Urteil des LG Potsdam vom 18.07.2006

LG Potsdam: zahlungsunfähigkeit, mitwirkungspflicht, zivilprozessordnung, zahlungsmittel, entziehen, existenzminimum, begriff, halter, obliegenheit, gemeinschuldner

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Gericht:
LG Potsdam 1.
Strafkammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
21 Qs 108/06
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 17 Abs 1 InsO, § 39 Abs 1 Nr 3
InsO, § 89 InsO, § 96 Abs 1 Nr 2
OWiG, § 96 Abs 1 Nr 4 OWiG
Bußgeldverfahren: Zulässigkeit der Anordnung von
Erzwingungshaft im Insolvenzverfahren
Tenor
Die Beschwerde der Betroffenen vom 28. Juli 2006 gegen den Beschluss des
Amtsgerichts Potsdam vom 18. Juli 2006 wird auf ihre Kosten als unbegründet
zurückgewiesen.
Gründe
I.
Durch rechtskräftigen Bußgeldbescheid der Landeshauptstadt Potsdam vom 24. Juli
2003 ist gegen die Betroffene wegen einer Straßenverkehrsordnungswidrigkeit eine
Geldbuße in Höhe von 5,00 € festgesetzt worden. Die Betroffene hat die Geldbuße bisher
nicht bezahlt. Gegen sie wurden seitens der Landeshauptstadt Potsdam ausweislich der
Aufstellung vom 22. Mai 2006 in der Vergangenheit insgesamt 48 Bußgeldforderungen in
einer Höhe von insgesamt etwa 1.450,- Euro festgesetzt, die ausnahmslos unbeglichen
sind. Mit dem angefochtenen Beschluss vom 18. Juli 2006 hat das Amtsgericht Potsdam
auf Antrag der Bußgeldstelle der Landeshauptstadt Potsdam nach schriftlicher Anhörung
der Betroffenen einen Tag Erzwingungshaft gegen sie angeordnet.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die sofortige Beschwerde der Betroffenen, mit der
sie darauf hinwies, dass mit Beschluss des Amtsgerichts Potsdam vom 15. Mai 2006
(Az.: 35 IN 222/06) über ihr Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet worden sei. Sie
hat weitergehend behauptet, aufgrund ihrer gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse
nicht in der Lage zu sein, die gegen sie festgesetzte Geldbuße zu bezahlen. Bei der
Geldbuße handele es sich um eine nachrangige Insolvenzforderung gemäß § 39 Abs. 1
Ziffer 3 InsO, für die gemäß § 89 InsO während des laufenden Insolvenzverfahrens ein
Vollstreckungsverbot bestehe. Vollstreckungsmaßnahmen seien daher unzulässig. Sie
verböten sich. Die Stadtkasse habe es zudem verabsäumt, ihre Bußgeldforderungen im
Rahmen des Insolvenzverfahrens anzumelden. Falls die der Geldbußenfestsetzung
zugrunde liegenden Forderungen auf unerlaubten Handlungen beruhten, könnten diese
Forderungen gemäß § 302 InsO von der Restschuldbefreiung ausgenommen und die
Stadtkasse ihre Forderungen nach Abschluss des Insolvenzverfahrens weiter verfolgen.
Weil die Stadtkasse es indes verabsäumt habe, die Geldbußenforderung zur Tabelle
anzumelden, habe sie sich der Möglichkeit begeben, die Forderung im Wege der
partiellen Versagung der Restschuldbefreiung nachträglich zu vollstrecken. Im Übrigen
könne es nicht angehen, dass die Stadtkasse eine Benachteiligung gleich- und
vorrangiger Insolvenzgläubiger bewirke, indem sie die Geldbuße im Wege der Anordnung
von Erzwingungshaft gemäß § 96 OWiG vollstrecke. Spiegelbildlich dazu sei es der
Betroffenen nicht zuzumuten, eine nicht bevorrechtigte Forderung eines einzelnen
Gläubigers zu erfüllen. Schlussendlich sei die Anordnung von Erzwingungshaft angesichts
der geringen Höhe der festgesetzten Geldbuße von lediglich 5,- Euro auch nicht
verhältnismäßig.
