Urteil des LG Rottweil vom 14.05.2002

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LG Rottweil Beschluß vom 14.5.2002, 1 T 17/02
Einbenennung: Eindeutigkeit der durch den gesetzlichen Vertreter erklärten Einwilligung eines über 5 Jahre alten Kindes
Tenor
1. Der Beschluss des Amtsgerichts Rottweil vom 29.11.2001 wird aufgehoben. Die am 13.8.2001 erfolgte Namenserteilung ist nicht dem
Geburtseintrag des Kindes beizuschreiben.
2. Eine Kostenerstattung findet nicht statt.
3. Beschwerdewert: 3000 Euro
Gründe
I.
1
Mit Beschluss vom 29.11.2001 des Amtsgerichts Rottweil wurde der Standesbeamte des Standesamtes Freudenstadt angewiesen, die
Namenserteilung des Familiennamens "Montgomery" in Form eines Randvermerks dem Geburtseintrag des Kindes Nr. 384/1995 des
Standesamtes Freudenstadt beizuschreiben. Dieser Beschluss wurde am 17.1.2002 der Stadtverwaltung Freudenstadt zugestellt.
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Am 23.1.2002 ging beim Amtsgericht Rottweil die sofortige Beschwerde des Standesbeamten ein. Dieser ist weiterhin der Ansicht, dass die
Namenserteilung nicht wirksam erfolgt sei. § 1618 BGB beschränke die Einbenennungsmöglichkeit auf Kinder, die unter alleiniger elterlicher
Sorge eines Elternteils stünden. Es stehe deshalb im Widerspruch zum Gesetzeswortlaut, wenn das AG Rottweil die Einbenennung auch dann
eröffne, wenn die beiden geschiedenen Elternteilen, denen das Sorgerecht gemeinsam zusteht und auch der Ehegatte, der nicht Elternteil des
Kindes ist, der Namenserteilung zustimmen.
3
Der Standesbeamte macht weiter geltend, dass die Namenserteilung auch deshalb unwirksam sei, weil keine wirksame Einwilligung des Kindes
vorliege. Die Eltern müssten deshalb darauf verwiesen werden, eine Erklärung unter Berücksichtigung des Kinderrechteverbesserungsgesetzes
vom 9.4.2002 (BGBl 2002, 1239) abzugeben.
II.
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Gegen den Beschluss des Amtsgerichts Rottweil ist gemäß § 49 PStG die sofortige Beschwerde statthaft. Diese ist vom Standesbeamten auch
fristgerecht eingelegt worden.
III.
5
Die Beschwerde ist begründet. Die am 13.8.2001 erfolgte Namenserteilung ist nicht dem Geburtseintrag beizuschreiben. Einer solchen
Beischreibung steht entgegen, dass die Erklärung vom 13.8.2001 keine wirksame Namenserteilung enthält.
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Es kann letztlich offen bleiben, ob es bereits deshalb an einer wirksamen Einbenennung fehlt, weil diese entgegen dem Wortlaut des § 1618
BGB a.F. nicht von einem alleinsorgeberechtigten Elternteil, sondern von den geschiedenen Elternteilen mit gemeinsamer Sorge erteilt worden
ist.
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Auf diese Problematik kommt es deshalb nicht an, weil die Namenserteilung bereits deshalb unwirksam ist, weil es an der wirksamen
Einwilligung des Kindes fehlt.
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Nach § 1618 BGB bedarf die Erteilung des Namens, wenn das Kind den Namens des anderen Elternteils führt und das fünfte Lebensjahr
vollendet hat, auch der Einwilligung des Kindes.
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Im vorliegenden Falle führt das am 2.6.1995 geborene Kind bisher den Namen seines ehelichen Vaters. Folgerichtig ist in die Namenserteilung
auch die Einwilligung des Kindes aufgenommen worden.
10 Diese Einwilligung des sechsjährigen Kindes ist aber unwirksam. Diese Einwilligung hätte nach §§ 1618 S.3, 5, 1617 c BGB durch den
gesetzlichen Vertreter abgegeben werden müssen (OLG Köln FamRZ 1999,735 (736)).
11 Eine solche Einwilligung der Eltern lässt sich aus der Urkunde vom 13.8.2001(Bl. 5) nicht entnehmen.
12 In dieser Urkunde sind die Beteiligten nach ihrer rechtlichen Stellung aufgeführt. Das Kind ist dabei als eines der Beteiligten in einer gesonderten
Rubrik und ohne Vertreterzusatz eingetragen.
13 Im Anschluss daran werden in gesonderten Rubriken die von ihnen abgegebenen Erklärungen beschrieben.
14 Den sorgeberechtigten Elternteile werden allein die Erteilung des Ehenamens (Mutter) sowie die Einwilligung in die Namenserteilung (Vater)
zugeschrieben.
15 Demgegenüber findet sich als Erklärung des Kindes der Satz: Ich willige in die Erklärung ein.
16 Nach dem Wortlaut der Urkunde kann deshalb nicht festgestellt werden, dass die gesetzlichen Vertreter in diese Erklärung des Kindes
eingewilligt haben.
17 Die Erklärung vom 13.8.2001 beinhaltet deshalb keine wirksame Namenserteilung.
18 Dieser Mangel ist auch nicht nachträglich geheilt worden. Es kann offen bleiben, ob eine solche Heilung überhaupt möglich ist.
19 In keinem Falle ist diese Heilung durch die Erklärung vom 21.3.2002 (Bl. 34) herbeigeführt worden.
20 Diese Erklärung enthält zwar nach ihrem Wortlaut eine Einwilligung in die Einwilligung des Kindes. Rechtlich betrachtet handelt es sich aber um
eine Genehmigung, denn mit dieser Erklärung soll nachträglich den sonstigen Erklärungen vom 13.8.2001 zugestimmt werden (§ 184 Abs. 1
BGB).
21 Da § 1618 BGB aber eine Einwilligung, also eine vorherige Zustimmung (§ 183 BGB) verlangt, ist diese Genehmigung nicht geeignet, den
Mangel der fehlenden Einwilligung zu heilen.
IV.
22 Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 13 a FGG, die Entscheidung über Beschwerdewert beruht auf § 30 KostO.