggeber. Anders als bei
Kreditgeschäften, die typischerweise aufgrund der Gefährdung
erheblicher Vermögenswerte nicht ohne Stellung von Sicherheiten
eingegangen werden, ist die Besicherung des werkvertraglichen
Honoraranspruchs weder nach der spezifischen Zusammensetzung
des Kundenkreises noch aufgrund der Eingehung außergewöhnlich
hoher wirtschaftlicher Risiken in besonderer Weise geboten. Der
Wegfall der Besicherung führt daher hier nicht zu einem
unzumutbaren Ergebnis.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in §§ 708 Nr.
10, 711, 713 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO.
Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO zuzulassen. Die rechtliche
Beurteilung der Bestimmtheit der Abtretungsklausel und ihrer Folgen ist in einer
unbestimmten Vielzahl von Fällen relevant, da es sich um eine weit verbreitete, auch vom
Bundesverband der freiberuflichen und unabhängigen Sachverständigen für das
Kraftfahrzeugwesen e.V. empfohlene Klausel handelt.