Das Amtsgericht Potsdam hat die Beschwerde unter dem 28. Juli 2006 der Kammer zur
Entscheidung vorgelegt.
II.
Die Beschwerde der Betroffenen ist zulässig, sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
Die Voraussetzungen, unter denen das Amtsgericht einen Tag Erzwingungshaft gegen
die Betroffene gemäß § 96 OWiG angeordnet hat, sind erfüllt. Die Betroffene hat die
Geldbuße nicht gezahlt und ist zudem ihrer Mitwirkungspflicht nach § 96 Abs. 1 Ziffer 2
OWiG nicht hinreichend nachgekommen. Sie hat nicht hinreichend dargelegt und
glaubhaft gemacht, dass ihr die Zahlung der Geldbuße in Höhe von 5,- € nach ihren
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glaubhaft gemacht, dass ihr die Zahlung der Geldbuße in Höhe von 5,- € nach ihren
persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht zuzumuten ist. Auch sind die
Anordnungsvoraussetzungen des § 96 Abs. 1 Ziffer 4 OWiG erfüllt.
Gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 4 OWiG kann Erzwingungshaft angeordnet werden, wenn keine
Umstände bekannt sind, welche die Zahlungsunfähigkeit des Betroffenen ergeben. Der
Umstand, dass über das Vermögen der Betroffenen durch Beschluss des Amtsgerichts
Potsdam vom 15. Mai 2006 gemäß § 17 Abs. 1 InsO das Insolvenzverfahren eröffnet
worden ist, steht für sich allein der Anordnung der Erzwingungshaft gemäß § 96 OWiG
nicht ohne weiteres entgegen. Denn der Begriff der Zahlungsunfähigkeit im Sinne des §
96 Abs. 1 Nr. 4 OWiG steht inhaltlich nicht gleich dem der Zahlungsunfähigkeit im Sinne
des § 17 Abs. 1 InsO. Nach § 17 InsO ist zahlungsunfähig, wer nicht in der Lage ist, fällige
Zahlungsverpflichtungen, denen die vorhandenen Zahlungsmittel gegenüber zu stellen
sind, zu erfüllen. Insbesondere bei hohen Zahlungsverpflichtungen kann
Zahlungsunfähigkeit auch dann eintreten, wenn der Schuldner noch über “flüssige”
Barmittel verfügt. Zahlungsunfähigkeit im Sinne des Ordnungswidrigkeitsrechts bedingt
demgegenüber, dass der Betroffene selbst bei Ausschöpfung aller ihm zur Verfügung
stehenden Geldquellen, Einschränkung seiner Lebenshaltungskosten und unter
Anspannung sämtlicher finanzieller Erwerbsobliegenheiten nicht in der Lage ist, die
Geldbuße ggf. unter Bewilligung von Zahlungserleichterungen zu zahlen, weil er
entweder über keine ausreichenden flüssigen Zahlungsmittel - hier lediglich 5,00 € -
verfügt, er sich diesen Betrag nicht auf andere Weise zu beschaffen vermag - etwa durch
Aufnahme von überobligationsmäßiger Arbeit, den Verkauf von unpfändbaren
Gegenständen oder sonstige Einschränkung seiner Lebenshaltung - oder ihm die
Zahlung aufgrund anderer Umstände nicht mehr zugemutet werden kann (vgl. Mitsch,
in: KK, OWiG, 3. Aufl., 2006, § 96 Rdnr. 12; Seitz, in: Göhler, OWiG, 14. Aufl., 2006, § 96
Rdnr. 13 jew. m. w. N.).
Die besonders strengen Anforderungen, die an die Annahme von Zahlungsunfähigkeit
im Sinne des § 96 Abs. 1 Ziffer 4 OWiG zu stellen sind, folgen daraus, dass es sich bei
einer nach dem OWiG festgesetzten Geldbuße um keine gewöhnliche Geldschuld des
Schuldners handelt. Der Staat braucht die Geldbuße gerade nicht wie ein gewöhnlicher
Gläubiger beizutreiben. Vielmehr wird von dem Betroffenen eine persönliche Leistung
verlangt, die seine Mitwirkung nach § 96 Abs. 1 Ziffer 2 OWiG erfordert (vgl. VerfGH
Berlin, NStZ-RR 2001, 211). Diese Mitwirkungsobliegenheit bei der Erfüllung der
Geldbuße wird aus dem Wesen der Geldbuße abgeleitet. Diese hat im Gegensatz zur
Anordnung der Ersatzfreiheitsstrafe bei der Nichterfüllung von Geldstrafen gemäß § 43
StGB gerade keinen Strafcharakter und ist auch kein ersatzweises Übel für die
begangene Ordnungswidrigkeit. Dem entspricht es, dass der Vollzug von
Erzwingungshaft nach § 96 OWiG den Betroffenen auch nicht von seiner Zahlungspflicht
befreit. Die Erzwingungshaft ist zudem darauf ausgerichtet, den Betroffenen künftig zur
Einhaltung der Rechtsordnung anzuhalten. Ihr wohnt vor diesem Hintergrund kein
eigenständiger Sanktionscharakter inne. Vielmehr ist sie eine Beugemaßnahme sui
generis.
Der Anordnung von Erzwingungshaft zur Zahlung geringfügiger Geldbußen steht -
entgegen der Rechtsauffassung der Betroffenen und des Insolvenzverwalters - auch
nicht die Einstufung von Geldbußen als nachrangige Insolvenzforderungen gemäß § 39
Abs. 1 Ziffer 3 InsO entgegen. Zwar folgt aus der Bestimmung des § 39 Abs. 1 Ziffer 3
InsO, dass Geldstrafen und Geldbußen im Insolvenzverfahren nicht durchgesetzt werden
können. Weil Geldstrafen und Geldbußen als nachrangige Forderungen eingestuft worden
sind, ist eine Befriedigung aus der Masse in der Regel nicht zu erwarten. Daher ist es im
Rahmen der Vollstreckung von Geldstrafen bereits zu einer signifikanten Zunahme der
Anordnung von Ersatzfreiheitsstrafen gemäß § 43 StGB und im Bereich der Geldbußen
zu einer Zunahme der Anordnung von Erzwingungshaft gemäß § 96 OWiG gekommen
(vgl. dazu auch Franke, NStZ 1999, 548).
Die Zulässigkeit der Anordnung von Erzwingungshaft ergibt sich auch daraus, dass nach
§ 225 Abs. 3 InsO die Haftung des Schuldners nach Beendigung des Insolvenzverfahrens
für Geldstrafen und diesen in § 39 Abs. 1 Ziffer 3 InsO gleichgestellten Forderungen wie
Geldbußen durch einen Insolvenzplan weder ausgeschlossen noch eingeschränkt wird.
Die bevorzugte Behandlung von Geldstrafen und Geldbußen gegenüber sonstigen
Verbindlichkeiten geht im Übrigen auch aus § 302 Ziffer 2 InsO hervor, der bestimmt,
dass Geldstrafen und Geldbußen im Rahmen des Restschuldbefreiungsverfahrens von
der Restschuldbefreiung ausdrücklich ausgenommen werden. Auch durch diese
Bestimmungen wurde der besonderen Natur der Geldstrafen und Geldbußen und der
weiteren diesen in § 39 Abs. 1 Ziffer 3 InsO gleichstellten Forderungen durch den
Gesetzgeber Rechnung getragen (vgl. auch Lüer, in: Uhlenbruck, InsO, 12. Aufl., 2003, §
225 Rdnr. 9). Der Schuldner soll sich nach dem Willen des Gesetzgebers auch nach
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225 Rdnr. 9). Der Schuldner soll sich nach dem Willen des Gesetzgebers auch nach
Einführung des Restschuldbefreiungsverfahrens nicht seiner Verpflichtung zur
Begleichung von Geldstrafen und Geldbußen entziehen können (Begr. Zum RegE. zu §
251 InsO, BR-Dr 1/92, S. 194). Aus der Gesamtschau dieser Bestimmungen folgt, dass
die Vollstreckungsbehörde im Rahmen des ihr zustehenden Vollstreckungsermessens
auch im Falle der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines
Betroffenen nicht gehindert ist, gemäß § 96 OWiG Erzwingungshaft zu bewirken, falls
dem Betroffenen die Zahlung der jeweiligen Geldbuße im Einzelfall gleichwohl zugemutet
werden kann. Die Richtigkeit dieses Befundes folgt im Übrigen auch daraus, dass nach §
96 Abs. 1 OWiG der Konzeption des Gesetzgebers zufolge gegen einen Betroffenen
Erzwingungshaft angeordnet werden kann, der bereits seiner bloßen Mitwirkungspflicht
nicht nachkommt. Denn der Betroffene ist bereits im Bußgeldbescheid gemäß den §§ 96
Abs. 1 Ziffer 3, 66 Abs. 2 Ziffer 3 OWiG ausdrücklich über die Folgen einer Nichtzahlung
belehrt worden. Es ist daher angemessen und sachgerecht und begegnet auch keinen
verfassungsrechtlichen Bedenken, den Betroffenen, der gleichwohl die Geldbuße nicht
zahlt oder seine Zahlungsunfähigkeit nicht dargetan hat, als zahlungsfähig aber nicht
zahlungswillig anzusehen und demgemäß Erzwingungshaft gegen ihn anzuordnen. So
verhält es sich auch hier.
Gegen die Betroffene ist in der Vergangenheit eine Vielzahl von zum überwiegenden Teil
geringfügigen Bußgeldern wegen Straßenverkehrsordnungswidrigkeiten festgesetzt
worden, ohne dass sie erkennbare Anstrengungen unternommen hätte, diese
zumindest ansatzweise und unter Zubilligung von Zahlungserleichterungen und unter
Rückgriff auf finanzielle Rücklagen zu begleichen. Dass für die Betroffene an den
vorstehenden Maßstäben gemessen eine Zahlungsunfähigkeit zum Zeitpunkt des
Erlasses des Bußgeldbescheides, dem der Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder zu
einem späteren Zeitpunkt vorgelegt hat, ist weder vorgetragen noch sonst festzustellen.
Eine solche Zahlungsunfähigkeit kann bezogen auf die geringe Höhe der Geldbuße von
5,- Euro ausgeschlossen werden.
Der Anordnung der Erzwingungshaft steht zudem auch nicht die mit der Eröffnung des
Insolvenzverfahrens verbundene Beschränkung der Betroffenen entgegen, über ihr
Vermögen zu verfügen. Das Recht des Schuldners sein Vermögen zu verwalten und über
dieses zu verfügen, geht gemäß § 80 Abs. 1 InsO nur insoweit auf den Insolvenzverwalter
über, als es das zur Masse gehörende Vermögen betrifft, so dass der Schuldner über
pfändungsfreie Gegenstände, somit auch über den zwischen dem Existenzminimum und
dem Pfändungsfreibetrag liegenden Teil seines Einkommens grundsätzlich frei verfügen
kann. Im Hinblick auf die Bestimmung des § 36 Abs. 1 InsO sind mithin auch einem
Insolvenzschuldner in einem Ordnungswidrigkeitenverfahren des Gemeinschuldners
Zahlungen auf eine Geldbuße grundsätzlich möglich.
Der Anordnung der Erzwingungshaft steht - entgegen der Rechtsauffassung der
Betroffenen - zudem nicht entgegen, dass gemäß § 89 Abs. 1 InsO für einzelne
Insolventgläubiger Zwangsvollstreckungen während der Dauer des Insolvenzverfahrens
in die Insolvenzmasse und das sonstige Vermögen des Schuldners verboten sind.
“Zwangsvollstreckungen” im Sinne des § 89 Abs. 1 InsO sind ausschließlich die im 8.
Buch der Zivilprozessordnung genannten Maßnahmen (hierzu Michael App, EWiR 2004,
188). Das folgt im Umkehrschluss daraus, dass im 8. Buch der Zivilprozessordnung
anschließend Maßnahmen geregelt sind, die in der Sache keine
Vollstreckungsmaßnahmen sind, wie etwa Arrestbeschlüsse, Arresturteile und
einstweilige Verfügungen (Jauernig, Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzrecht, 21.
Auflage, § 74 II). Auch die amtliche Begründung (BT-Drucksache 12-7302, Seite 156)
verweist darauf, dass der Begriff der “Zwangsvollstreckung” im Sinne des § 89 Abs. 1
InsO im Sinne der Zivilprozessordnung zu verstehen ist. Im Übrigen würde eine
Auslegung dahin, dass auch die Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafen gemäß § 43
StGB und die Anordnung von Erzwingungshaft zur Vollstreckung von
Bußgeldforderungen gemäß § 96 OWiG unter den Vollstreckungsschutz des § 89 Abs. 1
InsO fallen, zu der Konsequenz führen, dass der Gemeinschuldner zumindest vor einer
absehbaren Eröffnung eines Insolvenzverfahrens auch hinsichtlich weiterer
Ordnungswidrigkeiten keinerlei staatliche Sanktionen fürchten müsste, was dem Willen
des Gesetzgebers entgegensteht. Eine solche Konsequenz wäre weder mit dem Wesen
der Erzwingungshaft noch mit rechtstaatlichen Grundsätzen vereinbar.
Ob die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Betroffenen ein
zur Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 96 OWiG führender Umstand ist, bemisst sich
mithin nach den Gegebenheiten des Einzelfalls (vgl. dazu auch OLG Hamm, Beschluss
vom 06. August 1991, 3 Ws 356/91; LG Zweibrücken, NStZ-RR 1998, 147, beide
Entscheidungen freilich zur Frage der Ableistung einer eidesstattlichen Versicherung).
Nach allgemeinen Grundsätzen hat der Betroffene der Vollstreckungsbehörde
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Nach allgemeinen Grundsätzen hat der Betroffene der Vollstreckungsbehörde
darzulegen, warum ihm die fristgerechte Zahlung der Geldbuße nach seinen gesamten
persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht zuzumuten ist. Dieser eigenen
Obliegenheit ist die Betroffene hier mit dem bloßen Hinweis, dass über ihr Vermögen im
Mai 2006 ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde, ohne nähere Darlegungen zu ihren
monatlichen Einnahmequellen zu machen, nicht hinreichend nachgekommen. Sie hat
nicht dargelegt, dass sie nach ihren wirtschaftlichen Verhältnissen und sonstigen
persönlichen Lebensumständen tatsächlich nicht in der Lage ist, die noch offene
Geldbuße in Höhe von bloß 5,00 € zu bezahlen. Es ist indes grundsätzlich auch
Empfängern von Sozialleistungen und Personen, die an der Grenze zum wirtschaftlichen
Existenzminimum leben, möglich, geringfügige Geldbußen oder Raten darauf ohne eine
wesentliche Verschlechterung oder Einbuße ihres Lebensstandards zu zahlen (LG Bonn,
KKZ 2003, 65). Aufgrund welcher näheren, nachprüfbaren Tatsachen die Betroffene
vorliegend nicht in der Lage ist, eine Geldbuße von 5,- Euro auszugleichen, hat sie nicht
dargelegt. Sie ist nicht nur der ihr obliegenden Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen.
Für die Annahme einer Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 96 Abs. 1 Ziffer 4 OWiG fehlt
es angesichts der geringen Höhe der Geldbuße von 5,- Euro auch im Übrigen an
tragfähigen Anhaltspunkten.
Im Übrigen verbleibt es bei dem Grundsatz, dass ein Betroffener als Halter eines
Kraftfahrzeuges auch in der Lage ist, das erforderliche Geld für die Zahlung einer
Geldbuße wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit aufzubringen. Dies gilt insbesondere
bei einem Betrag von 5,00 €, der den Wert einer Tankfüllung deutlich unterschreiten
dürfte. Es ist davon auszugehen, dass die Betroffene, die auf diesen Umstand bereits
mit Erlass des Bußgeldbescheides unter Androhung von Erzwingungshaft schon im Juli
2003 ausdrücklich hingewiesen wurde, jedenfalls damals über ein Kraftfahrzeug verfügte
und dieses mit den monatlich anfallenden Kosten unterhalten konnte. Unter diesen
Umständen hätte es zur Begründung ihrer Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 96 Abs. 1
Ziffer 2 und 4 OWiG näherer Darlegungen bedurft, wenn die Betroffene nunmehr geltend
machen will, zur Zahlung dieser ausgesprochen geringfügigen Geldbuße außerstande zu
sein. Sie hat auch nicht dargelegt und glaubhaft gemacht, das von ihr seinerzeit
geführte und unterhaltene Fahrzeug inzwischen verwertet oder stillgelegt zu haben. Es
ist daher insgesamt davon auszugehen, dass die Betroffene - jedenfalls was die
Begleichung der hier in Rede stehenden Geldbuße von 5,- Euro angeht - trotz der
zwischenzeitlichen Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen als insoweit
partiell zahlungsfähig, aber als nicht zahlungswillig anzusehen. Gerade für diesen Fall soll
nach dem Willen des Gesetzgebers mit der Anordnung von Erzwingungshaft gemäß § 96
OWiG die Zahlung der Geldbuße und eine zukünftige Einhaltung der Rechtsordnung
bewirkt werden.
Auch im Übrigen hält der Beschluss des Amtsgerichts Potsdam den Angriffen der
Betroffenen in ihrer Beschwerdeschrift stand. Die Anordnung von 1 Tag Erzwingungshaft
erweist sich auch im Hinblick auf die nur geringe Höhe der festgesetzten Geldbuße von
hier 5,- Euro als uneingeschränkt angemessen und erforderlich. Eine absolute
Untergrenze eines Bußgeldes, ab der Erzwingungshaft nicht mehr gegen einen
Betroffenen angeordnet werden darf, existiert ohnehin nicht. Die Anordnung von
Erzwingungshaft zur Vollstreckung geringer Geldbußen stellt sich auch als
verfassungskonform dar, zumal da der Betroffene deren Vollstreckung jederzeit durch
Erfüllung seiner Mitwirkungspflicht und Ausgleich der Geldbuße unschwer abwenden
kann. Verfassungsrechtliche Bedenken dagegen bestehen insbesondere bei solchen
Betroffenen, die sich - wie hier - der Zahlung einer geringfügigen Geldbuße hartnäckig
entziehen, nicht (vgl. BVerfGE 43, 101, 107 = NJW 1977, 293; Mitsch, in: KK, OWiG, 3.
Aufl., 2006, § 96 Rdnr. 17; Seitz, in: Göhler, OWiG, 14. Aufl., 2006, § 96 Rdnr. 18; a. A.: LG
Köln, NJW 1975, 1045). Das Amtsgericht hat der geringen Höhe der Geldbuße in
verfassungskonformer Weise hier gleichwohl Rechnung getragen, indem es lediglich
einen Tag Erzwingungshaft gegen die Betroffene festgesetzt hat.
Grundrechtsschonendere Maßnahmen als die Anordnung von einem Tag
Erzwingungshaft kommen vorliegend nicht mehr in Betracht. Insbesondere scheidet ein
grundsätzlich vorrangiger Betreibungsversuch aus, der ex ante-betrachtet als
aussichtslos angesehen werden muss, nachdem über das Vermögen der Betroffenen
ein Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. Auch im Übrigen hat das Amtsgericht von
seinem Vollstreckungsermessen rechtsfehlerfrei Gebrauch gemacht.
Die Beschwerde der Betroffenen hatte nach alledem keinen Erfolg.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Ab. 1 S. 1 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG.
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